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Verfahren zur Abscheidung vön Thionaphthen aus Steinkohlenteer. Thionaphthen
ist bisher noch nicht im Steinkohlenteer aufgefunden worden, obwohl das Auftreten
von Thiophen und seinen Homologen in den leichten Teerölen aus Analogiegründen auch
die Anwesenheit von Thionaphthen in den höheren Fraktionen vermuten ließ. Auch die
Synthese des Thion.aphthens (Ber. d. deutschen chem. Ges. 26; 28o8) und die damit
ge@,vonnene Kenntnis seines Verhaltens und seiner Eigenschaften hat, selbst nachdem
es durch die Arbeiten F r i e d 1 ä n -c! e r s (Ber. d. deutschen chem.
Ges. 41, 232, 19o8) verhältnismäßig leicht zugänglich geworden war, nicht zu- seiner
Auffindung in den Destillaten des Teers geführt. Versuche, welche in dieser Richtung
von F r i e d 1 ä n -der (a. a. O.) -und R. Meyer (Ber. d. deutschen chem. Ges.-5i,
1587, i918) unternommen wurden, diesen Schwefelkörper durch seine Verbindung mit
Quecksilberacetat (F r i e d 1 ä n d e r) oder durch sein Pikrat (R. M e y e r)
aus Rohnaphthalin oder einer Teerölfraktion von passendem Siedepunkt abzuscheiden,
verliefen ergebnislos, trotzdem der wiederholt beobachtete (vgl. auch Ber. d. deutschen
chem. Ges. 46, 534, 19i3), Schwefelgehalt im Roh- und selbst im Reinnaphthalin (des
Handels) für -das Auftreten von Thionaphthen als Naphthalinbegleiter sprach. .
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Wir haben nun gefunden, daß in der Tat Thionaphthen im* Steinkohlenteer
enthalten ist und, analog dem Tiophen im Benzol, das Naphthalin, soweit dieses dem
Steinkohlenteer entstammt, in den technischen Erzeugnissen begleitet. Die Menge
des im Naphthalin sich findenden Thionaphthens ist allerdings (proz:entualiter)
so gering (aus dem Säuregehalt des gepreßten Rohnaphthalins errechnet sich z. B.
ein Thionaphthengehalt von etwa 4 bis 5 Prozent), daß der Mißerfolg obengenannter
Forscher begreiflich ist, obwohl die von ihnen angewandten Verfahren prinzipiell
hätten erfolgreich sein können. Erst wenn in den Ausgangsmaterialien eine nennenswerte
Anreicherung an Thionaphthen erfolgt ist, ist Aussicht vorhanden, diese Verbindung
-nach einer der bisher bekannten Methoden abzuscheiden. Gegenstand vorliegender
Erfindung ist nun ein Verfahren, welches diese Anreicherung, die einer annähernden
Trennung des. Naphthälins von dem ihm chemisch sehr ähnlichen Thionaphthen gleichkommt,
bewirkt und damit ein Ausgangsmaterial gewinnt, aus welchem in an sich bekannter
Weise auch das reine Thionaphthen gewonnen werden kann. Es wurde gefunden, daß bei
vorsichtiger Behandlung des aus dem Steinkohlenteer gewonnenen Naphthalins mit Schwefelsäure
das in letzterem enthaltene Thionaphthen weit leichter in eine ' Sulfosäure übergeführt
wird als das begleitende NaphthäIin, und: daß, wa:s noch nicht bekannt war, die
Thionaphthensulfosäure bei der Spaltung den Schwefelkörper .größtenteils unverändert
zurückliefert. Behandelt man demnach-Naphthalin, vorzugsweise Rohnaphthalin, mit
kleineren Mengen Schwefelsäure, so däß nur teilweise eine Sulfurierung erfolgt,
so finden sich in den entstehenden Sulfosäuren Naphth.alip und Thionaphthen in einem
Verhältnis, welches sich im Vergleich mit dem Ausgangsmaterial zugunsten des Thionaphthens
verschoben -hat. Werden diese Sulfosäuren zerlegt, so entfällt
ein
Naphthalin, welches bereits das Doppelte bis Dreifache des im Ausgangsmaterial vorhandenen
Thionaphthens enthält. Wiederholt man das Verfahren der partiellen Sulfierung mit
diesem schivefelreicheren Naphthalin, so findet eine weitere Steigerung auf das
Sechsfis Siebenfache des ufspriinglichen Schwefelgehaltes statt usf: Mit Rücksicht
auf die leichte Verharzbarkeit des Thiönaphthens bei der Behandlung mit Schwefelsäure
ist es zweckmäßig, . die partielle Sulfierung nur innerhalb gewisser Grenzen anzuwenden
und aus dem schätzungsweise 20 bis 30 Prozent Thionaphthen enthaltenden Material
durch die an sich bekannten Verfahren, wie z. B. mit Hilfe der -Ouecksi:lberacetatverbindung
oder über die Pikrate, das reine Thionaphtlien zur Abscheidung zu bringen.
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V. M e y e r (Ber: d. deutschen chem. Ges. 16, i467) hat bereits bei
der Entdeclcung-des Thiophens im Benzol sich der leichteren Sulfurierbarkeit des
ersteren bedient, um beide Körper voneinander bis zu einem gewissen Grade zu trennen,
allein diese Beobachtung konnte für die Isolierung des Thionaphthens aus dem Naphthalin
keinen, auch nur einigermaßen sicheren Anhalt geben. 'Wohl war es aus einem als
Reaktion des Thionaphthens beschriebenen Versuch F r i e d 1 ä n cl e r s bekannt,
daß auch dieses bei der Behandlung mit Schwefelsäure anscheinend in eine Sulfosäure
übergeht, doch hat der letztgenannte Forscher eine nähere Beschreibung dieser Säure
nicht gegeben, insbesondere scheint es ihm entgangen zu sein, daß beim Lösen des
Thionaphthens in Schwefelsäure bereits schweflige Säure auftritt, und daß demnach
die Sulfierung stets mit einer teilweisen Zerstörung des Schwefelkörpers verbunden
ist. Es war daher zweifelhaft, ob das Thionaphthen bei dem von uns eingeschlagenen
Verfahren der wiederholten Sulfurierung und Rückspaltung überhaupt erhalten blieb.
Ferner ließ auch die außerordentlich leichte Sulfurierbarkeit des Naphthalins erwarten,
daß auf dem Wege der partiellen Behandlung mit Schwefelsäure Unterschiede. in dem
Verhalten beider Körper nicht eintreten würden. Endlich aber war es bei dem völligen
Dunkel, welches noch über die Natur der übrigen Naphthalinbegleiter herrscht, höchst
zweifelhaft, ob es gelang, allein das Thionaphthen aus dem nachweislich vorhandenen,
komplizierten Gemisch der- das Naphthalin begleitenden Verunreinigungen mit Hilfe
seiner Sulfosäure zu isolieren. Diese Gründe lassen den Erfolg des vorliegenden
Verfahrens als unerwartet und überraschend erscheinen. Das Thionaphthen soll zur
Herstellung von Varbatoffen und pharmazeutischen Erzeugnissen -verwendet werden.
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Beispiel. ,,Gepreßtes Rohnaphthalin wird durch etwa halbstündige Behandlung
mit 8 biss io Prozent (seines Gewichtes an konz. Schwefelsäure-von 93 bis -9q. Prozent)
unter Umrühren bei ioo° partiell sulfuriert. Hierbei ist es zweckmäßig, die neben
dem Thionaphthen das Naphthalin _begleitenden Verunreinigungen, welche mit Schwefelsäure
stark verharzen, dadurch zu beseitigen, daß man das Naphthalin, ähnlich wie bei
seiner in der Technik vielfach ausgeführten Reinigung, zunächst mit kleineren Mengen
Schwefelsäure vorwäscht und die dabei entstandenen dunklen, -harzigen Massen entfernt.
Die bei der hierauf folgenden Säurebehandlung entstehenden Sulfosäuren oder einfacher
die bei der technischen Naphthalinreinigung als Abfallprodukt entstehenden Sulfosäuren
werden-sodann durch Ausblasen mit Wasserdampf bei einer Temperatur von etwa 145'
gespalten, wobei ein Naphthalin entfällt, welches schätzungsiveise 3 Prozent Schwefel
(entsprechend einem Thionaphthengehalt von 1.2 Prozent) enthält. Wird auf dieses
Material der Proz:eß der partiellen Sulfurierung und Spaltung erneut angewandt,
so ergibt sich ein öliges Spaltungsprodukt, dessen Schwefelgehalt nunmehr et-,va
9 Prozent (entsprechend einem Thionaphthengehalt von 36 Prozent) beträgt. Wird dieses
in methylalkoholischer Lösung etwa eine halbe Stunde reit der berechneten Menge
Quecksilberacetat zum Kochen erhitzt, so findet alsbald die Abscheildung der kristallisierten
Doppelverhindung des Acetats mit dem Thionaphthen statt, aus welcher nach dem Absaugen
und Auswaschen reines Thionaphthen auf bekannte- Weise erhalten werden kann.