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Verfahren zur Herstellung echter Färbungen auf Cellulosematerialien
Es wurde gefunden, daß man echte Färbungen auf nativer oder regenerierter Cellulose
erhält, wenn man diese Materialien mit solchen Farbstoffen färbt, die mindestens
eine externe primäre oder sekundäre Aminogruppe aufweisen, und gleichzeitig oder
anschließend in wäßrigem Medium mit einer wasserlöslichen Isocyanat bzw. Isothiocyanat
abspaltenden Verbindung behandelt. Die so erhaltenen Färbungen zeichnen sich durch
gute Echtheiten, insbesondere sehr gute Naßechtheitseigenschaften, aus.
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Als Farbstoffe sind sowohl solche löslicher als auch unlöslicher Natur
verwendbar. Die Verbindungen können den verschiedensten Farbstoffklassen, z. B.
der Azo-, Anthrachinon-, Phthalocyanin- oder Dioxazinreihe, angehören. Die Grundkörper
dieser Farbstoffe können die für diese Verbindungen üblichen Substituenten enthalten
und löslichmachende Gruppen aufweisen oder auch von wasserlöslichmachenden Gruppen
frei sein. Azofarbstoffe können primäre oder sekundäre externe Aminogruppen sowohl
in der Diazokomponente als auch in der Kupplungskomponente enthalten. Zu ihrer Herstellung
kann man beispielsweise N-Methyl-N-acetyl-p-nitrobenzylamin nach Reduktion der Nitrogruppe
diazotieren und mit an sich bekannten Azokomponenten kuppeln. Durch anschließende
Verseifung der Acetylgruppe erhält man einen Farbstoff mit einer sekundären externen
Aminogruppe. Als Kupplungskomponenten für die Herstellung von Azofarbstoffen sind
beispielsweise geeignet: ß-Aminoäthylaminobenzol, ß-Methylaminoäthylaminobenzol,
1-(ß-Aminoäthylamino)-naphthalin, ß-Guanidyläthylaminobenzol, das 3-Methyl-5-pyrazolon
aus N-Methylp-hydrazinobenzylamin, 3-Methyl-5-pyrazolon-l-carbonsäureamidin. Sofern
die Farbstoffe komplexbildende Gruppen besitzen, lassen sich auch deren Metallkomplexe
verwenden.
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In Phthalocyaninfarbstoffe sind die externen primären oder sekundären
Aminogruppen über Brückenglieder verschiedener Art, beispielsweise Sulfamid-, Carbonamid-
oder Methylengruppen, mit dem Phthalocyaninkern verbunden. Jede dieser Seitenketten
kann eine oder mehrere Aminogruppen tragen.
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Unter dem Begriff Phthalocyaninfarbstoffe sind auch substituierte
Phthalocyanine, wie chlor-, phenyl-, benzoyl- und acylaminogruppensubstituierte
Phthalocyanine zu verstehen. Die Phthalocyanine können sowohl in metallfreier als
auch in metallhaltiger Form, beispielsweise als Kupfer-, Nickel- oder Cobaltphthalocyanine
eingesetzt werden. Phenylgruppensubstituierte Phthalocyanine können die externen
Aminogruppen auch in den Phenylsubstituenten über geeignete Brückenglieder gebunden
enthalten. Auch in Anthrachinon- und Dioxazinfarbstoffen sind die externen Aminogruppen
über verschiedenartige Brückenglieder, beispielsweise Sulfamid- oder Carbonamidgruppen,
Alkylamino- oder Methylengruppen, mit dem Farbstoffmolekül verbunden.
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Als Isocyanat bzw. Isothiocyanat abspaltende Verbindung können Verbindungen
der aliphatischen, cycloaliphatischen, aromatischen oder heterocyclischen Reihe
eingesetzt werden. Neben monofunktionellen sind auch polyfunktionelle Verbindungen
dieser Klasse verwendbar. Als Isocyanat bzw. Isothiocyanat abgebende Verbindungen
sind z. B. die aus der deutschen Patentschrift 859 156 bekannten Umsetzungsprodukte
von Isocyanaten mit sauren Salzen der schwefligen Säure geeignet oder Addukte von
Isocyanaten mit organischen Verbindungen, wie das Addukt von 2 Mol Diäthylmalonat
oder 2 Mol Acetylaceton oder 2 Mol Acetessigester mit jeweils 1 Mol Hexamethylendiisocyanat,
wie sie aus »Annalen der Chemie«, Bd. 562, S. 215, bekannt sind.
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Zur Durchführung der Färbung kann man beispielsweise derart verfahren,
daß man zunächst den Farbstoff aus neutraler oder vorzugsweise schwach essigsaurer
Lösung im Färbebad auf das Gewebe aufziehen läßt oder durch Klotzen, z. B. auf dem
Foulard, aufbringt und anschließend die Färbung durch Eintauchen in ein wäßriges
Bad, das Isocyanat oder Isothiocyanat abgebende Verbindungen gelöst enthält, nachbehandelt.
Die Bedingungen dieser Nachbehandlung bezüglich Temperatur und Zeit sind unterschiedlich
und von der Konstitution sowohl des Farbstoffes als auch des
Nachbehandlungsmittels
abhängig. Die Färbungen werden abschließend gespült und getrocknet. Die Nachbehandlung
kann auch im Klotz-Dämpf-Verfahren (pad-steam) erfolgen.
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In einigen Fällen kann das Verfahren auch derart abgeändert werden,
daß man den zu verwendenden Farbstoff' gemeinsam mit der Isocyanat bzw. Isothiocyanat
abgebenden Verbindung aufbringt. Hierzu werden beide Komponenten auf die Cellulosematerialien
aufgeklotzt, gegebenenfalls zwischengetrocknet und anschließend in heißen wäßrigen
Lösungen oder durch Dämpfen nachbehandelt. Die Komponenten können auch aufgedruckt
und die Drucke nach Zwischentrocknen durch Dämpfen entwickelt werden. Beispiel 1
In ein Färbebad, das man durch Lösen von 1,5 g des Umsetzungsproduktes aus Nickelphthalocyanin-(3)-tetrasulfochlorid
und N,N'-Dimethyläthylendiamin im Verhältnis (1 : 4) mit 1,5 ml 30°/oiger Essigsäure
in 1000 ml 40°C warmen Wassers herstellt, werden 50 g Baumwollstranggarn eingebracht
und 1 Stunde gefärbt, wobei innerhalb der ersten 30 Minuten die Temperatur des Färbebades
auf 90 bis 95°C gesteigert wird. Nach kräftigem Spülen mit kaltem Wasser behandelt
man das gefärbte Garn auf frischem Bad, das 2,5 g der Natriumbisulfitverbindung
von 1-Chlorhexamethylen-6-isocyanat in 1000 ml Wasser enthält, 20 Minuten bei 100°C
nach. Anschließend wird kalt und heiß mit Wasser gespült und durch Nachseifen mit
3 g/1 Marseiner Seife und 2 g/1 Soda in 30 Minuten bei 100°C oberflächlich anhaftende
Farbstoffteilchen entfernt. Das Garn ist dann türkisblau gefärbt; die Färbung besitzt
ausgezeichnete Koch-, Superoxyd-und Chlorechtheit sowie eine gute Lichtechtheit.
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Wenn man in diesem Beispiel an Stelle des Umsetzungsproduktes aus
Nickelphthalocyanin-(3)-tetrasulfochlorid und N,N'-Dimethyläthylendiamin die aus
der folgenden Tabelle ersichtlichen Farbstoffe verwendet, so erhält man bei Nachbehandlung
mit der Natriumbisulfitverbindung von 1-Chlorhexamethylen-6-isocyanat ebenfalls
wertvolle Färbungen in den angegebenen Farbtönen.
Umsetzungsprodukt aus und Farbton auf |
Baumwolle |
Kupferphthalocyanin-(3)-tetrasulfochlorid N,N'-Dimethyläthylendiamin
(1 :4) Brillantblau |
desgl. N-Cyclohexyläthylendiamin (1: 4) Brillantblau |
Nickelphthalocyanin-(3)-tetrasulfochlorid desgl. Türkisblau |
desgl. H,N-(CH,-CH,-NH)3-CHZ- Türkisblau |
CH,-NHz (1:4) |
Tetraphenylkupferphthalocyaniri- N-Cyclohexylpropylendiamin-(1,3)
(1: 4) Brillantgrün |
tetrasulfochlorid |
An Stelle der Natriumbisulfitverbindung des 1-Chlorhexamethylen-6-isoeyanat können
zurNachbehandlung der nach diesem Beispiel zunächst erhaltenen Färbungen mit gleich
gutem oder ähnlichem Erfolg auch die Natriumbisulfitverbindung des Äthylisocyanat,
n-Butyldüsocyanat-(1,4), n-Hexyldiisocyanat-(1,6) oder Cyclohexylisocyanat eingesetzt
werden.
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Beispiel 2 1,5 g Tri-(4)-(N-methylaminomethyl)-nickelphthalocyanin
werden mit 1,5 ml 30°/jger Essigsäure in 1000 ml Wasser von 40°C gelöst. In dieser
Färbeflotte werden 50 g Stranggarn aus regenerierter Zellulosefaser gefärbt, wobei
man die Temperatur in 30 Minuten auf 90°C steigert und 30 Minuten bei dieser Temperatur
weiterbehandelt. Nach dem Spülen erfolgt die Nachbehandlung des Garns mit einer
wäßrigen Lösung der Natriumbisulfitverbindung des Hexyl-1,6-diisocyanats im Flottenverhältnis
1 : 20 und einer Konzentration von 2,5 g/1, innerhalb 30 Minuten bei 90 bis 95°C.
Nach dem Spülen wird das Garn bei 80 bis 90°C geseift; es ist dann türkisblau gefärbt.
Die Färbung besitzt sehr gute Waschechtheitseigenschaften. Beispiel 3 50 g Baumwollnessel
werden bei steigenden Temperaturen innerhalb von 30 Minuten von 40°C auf 95°C und
weitere 30 Minuten bei 95°C in einem Färbebad behandelt, das man aus 1,5 g des Disazofarbstoffes
der Formel
durch Lösen mit 1,5 ml 30°/oiger Essigsäure in 1500 m_ 1 Wasser von 40°C hergestellt
hat.
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Nach dem Spülen wird das Gewebe in 150Q_ ml einer Lösung von 2,5 g
der Natriumbisulfitverbindung des n-Butyl-1,4-diisocyanats während 30Minuten bei
100'C nachbehandelt. Das Gewebe ist nach dem Spülen und sodaalkalischen Seifen bei
100°C kupferrot gefärbt und besitzt sehr gute Waschechtheitseigenschaften. Beispiel
4 In ein Färbebad, das man durch Lösen von 1,5 g Nickelphthalocyanin-3,3',3",3"'-tetra-(N-methyl-N-[ß-methylamino-äthyl]-sulfonamid)
mit 10g Milchsäure in 1000m1 40°C warmen Wassers herstellt, werden nach Abstumpfen
mit 10g kristallisiertem Natriumacetat auf pg = etwa 4 50 g Baumwollstranggarn eingebracht
und 1 Stunde gefärbt, wobei innerhalb
der ersten 30 Minuten die
Temperatur des Färbebades auf 90 bis 95°C gesteigert wird. Nach kräftigem Spülen
mit kaltem Wasser behandelt man das gefärbte Garn auf frischem Bade, das 2,5 g der
Natriumbisulfitverbindung von Hexamethylen-1,6-diisocyanat in 1000 ml Wasser enthält,
20 Minuten bei 100°C nach. Anschließend wird kalt und heiß mit Wasser gespült und
durch Nachseifen mit 3 g/1 Marsedler Seife und 2 g/1 Soda in 30 Minuten bei 100°C
oberflächlich anhaftende Farbstoffteilchen entfernt. Das Garn ist dann türkisblau
gefärbt; die Färbung besitzt ausgezeichnete Koch-, Superoxyd- und Chlorechtheit
sowie eine gute Lichtechtheit.
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An Stelle des im Beispiel 4 erwähnten Nickelphthalocyanin-3,3',3",3"'-tetra-(N-methyl-N-[ß-methylamino-äthyl]-sulfonamids)
können auch andere Farbstoffe eingesetzt werden, wobei Färbungen in ähnlichen oder
anderen Farbtönen erhalten werden. Aus der nachfolgenden Tabelle sind eine Reihe
geeigneter Farbstoffe sowie der Farbton der erhaltenen Färbungen ersichtlich.