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Verfahren zur Schnellgerbung von Haut. Die Erfindung betrifft ein
Schnellgerbverfahren, das dadurch gekennzeichnet ist, daß man in den Geschirren,
wo -die Häute in unbeweglicher Weise ausgebreitet sind, eine Geiblösung ;hoher Dichte,
z. B. 6 bis 25° Be, bei hoher Temperatur (bis etwa 4.o° C), nämlich bei derjenigen
Temperatur, bei welcher sich ,die Haut im Lebenszustand des Tieres befindet, und
die im folgenden. kurz >.Lebenstemperatur« genannt wird, in rasch fließendem Strom
umlaufen läßt.
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Die Erfahrung hat bezeig, daß bei Lebenstemperatur die Gerbung der
Haut unter besseren Bedingungen vor sich geht als bei gewöhnlicher oder nur in üblicher
Weise erhöhter Temperatur. Die Lebenstemperatur bedingt, idaß .die Fasern der Haut
ihre natürliche Elastizität wieder erlangen; die Dichte sowie der gesamte physikalische
Zustand der Haut kommen bei dieser Temperatur demjenigen des lebenden Tieres am
nächsten. Unter diesen Verhältnissen ist die Gerbstoffaufnahme eine viel leichtere.
Es wird auch eine sattere Gerbung sowie eine innige Bindung des Gerbstoffes mit
der Hautfaser gesichert, ohne @daß mechanische Gewalt angewendet werden muß.
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Es besteht -dar-in ein wesentlicher Unterschied gegenüber denjenigen
bekannten Verfahren der Schnel.lgerbung in Brühen hoher Dichte im rotierenden Gerbfaß,
wobei die zeitweise entstehende wesentliche Temperaturerhöhung als unerwünscht durch
geeignete Abkühlung vertrieben wird, und wo "die mechanische Wirkung .des Walkens
die Hauptsache ist. Diese Unterschiede ider mechanischen Wirkung rund der ,Wirkung
der Blutwärme werden noch erläutert.
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Es besteht ferner bei der neuen Erfindung ein wesentlicher Unterschied
gegenüber anderen Verfahren, bei welchen Temperaturerhöhungen »gewollt« vorkommen,.
insofern als bei den bekannten Verfahren 'die Temperaturerhöhungen meistens zum
Zweck der besseren Löslichkeit der Gerbstoffe an,ge-,vendetwerden, während bei der
neuen Erfindung die ganz .bestimmte Wärme des lebenden. Tierkörpers eingehalten
wird, ohne besondere Rücksichtnahme auf die günstigeren Löslich, keitsbedingungen
in der Wärme. An sich ist es .eine bekannte Tatsache, daß Temperaturerhöhung den
Austausch zwischen Wasser und Gerbstoff erleichtern muß, weil physikalische und
chemische Reaktionen durch Temperaturerhöhung meistens gefördert wenden. Die Bedeutung
der Lebenstemperatur ist in der neuen Erfindung erstmals berücksichtigt und praktisch
verwertet worden.
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Beidem Verfahren der neuen Erfindung ist die Bewegung der Flüssigkeit
eine außerordentlich starke, sie bildet einen wesentlichen Bestandteil des Verfahrens.
Die Erfahrung
hat gezeigt, @daß eine Stromgeschwindigkeit von r8o
ooo 1 in der Stunde erreicht werden muß. Diese Stromgeschwindigkeit kann mit Vorteil
noch erhöht werden.
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Bekannt ist ein Schnellgerbverfahren mit Brühenumlauf, bei dem die
Häute .mit Gerblösungen von gewöhnlicher Temperatur, die zu Beginn einen geringen
Gehalt an Gerbstoffen aufweisen, in Bottiche eingebracht werden. Mit fortschreitender
Gerbung wird die Lösung ,in besonderen Mischbottichen aufgefangen und mit warmer
Gerbztoffbrühe unter Zusatz eines anscheinend indifferenten Körpers, wie z. B. Natriumkarbonat,
verstärkt, was eine Klärung .der Brühe bezwecken soll. :Diese Klärung geht ,unter
Ko:hlensäureentwicklung vor sich, es bildet sich Natriumtannat,welches für,die Gerbun
g verlorengeht. Die Brühe läuft langsam von den Bottichen zu einem Sammler, lediglich
zu dem Zweck, diegerbstoffarmeBrüheindem Sammler zu verstärken. Diese Bewegung bildet
jedoch leinen wesentlichen Bestandteil ider Gerbung, sondern sie entspricht der
bekannten Brühenverdrängung. Die dichtere Brühe tritt in, den Gerbkreislauf unten
ein und verdrängt die weniger dichte Gerbflüssigkeit. Je nach der Dichte wird die
Temperatur geregelt. Iin Gegensatz zu der neuen Erfindung hat man es hier mit einem
Verfahren von wechselnder Dichte und wechselnder Temperatur zu tun. Durch besondere
Leitungsrohre kann bei dem bekannten Verfahren eine Ausschaltung einzelner Gefäße
stattfinden; bei dem neuen Verfahren .handelt es sich nicht um eine gewöhnliche
Bewegung, sondern um einen starken Strom mit weitem Überlauf, so daß in der ganzen
Gerbanlage von Anfang bis zu Ende dieselbe Temperatur, dieselbe Dichte und dieselbe
Stromgeschwindigkeit .herrscht und das ganze Geschirrsystem in Wirklichkeit einem
einzigen riesigen Behälter gleichkommt.
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Bekannt ist ferner ein Verfahren, das den Zweck hat, :möglichst geringe
Gerbstoffmengen zu verwenden, unter Zuhilfenahme eines indifferenten Körpers, .durch.
dessen Lösung in der Gerbbrühe die Dichtigkeit erhöht wird, wie z. B. Chlorbarium.
Die Blöße wird nacheinander in immer dichtere Brühen eingehängt. Durch Wechselwirkung
unter Verwendung des osmotisohen Druckes wird das Wasser aus den Poren der Haut
verdrängt und durch Gerbstoffe ersetzt. Eshandelt sich hierbei um einen Vorgang,
.der naturgemäß sich bei jeder Gerbung abspielt, dessen Wirkung man hier verstärken
wollte. Die Temperatur soll derart sein, daß die Brühen klar bleiben. Es ist zu
bemerken, daß das bei diesem Verfahren verwendete Chlorbarium eine künstliche Beschwerung
des Leders herbeiführen kann.
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Es ist klar, daß idie neue Erfindung mit der beschriebenen weder grundsätzlich
noch in der Ausführung etwas gemein hat. Bei .der neuen Erfindung arbeitet man mit
einem Überschuß von Gerbstoff, beim bekannten Verfahren mit einem Minimum. Die Dichte
und die Wärme sind bei dem Verfahren der neuen Erfindung bleichbleibend, bei dem,
beschriebenen (wie überhaupt bei den meisten bekannten Verfahren) wechselnd.
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Nach der neuen Erfindung kommt der von Anfang an gleichmäßig dichte
Gerbstoffstrom mit den Blößen in fortwährende und innige Berührung; der heftige,
gleichzeitige Anprall gelöster und aufgeschwämmter Teilchen an der ganzen unbewegten
Fläche der Blöße bei Bluttemperatur bewirkt eine schnelle Gerbung von bisher unerreichter
Gleichmäßigkeit.
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Die Verwendung von Brühen hoher Dichte ist an sich, schon lange bekannt.
Man kennt mehrere Verfahren, die auf ihrer Verwendung beruhen. So ist ein Verfahren
bekannt, bei welchem die Blößen unmittelbar auf beiden Seiten mit unverdünntem Extrakt
bestrichen werden. Man schichtet, läßt abtropfen, wiederholt das Bestreichen idreimal
täglich während 8 Tagen. Darauf folgt i2 Tage lang ein zweimaliges Bestreichen.
Die Durchgerbung ist unigenügend, so daß eine Nachgerbun:g vorgenommen werden muß.
Um diese Nachteile der bedeutenden Handarbeit zu umgehen, wurde bei einem anderen
Verfahren die Gerblösung .gleichzeitig mit den Häuten in heftige Bewegung versetzt.
Nach diesem Verfahren werden (die Blößen in eine Gerblösung von ungefähr 8° Be bei
gewöhnlicher Temperatur eingegeben und mit einer Umdrehungsgeschwindigkeit von ungefähr
to Umdrehungen in der Minute in einem Drehfaß bewegt. Die hierdurch bewirkte starke
mechanische Beanspruchung der Blöße mit üblen Folgen für das Leder wird bei dem
neuen Verfahren vermieden.
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Die neue Erfindung vereinigt die Vorteile der alten Grubengerbung
mit denjenigen der I?aß.gerbung, ohne deren Nachteile in sich zu bergen. Die gleichzeitige
Anwendung starker Gerblösungen bei Lebenstemperatur und lebhafter Strömung der Brühe
bei unbeweglichen Blößen ergibt jene Gleichmäßigkeit der Gerbung 4m Innern und Äußern,
den :hohen Durchgerbungsgrad, das gute Gewicht und die Festigkeit, auf %velche Eigenschaften
bereits hingewiesen wurde.
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Wenn also einerseits die Verwendung dichter Brühen, ferner ider Umlauf
bei 3o bis 35° C sowie die Erkenntnis, daß Wärme die Gerbung :beschleunigt, nicht
neu sind, so steht fest, daß die geeignete Kombination der einzelnen Verfahrensteile,
die bei dem neuen Verfahren alle gleichzeitig zur Auslösung kommen, verbunden mit
der ,großen Stromgeschwindigkeit
der Gerbstofflösung, die nicht
einer einfachen Bewegung entspricht, eine neue Gesamtwirkung zum Ausdruck kommt,
die eine bedeutend' größere Wirtschaftlichkeit als bisher in sich schließt. Es ist
ferner hierbei die neue Erkenntnis der erhöhten besseren Gerbwirkung bei der Bluttemperatur
des Tieres zu berücksichtigen.
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Die Gerbung kann gemäß der Erfindung in den üblichen Gerbegeschirren
ausgeführt werden, welche je nach dem Umfang der Anlage in beliebiger Zahl unter
sieh zu einer Einheit derart @-enbunden werden, daß sie einem einzigen Gefäß gleichkommen,
in welchem somit dieselbe gleichbleibende Dichte, Temperatur und Stromgeschwindigkeit
herrscht. A.n. Stelle der Geschirne können die üblichen Gruben mit oder ohne Anwendung
von Haspeln oder besonders hierzu eingerichtete Fässer Verwendung finden, vorausgesetzt,
daß die zu behandelnden Häute sich nicht bewegen.
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Die Vorteile des Verfahrens der neuen Erfindung sind im. wesentlichen
.die folgenden: i. Ersparnis an Arbeitskraft: Es entfallen das übliche Umziehen
.der Leder in Gruben und Geschirren, das Laden und Entladen des Gerbfasses bei der
Faß.gerbung.
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2. Ersparnis an Zeit: Selbst die schwersten Häute sind nach höchstens
15 Tagen bei hoher n, fertig gegerbt, ohne daß die Leder zum Teil mit freiem Gerbstoff
angefüllt sind und daß -der Narben gelitten hat.
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3. Ersparnis an Motorkraft: Es entfällt der Antrieb von Gerbfässern;
es ist nur für den Umlauf der Antrieb zu besorgen, was in sehr wirtschaftlicher
Weise geschehen kann.
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.4. Gewichtsausbeute: Infolge der günstigen Zusammenwirkung von Bewegung,
Wärme und Dichte gelangt man zu einer Ausbeute von mehr als 6o Prozent, berechnet
auf Grüngewicht, gegen 5o Prozent nach dem alten langsamen Gerbverfahren in Versenken
und Versatz mit Lohe.
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5. Güte und Gleichmäß-iglceit des Erzeugnisses: Das nach dem neuen
Verfahren hergestellte Leder weist keine Schwächung .der Faser auf, wie dies bei
anderen Schnellgerbverfahren vorkommen kann. Eine einheitliche Brühe von gleichbleibender
Zusammensetzung, bei gleichbleibender Dichte, Temperatur und Strömung wird verwendet,
und dadurch wird eine bisher unerreichte Gleichmäßigkeit des Leders innerlich .und
äußerlich erzielt.
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Beispiel I. Vegetabilische Gerbung.
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a) Für Unterleder: Ochsenhäute von 50 kg Gewicht und 4 mm Stärke
werden nach geeigneter Äscherarbeit in einem Gerbgeschirr behandelt, das eine Gerbbrühe
von i5° Be enthält, entsprechend einem Gehalt von etwa 2o Prozent Gerbstoffextrakt.
Die Temperatur beträgt 37 bis 4o° C. Die Blößen werden je 2o für ein Geschirr wie
üblich auf Stöcken aufgehängt, wodurch Berührung der einzelnen Häute sowie Faltenbildung
vermieden wird. Die Flüssigkeit wird mittels einer Zentrifugalpumpe, Hubrades oder
in anderer `leise mit einer Stromgeschwindigkeit von 18o ooo 1 in der Stunde .in
raschem Umlauf versetzt. Die Gerbstoffabnabme wird laufend durch Zu,bessern ausgeglichen,
so daß die Dichte stets i5° :Be beträgt. Nach höchstens 15 Tagen sind die
Häute gar und können der üblichen Zurichtung übergeben werden.
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b) Für Oberleder: Die Gerbung dieser Ledersorten geht in derselben
Weise vor sich, mit dem einzigen Unterschied, daß entsprechend der geringeren Dicke
der Haut und je nach der Art der Gerbstoffe eine Dichte von 6 Ibis i2° Be eingehalten
wird, wobei eine Gerbedauer von 3 Tagen genügt.
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Beispiel 1I. Mineralische Gerbung.
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Man kann Chromalaun, Biehromat, C.hromobase, Tannochrom usw. verwenden
oder irgendeinen mineralischen Gerbstoff, wie er für andere Verfahren Verwendung
findet.
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Die in , üblicher Weise für die Chromgerhung vorbereiteten Häute,
z. B. 4 m:n starke Büffelhäute, werden, nachdem sie vorgängig vorteilhaft gepickelt
worden sind, wie bei .der vegetabilischen Gerbung in die Geschirre eingehängt. An
Stelle d'er vegetabilischen Gerbextraktlösung wird die Lösung eines basischen Chromsalzes
in die Gerb-. geschirre eingelassen. Die Brühe soll eine gleichbleibende Temperatur
von 37° C und eine gleichbleibende Dichte von i2° Be haben, Die Umlaufsgesohwindigkeit
der Brühe ist dieselbe wie bei der vegetabilischen Gerbung. In 2 'bis 3 Tagen ist
die Gerbung vollendet, und es können die Chromleder den üblichen Zurichtungsanbeiten
übergeben werden.
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Beispiel III. Ksombinationsg erbung.
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Die zur Gerbun,g vorbereiteten Häute werden wie für Beispiel II behandelt.
Das Pickeln wird jedoch -weggelassen. An Stelle -des rein mineralischen Bades wird
eine Gerblös.ung von i4° Be verwendet, welche gleiche Gewichtsmengen eines geeigneten
vegetabilischen Gerbextraktes .und ,basischer Chromsalzlösung enthält. Die übrigen
Bedingungen sind dieselben wie für Beispiel II. Die Gerbung ist in 3 bis 4 Tagen
vollendet. Die Leder können unmittelbar der Zurichtung übergeben werden.