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Verfahren zur Herstellung von Schwefelsäure aus schwefeldioxydhaltigen
Gasen Bei den in der Technik gebräuchlichen Verfahren zur Herstellung von Schwefelsäure
aus schwefeldioxydhaltigen Gasen, beispielsweise nach dem Kontaktverfahren oder
nach dem Bleikammerverfahren, fallen Abgase an, die noch beträchtliche Mengen an
Schwefeldioxyd enthalten. Die Aufarbeitung des restlichen Schwefeldioxydes auf Schwefelsäure
bietet auf Grund der starken Verdünnung, in der das genannte Gas in den Abgasen
vorliegt, erhebliche Schwierigkeiten.
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Das gleiche Problem tritt auch bei anderen Verfahren auf, bei denen
Abgase mit einem geringen Schwefeldioxydgehalt anfallen, wie z. B. bei Kohle-und
Heizölverbrennungsanlagen u. dgl.
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Es sind bereits verschiedene Vorschläge bekanntgeworden, die die Oxydation
des in den Abgasen in starker Verdünnung vorliegenden Schwefeldioxydes zum Gegenstand
haben.
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Gemäß einem bekannten Verfahren wird Schwefeldioxyd an aktiver Kohle
in Gegenwart von Wasser und Sauerstoff in Schwefelsäure übergeführt. Hierzu wird
die aktive Kohle zunächst mit Schwefeldioxyd gesättigt, die so behandelte Kohle
der Einwirkung von Sauerstoff und Wasser ausgesetzt und die hierbei gebildete Schwefelsäure
anschließend mit Wasser ausgewaschen. Diese recht komplizierte Arbeitsweise hat
aber wegen ihrer geringen Mengenleistung pro Zeiteinheit keinen Eingang in die Technik
gefunden. Zur Erhöhung des Umsatzes werden gemäß einem weiteren bekannten Verfahren
Schwefeldioxyd und Sauerstoff enthaltende Gasgemische gleichzeitig in Gegenwart
von Wasser mit aktiver Kohle in Berührung gebracht. Das Verfahren hat jedoch den
Nachteil, daß die katalytische Wirksamkeit der Aktivkohle nur gering ist und bei
höheren Säurekonzentrationen sogar so weit zurückgeht, daß daher Säurekonzentrationen
von über 35 % praktisch nicht mehr überschritten werden können.
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Es ist auch der Vorschlag bekanntgeworden, schwefeldioxydhaltige Abgase
durch Einleiten in jodhaltige Schwefelsäure in Schwefelsäure zu überführen und den
dabei entstehenden Jodwasserstoff gleichzeitig mit Hilfe einer elektrolytischen
Oxydation wieder in Jod umzuwandeln. Die hierbei gebildete Schwefelsäure muß zur
Reinigung von dem in ihr gelösten Jod bzw. Jodwasserstoff einer weiteren Elektrolyse
unterworfen werden, wobei die Anode von einem jodabsorbierenden Stoffumgeben ist.
Trotz dieser recht aufwendigen Arbeitsweise werden auch hier nur unbefriedigende
Umsätze erzielt.
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Schließlich kann auch das in den Abgasen enthaltene Schwefeldioxyd
durch Einleiten in wässerige Lösungen von Eisen- und Mangansalzen in Schwefelsäure
umgewandelt werden. Die katalytische Wirkung der genannten Salze hört jedoch praktisch
auf, wenn der HZ S 04-Gehalt der Lösung 200/, übersteigt.
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Zu dem gleichen Zweck sind auch schon die Vorschläge bekanntgeworden,
schwefeldioxydhaltige Gasgemische mit oxydierenden Substanzen, wie z. B. Chlor,
Ozon und Wasserstoffperoxyd, zu behandeln. Auch die Verwendung von auf Asbest oder
Bimsstein niedergeschlagenem Eisen(III)-hydroxyd ist hierfür schon bekanntgeworden.
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Es wurde nun gefunden, daß bei der Herstellung von Schwefelsäure durch
Oxydation von Schwefeldioxyd mit Sauerstoff in Gegenwart von Wasser an Aktivkohle
die genannten Nachteile vermieden werden können und eine wesentliche Steigerung
des Umsatzes erzielt werden kann, wenn man ein schwefeldioxyd- und sauerstoffhaltiges
Gasgemisch mit einem Schwefeldioxydgehalt von bis zu 8 Volumprozent bei Temperaturen
zwischen 30 und 100'C an mit Jod behandelter und bei Temperaturen von 80 bis 500°C,
vorzugsweise 110 bis 300°C, aktivierter Aktivkohle umsetzt.
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Die Vorbehandlung der Aktivkohle kann auf verschiedene Weise erfolgen:
So kann beispielsweise die Aktivkohle in jodhaltigen Lösungen getränkt und anschließend
im Stickstoffstrom bei Temperaturen von 80 bis 500°C, vorzugsweise von 110 bis 300°C,
getrocknet werden. Die Trocknung kann auch in einer Wirbelschicht vorgenommen werden.
Besonders zweckmäßig ist es, die Aktivierung der Kohle nach dem Wirbelverfahren
vorzunehmen. Hierzu wird ein vorgewärmter Gasstrom zunächst über Jod geleitet, der
sich hierbei entsprechend dessen Dampfdruck mit
Jod belädt und anschließend
in einen heizbaren Ofen eingeführt wird, in dem die zu aktivierende Kohle lebhaft
verwirbelt wird. Die Ofentemperatur kann bis zu 500°C, zweckmäßig 110 bis 300°C,
betragen, wobei praktisch das gesamte, mit dem Gasstrom eingeführte Jod von der
Kohle aufgenommen wird. Die auf die Aktivkohle aufzubringende Jodmenge kann innerhalb
weiter Grenzen variiert werden und -kann zwischen 1 und 40 g/1 Kohle betragen.
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Die für das erfindungsgemäße Verfahren zu verwendende Aktivkohle kann
von verschiedener Herkunft sein und _ kann beispielsweise aus Sägemehl, Torf, Pechkohle
u. dgl. hergestellt sein. Besonders gute Ergebnisse werden beim Einsatz von wasserdampfaktivierter,
aus Pechkohle oder Torfkoks hergestellter Aktivkohle erzielt. Die mittlere Korngröße
kann weitgehend variiert werden und richtet sich unter anderem auch nach der umzusetzenden
Gasmenge und nach dem Schwefeldioxydgehalt in den umzusetzenden Gasen. Zweckmäßig
ist es, die Aktiv-
Jodgehalt Korngröße Innere Porenradius, Umsatz |
Aktiviert mit Mit Jod nachaktiviert Oberfläche mittlerer |
g72/1 mm m2/g (AE) °/a |
Aktivkohle, herge- |
stellt aus |
Sägemehl ..... ZnCl2 - - 1 bis 2 575 78 50 |
Sägemehl..... ZnC12 - - 4 1200 18 55 |
Torf . . . . . . . . . Wasserdampf - - 1 bis 7 900 47 65 |
Torf . . . . . . . . . Wasserdampf - - 1 bis 2 900 47 70 |
Pechkohle .... Wasserdampf - - 1 bis 2 1050 20 70 |
Pechkohle .... Wasserdampf bei 150°C 3 1 bis 2 1050
20 94 |
Pechkohle .... Wasserdampf bei 150°C 30 1 bis 2 1050
20 96 |
Pechkohle .... Wasserdampf bei 80°C - 7,5-- bis
2 1050 20 85 |
Torf . . . . . . . . . Wasserdampf mit alkoholischer 1 bis
7 900 47 70 bis 75 |
Jodlösung getränkt, |
anschließend auf |
300 ° C erhitzt |
Torf . . . . . . . . . Wasserdampf bei 300°C gewirbelt 1 bis
7 900 47 90 bis 95 |
Aus der Tabelle ist zu entnehmen, daß der Umsatz bei Verwendung von nicht nachaktivierter
Aktivkohle nur etwa 50 bis
700/, beträgt, während sich demgegenüber der Umsatz
beim Einsatz der erfindungsgemäß behandelten Aktivkohle auf über
900/, beläuft.
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Die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens kann in an sich
bekannter Weise erfolgen, beispielsweise indem die schwefeldioxyd- und sauerstoffhaltigen
Gase durch Behälter und Türme geleitet werden, die den nachaktivierten Kohlekatalysator
enthalten. Gleichzeitig mit dem Gasgemisch muß weiterhin der Katalysator durch Zufuhr
von Wasser oder verdünnter Schwefelsäure ständig feucht gehalten werden, wobei bei
hohen Durchsätzen Gas- und Flüssigkeitszufuhr vorteilhaft im Gleichstrom erfolgt.
Zweckmäßig wird die Befeuchtung mit einer etwa 25- bis 30o/oigen Schwefelsäure vorgenommen,
da bei dieser Konzentration praktisch keine durch Auswaschen verursachte Verluste
an Jod bzw. Jodwasserstoff' auftreten. Die Reaktionstemperatur kann innerhalb der
Grenzen von 30 bis 100°C variiert werden und richtet sich nach dem jeweiligen Schwefeldioxydgehalt
des umzusetzenden Gasgemisches. So kann für ein Gasgemisch, das wenig Schwefeldioxyd
enthält, beispielsweise 0,2 Volumprozent, die Temperatur auf kohlen mit möglichst
gleichmäßiger Kornverteilung einzusetzen, wobei in der Regel bei Gasen mit hohen
Schwefeldioxydgehalten, z. B. von 5 Volumprozent, eine Aktivkohle mit einer Kornverteilung
von 0,5 bis 2 mm, bei solchen mit niederen Schwefeldioxydgehalten, z. B. von 0,2
Volumprozent, eine Kornverteilung von 0,5 bis 5 mm bevorzugt wird. Die Werte für
die innere Oberfläche, der mittleren Porengröße sowie des Aschegehaltes der für
das erfindungsgemäße Verfahren einzusetzenden Aktivkohle können ebenfalls innerhalb
weiter Grenzen variiert werden.
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In der folgenden Tabelle sind die Werte für den Umsatz bei Verwendung
von Aktivkohlen verschiedener Herkunft und deren Nachbehandlung aufgeführt. Um vergleichbare
Ergebnisse zu erzielen, werden jeweils gleiche Versuchsbedingungen gewählt: 800
bis 10001/Std. eines 0,25 Volumprozent Schwefeldioxyd enthaltenden Gases strömen
bei 45°C durch ein Rohr mit 90 mm lichter Weite, das jeweils 21 eines mit Wasser
befeuchteten Katalysators enthält. etwa 40°C eingestellt werden, während bei einem
Gasgemisch mit relativ hohem Schwefeldioxydgehalt, beispielsweise von 5 Volumprozent,
zweckmäßig Temperaturen von 70 bis 80°C gewählt werden. Je nach der Temperatur des
in den Reaktionsturm eintretenden Gasgemisches kann die jeweils gewünschte Temperatur
durch Wärmeaustauscher eingestellt werden.
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Insbesondere bei höheren Schwefeldioxydgehalten ist es zweckmäßig,
mehrere Türme oder Behälter hintereinanderzuschalten, wobei die nachgeschalteten
Türme auch jodfreie Aktivkohle enthalten können. Die nachgeschalteten Türme, die
zweckmäßig bei niedrigeren Temperaturen gehalten werden als der erste Turm, können
zusätzlich mit Wasser beaufschlagt werden, jedoch reicht auch häufig der Wassergehalt
des den ersten Turm verlassenden Gasgemisches aus. Die in. den nachgeschalteten
Türmen anfallende, verdünntere Schwefelsäure kann zur Befeuchtung des im ersten
Turm befindlichen Katalysators verwendet werden.
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Durch das erfindungsgemäße Verfahren lassen sich Gasgemische mit beliebigen
Schwefeldioxydgehalten bis zu 8 Volumprozent wirtschaftlich auf Schwefelsäure bis
zu etwa 75 Gewichtsprozent aufarbeiten,
wobei ein Umsatz von über
90 °/o erzielt werden kann. Ein besonderer Vorteil des erfindungsgemäßen Verfahrens
liegt ferner darin begründet, daß es auch gestattet, aus Gasgemischen mit einem
geringen Schwefeldioxydgehalt in wirtschaftlicher Weise Schwefelsäure herzustellen.
Beispiel 1 Am Kopf eines Turmes, mit 90 mm lichter Weite, der mit 21 nachaktivierter
Aktivkohle mit einer Korngröße von 1 bis 4 mm gefüllt ist, werden stündlich 12001
Luft mit einem Gehalt von 0,25 Volumprozent Schwefeldioxyd zusammen mit 180m1 auf
35°C vorgewärmter 20°/oiger Schwefelsäure, entsprechend einer täglichen Menge von
4 320 ml mit einem Gehalt von 985 g HZS04, eingeführt. Die verwendete Aktivkohle,
bei 300°C mittels eines jodhaltigen Gasstromes unter Wirbeln nachaktiviert, enthält
7,5 g Jod je Liter, entsprechend 20 g/kg. Die Temperatur im Turm wird auf 45'C gehalten.
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Am unteren Teil des Turmes werden täglich 2870 ml einer Schwefelsäure
mit 35 Gewichtsprozent H,S04 abgezogen. Dies entspricht einem Gewinn von 281 g HZ
SO" entsprechend 910/, der Theorie. Der durchschnittliche Gehalt des
den Turm verlassenden Gases an Schwefeldioxyd beträgt 0,70 mg/1 entsprechend 0,02
Volumprozent. Beispiel 2 2,8 m3 eines Gasgemisches mit der im Beispiel 1 genannten
Zusammensetzung werden täglich, wie oben beschrieben, zusammen mit 4320m1 20°/oiger
Schwefelsäure durch einen Reaktionsturm geleitet, der mit 1,51 des im Beispiel l
genannten Katalysators gefüllt ist. Die Reaktionstemperatur wird in dem wärmeisolierten
Turm annähernd konstant auf 45-C gehalten. Am unteren Teil des Turmes werden täglich
2700 ml einer 35°/oigen Schwefelsäure, entsprechend einem Gehalt von 1235 g H2
SO" abgezogen. Das den Turm verlassende Gasgemisch wird durch einen weiteren
Turm, der mit 0,51 nicht nachaktivierter Aktivkohle gefüllt ist, geleitet. Infolge
Abkühlung des Gasgemisches tritt eine Wasserkondensation und Nachreaktion ein, wobei
am unteren Ende des zweiten Turmes täglich weitere 350 ml einer 14°/oigen Schwefelsäure,
entsprechend einem Gehalt an 43,6 g H2 SO"
abgezogen werden können.
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Insgesamt werden 293,6 g HZ S 0, (95 °/o der Theorie) erzeugt,
was einer Raum-Zeit-Ausbeute von etwa 500 g Hz S04 je Kilogramm und Tag entspricht.
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Die aus dem zweiten Turm abgezogene verdünnte Schwefelsäure kann dem
ersten Turm aufgegeben werden. Beispiel 3 Ein Raumteil einer Aktivkohle mit einer
Körnung von 0,5 bis 5 mm, die bei einer Temperatur von 150'C
unter Wirbeln
mit einem jodhaltigen Gas behandelt worden ist und die 30 g Jod je Liter enthält,
wird in einen Reaktionsturm gefüllt, durch den stündlich 1000 Raumteile eines aus
einer Schwefelsäurefabrik stammenden Abgases, das neben geringen Mengen Schwefeltrioxyd
einen Gehalt von 0,2 Volumprozent Schwefeldioxyd aufweist, geleitet werden. Im Gleichstrom
werden stündlich etwa 0,1 Raumteile einer 20°/oigen Schwefelsäure aufgegeben. Am
unteren Ende des Reaktionsturmes wird kontinuierlich eine Säure mit 40 Gewichtsprozent
HZ SO, abgezogen.
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Die den Turm verlassenden Gase enthalten noch etwa 0,02 Volumprozent
Schwefeldioxyd; es sind also über 90°/o des ursprünglichen Gehaltes an Schwefeloxyden
unter Bildung von Schwefelsäure aus dem Gasgemisch entfernt worden. Beispiel 4 Ein
1000 mm langes Glasrohr mit einem Durchmesser von 70 mm wird mit 1 1 einer Aktivkohle
gefüllt, die durch Verwirbeln mit einem jodhaltigen Gasstrom bei Temperaturen von
150°C mit 15 g Jod je Liter beaufschlagt worden ist. Durch das Rohr werden von oben
nach unten täglich 24001 eines sauerstoffhaltigen Gasgemisches mit einem Gehalt
an 5 Volumprozent Schwefeldioxyd geleitet. Der Katalysator wird gleichzeitig täglich
mit 1920 g 50 bis 60°C warmen Wassers beaufschlagt. Die Temperatur am Katalysator
kann ohne weitere Heizung auf etwa 80°C gehalten werden.
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Am unteren Teil des Reaktionsturmes werden täglich 780 ml einer 50,5gewichtsprozentigen
Schwefelsäure abgezogen, entsprechend einer Ausbeute von 98 °/o der Theorie. Beispiel
5 In ein Glasrohr von 1000 mm Länge und 100 mm lichter Weite, in dem sich 1,51 einer
im Beispiel 4 beschriebenen Aktivkohle befinden, werden unten 24001 je Tag eines
5 Volumprozent Schwefeldioxyd enthaltenden Gasgemisches eingeleitet. Von oben werden
im Gegenstrom 120 ml je Stunde einer 20°/oigen Schwefelsäure zugeführt. Die Reaktionstemperatur
im Rohr wird auf 80 bis 90°C gehalten.
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Am unteren Teil des Rohres werden täglich 880 ml einer 77,5°/oigen
Schwefelsäure abgezogen. Dies entspricht einem Gewinn an Schwefelsäure von 504 g
(= 91 °/o der Theorie). Das den Turm verlassende Gasgemisch, das noch etwa 0,4 Volumprozent
Schwefeldioxyd enthält, kann in einem zweiten Turm nachgereinigt werden.