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Verfahren zur Herstellung von 1,4-Dicyan-l-buten und 1 ,4-Dicyan-2-buten
durch Umsetzung von l-Cyan-1,3-butadien mit Blausäure Die Erfindung betrifft ein
Verfahren zur Herstellung von 1,4-Dicyan-l-buten und 1,4-Dicyan-2-butcn durch Umsetzung
von Blausäure mit l-Cyan-1,3-butadien in An- oder Abwesenheit von inerten, polaren
Lösungsmitteln und in Gegenwart von basisch wirkenden Katalysatoren bei erhöhter
Temperatur.
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Es ist aus dem deutschen Patent 972 652 sowie der britischen Patentschrift
646 964 bekannt, daß man l,4-Dihalogenverbindungen des 2-Butens in verschiedenartiger
Weise, z. B. mit Alkalicyaniden oder Blausäure und Erdalkalicarbonaten in Gegenwart
von Kupfersalzen, zum 1,4-Dicyan-2-buten umsetzen kann.
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Nach dem Verfahren der deutschen Patentschrift 848 809 gibt 2-Buten-1,4-diol
bei der Behandlung mit Kupfercyanür und Salzsäure 1,4-Dicyan-2-buten. An Stelle
von Kupfercyanür kaly) auch Kupfer(l)-chlorid als Katalysator verwendet werden (vgl.
Houben-Weyl, Methoden der organischen Chemie, Bd. 8, Teil 3, 1952, S. 286). Die
bei der Durchführung der vorgenannten Verfahren erhaltenen Ausbeuten an 1,4-Dicyan-2-buten
betragen etwa 68°/o der Theorie.
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Die nicht umgesetzten Teile der Ausgangsstoffe werden in harzartige
Verbindungen übergeführt und gehen somit für eine erneute Umsetzung verloren.
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Die 1,4-Dicyanverbindungen der Butene besitzen ebenso wie die 1,4-nicyanverbindungen
des Butans eine große wirtschaftliche Bedeutung als Zwischenprodukte zur Herstellung
von Hexamethylendiamin.
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Das Verfahren der Erfindung beruht auf der Erkenntnis, daß l-Cyan-1,3-butadien
unter bestimmten Bedingungen Blausäure ausschließlich in 1,4- bzw.
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3,4-Stellung anlagert und wobei in jedem Falle die Cyangruppe der
Blausäure an die endständige C H2-Gruppe des ]-Cyan-l ,3-butadiens tritt:
beziehungsweise
Im Falle der 1,4-Anlagerung tritt, wie ersichtlich, eine Verschiebung der Doppelbindung
zur mittelständigen Butenverbindung ein.
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Die Feststellung, daß Blausäure an das äußerst polymerisationsfreudige
l-Cyanbutadien angelagert und dabei die Umsetzung so gelenkt werden kann, daß
keine
nennenswerten Verharzungen oder Polymerisationen eintreten, ist überraschend. Weiterhin
ist die Tatsache überraschend, daß unter den aufgefundenen Bedingungen die Umsetzung
in der Weise verläuft, daß von den verschiedenen zu erwartenden Cyanbutadien-Anlagerungsverbindungen
der Blausäure, z.B. dem 1,2-Dicyan-3-buten, 1,2,3-Tricyanbutan, 1,2,4-Tricyanbutan
u. a., ausschließlich das 1,4-Dicyan-2-buten und das 1,4-Dicyan-l-buten in hoher
Ausbeute, bezogen auf die verbrauchten Cyanbutadienmengen bzw. Blausäuremengen,
gebildet werden, ohne daß noch eine weitere Blausäureanlagerung stattfindet.
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Es ist nämlich bekannt, daß man an verschiedene , -Monoolefine, die
in a-Stellung substituiert sind, wie das Acrylsäurenitril, Blausäure in guter Ausbeute
anlagern kann:
Nach dem Verfahren der deutschen Patentschrift 707 852 wird das Acrylsäurenitril
in An- oder Abwesenheit von I.ösungsmitteln zunächst mit alkalisch reagierenden
Stoffen, z. B. Natriumcyanid, Natriumhydroxyd, Kaliumcarbonat, in Mengen von 0,2
bis
15 Gewichtsprozent, im allgemeinen mit etwa 1 Gewichtsprozent
dieser Stoffe, bezogen auf die gesamte Reaktionsmischung, versetzt. Die erhaltene
Mischung wird bei erhöhter Temperatur so lange mit Blausäure behandelt, bis sich
das gesamte Acrylsäurenitril umgesetzt hat. Diese Arbeitsweise führt zu einem durchschnittlichen
Acrylsäurenitrilumsatz von 96ozon wobei das entstandene Bernsteinsäuredinitril in
970/dger Ausbeute, bezogen auf das umgesetzte Acrylsäurenitril, und in 99°/Oiger
Ausbeute, bezogen auf den umgesetzten Cyanwasserstoff, erhalten wird.
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Auf demselben Wege kann man auch das x-Acetoxypropionitril aus Vinylacetat
und Blausäure herstellen:
Die Anlagerung von Blausäure an ungesättigte Verbindungen in Gegenwart von 0,2 bis
15 Gewichtsprozent an alkalisch reagierenden Stoffen ist aber keine allgemein gültige
Reaktion; sie ist nicht einmal innerhalb der Verbindungsgruppe der substituierten
os,ß-Monoolefine allgemein anwendbar. Während z. 13. a,fl-ungesättigte Ketone meistens
Blausäure gut anlagern, sind in der Reihe der ou,ß-ungesättigten Säuren zahlreiche
Verbindungen bekannt, welche diese Reaktion nicht eingehen (vgl. P. Kurtz, Liebigs
Annalen der Chemie, Bd. 572, 1951, S. 26, Zeilen 14 bis 17).
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Auch zweifach ungesättigte Verbindungen sind bereits früher bezüglich
ihrer Blausäureanlagerungsfähigkeit untersucht worden. 1,3-Butadien lagert unter
den vorstehend angegebenen Bedingungen, die sich bei substituierten Monolefinen
bewährt haben, keine Blausäure an. Eine Umsetzung läßt sich nur dann erreichen,
wenn man sie in Gegenwart von 20 bis 30 Gewichtsprozent Kobalttetracarbonyl, bezogen
auf die eingesetzte Butadienmenge, durchführt. Dabei bildet sich ein Gemisch aus
gesättigten und ungesättigten Nitrilen, Vinylcyclohexen und Butadienpolymeren. Die
folgenden Verbindungen konnten aus dieser Mischung abgetrennt werden: I-Cyan-2-buten,
l-Cyan-3-buten, 2-Cyan-3-buten, os,n'-Dimethylbernsteinsäuredinitril und 2,4-Dicyanbutan.
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Es ist weiterhin aus den USA.-Patentschriften 2 484 683 und 2 527
510 sowie aus der deutschen Patentschrift 850 890 bekannt, 1-Cyan-1,3-butadien in
Gegenwart von 1 bis 20 Gewichtsprozent basisch reagierenden Katalysatoren und inerten
Lösungsmitteln mit Verbindungen umzusetzen, die ein bewegliches Wasserstoffatom
besitzen, wie Acetessigsäureestern, Aminen, Schwefelwasserstoff oder Merkaptanen,
wobei die entstandenen Verbindungen nur teilweise in befriedigender Ausbeute erhalten
wurden.
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Die Gewinnung von 1,4-Dicyanbutenen durch Anlagerung von Blausäure
an l-Cyanbutadien ist schon vielfach untersucht worden. Über diese Untersuchungen
wurde zusammenfassend bereits berichtet, daß trotz zahlreicher Versuche, die sich
nicht immer wiederholen ließen, nur sehr unerfreuliche Ergebnisse erzielt werden
konnten (vgl. P. Kurtz, Liebigs Annalen der Chemie, Bd. 572, 1951, S. 30 und 55).
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Die Versuche wurden in der Weise ausgeführt, daß man etwa molare Mengen
Cyanbutadien mit Blausäure in Gegenwart von Kaliumcyanid bei erhöhter
Temperatur,
also durch 6stündiges Erhitzen im Druckrohr auf 95 bis 100"C oder 16 Stunden auf
50 bis 70"C, in An- oder Abwesenheit von Lösungsmitteln umsetzte, wobei das Kaliumcyanid
jedoch in Mengen eingesetzt wurde, die den vorstehend erwähnten Mengen an basischen
Katalysatoren zur Anlagerung von Blausäure an Acrylsäurenitril entsprechen. Unter
diesen Bedingungen erfolgte stets eine starke Verharzung der Reaktionsmischung,
während die gewünschten Anlagerungsverbindungen nur in sehr geringer Menge gebildet
wurden. Außerdem waren die Versuchsergebnisse sehr unterschledlich und im einzelnen
nicht immer wiederholbar. Es ist z.B. beschrieben worden, daß die Umsetzung von
14,2 ccm (0,152 Mol) l-Cyan-1,3-butadien mit 5,9 ccm (0,152 Mol) Blausäure in Gegenwart
von 0,1 g Kaliumcyanid neben einer beträchtlichen Menge harziger Rückstände nur
wenige Tropfen eines Reaktionsproduktes mit einem Kp. 14 mm von 120 bis 160"C ergibt,
aus dem das 1,4-Dicyan-2-buten beim Erkalten auskristallisiert.
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Es ist im Schrifttum noch kein Verfahren zur Gewinnung von 1,3-Dicyanbutenen
aus Blausäure und 1 -Cyan- 1 ,3-butadien beschrieben worden, nach welchem die Dinitrile
in guter Ausbeute, bezogen auf die verbrauchten Ausgangsstoffe, erhalten werden
können.
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Dieser recht unbefriedigende Reaktionsverlauf bei der Blausäureanlagerung
an l-Cyan-1,3-butadien unter den Bedingungen, die bei substituierten Monoolefinen,
wie dem Acrylsäurenitril, zu sehr guten Ergebnissen führen, beruht teilweise auf
den folgenden Ursachen: (1) 1-Cyan-1,3-butadien besitzt auf Grund der konjugierten
Doppelbindungen eine große Neigung, sich zu polymerisieren.
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(2) Das Dimerisieren des l-Cyanbutadiens beginnt bereits bei etwa
-45"C und steigt ebenfalls mit der Temperatur an. Die Polymerisation und die Dimerisation
werden bei der Umsetzung von l-Cyanbutadien mit Blausäure unter den bisher angewandten
Bedingungen zur Hauptreaktion. Daneben erfolgt gleichzeitig Polymerisation der Blausäure.
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(3) Die entstandenen Dicyanbutene besitzen noch eine reaktionsfähige
Kohlenstoffdoppelbindung und können daher in verschiedenartiger Weise weiterreagieren.
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Alle diese Reaktionen treten bei der bekannten Anlagerung von Blausäure
an Monoolefine entweder gar nicht oder nur in einem bedeutungslosen Umfange auf.
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Es wurde nun gefunden, daß überraschenderweise die Menge des zugesetzten
basischen Katalysators von grundlegender Bedeutung für den Reaktionsverlauf bei
der Umsetzung von l-Cyan-1,3-butadien mit Blausäure ist. Sowohl das l-Cyanbutadien
als auch die entstandenen Dicyanbutene sind viel alkaliempfindlicher als z. B. Acrylsäurenitril
oder andere Monoolefine. Aus diesem Grunde lassen sich auch die bekannten Verfahren
zur Anlagerung von Blausäure an Acrylsäurenitril nicht auf das l-Cyanbutadien übertragen.
Alle bisher vorgeschlagenen Katalysatormengen sind für die Umsetzung von Cyanbutadien
mit Blausäure zu groß. Sie bewirken die Polymerisation des Cyanbutadiens und ebenso
die der Blausäure weitaus stärker als die Dicyanbutenbildung und verursachen darüber
hinaus Folgereaktionen der entstandenen Dicyanbutene. Eine dieser Folgereaktionen,
welche das gebildete 1,4-Dicyan-l-buten verbraucht, besteht z. B. in der weiteren
Umsetzung mit Blausäure zu 1,2,4-Tricyanbutan, während gleichzeitig das gebildete
1,4-Dicyan-2-buten
in das 1 ,4-Dicyan- 1 -buten umgelagert wird, welches dann weiterreagiert.
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Bei der Umsetzung von l-Cyan-1,3-butadien mit Blausäure werden diese
unerwünschten Reaktionen dann zurückgedrängt bzw. vollständig unterbunden, wenn
man der Reaktionsmischung, bestehend aus l-Cyan-1,3-butadien, Blausäure und gegebenenfalls
einem inerten, polaren Lösungsmittel, nur solche Mengen eines basisch reagierenden
Katalysators zusetzt, daß die Reaktionsmischung nach dem Verdünnen mit dem 15fachen
Volumen 35 0/0eigen wäßrigen Methanols einen pH-Wert von etwa 5,8 bis etwa 7,5,
besonders zwischen 6,2 und 6,8, besitzt. Um diese pH-Werte zu erreichen, genügt
der Zusatz geringer Mengen des basisch wirkenden Katalysators.
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Bei einzelnen Versuchen waren jedoch selbst zur Erzielung desjeweils
gleichen pn-Wertes unterschiedlich geringe Mengen notwendig, trotzdem erhält man
bei der Einhaltung desselben pH-Wertes in verhältnismäßig engen Grenzen schwankende
wiederholbare Versuchsergebnisse.
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Es wurde somit erkannt, daß nicht die Menge der tatsächlich zugegebenen
alkalisch wirkenden Katalysatoren, sondern der eingestellte pH-Wert für die Umsetzung
maßgebend und daß hiervon der Erfolg des Verfahrens abhängig ist. Es wurde also
weiter erkannt, daß aus noch etwas unübersichtlichen Gründen Ausgangsgemische der
gleichen Zusammensetzung sehr unterschiedliche pn-Werte haben können, daß es aber
besonders auf einen stets gleichbleibenden pn-Wert ankommt, der dann durch Zugabe
zwar geringer, oft aber unterschiedlicher Katalysatormengen eingestellt werden muß.
Dabei zeigte es sich, daß eine gleichbleibende pH-Messung in den nicht wäßrigen
Reaktionslösungen selbst unmöglich ist und daß diese pn-Messung erst dann brauchbare,
wiederholbare und gleichbleibende Werte zeigt, wenn Proben der Reaktionslösungen
mit den entsprechenden wäßrigen Methanollösungen verdünnt und dann in diesen verdünnten
Lösungen die pn-Messungen vorgenommen wurden. Bei der Arbeitsweise nach der Erfindung
betragen somit die tatsächlich eingesetzten Mengen des basischen Katalysators nur
einen Bruchteil der bisher angewandten, vorstehend erwähnten Katalysatormengen.
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Diese Kennzeichnung der benötigten Mengen an basischen Stoffen ist
für die vorliegende Umsetzung viel zweckmäßiger als die Angabe von Gewichtsmengen
etwa in Prozenten, weil der durch die pII-Zahl, gemessen in gleichbleibender wäßriger
Verdünnung, ausgedrückte Zahlenwert für den Reaktionsablauf von ausschlaggebender
Bedeutung ist und weil auf diese Weise die unterschiedliche basische Wirkung verschiedener
Katalysatoren berücksichtigt wird.
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Außer von der basischen Wirkung des Katalysators ist aber der günstigste
pn-Wert und damit die Menge des zuzusetzenden Katalysators auch abhängig vom Blausäure-
und Cyanbutadiengehalt der Reaktionsmischung, ferner von der Art des verwendeten
Lösungsmittels und der Beschaffenheit der vielleicht in kleineren Mengen entstehenden
Nebenprodukte.
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In jedem Falle ist aber die zugegebene Katalysatormenge so gering,
daß eine genaue Angabe in Gewichtsprozent nur sehr schwer möglich ist.
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Die empfindliche Abhängigkeit der Dicyanbutenbildung von der Menge
des zugesetzten Katalysators ist daran erkennbar, daß die Umsetzung unter sonst
gleichen Reaktionsbedingungen bei einem pH-Wert,
der ledilgich un 0,1 bis 0,2 Einheiten
höher oder tiefer liegt als der pn-Wert mit den besten Ergebnissen, zu eindeutig
wesentlich schlechteren Ausbeuten an Dicyanbuten führt.
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Nach der bisher bekannten Arbeitsweise führt man die Anlagerung von
Blausäure an l-Cyanbutadien in Gegenwart von viel größeren Alkalimengen als Katalysator
durch, denn diese bekannten Reaktionslösungen besitzen nach dem Verdünnen mit dem
15fachen Volumen 35 0/0eigen Methanols einen pH-Wert, der über 8,0 liegt. Daher
sind bisher auch alle Versuche, eine brauchbare Herstellungsweise für 1,4-Dicyanbutene
zu finden, fehlgeschlagen. Bestimmt man in derselben Weise die alkalische Wirkung
bei den vorbeschriebenen Verfahren zur Anlagerung von Blausäure an Acrylsäurenitril,
so findet man ebenfalls ausschließlich Werte, die oberhalb des pH-Wertes 8,0, im
allgemeinen sogar oberhalb des pH-Wertes 9,5 liegen.
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Das Verfahren der Erfindung besteht somit darin, daß man l-Cyan-1,3-butadien
mit Blausäure bei Temperaturen von etwa 10 bis etwa 75"C, besonders zwischen 55
und 65"C, und in Gegenwart von alkalisch reagierenden Katalysatoren umsetzt, deren
Mengen so bemessen werden, daß die Reaktionsmischung nach dem Verdünnen mit dem
15fachen Volumen 350/0eigen wäßrigen Methanols einen pu-Wert von 5,8 bis 7,5 besitzt,
und daß man die Konzentration der entstandenen 1,4-Dicyanbutene in der Reaktionsmischung
nicht über etwa 120/ob vorteilhaft nur bis zu etwa 10°/o, ansteigen läßt.
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Vorteilhafterweise führt man die Umsetzung in Gegenwart von polaren
Lösungsmitteln durch. Geeignete Lösungsmittel, die unter den angewandten Reaktionsbedingungen
weder mit dem Cyanbutadien noch mit der Blausäure oder mit den Blausäureanlagerungsverbindungen
reagieren und die sich gleichzeitig von den entstandenen Reaktionsprodukten durch
Destillation leicht abtrennen lassen, sind z. B.
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Acetonitril, Propionitril, Dimethylformamid sowie Gemische dieser
Verbindungen. Durch die Zugabe solcher inerter Verdünnungsmittel zur Umsetzungsmischung
werden auftretende Nebenreaktionen, besonders die Harzbildung, weitgehend zurückgedrängt.
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Versuche haben ergeben, daß der für die Reaktion günstigste pn-Wert
vom Lösungsmittel in gewissen Grenzen abhängig ist. Es ist vorteilhaft, bei der
Verwendung von Acetonitril einen pH-Wert von etwa 6,5 bis 6,7 und bei Verwendung
von Dimethylformamid als Lösungs- und Verdünnungsmittel einen pH-Wert von etwa 6,3
bis 6,5 einzustellen, wobei diese pn-Werte, wie vorstehend beschrieben ist, in den
entnommenen Proben gemessen werden.
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Es wurde außerdem festgestellt, daß die Ausbeuten an 1,4-Dicyanbuten
von der l-Cyanbutadien- bzw. von der Blausäuremenge abhängig sind, und zwar wenn
beide Reaktionsteilnehmer in solchen Mengen vorhanden sind, daß die Konzentration
der entstandenen 1,4-Dicyanbutene in der Reaktionslösung auf über 12°/o ansteigen
kann. Die besten Ausbeuten an 1,4-Dicyanbuten, bezogen auf die verbrauchten l-Cyanbutadien-
bzw. Blausäuremengen, werden dann erhalten, wenn man die Umsetzung von Cyanbutadien
mit Blausäure nur so weit ansteigen läßt, daß die Reaktionsmischung weniger als
100/, Dicyanbuten enthält. Bei höheren Dicyanbuten-Konzentrationen nimmt die Ausbeute
an 1,4-Dicyanbuten zugunsten der Bildung von Nebenprodukten stark ab.
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Die Bildung von harzigen Nebenprodukten läßt sich zusätzlich noch
durch andere Maßnahmen vermindern, z. B. dadurch, daß man die Umsetzung in einer
inerten Atmosphäre, also unter Ausschluß von Luft und Sauerstoff vornimmt, oder
dadurch, daß man der Reaktionsmischung stabilisierend wirkende Verbindungen, wie
Hydrochinon oder Phenothiazin, in Mengen von etwa 0,1 O/oo, bezogen auf die Reaktionsmischung,
zusetzt.
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Zur Einstellung des pn-Wertes werden alkalisch reagierende Stoffe
verwendet, z. B. Hydroxyde, Carbonate, Cyanide oder Cyanate der Alkali- und Erdalkalimetalle,
ferner Ammoniak oder organische Basen, wie Amine, Ammoniumhydroxyde und Pyridine.
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Grundsätzlich kann das Verfahren sowohl mit gas-oder dampfförmigen
als auch mit flüssigen Reaktionsteilnehmern ansatzweise oder fortlaufend ausgeführt
werden, jedoch ist die Umsetzung in flüssigem Zustand wegen der größeren Raum-Zeit-Ausbeute
der IJmsetzung im Gaszustand vorzuziehen.
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Im flüssigen Zustand wird das Verfahren im allgemeinen in folgender
Weise ausgeführt: Eine Mischung aus Cyanbutadien, Blausäure und einem Lösungsmittel,
z.B. aus 50 Volumprozent Acetonitril, 30 Volumprozent l-Cyanbutadien und 20 Volumprozent
Blausäure, wird durch Zugabe eines alkalisch reagierenden Stoffes auf den pn-Wert
6,5 bis 7,2 eingestellt. Die Messung des pH-Wertes erfolgt in der festgelegten wäßrigen
alkoholischen Verdünnung.
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Anschließend erhitzt man die Lösung auf die Reaktionstemperatur. Bei
einem Cyanbutadienumsatz von etwa 10 bis 200/,, bezogen auf die eingesetzte Cyanbutadienmenge,
wird die Umsetzung abgebrochen und die Lösung durch Destillation aufgearbeitet.
Die Abtrennung des rohen 1 ,4Dicyanbutens von den nicht umgesetzten Reaktionsteilnehmern
Cyanbutadien und Blausäure sowie vom Lösungsmittel ]äßt sich infolge der hohen Siedepunktsunterschiede
in einfacher Weise durchführen. Die abgetrennten Ausgangsstoffe werden nach erneuter
Einstellung des pn-Wertes wieder miteinander umgesetzt.
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Zur fortlaufenden Gewinnung der 1,4-Dicyanbutene bei der Umsetzung
von l-Cyanbutadien mit Blausäure in flüssigem Zustand kann man z. B. eine Vorrichtung
verwenden, die aus einem Mischbehälter, einem beheizbaren Reaktionsgefäß, einer
Destillationsvorrichtung sowie einigen Zwischenbehältern besteht. Der Mischbehälter
dient zur Bereitung der Mischung aus Cyanbutadien, Lösungsmittel und Blausäure und
zur Einstellung des pH-Wertes. Die fertige Lösung wird dem Reaktionsgefäß zugeführt,
in dem die Umsetzung bei erhöhter Temperatur erfolgt. Durch die anschließende Destillation
trennt man unter vermindertem Druck das nicht umgesetzte Cyanbutadien und die Blausäure
sowie das Lösungsmittel vom rohen 1,4-Dicyanbuten, das die gesamten Nebenprodukte,
die während der Umsetzung gebildet worden sind, enthält. Die abdestillierten Ausgangsstoffe
fließen in den Mischbehälter zurück. Nach der Zugabe der zuvor verbrauchten Mengen
an Cyanbutadien und Blausäure und nach der Einstellung des pH-Wertes gelangt die
Mischung wieder in das Reaktionsgefäß. Das entstandene rohe 1,4-Dicyanbuten wird
durch Destillation gereinigt.
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Die Ausbeuten an 1,4-Dicyan-l-buten in Mischung mit 1 ,4-Dicyan-2-buten
betragen bei dieser Arbeitsweise im allgemeinen 80 bis 87 °/o bezogen auf die bei
der Umsetzung insgesamt verbrauchte l-Cyanbuta-
dienmenge, und 85 bis 90°/0, bezogen
auf die insgesamt verbrauchte Blausäuremenge.
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Beispiel 1 237 g (3 Mol) l-Cyan-1,3-butadien, die mit Hydrochinon
stabilisiert worden sind, werden mit 400 ccm Acetonitril und 6 ccm Wasser verdünnt
und anschließend mit 108 g (4 Mol) Blausäure versetzt. In diese Mischung trägt man
so viel festes Kaliumcyanid ein, daß eine Probe der Lösung bei der Verdünnung mit
wäßrigem Methanol einen pn-Wert von 6,5 bis 6,6 besitzt. Die zu dieser pH-Einstellung
benötigten Kaliumcyanidmengen betragen etwa 0,05 Gewichtsprozent der Gesamtmischung.
Zur pH-Messung wird 1 ccm Lösung mit 15 ccm 35 0/0dem wäßrigem Methanol verdünnt.
Die Reaktionsmischung wird anschließend unter Beibehaltung des pH-Wertes auf etwa
+60°C erwärmt. Ein etwaiges Absinken des pH-Wertes wird durch Zugabe von festem
Kaliumcyanid ausgeglichen. Der Reaktionsablauf wird durch die Bestimmung des Blausäure-
bzw. Cyanbutadiengehaltes der Lösung verfolgt. Nach 2stündigem Erwärmen waren 11,350/,
der eingesetzten Blausäure umgesetzt. Die Reaktion wird bei diesem Umsatzgrad abgebrochen
und die Lösung unter vermindertem Druck bei 60 Torr destilliert. Nach der Abtrennung
der nicht umgesetzten Ausgangsstoffe und des Lösungsmittels, das quantitativ zurückgewonnen
wird, erhält man ein öliges rohes Dicyanbuten, das nach dem Neutralisieren des darin
enthaltenen Kaliumcyanids mit trockenem Chlorwasserstoff in folgende Fraktionen
zerlegt wird: Bei Kp.6 = 133 bis 147"C erhält man 40,1 g, bei Kp.6 = 150 bis 170°C
erhält man 6,2 g und als Rückstand 4,2 g.
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Wie aus der Elementaranalyse, dem Molekulargewicht sowie aus den
Infrarotuntersuchungen hervorgeht, besteht die erste Fraktion mit Kp.6 = 133 bis
147"C aus einem reinen Gemisch der isomeren Formen von 1,4-Dicyan-l-buten und 1,4-Dicyan-2-buten.
Dieses Buten kristallisiert bei Raumtemperatur zum größten Teil aus und besitzt
in Übereinstimmung mit den Angaben in der Literatur einen Schmelzpunkt von 75 bis
76"C. Die zweite Fraktion mit Kp.6 = 150 bis 1700C besteht vorwiegend aus dem dimeren
l-Cyan-1,3-butadien.
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Vom eingesetzten l-Cyan-1,3-butadien wurden insgesamt 37,3 g = 15,7
01o verbraucht. Die Ausbeute an 1,4-Dicyanbuten beträgt 80,10/,, bezogen auf die
umgesetzte l-Cyanbutadienmenge, und 83,50/,, bezogen auf die umgesetzte Blausäuremenge.
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Das zurückgewonnene Gemisch der nicht umgesetzten Ausgangsstoffe
und des Lösungsmittels kann ohne jede Schwierigkeit wieder zur Umsetzung verwendet
werden.
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Beispiel 2 Zu 237 g (3 Mol) I-Cyan-1,3-butadien, das mit Phenothiazin
stabilisiert worden ist, werden 450 ccm Propionitril als Lösungs- und Verdünnungsmittel
und außerdem 135 g (5 Mol) Blausäure gegeben. Diese Mischung wird durch Zugabe einer
wäßrigen Kaliumhydroxydlösung auf den pn-Wert 6,7 eingestellt. Die Bestimmung des
pH-Wertes erfolgt in der gleichen Verdünnung, wie sie im Beispiel 1 beschrieben
worden ist.
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Diese Lösung wird dann 21/2 Stunden auf 60"C erwärmt, wodurch 12,36
g Blausäure verbraucht werden,
entsprechend einem Blausäureumsatz
von 9,1 °/0.
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Anschließend neutralisiert man das in der Lösung befindliche Kaliumhydroxyd
mit trockenem Chlorwasserstoff und destilliert die Reaktionsprodukte ab.
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Dadurch werden 41,3 g 1.4-Dicyanbuten mit Kp.2 = 116 bis 128°C und
5,8 g mit Kp.2 = 130 bis 170°C erhalten. Diese Fraktion besteht hauptsächlich aus
dimerem 1-Cyan-1,3-butadien. Der Destillationsrückstand beträgt 5,1 g.
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Insgesamt sind 38,7 g l-Cyanbutadien verbraucht worden, das entspricht
einem Cyanbutadienumsatz von 16,4%, bezogen auf die eingesetzte Cyanbutadienmenge.
Die Ausbeute an dem Gemisch der 1 ,4-Dicyanbutene betrogt 79,5%, bezogen auf die
verbrauchte Cyanbutadienmentge, und 85,2%, bezogen auf die insgesamt umgesetzte
Blausäuremenge.
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Das quantitativ zurückgewonnene Lösungsmittel wird zusammen mit den
nicht umgesetzten Ausgangsstoffen für einen neuen Ansatz verwendet.
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Beispiel 3 Die Lösung wird aus 632 g (8 Mol) l-Cyanbutadien, das
mit 0,1 Gewichtsprozent N-Nitrosodiphenylamin stabilisiert worden ist 600 ccm Dimethylformamid
und 216 g (8 Mol) Blausäure bereitet und anschließend mit Trinatriumphosphat, Na3PO4,
12H2O, auf einen pH-Wert von 6,4 gebracht. Die Messung des pH-Wertes erfolgt in
derselben Verdünnung wie sie im Beispiel 1 beschrieben worden ist.
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Die Mischung wird 2 Stunden unter Beibehaltung des anfänglich eingestellten
pH-Wertes auf 55 bis 60"C erwärmt. In dieser Zeit setzen sich 10,50/, der eingebrachten
Blausäure um. Nach dem Neutralisieren des zugefügten Katalysators wird die Lösung
destilliert, wodurch 76 g 1,4-Dicyanbutene, Kp.2 = 116 bis 128 ° C, und 8g einer
Fraktion Kp.2 -- 130 bis 161"C, die vorwiegend aus dem dimeren l-Cyan-l.3-butadien
besteht, erhalten werden. Als Destillationsrückstand hinterbleiben 8,7 g.
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Es sind insgesamt 68,4 g 1-Cyan-1,3-butadien verbraucht worden, entsprechend
einem 1-Cyanbutadienumsatz von 10,8%, bezogen auf die eingesetzte 1-cyanbutadienmenge.
Die Ausbeute an 1,4-Dicyanbutenen bertägt 82,5%, bezogen auf den 1-Cyanbutadienumsatz,
und 85,8%, bezogen auf den Blausäureumsatz.
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Das als Lösung- und Verdünnungsmittel verwendete Dimethylformamid
wird quantitativ zurückgewonnen und kann zusammen mit den nicht umgesetzten Ausgangsstoffen,
l-Cyanbutadien und Blausäure, für einen neuen Ansatz verwendet werden.
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Beispiel 4 Dieses Beispiel beschreibt eine kontinuierliche Arbeitsweise.
Es werden 25 1 einer Mischung, die aus 48,8 Volumenprozent Dimethylformamid, 31
Volumprozent (- 83 Mol) 1-Cyan-1,3-butadien und 19,2 Volumprozent (= 124 Mol) Blausäure
und 1 Volumprozent Wasser besteht, in einem Mischbehälter mit so viel Kaliumcyanid
versetzt, daß in der wäßrigen alkoholischen Lösung, also bei der Verdünnung von
1 com der Mischung mit 15 com 35%igem Methanol, ein pn-Wert von 6,4 bis 6,5 gemessen
wird.
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Diese Lösung wird fortlaufend durch eine auf 60 bis 65°C erhitzte
Vorrichtung geleitet und anschließend in eine Destillationsvorrichtung. Unter dem
verminderten Druck von 90 Torr trennt man die nicht umgesetzten Stoffe, 1 -Cyanbutadien
und Blausäure.
sowie das Dimethylformamid von dem wesentlich höher siedenden 1,4-Dicyanbuten
und den gebildeten Nebenprodukten ab, die dann zusammen mit dem 1,4-Dicyanbuten
abgenommen werden. Die abdestillierten Ausgangsstoffe gelangen in den Mischbehälter
zurück. Nach der Zugabe der in der Reaktion verbrauchten Mengen an l-Cyanbutadien
und Blausäure und nach der Einstellung des pn-Wertes von 6,4 bis 6,5 wird die Mischung
wieder der Reaktionsvorrichtung zugeführt.
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Die Verweilzeit der Mischung in der erhitzten Vorrichtung wird so
gehalten, daß sich etwa 100/, der eingesetzten Blausäuremenge um setzen. Dazu sind
etwa 21/2 Stunden erforderlich.
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Das abgetrennte rohe l,4-Dicyanbuten wird mit konzentrierter Phosphorsäure
schwach angesäuert und unter vermindertem Druck von 10 Torr abdestilliert.
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Dadurch werden 1156 g der isomeren 1,4-Dicyanbutene erhalten.
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Bei einmaligem Durchgang der 25 1 Reaktionsmischung durch die Vorrichtung
wurden 342 g Blausäure und 1030 g l-Cyanbutadien verbraucht. Die Ausbeute an 1,4-Dicyanbuten
beträgt 83,6 °/o, bezogen auf das insgesamt umgesetzte l-Cyanbutadien, und 86,20/0,
bezogen auf die insgesamt verbrauchte Blausäuremenge.
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Beispiel 5 186 ccm 1-Cyan-1,3-butadien, 38 ccm Blausäure, 450 ccm
Acetonitril und 10 ccm Wasser werden gemischt und mit so viel Kaliumcyanid versetzt,
daß 1 ccm der Reaktionsmischung nach dem Verdünnen mit dem 15fachen Volumen 35%igen
wäßrigen Methanols einen PH-Wert von 6,5 besitzt, Nach etwa 2l/4stündigem Erwärmen
der Mischung auf 55"C waren 35.6 0/o der eingesetzten Blausäure umgesetzt.
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Die Lösung wird in derselben Weise wie im Beispiel 1 aufgearbeitet.
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Man erhält 32,8 g 1,4-Dicyanbuten; das entspricht einer Ausbeute
von 87 0/,, bezogen auf die verbrauchte Blausäuremenge. An Nebenprodukten werden
insgesamt 2,5 g erhalten.
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Die zurückgewonnenen Ausgangsstoffe werden nach der Zugabe der umgesetzten
Cyanbutadien- und Blausäuremenge und der entsprechenden Kaliumcyanidmenge erneut
zur Umsetzung verwendet.
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Beispiel 6 49,5 kg einer Reaktionslösung, die aus 51,25°/o Acetonitril,
20% Dimethylformamid, 25,1% 1-Cyan-1,3-butadien und 3,65% Blausäure besteht, werden
mit festem Natriumcyanid behandelt, bis 1 ccm der Reaktionslösung nach dem Verdünnen
mit dem 15fachen Volumen 35%igen Methanold einen PH-Wert von 7,0 besitzt, Diese
Reaktionsmischung wied anschließend 40 Minuten auf 58 bis 60° C erwärmt, wodurch
sich 36,7% der eingebrachten Blausäuremenge umsetzen. Nach dem Neutralisieren des
zugefügten Katalysators mit trockenem Chlorwasserstoff wird die Lösung unter dem
verminderten Druck von 80 Torr aufgearbeitet, wobei man die nicht umgesetzten Ausgangsstoffe
und das Lösungsmittelgemisch quantitativ zurückgewinnt. Von diesem Ansatz werden
insgesamt 2.47 kg reines 1,4-Dicyanbuten erhalten, das entspricht einer Ausbeute
von 94,90/0, bezogen auf die umgesetzte Blausäuremenge, und von 92,6°/o, bezogen
auf die verbrauchte Cyanbutadienmenge.
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Durch diese Arbeitsweise mit Lösungsmittelgemischen ergibt sich gegenüber
den vorstehenden Beispielen eine Ausbeutesteigerung.