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Verfahren zur Herstellung von Acrylsäure
Es ist bekannt, daß Acrylsäure
durch Verseitung von Acrylsäurenitril hergestellt werden kan. Hierbei tritt jedoch
leicht eine Polymerisation des als Zwischenprodukt auftretenden Acrylsäureamids
ein, so daß das Verfahren technische Schwierigkeiten bereitet.
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Es wurde nun gefunden; daß man Acrylsäure durch Erhitzen von ß, ß'-Dicyandiäthyläther
mit wäßriger Schwefelsäure in hoher Ausbeute erhalten kann. Weiterhin wurde gefunden,
daß auch die bei der Herstellung des ß, ß'-Dicyandiäthyläthers aus Acrylsäurenitril
und wäßrigem Alkali entstehenden Nebenprodukte, die vermutlich aus Anlagerungsverbindungen
von Ammoniak an Acrylsäurenitril und ihren Verseifungsprodukten bestehen, durch
Erhitzen mit wäßriger Schwefelsäure in Acrylsäure übergeführt werden können.
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Diese beiden befunde hilden die Grundlage für das vorliegenck Nerfahren.
nach dem Acrylsäure aus ß, ß'-Dicyandiäthyläther und bzw. oder den bei der Herstellung
des 13. ß' Dicyandiäthylathers aus Acrylsäurenitril und wäßrigem Alkali entstehenden
Nebenprodukten gewonnen wird.
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Die Menge der einzusetzenden Schwefelsäure soll mindestens 2 Mol
auf I Mol ß, ß'-Dicyandiäthyläther betragen. Die Menge des im Reaktionsgemisch vorhandenen
Wassers muß mindestens 3 Mol auf I Mol ß, ß'-Dicyandiäthyläther ausmachen.
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Die Temperaturen. bei denen das neue Verfahren durchgeführt wird,
liegen oberhalb von 120°. Als besonders günstig haben sich Temperaturen im Bereich
von 160 bis 180 erweisen. Überraschenderweise findet bei diesen Temperaturen die
Ver
seifung der Nitrilgruppen und die Spaltung der Ärher bzw. Amine
(im Falle der Anlagerung von Ammoniak an Acrylsäurenitril) in einem Arbeitsgang
statt, ohne daß es wie wie man erwarten könnte - zur Bildung von Acrylsäurenitril
kommt.
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Wegen der Neigung der Acrylsäure, sich zu polymerisieren, empfiehlt
es sich, die Reaktion in Gegenwart von Kupfersulfat oder anderen Stabilisierungsmitteln
durchzuführen und die gebildete Säure laufend aus dem Reaktionsgemisch durch Destillation
zu entfernen. Hierbei kann man durch Einleiten von Wasserdampf die Konzentration
der übergehenden wäßrigen Acrylsäure auf einen solchen Wert einstellen, daß Zersetzungen
vermieden werden.
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Das vorliegende Verfahren gestattet es, aus einem beständigen Ausgangsmaterial
hohe Ausbeuten an Acrylsäure zu erhalten und kann technisch sowohl diskontinuierlich
wie auch kontinuierlich in überaus einfacher Weise durchgeführt werden. Die mit
seiner Hilfe hergestellte Acrylsäure zeichnet sich durch besondere Reinheit aus
und ist daher zur Herstellung von Acrylsäurederivaten und Polymerisationsprodukten
hervorragend geeignet.
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Es ist bekannt (japanische Patentschrift 154 8I5, referiert in Chemical
Abstracts, 1950, Spalte 35I5 b), daß durch Pyrolyse von ß, ß'-Dicyandiäthyläther
im Temperaturbereich von 300 bis 6000 Acrylsäurenitril entsteht. Angesichts der
energischen Bedingungen, die nach der genannten japanischen Patentschrift angewandt
werden, ist es überraschend, daß bei dem vorliegenden Verfahren unter sehr viel
milderen Bedingungen ein Übergang des Dicyandiäthyläthers in Acrylsäure erfolgt.
Die nach dem vorliegenden Verfahren angewandten Reaktionsbedingungen sind vielmehr
so sanft, daß eher mit einer Verseifung des Dicyandiäthyläthers zu der entsprechenden
Dicarbonsäure zu rechnen war, wie sie in den USA.-Patentschriften 2 382 o36 und
2 404 164 beschrieben ist.
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In keiner Weise konnte auch erwartet werden, daß dieser Übergang
mit so guter Ausbeute verläuft.
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Beispiel I Man stellt eine kupfersulfathaltige, etwa 77%ige Schwefelsäure
her, indem man I00 kg 78%ige Schwefelsäure mit 150 g kristallisiertem Kupfersulfat,
gelöst in 1 1 Wasser, vermischt. Von dieser Säure werden 3 1 in einer 130 1 fassenden
Destillationsblase auf I60 bis I700 erwärmt. Man läßt nun im Verlauf von 5 bis 6
Stunden 8 kg (entsprechend 64,5 Mol) ß, ß'-Dicyandiäthyläther und 8 1 der obengenannten
Schwefelsäure einlaufen und hält die Temperatur des Gemisches auf I70 bis I7j0.
{Gleichzeitig leitet man Wasserdampf in einer hlenge von etwa I kg je Stunde ein
und destilliert die sich bildende Acrylsäure durch einen Kupferkühler ab. Die Dampf2ufuhr
wird so eingestellt, daß eine etwa 60°/oige Acrylsäure überdestilliert.
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Nach beendeter Zugabe von Schwefelsäure und ,ß ß'-Dicyandiäthyläther
destilliert man noch weiter, bis die Acrylsäurekonzentration im Destillat unter
300/0 gesunken ist. Man erhält auf diese Weise 16,6 kg einer wäßrigen Acrylsäure.
I0 g dieser Lösung verbrauchen bei der Titration gegen Phenolphthalein 69,5 ccm
n/I Natronlauge. Die Lösung ist also 5o0/oig. Dies entspricht einer Ausbeute von
8,3 kg (entsprechend II5 Mol) Acrylsäure oder 89%, bezogen auf den eingesetzten
ß, ß'-Dicyandiäthyläther. Die C-H-Bestimmung ergibt 24,6 0/o C und 8,6 0/o H (berechnet
250/0 C: 8,350/0 H). I g der Lösung verbraucht bei der katalytischen Hydrierung
154 com Wasserstoff (Normal), berechnet I56 ccm H2 (Normal). Die hergestellte Acrylsäure
ist sehr polymerisationsfreudig. weshalb bei dem oben beschriebenen Verfahren ein
Kupferkühler benutzt werden muß. Geringe Spuren gelösten Kupfers kann man jedoch
leicht durch Behandlung der Acrylsäure mit einem Kationenaustauscher entfernen.
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Polvmerisationsversuch: Man verdünnt die auf diese Weise vom Kupfer
befreite Acrylsäure mit Wasser auf das sache Volumen. IOOÓ Gewichtsteile dieser
I0%igen Lösung werden mit I Gewichtsteil Ammoniumpersulfat, 0,I Gewichtsteilen Natriumpyrosulfit
und 0,2 Gewichtsteilen Formamidinsulfinsäure versetzt und in Stickstoffatmosphäre
sich selbst überlassen. Die Temperatur steigt innerhalb von I Stunde auf 450, Man
hält den Polymerisationsansatz noch I0 Stunden auf dieser Temperatur. Eine Probe
der auspolymerisierten Lösung wird bei II0° 2 Tage getrocknet. Der Trockenrückstand
beträgt I0,I%. Die Analyse ergibt 48,60/0 C und 6°/o H (berechnet 500/o C; 5,6%
H). Die Polymerisationsausbeute beträgt also 980/o. Die Polyacrylsäure hat einen
K-Wert von 172, gemessen in o,20/oiger Lösung (s. Fikentscher, Cellulose-Chemie,
Bd. I2, I932, 5. 6o). Die nach dem beanspruchten Verfahren hergestellte Acrylsäure
läßt sich also mit hoher Ausbeute in Polyacrylsäure von hohem Molekul argewicht
überführen, ein Beweis für ihre besondere Reinheit.
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Beispiel 2 Man erwärmt in einem geschlossenen Rührkessel 7,5 kg Acrylsäurenitril,
1,5 kg Wasser und 4 g Hydrochinon auf 450, fügt dann 0,2 kg i50/oige Natronlauge
zu und hält die Temperatur des sich erwärmenden Gemisches unter Rühren auf 500.
Man rührt den Ansatz 24 Stunden bei 50° und hält ihn durch gelegentliche Zugabe
von Natronlauge phenolphthaleinalkalisch. Hierzu werden nach je 3 Stunden etwa 70g
I50/oige Natronlauge benötigt, zusammen 0,3 kg. Nach Zugabe von 0,2s kg 78%iger
Schwefelsäure und von 0,3 kg Wasser destilliert man dann im schwachen Vakuum das
nicht umgesetzte Acrylsäurenitril und das Wasser ab, dabei steigert man die Temperatur
des Gemisches langsam von 50 auf 1000. Das Destillat besteht aus 1,2 kg Wasser und
o, kg Acrylsäurenitril und kann bei dem nächsten Ansatz wieder eingesetzt werden.
Dies entspricht einem Umsatz von 960/o. Der Destillationsrück-
stand
wird abgekühlt und vom abgeschiedenen Natriumsulfat abfiltriert. Man erhält 8 kg
rohen Dicyandiäthyläther der ohne weitere Reinigung mit 77%iger Schwefelsäure nach
dem im Beispiel I beschriebenen Verfahren umgesetzt wird.
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Dabei werden 7.8 kg Acrylsäure erhalten, entsprechend einer Ausbeute
von 81%.
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Beispiel 3 In eine 100@ fassende Destillationsblase mit angeschlossenem
Kupferkühler gibt man 51 96%ige Schwefelsäure und leitet Wasserdampf ein, wobei
die I Temperatur auf etwa 200 steigt, um bei weiteren Einleiten von Dampf wieder
auf 175° zu sinken. Dann läßt man im Verlauf von 12 Stunden 72 Kg ß, ß'-Dicyandiäthyläther
und 57@ 96%ige Schwefelsäure einlaufen. Gleichzeitig leitet man so viel Wasserdampf
ein. daß eine 52- bis 60%ige Acrylsäure abdestilliert. Die Temperatur des Reaktionsgemisches
bleibt ohne äußere Wärmezufuhr einer 170@ Man läßt die Temperatur nicht über I75
steigen, indem man nach Bedarf einen Teil des Wasserdampfes durch Wasser ersetzt.
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Nach beendeter Zugabe von Schwefelsäure und ß, ß'-Dicyandiäthyläther
destilliert man noch I Stunde, wobei die Konzentration der übergehenden Acrylsäure
unter 30 °/o sinkt. Die Ausbeute beträgt 129 kg 49%ige wäßrige Acrylsäure = 88%
Ausbeute.