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Technisches Gebiet
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Die vorliegende Erfindung betrifft das Gebiet der Carbonfasern sowie von Precursoren solcher Carbonfasern auf Basis von Polyacrylnitrilpolymeren, die unter Einbeziehung ionischer Flüssigkeiten hergestellt und durch anschließende Carbonisierung und gegebenenfalls Graphitisierung in Carbonfasern umgewandelt werden.
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Stand der Technik
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Angesichts steigender Rohstoff- und Energiekosten werden Carbonfasern aufgrund ihrer einzigartigen mechanischen und funktionellen Eigenschaften zunehmend als Substitutionsmaterialien traditioneller Werkstoffe nachgefragt. Dies begründet sich im Energieeinsparungspotential der daraus hergestellten carbonfaserverstärkten Strukturbauteil, die eine sehr hohe Festigkeit bei gleichzeitig geringem Gewicht aufweisen. Vor allem die Luft- und Raumfahrt sowie die Automobilindustrie stellen hohe Anforderungen an die Qualität und Verarbeitungsmerkmale der in Strukturbauteilen verwendeten Carbonfasern.
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Carbonfasern werden kommerziell durch Pyrolyse von Polyacrylnitril-Copolymerisaten und Celluloseregeneraten sowie Pech gewonnen und haben je nach Herstellungsprozessparametern unterschiedliche Eigenschaften. Für den industriellen Einsatz sind Polyacrylnitril-Copolymerisate als Ausgangspolymere für die Herstellung von Carbonfasern besonders geeignet.
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Da Carbonfasern in immer größeren Anwendungsfeldern zu Einsatz kommen, müssen diese eine höhere Zugfestigkeit als bisher aufweisen. Zur weiteren Ausdehnung der Anwendungsfelder von Carbonfasern müssen diese billiger und umweltfreundlicher hergestellt werden können.
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Polyacrylnitril (PAN) zersetzt sich bei Temperaturen oberhalb von 350°C, ohne zu schmelzen, so dass Fasern nur über den Lösungszustand hergestellt werden können. Allerdings ist die Löslichkeit des Polyacrylnitrils infolge der starken Nebenvalenzkräfte zwischen den Makromolekülen sehr gering. Ein Lösen von Polyacrylnitril ist nur in Lösemitteln mit hohem Dipolmoment, wie Dimethylformamid, Dimethylacetamid, Dimethylsulfoxid und Ähnlichem, möglich. Die meisten dieser Lösemittel erlauben die Herstellung von Polyacrylnitrilfasern sowohl nach dem Nass- als auch nach dem Trocken-Spinnverfahren.
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Die im Stand der Technik angewendeten Verfahren zur Auflösung, Lagerung und Verarbeitung von PAN-basierten Polymeren aus konventionellen Lösungsmitteln haben technologische oder ökologische Nachteile. So müssen diese Prozesse verfahrensbedingt bei Temperaturen über 80°C durchgeführt werden, wobei eine Freisetzung flüchtiger Lösungsmitteln nicht vollständig unterbunden werden kann. Eine Rückgewinnung der Lösungsmittel sowohl aus wässrigen Bädern als auch aus der Abluft ist mit großen Aufwendungen verbunden. Meist existieren neben den dazu notwendigen komplizierten technischen und energetisch aufwendigen Verfahren Umweltemissionen sowie Anforderungen zur Gewährleistung des Gesundheitsschutzes des Bedienpersonals der Faserproduktion.
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Weiterhin werden beim Nassspinnverfahren aus verfahrenstechnischen Gründen relativ stark verdünnte Polymerlösungen versponnen. Dabei werden in der Regel poröse Faserstrukturen erzeugt, die eine geringe Festigkeit aufweisen. Außerdem garantieren die meist nieren- oder hantelförmigen Faserquerschnitte nicht die notwendige enge und stabile Verbindung zwischen Faser und Matrix. Die herkömmlichen Techniken zur Verbesserung der Zugfestigkeit von Carbonfasern zielen auf eine Verringerung von Makrodefekten, beispielsweise auf eine Verringerung von Verunreinigungen, die in den einzelnen Filamenten, aus denen die Carbonfasern bestehen, enthalten sind, oder auf eine Hemmung der Bildung von Makrohohlräumen, die in den einzelnen Filamenten gebildet werden und auf eine Hemmung der Bildung von Defekten, die an den Oberflächen der einzelnen Filamente gebildet werden, ab (
59-88924 (Kokai) und der Veröffentlichungsnr.:
4-12882 (Kokoku)
Japanischen Patent, Veröffentlichungsnr.: 3-41561 (Kokoku)).
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Zusätzlich zu den vorstehend erwähnten Makrodefekten wird die Festigkeit auch durch Mikrohohlräume oder Mikrodefekte beeinträchtigt. Eine Technik zur Erhöhung der Dichte von nicht verstreckten Fasern, bei der die Bedingungen des Koagulationsbades optimiert werden, ist im
Japanischen Patent mit der Offenlegungsnr.: 59-82420 (Kokai) offenbart, und eine Technik zur Erhöhung der Dichte von verstreckten Fasern, bei der die Recktemperatur in einem Bad so hoch wie möglich gehalten wird, ist im
Japanischen Patent mit der Veröffentlichungsnr.: 6- 15722 (Kokoku) offenbart. Mit diesen Techniken kann zwar eine Erhöhung der Faserdichte erreicht werden, dies kann jedoch dazu führen, dass die Sauerstoffdurchlässigkeit in den Fasern im Stabilisierungsverfahren erniedrig wird, sodass die Verbesserung der Zugfestigkeit der erhaltenen Carbonfasern mit starken Nachteile verbunden ist und an Wert verloren hat. Deshalb sind diese Techniken in ihrer Wirkung bei der Verbesserung der Zugfestigkeit eingeschränkt.
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Die trocken gesponnenen Fasern weisen dagegen trotz der kompakten Morphologie und runder Querschnittsflächen eine weniger gleichmäßige Struktur auf und sind daher als Carbonfaserprecursoren weniger geeignet. Darüber hinaus wird das Trockenspinnverfahren verfahrensbedingt bei hohen Temperaturen durchgeführt, so dass bei der Verwendung von leichtflüchtigen Lösungsmitteln der Spinnprozess nur unter einem hohen technischen Aufwand durchgeführt werden kann.
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Für die industrielle Umsetzung haben sich ionische Flüssigkeiten (IL) als vielversprechende Lösungsmittel für Polymere herausgestellt. Ionische Flüssigkeiten sind Salze, die bei Temperaturen unter 100°C im flüssigen Aggregatzustand vorliegen. Die heute am intensivsten untersuchten Verbindungen basieren auf Imidazolium- und Pyridinium-Kationen und Anionen, wie Halogenide bzw. komplexere Anionen, wie Acetate, Amide, Borate, Phosphate, Imide und Sulfate.
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Ionische Flüssigkeiten zeichnen sich durch eine Reihe interessanter Eigenschaften aus: Sie sind thermisch stabil, schwer entzündlich, haben einen sehr niedrigen Dampfdruck und verfügen über spezielle hochselektive Lösungseigenschaften. Darüber hinaus besitzen ionische Flüssigkeiten ein hervorragendes Lösevermögen für zahlreiche faserbildende Polymere, so dass die technisch nutzbaren Polymerkonzentrationen in der Lösung deutlich erhöht werden können (
CN 1752302 bis
CN 1752305 ,
WO 2007/128268 A2 ,
WO 2007/128268 A3 ). In der
CN 1752302 bis
CN 1752305 und
DE 10 2009 019 120 A1 sind dabei ionische Flüssigkeiten zur Verarbeitung von Polyacrylnitril zu Fasern aus dem Lösungszustand aufgeführt. Die dabei erhaltenen Fasern haben jedoch durch die angewendeten Nassspinnverfahren und Nachreckprozesse für die Herstellung von Carbonfasern ungünstige Eigenschaftsprofile.
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Aufgabe der Erfindung
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Bei der Herstellung von Precursoren für Carbonfasern auf Basis von PAN besteht ein Bedarf nach Lösungssystemen und auf diesen aufbauenden Verfahren, welche Faserstoffe mit hohen Festigkeiten bei gleichzeitig ausreichender Dehnung liefern, die für den Einsatz in Verbundstoffen besonders gut geeignet sind. Weiterhin sollten die auf diese Art erhaltenen Fasern optimale Oberflächeneigenschaften aufweisen.
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Überraschenderweise wird diese Aufgabe gelöst durch Carbonfasern, die gekennzeichnet sind durch eine Zugfestigkeit (nach DIN 53816) von etwa 3,0 bis 8,5 GPa, b) eine Bruchdehnung (nach DIN 53816) von etwa 0,5 bis 3,0 %, c) einen Elastizitäts-Modul (nach DIN 53816) von etwa 100 bis 350 MPa, d) einen Titer (dtex) von etwa 0,2 bis 1,5 dtex, und e) einen Dichte-Strukturparameter von etwa 1700 bis 1900 g/cm3.
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Bevorzugt weist die Zugfestigkeit einen Wert (nach DIN 53816) von etwa 3,5 bis 7,0 GPa auf, die Bruchdehnung einen Wert (nach DIN 53816) von etwa 1,0 bis 2,5% auf, der Elastizitätsmodul weist einen Wert von (nach DIN 53816) etwa 200 bis 300 MPa auf, sowie der Titer (dtex) vorzugsweise einen Wert von etwa 0,3 bis 1,2. Der Dichtestrukturparameter nimmt vorzugsweise einen Wert von etwa 1,750 bis 1,850 g/cm3 ein.
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Die dieser technischen Anweisung folgenden Carbonfasern sind dann besonders vorteilhaft, wenn deren Morphologie möglichst geringe strukturelle Unterschiede zwischen den Innen- und Außenschichten von jedem einzelnen Filament aufweisen als herkömmliche Kohlenstofffasern, erhalten durch AMF (Rastersondenmikroskopie) und RAMAN-Mikroskopie. Zudem sind diese Carbonfasern dann als besonders vorteilhaft zu bezeichnen, wenn deren Morphologie eine möglichst geringere Anzahl von Makrodefekten von jedem einzelnen Filament als herkömmliche Carbonfaserprecursoren aufweist, erhalten durch REM-Aufnahmen von Filamentquerschnitten, die mit Hilfe eines Gallium-Ionenstrahls (Focused Ion Beam) freigelegt wurden. Es sei hierzu auf die REM-Aufnahmen gemäß 1 verwiesen. Diese gehen zurück auf direkt nach dem Koagulationsbad entnommene Filamente, wobei die linke Abbildung einen Querschnitt darstellt. Es ergibt sich daraus eine besonders vorteilhafte, kompakte und homogene Struktur.
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Die oben beschriebenen Carbonfasern zeichnen sich durch eine exzellente Rundheit, gemessen durch das L/B-Verhältnis, aus. Beim L/B-Verhältnis handelt es sich um das Verhältnis von Länge zu Breite des Faserquerschnitts. Vorzugsweise weisen die erfindungsgemäßen Carbonfasern ein L/B-Verhältnis von 2,0 bis 1,0, insbesondere von 1,5 bis 1,0, auf.
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Die Aufgabe der vorliegenden Erfindung wird mit besonderem Vorteil durch Carbonfasern in graphitisierter Form gelöst, die gekennzeichnet sind durch a) eine Zugfestigkeit (nach DIN 53816) von 2,5 bis 7,0 GPa, insbesondere von 3,0 bis 6,0 GPa, b) eine Bruchdehnung (nach DIN 53816) von 0,2 bis 3,0%, insbesondere von 0,5 bis 2,5%, c) einen Elastizitäts-Modul (nach DIN 53816) von 200 bis 1.000 MPa, insbesondere von 300 bis 900 MPa, d) einen Titer (dtex) von 0,3 bis 1,2, insbesondere von 0,5 bis 1,0, und/oder e) eine Dichte von 1,700 bis 1,900 g/cm3, insbesondere von 1,750 bis 1,850 g/cm3. Für Carbonfasern in graphitisierter Form ist es bevorzugt, wenn sie die oben für Carbonfasern beschriebenen Eigenschaften hinsichtlich der Glätte, Rundheit und/oder Porosität ebenfalls erfüllen.
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Die oben beschriebenen Carbonfasern bzw. Carbonfasern in graphitisierter Form lassen sich aus Carbonfaser-Precursoren herstellen, die in Form von Precursor Garnen und Filamenten eine erhöhte Reißfestigkeit bei gleichzeitig ausreichender Dehnung, einen runden Querschnitt sowie eine kompakte Fasermorphologie aufweisen und zur Weiterverarbeitung und Herstellung von hochfesten Carbonfasern für technische Anwendungen in Verbundstoffen besonders gut geeignet sind. Insbesondere sind solche Carbonfaserprecursoren zur Herstellung von Carbonfasern, die im Vorstehenden beschrieben sind, durch Stabilisierung, Carbonisierung und gegebenenfalls anschließende Graphitisierung geeignet. Die hier beschriebenen Carbonfaserprecursoren basieren auf Polyacrylnitril und sind gekennzeichnet durch a) eine Zugfestigkeit (nach DIN 53816) von etwa 40 bis 90 cN/tex, insbesondere von etwa 50 bis 80 cN/tex, b) eine Bruchdehnung (nach DIN 53816) von etwa 8 bis 20 %, insbesondere von etwa 10 bis 18%, c) einen Elastizitäts-Modul (nach DIN 53816) von etwa 800 bis etwa 1.600 cN/tex, insbesondere von etwa 900 bis 1.500 cN/tex, d) einen Titer von etwa 0,6 bis 2,0, insbesondere von etwa 0,8 bis 1,5 (dtex), und e) Dichte von etwa 1,170 bis 1,190 g/cm3.
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Das verwendete Polyacrylnitril kann durch kationische, anionische oder radikalische Polymerisation, bevorzugt durch radikalische Polymerisation, hergestellt werden. Für die Polymerisation kann jedes herkömmliche Polymerisationsverfahren, wie zum Beispiel eine Lösungspolymerisation, eine Suspensionspolymerisation oder eine Emulsionspolymerisation, angewendet werden.
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Das verwendete Polyacrylnitril kann sowohl ein Homopolymer als auch ein Copolymer sein. Wird als Polyacrylnitril ein Copolymer verwendet, so sollte der Anteil an Polymerisat-Copolymeren im Polyacrylnitril bei etwa 10,0% oder weniger als liegen, insbesondere im Bereich von etwa 1 bis 6 Mol-% und besonders bevorzugt im Bereich von etwa 2 bis 5 Mol-%. Als Copolymere zu Acrylnitril können zweckmäßig Acrylamid, Acrylsäure, Butylacrylat, Ethylacrylat und Methyl-methacrylat, Methacrylsäure, Itaconsäure, Vinylacetat, Vinylbromid, Vinylchlorid oder Gemische davon eingesetzt werden.
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Hinsichtlich des Molekulargewichtes unterliegt das für den Carbonfaser-Precursor verwendete Polyacrylnitril keinen relevanten Beschränkungen. Das durchschnittliche Molekulargewicht des Polyacrylnitrils in den Carbonfaser-Precursoren beträgt bevorzugt etwa 50.000 bis 300.000, insbesondere etwa 80.000–250.000 und besonders bevorzugt etwa 120.000–190.000. Ein höherer Polymerisationsgrad ist unter denselben Spinn- und Reckbedingungen wirkungsvoller bei der Verbesserung der Zugfestigkeit und der Dehnung der Vorläuferfasern. Andererseits steigt die Viskosität des Polymers mit zunehmendem Polymerisationsgrad an, was mit einer Verschlechterung der Verarbeitungsfähigkeit beim Spinnen und Recken verbunden ist. Somit ist es bevorzugt, den Polymerisierungsgrad unter Berücksichtigung eines Ausgleichs zwischen diesen Eigenschaften auszuwählen. Wenn der Polymerisationsgrad niedrig ist, verbessert sich die Verarbeitungsfähigkeit beim Spinnen und Recken. Da aber die Wärmebeständigkeit des Produktes abnimmt, treten Verschmelzungen zwischen den einzelnen Filamenten im Spinn- und Reckverfahren und im Karbonisierungsverfahren häufiger auf.
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Die Polydispersität des Acrylnitrilpolymers, ermittelt durch Gelpermeationschromatographie, liegt zweckmäßig im Bereich zwischen etwa 1,5 und 3,5, bevorzugt zwischen etwa 1,8 und 3,0, und besonders bevorzugt zwischen etwa 1,8 und 2,8. Eine engere Verteilung der relativen Molekülmassen ermöglicht eine verbesserte Reckfähigkeit im Spinn- und Reckverfahren und verbessert die Festigkeit der erhaltenen Carbonfasern. Es ist daher bevorzugt, die Verteilung der relativen Molekülmassen einzuengen.
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Die beschriebenen Carbonfaser-Precursoren bestehen nicht notwendigerweise ausschließlich aus Polyacrylonitril oder Copolymeren davon, wie oben beschrieben, sondern können neben Polyacrylnitril weitere Polymere enthalten, insbesondere in Form von Cellulose, Aramiden, Lignin, Polyetheresterketonen und/oder Polyethersulphonen. Solche zusätzlichen Polymere sind vorzugsweise in einer Menge von bis zu 50 Gew.-%, bezogen auf den Carbonfaser-Precursor, in diesem enthalten.
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Darüber hinaus weisen auch die Carbonfaserprecursoren eine möglichst hohe Rundheit auf, die vorzugsweise charakterisiert ist durch ein L/B-Verhältnis im Bereich von 2 bis 1,0, insbesondere von 1,5 bis 1,0. Alternativ oder zusätzlich zu diesen Eigenschaften weisen die Carbonfaserprecursoren vorzugsweise eine Porosität bestimmt nach der Methode der Jod-Absorption von 1,5 bis 0,1 %, insbesondere von 0,8 bis 0,15 % auf.
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Die obiger technischer Anweisung folgenden Carbonfaser-Precursoren sind dann als besonders vorteilhaft zu bezeichnen, wenn deren Morphologie eine möglichst geringe Porosität bei jedem einzelnen Filament als herkömmliche Carbonfaser-Precursoren aufweist, erhalten durch Porositätsmessungen. Alternativ oder zusätzlich zu diesen Eigenschaften weisen die Carbonfaser-Precursoren vorzugsweise eine Porosität, bestimmt nach der Methode der Jodabsorption von etwa 1,5 bis 0,1%, insbesondere von etwa 0,8 bis 0,15%, auf. Die Messmethode der Jodabsorption erfolgt, wie sie in der
DE 698 28 417 T2 (dort S. 10, [0066] und [0067]) beschrieben wurde.
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Die erfindungsgemäßen Carbonfaser-Precursoren können durch ein im Folgenden beschriebenes Verfahren hergestellt werden. Nach diesem Verfahren wird ein Homo- oder Copolymer von Polyacrylnitril, gegebenenfalls zusammen mit einem zusätzlichen anderen Polymer, wie vorstehend beschrieben, in einer ionischen Flüssigkeit gelöst, wobei die Konzentration des Polyacrylnitrils gegebenenfalls zusammen mit einem weiteren Polymer, in der ionischen Flüssigkeit mindestens etwa 5 Gew.-%, insbesondere etwa 10 bis 25 Gew.-%, wobei unlösliche flüssige oder feste Additive weitgehend ausgeschlossen sind, beträgt, diese Lösung in einem Fällungsmedium nassversponnen wird und die anfallenden Fasern gereckt werden.
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Bei Verwendung von konventionellen Lösungsmitteln nimmt mit steigender Polymerkonzentration das Lösevermögen ab und die Viskosität der Lösung zu, so dass die Temperaturen erhöht werden müssen, um eine Gelbildung in der Spinnlösung zu vermeiden bzw. um die Prozessparameter kontinuierlich zu gestalten. Dadurch werden die Minimaltemperaturen, die für die problemlose Auflösung, Lagerung und Verarbeitung der Polymerlösungen erforderlich sind, erhöht bzw. sie dürfen 80 bis 90°C nicht unterschreiten. Durch den hohen Dampfdruck der herkömmlichen Lösungsmittel führt dies zur Bildung von Inhomogenitäten an der Grenze zwischen der Polymerlösung und Umgebung. Ionische Flüssigkeiten besitzen nahezu keinen Dampfdruck, daher können Polymerlösungen in ionischen Flüssigkeiten problemlos auch bei höheren Temperaturen hergestellt und weiterverarbeitet werden.
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Beim Nassverspinnen der Lösung kann das angewandte Spinnverfahren ein Nassverspinnen oder Trocken-Nassverspinnen sein. Unter diesen ist Trocken-Nassverspinnen bevorzugt, da eine Erhöhung der Faserdichte leichter gewährleistet und Fasern mit höherer Festigkeit einfacher erhalten werden können. Bei diesem Verfahren können die an der Düse austretenden Filamente einen bis zu 10 cm langen Luftspalt durchlaufen, bevor sie in einem darunter liegenden Fällmedium ausgefällt werden.
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Die Verarbeitung von Polymerlösungen mit Hilfe des Nass-Spinnverfahren wird sehr stark durch die Strömungs- und Druckverhältnisse der Polymerlösung an der Düse beeinflusst. Daher wird die Verarbeitung von stark strukturierten Polymerlösungen unter anderem durch ihre hohe Viskosität begrenzt. Im oben angegebenen Molekulargewichtsbereich der PAN-basierten Polymere können Polymerlösungen im Konzentrationsbereich zwischen 10 und 18 Gew.-% Polymer in IL verarbeitet werden.
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Ein Verspinnen höher konzentrierter Lösungen kann nach dem Trocken-Nassspinnprozess erfolgen. Im oben angegebenen Molekulargewichtsbereich der PANbasierten Polymere können mit diesem Verfahren Polymerlösungen im Konzentrationsbereich zwischen etwa 15 und 30 Gew.-% Polymer in ionischen Flüssigkeiten verarbeitet werden.
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Die Viskosität der das Polyacrylnitril enthaltenden Spinnlösung im Nassspinnprozess beträgt vorzugsweise etwa 20 bis 200 Pas, insbesondere etwa 50 bis 120 Pas, im Trocken-Nassspinnprozess hingegen vorzugsweise etwa 500 bis 50.000 Pas, insbesondere etwa 1.000 bis 20.000 Pas.
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Eine Lösung des Polyacrylnitrils in der ionischen Flüssigkeit kann entweder durch direktes Auflösen des Polyacrylnitrils in der ionischen Flüssigkeit erhalten werden oder durch Suspendieren des Polyacrylnitrils in einer verdünnten wässrigen bzw. organischen Lösung der ionischen Flüssigkeit, wobei anschließend Entfernen das Wasser bzw. das organischen Lösungsmittel bei erhöhter Temperatur mit oder ohne Einwirkung eines Vakuums aus der Suspension entfernt wird. Dabei wandelt sich die zunächst erhaltene Suspension in eine Lösung um.
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Die Polyacrylnitrillösung wird vorzugsweise mit Hilfe einer Spinndüse in ein Fällungsmedium eingebracht. Als Spinndüse wird zweckmäßig eine Spinndüse mit kreisförmigen Löchern verwendet, um koagulierte Fasern mit einer kreisförmigen oder Kreisform-ähnlichen Querschnittsform zu erhalten. Koagulierte Fasern mit einer Querschnittsform, die sich von der Kreisform unterscheidet, wie zum Beispiel mit einer Querschnittsform in Form eines Dreieck, Vierecks oder Fünfecks, können erhalten werden, indem eine Vielzahl von Filamenten kombiniert wird, die aus einem Schlitzsatz oder einem Satz mit kleinen kreisrunden Löchern erhalten werden.
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Es ist bevorzugt, dass die Spinndüsenplatte einen Durchmesser von etwa 160 µm oder weniger aufweist. Insbesondere beträgt der Durchmesser bevorzugt sind etwa 100 µm oder weniger und besonders bevorzugt sind etwa 40 µm oder weniger.
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Bei der Auswahl der ionischen Flüssigkeit unterliegt das bezeichnete Verfahren keinen relevanten Beschränkungen. So kommen ganz allgemein solche ionischen Flüssigkeiten in Frage, wie sie in der
DE 10 2006 035 830 A9 (dort S. 3, [0015] bis S. 17, [0088]) beschrieben werden. Es hat sich gezeigt, dass das Polyacrylnitril in bestimmten ionischen Flüssigkeiten sehr gut löslich ist.
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Die bevorzugten ionischen Flüssigkeiten weisen die allgemeine Form [Q+]
n[Z–]
n auf, wobei das Kation [Q+]
n ein quartäres Ammonium-[R1R2R3R4N+], Phosphonium-[R1R2R3R4P+] oder ein tertiäres Sulfonium-[R1R2R3S+]-Kation oder ein analoger quaternierter Stickstoff-, Phosphor- oder ein tertiärer Schwefel-Heteroaromat der folgenden Formeln (I), (II), (III), (IV), (V) und (VI)
darstellt. Bei den Resten R1, R2, R3, R4 bzw. R1 bis R8 in den Formeln (I) bis (VI) handelt es sich unabhängig voneinander um lineare, zyklische, verzweigte, gesättigte oder ungesättigte Alkylreste, mono- oder polycyclische, aromatische, heteroaromatische Reste oder mit weiteren funktionellen Gruppen substituierte Derivate dieser Reste, wobei R1, R2, R3 und R4 bzw. R1 bis R8 in den Formeln (I) bis (VI) untereinander verbunden sein können. Bei dem Anion [Z]
n– handelt es sich vorzugsweise um ein Halogenid, Pseudohalogenid, Amid, insbesondere Dicyanamid, Imid, eine Phosphorbindung oder eine Nitroverbindung.
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Bei den Halogeniden oder Pseudohalogeniden kann es sich insbesondere um solche mit der Formel F–, Cl–, Br–, I–, BF4 –, PF6 –, AlCl4 –, Al2Cl7 –, Al3Cl10 –, AlBr4, FeCl4 –, BCl4 –, SbF6 –, AsF6 –, ZnCl3 –, SnCl3 –, CuCl2 –, CF3SO3 –, (CF3SO3)2N–, CF3CO2 –, CCl3CO2 –, CN–, SCN–, OCN– handeln. Als Phosphorverbindungen sind zweckmäßig Phosphate gemäß der chemischen Formel PO4 3–, HPO4 2–, H2PO4 –, R1PO4 2–, HR1PO4 –, R1R2PO4 –, Phosphonate und Phosphinate gemäß den Formeln R1HPO3 –, R1R2PO2 –, R1R2PO3 –, Phosphite gemäß den Formeln PO3 3–, HPO3 2–, H2PO3 –, R1PO3 2–, R1HPO3 –, R1R2PO3 –, sowie Phosphonite und Phosphinite der Formeln R1R2PO2 –, R1HPO2 –, R1R2PO–, R1HPO– einzubeziehen.
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Bei den in den oben bezeichneten Kationen gegebenenfalls enthaltenen Alkylresten handelt es sich vorzugsweise um C1-18-Alkylreste, insbesondere Alkylreste mit 1 bis 4 Kohlenstoffatomen, wie vorzugsweise Methyl-, Ethyl-, 1-Propyl, 2-Propyl-, 1-Butyl-, 2-Butylreste, cyclische Alkylreste mit 3 bis 10 Kohlenstoffatomen, insbesondere in Form von Cyclopropyl-, Cyclobutyl-, Cyclopentyl- sowie Cyclohexyl-Resten, ungesättigte Alkylreste in Form von Vinyl, 2-Propenyl, 3-Butenyl, cis-2-butenyl, trans-2-butenyl-Resten, aromatische Reste in Form von Phenyl oder Naphthyl-Resten, die mit 1 bis 3 Halogenatomen, Alkylresten mit 1 bis 4 Kohlenstoffatomen oder Phenyl-Resten substituiert sein können, und heteroaromatische Reste in Form von O-, S- oder Kn-Enthaltenden heterocyclischen Resten mit 2 bis 5 Kohlenstoffatomen oder Gemische davon.
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Die molekulare Struktur der polymeren Moleküle der Homo- und Copolymeren des Polyacrylnitrils führt zu starken Dipolwechselwirkungen zwischen den Ketten. Für das Aufbrechen der starken Wechselwirkungen zwischen den Polymerketten eignen sich insbesondere ionische Flüssigkeiten, die aus Kationen und Anionen mit hoher Ladungsdichte bestehen (s. HSAB-Konzept).
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Die nachfolgend bezeichneten ionischen Flüssigkeiten erweisen sich für die bezeichnete Verarbeitung als besonders gut geeignet.
1-Ethyl-3-methylimidazolium-chlorid [EMIM] [Cl],
1-Butyl-3-methylimidazolium-chlorid [BMIM] [Cl],
1-Ethyl-3-methylimidazolium-bromid [EMIM] [Br],
1-Butyl-3-methylimidazolium-bromid [BMIM] [Br],
1-Ethyl-3-methylimidazolium-thiocyanat [EMIM] [SCN],
1-Butyl-3-methylimidazolium-thiocyanat [BMIM] [SCN],
1-Ethyl-3-methylimidazolium-cyanat [EMIM] [OCN],
1-Butyl-3-methylimidazolium-cyanat [BMIM] [OCN],
1-Ethyl-3-methylimidazolium-dicyanamid [EMIM] [DCA],
1-Butyl-3-methylimidazolium-dicyanamid [BMIM] [DCA],
1,3-Dimethylimidazolium-dimethylphosphat [MMIM] [DMP],
1-Ethyl-3-methylimidazolium-diethylphosphat [EMIM] [DEP],
1-Butyl-3-methylimidazolium-dibutylphosphat [BMIM] [DBP].
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Für die mit der Erfindung angestrebten Effekte sind besonders folgende konkrete Verbindungen von Wert: [EMIM] [Cl], [EMIM] [DCA] (DCA = Dicyanamid = ΘN(CN)2), [MMIM] [DMP] und/oder [EMIM] [SCN].
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Unter Berücksichtigung der vorstehend gegebenen konkreten Angaben zum bezeichneten Verfahren ist es dem Fachmann leicht möglich, hier geeignete Optimierungen vorzunehmen, so beispielsweise durch die Variation der Kationen und Anionen der ionischen Flüssigkeit, wodurch die resultierenden Strukturparameter und die weiteren Eigenschaften der Precursorfasern begünstigt werden. Infolgedessen kann durch die Verwendung bestimmter ionischer Flüssigkeit das Erfindungsziel in optimaler Form erreicht werden, wobei insbesondere der Fadenbildungsprozess an der Düse bzw. im Luftspalt optimal steuerbar ist. Auch können unterschiedliche wünschenswerte Eigenschaften der Precursorfasern erhalten werden, indem die Diffusionsprozesse bei der Regeneration/Koagulation des Fadens und die Reckbedingungen vorteilhaft gesteuert werden.
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Die während des Fällens bzw. der Koagulation der Polyacrylnitrilfäden gewählten Bedingungen haben einen großen Einfluss auf die Struktur und die Zugfestigkeitseigenschaften der Precursorfasern und der aus diesen herstellbaren Carbonfasern. Es ist daher bevorzugt, diese Bedingungen unter Berücksichtigung sowohl der Zugfestigkeitseigenschaften als auch der Produktivität festzulegen. Um insbesondere dichte Precursorfasern mit wenigen Hohlräumen zu erhalten, ist eine geringere Koagulationsgeschwindigkeit bevorzugt, was sich durch Koagulieren bei niedriger Temperatur und bei hoher Konzentration erreichen lässt.
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Dabei ist vorzugsweise eine Temperatur der Spinnlösung von etwa 100°C oder weniger bevorzugt, besonders bevorzugt etwa 60°C oder weniger und insbesondere etwa 40°C oder weniger einzustellen. Weiterhin ist es bevorzugt, dass die Temperatur des Koagulationsmediums etwa 100°C oder niedriger ist. Besonders bevorzugt sind etwa 60°C oder niedriger und noch mehr bevorzugt sind etwa 20°C oder niedriger.
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Die Verwendung von ionischen Flüssigkeiten, wie oben beschrieben, zusammen mit einem verdampfbaren Lösungsmittel hat den Vorteil, dass die ionische Flüssigkeit aus dem Koagulationsmedium zurückgewonnen werden kann. Das Verfahren wird demnach zweckmäßigerweise so geführt, dass die ionische Flüssigkeit aus dem herangezogenen Koagulationsmedium zurückgewonnen wird. Der Einsatz von Wasser als Koagulationsmedium ist in diesem Zusammenhang mit besonderen Vorteilen verbunden. Insbesondere kann Wasser mit einer einbezogenen Menge eines weiteren Lösungsmittels, verwendet werden, um die Koagulationsgeschwindigkeit zu optimieren. Vorzugsweise verbleibt eine zur Optimierung der Koagulationsgeschwindigkeit angepasste Menge an ionischer Flüssigkeit im Koagulationsmedium.
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Wenn die Konzentration des Polymers, das zum Spinnen verwendet wird, höher ist, wird die Menge, die durch ein Lösungsmittel und durch ein Fällmittel während der Koagulation ersetzt wird, niedriger, wodurch die Dichte der Precursorfasern erhöht werden kann. Dies führt insbesondere beim Trocken-Nassspinnverfahren zur Ausbildung einer kompakten Morphologie bei den resultierenden Precursorfasern. Auf der anderen Seite jedoch nimmt wegen der höheren Polymerspinnlösungsviskosität die Verarbeitungsfähigkeit beim Spinnen und Recken ab, wodurch es wahrscheinlicher wird, dass es bei der Verarbeitung der Polymerlösung zu Gelbildung kommt und dass die Spinnfähigkeit beeinträchtigt wird.
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Die Herstellung von Fasern bzw. den Carbonfaser-Precursoren erfolgt unmittelbar nach Ausfällung in einem organischen Lösungsmittel bzw. mehr oder weniger stark verdünnten wässrigen Lösungen der betreffenden ionischen Flüssigkeit (Nichtlöser). Es ist bevorzugt, dass die Zusammensetzung des Koagulationsbades im Nassspinnprozess das Verhältnis von Nichtlöser/ionische Flüssigkeit zwischen 60:40 und 100:0 beträgt.
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Wenn der Koagulationsvorgang abgeschlossen ist, können die nach dem Nassverspinnen erhaltenen Fasern, vorzugsweise mit Wasser, gewaschen und gereckt werden, wobei beides vorzugsweise gleichzeitig erfolgt. Gegebenenfalls kann zusätzlich eine Säurebehandlung durchgeführt. Dabei ist die Temperatur beim Recken für die Beschleunigung der Verdichtung von hoher Bedeutung. So ist es zweckmäßig, wenn die Höchsttemperatur beim Recken in Bädern etwa 60 bis 100°C beträgt. Ein bevorzugter Bereich ist etwa 70 bis 100°C und ein besonders bevorzugter Bereich ist etwa 80 bis 100°C. Gegebenenfalls können die aus dem Koagulationsmedium abgezogenen Fasern auch getrocknet werden, insbesondere in einem Umluftofen, und ein Recken kann anschließend in trockenem Zustand durchgeführt werden.
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Es ist bevorzugt, dass das Recken in zwei oder mehr Bädern durchgeführt wird, da so die Festigkeit der erhaltenen Fasern verbessert werden kann. Es ist ebenfalls bevorzugt, dass innerhalb der Bäder ein Temperaturprofil, von einer niedrigen Temperatur hin zu einer höheren Temperatur, aufgebaut wird und dass der Temperaturunterschied zwischen den aneinandergrenzenden Bädern bei 20°C oder niedriger liegt. Durch diese Maßnahme kann eine Verschmelzung zwischen den einzelnen Fasern gehemmt werden.
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Es ist weiterhin bevorzugt, dass das Gesamtreckverhältnis beim Recken in Bädern 1,5- bis 8-fach, besonders bevorzugt 2- bis 5-fach beträgt.
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Als Gesamtreckverhältnis im Spinn- und Reckverfahren, einschließlich des Reckens in heißen Wasserbädern, ist 7-fach oder mehr bevorzugt, und 10-fach oder mehr ist besonders bevorzugt, um die Orientierung der Carbonfaser-Precursoren zu verbessern und um auch die Produktivität beim Spinnen und Recken zu verbessern. Im Hinblick auf die Qualität, wie zum Beispiel das Ausfransen, ist eine geeignete obere Grenze des Gesamtreckverhältnisses im Spinn- und Reckverfahren 20-fach oder weniger. Dies ermöglicht eine Verwendung von Hochtemperatur-Wärmeträgern wie Glycol und Ähnlichem. Wenn notwendig, wird nach der Vollendung des Reckens in Dampf unter Druck oder unter Zuhilfenahme des Hochtemperaturwärmeträgers ein Decköl auf die Vorläuferfasern angewendet.
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Im Hinblick auf die Produktivität ist es bevorzugt, dass die Feinheit der einzelnen Fasern in Form der Carbonfaser-Precursoren etwa 0,6 dtex oder mehr beträgt, besonders bevorzugt etwa 1,1 dtex oder mehr. Wenn die Feinheit der einzelnen Filamente, bei gleichbleibender Anzahl der Filamente, zu groß ist, ist der Wärmewert in Wärmebehandlungsverfahren, insbesondere im Stabilisierungsverfahren zu hoch und die Stabilisierungstemperatur kann nicht erhöht werden, wodurch sich die Produktivität vermindert. Somit ist es bevorzugt, dass die obere Grenze der Feinheit bei etwa 2,2 dtex oder weniger liegt, insbesondere bei etwa 1,9 dtex oder weniger.
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Die Anzahl der einzelnen Filamente, aus denen die Carbonfaser-Precursoren aufgebaut sind, ist nicht eingeschränkt. Im Hinblick auf die Produktivität ist eine Zahl von etwa 1.000 Filamenten oder mehr bevorzugt, insbesondere von etwa 10.000 oder mehr und besonders bevorzugt von etwa 20.000 oder mehr. Die vorliegende Erfindung kann auch wirkungsvoll auf einen dicken Strang von etwa 500.000 Filamenten oder mehr angewendet werden. Für die Spinndüse ist es bevorzugt, dass die Anzahl der Spinnlöcher pro Spinndüse bei etwa 3.000 oder höher, insbesondere bei etwa 6.000 oder höher liegt. Die geeignete obere Grenze der Anzahl der Löcher liegt bei etwa 100.000 oder weniger, da eine sehr große Spinndüse die Einfachheit bei der Handhabung verschlechtert.
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Überraschenderweise zeichnen sich die derartig erhaltenen Fasern bzw. Filamente neben einer erhöhten Reißfestigkeit und ausreichender Dehnung durch eine sehr kompakte Fasermorphologie bei einem runden Querschnitt aus. Diese Eigenschaften sind vor allem bei einer Weiterverarbeitung der erhaltenen PAN-Faser bzw. Faserkabel zur Erzeugung von Kohlenstoff- bzw. Graphitfasern von immensem Vorteil.
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Wenn die Faserdichte, wie vorstehend beschrieben, erhöht wird, werden dichte Carbonfaser-Precursoren erhalten, die keine Mikrohohlräume in der Außenschicht von jedem einzelnen Filament aufweisen. Wenn jedoch die Dichte höher ist, wird die Sauerstoffdurchlässigkeit in die Innenschicht beim Stabilisierungsverfahren geringer, wodurch die Innenschicht ungenügend stabilisiert wird; dadurch wird der strukturelle Unterschied zwischen den Innen- und Außenschichten der erhaltenen Carbonfasern vergrößert. Als Ergebnis entstehen Probleme, wie zum Beispiel eine Abnahme der Festigkeit, eine Abnahme des Moduls und Faserbruch im Carbonisierungsverfahren.
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Wenn die Dichte der Vorläuferfasern größer ist, ist eine Förderung der Sauerstoffdurchlässigkeit in die Carbonfaser-Precursoren wichtig, um die Festigkeit der erhaltenen Carbonfasern zu verbessern.
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Die Eigenschaften der hergestellten Carbonfaser-Precursoren bei ihrer Stabilisierung, Carbonisierung und Graphitisierung haben entscheidenden Einfluss auf die Eigenschaften der resultierenden Carbonfasern. Es ist bevorzugt, dass die Stabilisierungstemperatur etwa 200 bis 300°C beträgt. Die Stabilisierung wird in einer oxidierenden Atmosphäre, wie zum Beispiel in Luft, durchgeführt, aber im Hinblick auf eine höhere Produktivität ist eine Stabilisierung in einer Inertgasatmosphäre, wie zum Beispiel in Stickstoff, teilweise zu Beginn oder später während des Verfahrens wirkungsvoll. Da die Stabilisierung aus thermaler Cyclisierung und Ungesättigtheit durch Sauerstoff besteht, kann die Cyclisierung zur Sicherstellung einer höheren Produktivität in einer Inertatmosphäre bei einer höheren Temperatur durchgeführt werden, frei von einer außer Kontrolle geratenen Umsetzung, die ansonsten, möglicherweise durch die Gegenwart von Sauerstoff verursacht würde.
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Die so erhaltenen stabilisierten Carbonfaser-Precursoren werden anschließend carbonisiert und darüber hinaus, wenn notwendig, graphitisiert, um Carbonfasern zu erhalten.
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Bei der Carbonisierung, die bei allmählich steigenden Temperaturen zwischen etwa 300 und 1500°C in der Stickstoffatmosphäre stattfindet, nimmt der Kohlenstoffgehalt stetig zu und erreicht etwa 95%. Durch die sich anschließende Graphitisierung lässt sich der Kohlenstoffgehalt der Fasern auf etwa 99% erhöhen. Die Graphitisierung erfolgt durch eine thermische Behandlung bei etwa 2400 bis 2600°C in einer Argonatmosphäre. Die graphitisierten Fasern weisen einen höheren Modul als herkömmlich carbonisierte Fasern auf.
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Das vorstehend beschriebene Verfahren zur Herstellung von Carbonfaser-Precursoren weist gegenüber dem Stand der Technik vielfältige Vorteile auf. So können Polyacrylnitrilpolymere in ionischen Flüssigkeiten in hohen Konzentrationen gelöst und die Spinnlösung durch eine Düse in ein Koagulationsbad gepresst werden. Nach Extrusion der Spinnlösung in das Koagulationsmedium, was vorzugsweise über einen Luftspalt erfolgt, und Ausfällung der Garne und Filamente können diese gewaschen, getrocknet und anschließend auf Galetten gewickelt werden. Darüber hinaus können die Eigenschaften der Spinnlösung mit Hilfe unterschiedlicher ionischer Flüssigkeiten präzise eingestellt werden und bieten unzählige Möglichkeiten zur Variation des Fadenbildungsprozesses. Diese beinhalten unterschiedliche Spinnverfahren, unterschiedliche Spinnbedingungen sowie Unterschiede im Koagulationsverhalten, was wiederum für die Auswahl des Koagulationsmediums und die Koagulationsbadzusammensetzung viele Vorteile bietet. Die vorliegende Technologie zur Herstellung von Precursoren für Carbonfasern auf der Basis von Polyacrylnitril mit Hilfe ionischer Flüssigkeiten zeichnen sich im Vergleich zu im Stand der Technik verwendeten Technologien der Faserherstellung mit herkömmlichen Lösungsmitteln durch ihre große Variationsbreite in der Prozessführung und damit der Möglichkeit, die Precursor-Fasereigenschaften in einem gewissen Bereich verändern zu können, aus.
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Anhand der obigen Angaben können mit Hilfe ionischer Flüssigkeiten Carbonfasern hergestellt werden, die eine besonders günstige Faserstruktur aufweisen, wobei geringe strukturelle Unterschiede zwischen den Innen- und Außenschichten von jedem einzelnen Filament vorliegen. Beispielsweise kann durch Verwendung sperriger Anionen in der ionischen Flüssigkeit der Spinnprozess der Regenerations-Coagulations-Prozesse verzögert werden, was eine optimale Diffusion des Lösungsmittels aus dem Faden ins Coagulationsbad bzw. des Fällmediums in den Fasern bewirkt und damit eine besonders homogene Faserstruktur erzeugt wird.
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Im Folgenden wird die vorstehend beschriebene Erfindung anhand von Beispielen eingehender illustriert, die jedoch nicht den Anwendungsumfang der vorstehenden Erfindung in irgendeiner Weise beschränken sollen.
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Beispiel 1
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Ein Copolymer, bestehend aus 98,0 Mol% Acrylnitril, 1,0 Mol% Methacrylsäure und 1,0 Mol% Itaconsäure wurde durch radikalische Polymerisation hergestellt, um eine Spinnlösung in [EMIM] [Cl] mit einer Konzentration von 22% zu erhalten. Die erhaltene Spinnlösung wurde bei kontrollierten 105°C unter Verwendung einer Spinndüse mit 32 Löchern, jeweils mit einem Durchmesser von 0,10 mm, mit einem Luftspalt von 50 mm versponnen, unter Einbeziehung eines auf 20°C temperierten Koagulationsbades einer wässrigen 20%-igen [EMIM] [Cl]-Lösung. Die koagulierten Filamente wurden mit Wasser gewaschen und in 90°C heißem Wasser in drei Bädern gereckt. Das Recken in den Bädern betrug 700%. Anschließend wurden die Filamente mit Hilfe beheizter Galetten bei 150°C zum Trocknen und Recken verwendet. Das Recken auf beheizten Galetten betrug 200%.
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Es wurden Precursorfasern aus 32 Filamenten mit einer Einzelfilamentfeinheit von 1.1 dtex und einem kreisförmigen Querschnitt (L/B = 1) erhalten. Die Prozessendgeschwindigkeit betrug 65 m/min.
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Die Bruchoberfläche der Vorläuferfasern wurde mit REM begutachtet. Es wurden keine Mikrohohlräume in den Faserquerschnitten von jedem einzelnen Filament vorgefunden.
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Die Porosität der koagulierten Filamente betrug 29% und die Iodabsorptionsmessungen ergaben 0,17%.
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Um stabilisierte Fasern zu erhalten, wurden die Vorläuferfasern in einem Ofen bei Atmosphärendruck bei 250°C für 15 Minuten stabilisiert. Ferner wurde bei 270°C für 15 Minuten stabilisiert.
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Die erhaltenen Faserbündel wurden in Luft bei allmählich steigenden Temperaturen zwischen 230 und 250°C bei einem Reckverhältnis von 0,90 stabilisiert. Die stabilisierten Fasern wurden in einer Stickstoffatmosphäre, bei einer Temperaturanstiegsgeschwindigkeit von 400°C/min, in einem Temperaturbereich zwischen 300 und 500°C und bei einer Temperaturanstiegsgeschwindigkeit von 500°C/min, in einem Temperaturbereich zwischen 1.000 und 1.200°C, bis zu 1.350°C, bei einem Reckverhältnis von 0,90 carbonisiert. Die Geschwindigkeit der Carbonisierung betrug 9 m/min.
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Die so erhaltenen Kohlenstofffasern wiesen einen Einzelfilamentdurchmesser von 8,0 µm, eine Zugfestigkeit von 6,0 GPa, ein Elastizitätsmodul von 250 MPa und eine Bruchdehnung von 2,50% auf. Die erhaltenen Carbonfasern zeigen nur geringe strukturelle Unterschiede zwischen den Innen- und Außenschichten von jedem einzelnen Filament, erhalten durch RAMAN- und Rastersondenspektroskopie. REM-Aufnahmen von Filamentquerschnitten, die mit Hilfe eines Gallium-Ionenstrahls freigelegt wurden, zeigen keine Makrodefekte von jedem einzelnen Filament.
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Beispiel 2
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Kohlenstofffasern wurden, wie in Beispiel 1 beschrieben, erhalten, außer dass [EMIM] [SCN] als Lösungsmittel verwendet und die Verarbeitungstemperatur der Spinnlösung auf 110°C erhöht wurde. Die erhaltenen Kohlenstofffasern wiesen eine Zugfestigkeit von 5,9 GPa, ein Elastizitätsmodul von 240 GPa und eine Bruchdehnung von 2,6% auf.
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Beispiel 3
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Kohlenstofffasern wurden, wie in Beispiel 1 beschrieben, erhalten, außer dass ein Copolymer, bestehend aus 98,0 Mol% Acrylnitril und 2,0 Mol% Itaconsäure, durch radikalische Polymerisation hergestellt und eine Spinnlösung in [MMIM[ [DMP] mit einer Konzentration von 22% verwendet wurde.
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Die so erhaltenen Kohlenstofffasern wiesen eine Zugfestigkeit von 5,2 GPa, ein Modul von 230 MPa und eine Dehnung von 2,5% auf.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- DIN 53816 [0013]
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- DIN 53816 [0014]
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- DIN 53816 [0017]
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- DIN 53816 [0017]
- DIN 53816 [0018]
- DIN 53816 [0018]
- DIN 53816 [0018]