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Verfahren zur Herstellung von Viskose aus Textilzellstoffen Die Erfindung
betrifft die Herstellung von Viskosen in einem »Eintopfverfahren« aus normalen Textilzell
stoffen mit einem Durchschnittspolymerisationsgrad bis zu etwa 800 und einer Viskosität
bis zu etwa 200 mP durch Alkalisieren in kurzer Flotte, d. h. ohne Laugenüberschuß.
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Die klassische Arbeitsweise zur Herstellung von Viskose besteht,
wie bekannt ist, aus einer Reihe von Arbeitsgängen, die alle in besonderen Maschinen
oder Geräten durchgeführt werden.
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Das Ausgangsprodukt, der Zellstoff, wird zunächst in der Tauchwanne
in einem großen Überschuß von Lauge alkalisiert und dann von diesem Überschuß durch
Pressen wieder befreit. Die alkalisierten Zellstoffblätter bringt man anschließend
in einen Zerfaserer, in dem sie zur flockigen Alkalicellulose verarbeitet werden.
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In verschiedenartigen Behältern oder Geräten wird diese dann dem
Vorreifeprozeß unterworfen, dessen wichtigste Aufgabe neben anderen darin besteht,
die langen Celluloseketten des Ausgangsproduktes bis zu einem Durchschnittspolymerisationsgrad
von 350 bis 380 abzubauen, um dadurch die für den späteren Spinnprozeß erforderliche
niedrige Viskosität der Viskose zu erlangen. Die abgereifte Alkalicellulose endlich
wird in der Baratte sulfidiert und das erhaltene Xanthogenat im Mischer oder Löser
zur Viskose gelöst.
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Es ist naheliegend, daß eine so vielseitige Arbeitsweise zu Bemühungen
führen mußte, das ganze Verfahren zu vereinfachen. Das Endziel mußte dabei die Viskoseherstellung
in nur einem Gerät, die sogenannte »Direkt-Viskose« oder »Eintopfviskose« sein.
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Von den einzelnen Arbeitsgängen des klassischen Verfahrens standen
bzw. stehen der Entwicklung solcher »Eintopfverfahren« vor allem das Tauchen in
einen Laugenüberschuß (bzw. das Abpressen) und der sehr zeitraubende Vorreifeprozeß
bis zu 72 Stunden im Wege, der in seiner bisherigen Form dazu führen muß, daß das
Arbeitsgerät bei einem »Eintopfverfahren« für die Herstellung einer Viskosecharge
eine wirtschaftlich nicht tragbar lange Zeit benötigt wird.
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In den recht zahlreichen Arbeitsweisen zur Gewinnung von »Eintopfviskosen«
wird das praktisch unmögliche Abpressen der alkalisierten Masse in allen Fällen
dadurch umgangen, daß man eben nur die für die gewünschte Zusammensetzung der späteren
Viskose erforderliche Laugenmenge bei der Alkalisierung einsetzt, was sich bei richtiger
Arbeitsweise ohne Schwierigkeiten verwirklichen läßt.
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Den in den bekannten »Eintopfverfahren« gebrachten Möglichkeiten,
die nicht tragbare, viel Zeit raubende Vorreife ausreichend weit abzukürzen oder
ganz auszuschalten und doch zu genügend niedrigen Viskositätswerten in der Viskose
zu kommen, liegt in allen Fällen einer der beiden nachstehend geschilderten Gedanken
zugrunde: Dem ersten folgend wird der durch den Vorreifeprozeß erstrebte Abbau der
Cellulose schon vollkommen oder doch großenteils bei der Herstellung des Ausgangszellstoffes
erwirkt. Man gebraucht also als Ausgangsprodukt speziell für das jeweilige Verfahren
erkochte Zellstoffe, die von vornherein und damit auch schon vor Beginn des Vorreifeprozesses
einen Durchschnittspolymerastionsgrad der Celluloseketten von 350 bis etwa 500 besitzen
und Zellstoffviskositäten von 50 bis etwa 100 mP aufweisen.
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(Die sonst üblichen Daten sind ein Durchschnittspolymerisationsgrad
von 700 bis 800 und Viskositäten von etwa 200 mP.) Die für solche Verfahren erforderlichen
speziellen Eigenschaften des Ausgangszellstoffes können natürlich auch durch eine
zusätzliche Behandlung eines normalen Textilzellstoffes oder sogar eines Zellstoffes
mit hohem Durchschnittspolymerisationsgrad erreicht werden, die dann dem eigentlichen
Viskoseherstellungsprozeß vorangehen muß. Sie kann z. B. in einer gesondert gehandhabten
Laugeneinwirkung bestehen, oder der zunächst feinzerfaserte und damit bereits vorbehandelte
Zellstoff kann, wie in einer bekannten Arbeitsweise, direkt im Viskoseherstellungsgerät
mit einer besonders starken, vorzugsweise 35°/oigen Lauge zunächst 1 bis 2 Stunden
lang bei tieferer Temperatur (18 bis 250 C) geknetet und dabei gleichzeitig alkalisiert
werden, um dann anschließend erst durch Erwärmen auf 35 bis 500 C die thermisch
beschleunigte Vorreife zu beginnen. Auch diese Verfahren arbeiten also grundsätzlich
mit einem Spezialzellstoff.
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Im übrigen können die besonderen Eigenschaften solcher Zellstoffe
in den Arbeitsweisen durch recht verschiedene Kenndaten, z. B. auch durch ihren
ß-und y-Cellulosegehalt zum Ausdruck gebracht sein.
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(Bekanntlich steigt bei der Zellstoffherstellung mit dem für den starken
Abbau [niedrigen Durchschnittspolymerisationsgrad] notwendigen längeren Kochprozeß
der ,B-Cellulosegehalt eines Zellstoffes an bei gleichzeitigem Rückgang seiner y-Celluloseanteile.)
Allen diesen Spezialzellstoffen ist natürlich gemeinsam, daß sie die »Eintopfverfahren«
unwirtschaftlicher gestalten und verteuern. Bei der Verwirklichung des zweiten Gedankens
geht man von den üblichen normalen Textilzellstoffen aus und beschleunigt die Vorreife
durch Zusatz von chemischen Hilfsmitteln (Netzmitteln, Katalysatoren u. ä.), durch
Anwendung von Vorreifetemperaturen zwischen 40 und 700 C - vorwiegend 50 bis 600
C - oder bis zu einem gewissen Grade durch Gebrauch besonders starker Mercerisierlaugen.
Oftmals werden die verschiedenen Möglichkeiten auch zusammen angewandt.
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Einige bei höheren Temperaturen alkalisierende und vorreifende Verfahren
gehen dabei zusätzlich auch von der Vorstellung aus, daß die Alkalisierung mit der
für die spätere Viskose eben erforderlichen Laugenmenge (Alkalisierung in kurzer
Flotte) nur bei diesen Temperaturen möglich sein, weil man nur hier, infolge geringerer
Zellstoffquellung, die notwendige gleichmäßige Durchmischung von Laugen und Zellstoff
erzielen könne.
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Es liegt auf der Hand, daß auch alle diese Vorschläge zur Beschleunigung
der Vorreife bzw. auch zur Verbesserung der Alkalisierung in kurzer Flotte die Herstellung
von Eintopfviskosen erschweren, verteuern (Gebrauch zusätzlicher Chemikalien, zusätzlicher
Energie durch Anwendung von Temperaturen bis 60 oder gar 700 C) oder sich doch in
anderer Weise ungünstig auswirken. So wird es z. B. durch den Gebrauch starker konzentrierter
Natronlaugen schwieriger, in den verschiedenen Herstellungschargen gleichmäßig weit
abgereifte Alkalicellulose und damit gleichartige Viskosen zu gewinnen und der Gebrauch
der weiter oben erwähnten hochkonzentrierten, vorwiegend 3S°foigen Lauge führt zur
sogenannten Natroncellulose II, die sich bekanntlich wesentlich schwerer in ein
brauchbares Xanthogenat überführen läßt.
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Im Gegensatz zu allen diesen kurz umrissenen Verfahren liegt der
vorliegenden Erfindung der Gedanke zugrunde, einen normalen K. S., handelsüblichen
Kunstfaserzellstoff, hergestellt nach dem Sulfit- oder Sulfataufschlußverfahren
aus Laub- oder Nadelholz, der den Anforderungen genügt, die heute ein einen Zellstoff
für das Viskoseverfahren gestellt werden (Durchschnittspolymerisationsgrad bis 800,
Viskosität bis zu 200mP), bei nur mäßig erhöhter Temperatur nur so lange in kurzer
Flotte mit üblicher Mercerisierlauge zu behandeln, wie es für ein wirtschaftlich
gutes Verfahren tragbar ist, damit weniger als üblich abzureifen und die dann weiterhin
erforderliche Vorreife neben den nachfolgenden Arbeitsstufen weiter ablaufen zu
lassen. Man umgeht mit einer solchen Arbeitsweise die sehr beachtliche Verteuerung
des Verfahrens durch den Gebrauch eines speziell erstellten Zellstoffes ebenso wie
seine Verschlechterung durch die geschilderten Wege zur Vorreifebeschleunigung.
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Das Verfahren der Erfindung ist dadurch gekennzeichnet, daß man die
Vorreife durch die Alkalisierung vor Beginn der Sulfidierung nur bis zu einem Durchschnittspolymerisationsgrad
der Cellulose in der Alkalicellulose von etwa 500 ohne Vorbehandlung des Zellstoffes
und ohne Zusätze wie Netzmittel oder Vorreifebeschleuniger bei Temperaturen unterhalb
400 C bis unter Zimmertemperatur - vorzugsweise zwischen 35 und 380 C - durchführt,
dann bei 28 bis 350 C die Sulfidierung beginnt und das Reaktionsgut bei langsam
fallender Temperatur kräftig durcharbeitet.
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Erfindungsgemäß gelingt es also durch richtige Anwendung dieser als
Sulfidierung »von oben nach unten« prinzipiell bekannten Methode, den weiteren Vorreifeprozeß
von zuwenig abgereifter Alkalicellulose im Verlauf der nachfolgenden Arbeitsstufen
in sehr beachtlich stärkerem Maß ablaufen zu lassen, als es nach bisherigen Kenntnissen
vorstellbar gewesen wäre.
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Des weiteren wurde gefunden, daß man die Vorreife und die Sulfidierung
gemäß der Erfindung auch in getrennten Vorrichtungen durchführen kann, wobei die
Alkalisierung und Vorreife im Zerfaserer ausgeführt wird und die Sulfidierung und
Lösung im Xanthatkneter. Beim laufenden Arbeiten im Betrieb bietet diese Ausführungsform
des Verfahrens die Möglichkeit, während der an sich schon recht kurzen Gesamtarbeitszeit
zwei Viskosechargen zu gewinnen.
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Erfindungsgemäß wurde weiterhin festgestellt, daß man die Vorreife
durch Alkalisierung mit einem Teil der benötigten Lauge durchführen und das restliche
Alkali später zufügen kann. Damit wird die Gewinnung relativ feuchter Alkalicellulosen
mit etwa 15 bis 17a/o Cellulose bei etwa gleichem Alkaligehalt ausgeschlossen, und
man erhält trockenere Alkalicellulosen, die den klassischen nach dem Abpressen entsprechen
oder doch sehr ähneln.
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Die im Beispiel 2 gezeigte Arbeitsweise arbeitet mit einer solchen
wesentlich trockeneren Alkalicellulose.
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Endlich wurde gefunden, daß man auch beliebige, wenig vorgereifte
Alkalicellulosen als Ausgangsmaterial verwenden kann, die in der oben angeführten
Art zu einwandfrei spinnbaren guten Viskosen derselben üblichen Zusammensetzung
verarbeitet werden können.
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Beispiel 1 15 kg eines handelsüblichen Textilzellstoffes mit einem
Durchschnittspolymerisationsgrad von 700 bis 800 und einer Viskosität von etwa 200
mP werden im Xanthatkneter bei Temperaturen unterhalb 400 C, insbesondere bei 35
bis 380 C, zu 62 kg (bzw. 56,0 oder 49,5 kg) Natronlauge von 21°/o gegeben. Der
Zellstoff ist in Stücke bis zu 5 5 cm Kantenlänge geschnitten. Die Knetflügel des
Xanthatkneters laufen während des Eintragens rückwärts. Nach dem Zusammenbringen
stellt man auf Vorwärtsgang um und knetet zur Alkalisierung und Vorreife bei gleichbleibender
Temperatur weiter, bis die Cellulose in der Alkalicellulose bis zu einem Durchschnittspolymerisationsgrad
von 460 bis 510 abgebaut ist. Dazu ist etwa die Hälfte der Gesamtarbeitszeit, d.
h. etwa 2 Stunden, erforderlich. Anschließend kühlt man auf 28 bis 350 C ab, oder
man setzt sofort 40e/o CS2 zu und knetet ohne Temperaturveränderung zur Sulfidierung
noch kurze Zeit kräftig weiter.
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Dann läßt man die Temperatur langsam auf 100 C abfallen, wobei das
Lösewasser zugesetzt wird, und erhält in 4 bis 5 Stunden eine klar gelöste Rohviskose
mit einem Cellulosegehalt von 7,5°/o. Alkaliverhältnis 1 (bzw. 0,9 oder 0,8). Der
Durchschnittspolymerisationsgrad der Cellulose in der Viskose liegt um 300 (bis
höchstens 340). Die fertigen Viskosen ergeben Filterwerte um 100 bis höchstens 150
(Kw) bei einer Kugelfallviskosität von 50 bis 60 Sekunden.
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Sie lassen sich in allen Fällen gut verspinnen.
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Beispiel 2 23,4 kg Natronlauge (21°/oig) werden wie im Beispiel 1
mit 11 kg Zellstoff zu Alkalicellulose umgesetzt und dann ebenso mit 40 CS sulfidiert.
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Nach der Sulfidierung, während der Abkühlung, setzt man weiterhin
Lauge und Wasser hinzu, so daß sich wieder eine Viskose mit 7,5 °/o Cellulose bei
gleichem bzw. auch geringerem Alkaligehalt (s. Beispiel 1) ergibt.
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Bei gut arbeitender Maschine genügt eine Lösetemperatur von 150 C,
um in 4 Stunden klar gelöste Rohviskosen zu erhalten, Die fertigen Viskosen, deren
Cellulosedurchschnittspolymerisationsgrad trotz der knappen Vorreife der Alkalicellulose
zwischen 300 und 340 liegt, ergeben Filterwerte (Kw) zwischen 120 und 140 und Kugelfallviskositäten
von 45 bis 60 Sekunden.
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Auch diese Viskosen sind in allen Fällen gut verspinnbar.