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Verfahren zur Herstellung von reinem 2,5-Dihydroxy-1,Lk dithian Versuche
zur Synthese von Nercaptoacetaldehyd, der in monomerer Form nicht faßbar ist, sind
seit langem bekannt.
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So gelang es beispielsweise durch reduzierende Spaltung mittels metallischem
Natrium aus Benzylmercapto-acetaldehyddiethylacetal das Neröaptoacetal herzustellen,
aus dem durch saure Verseifung mit 0,01 n HOl unter Einhaltung bestimmter Vorsichtsmaßnahmen
eine Verbindung erhalten werden konnte, die nach dem Umkristallisieren aus Ethanol
einen Schmelzpunkt von 1380 - 1430C erreichte und der aufgrund von Elementaranalyse
und Dlolekulsrgewichtsbestimrnung, sowie des chemischen Verhaltens die Struktur
des 2,5-Dihydroxy-1,4-dithians zugeordnet wurde, das der dimeren Form des Mercaptoacetaldehyds
entspricht (vgl. G. Hesse und Mitarbeiter in Berichte der Deutschen Chemischen Gesellschaft,
Sd. 85, (1952), S. 924 ff.).
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Die gleiche Struktur wurde für eine bei 1500 - 15200 schmelzende Verbindung
angenommen, die durch Eintragen von Chloracetaldehyd-hydrat in eine wässrige Lösung
von Natriumhydrogensulfid unter Eiskühlung und anschließendem Waschen der ausgeschiedenen
Kritalle mit Alkohol erhalten worden war (vgl. 0. Hromatka und Mitarbeiter in Monatshefte
für Chemie, Bd. 85 (1954), S. 1088ff.).
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Durch Verwendung einer wässrigen Chloracetaldehydlösung, die bei 100
- 1200 unter Stickstoff in eine frisch bereitete wässrige Natriumhydrogensulfidlösung
eingetragen und Waschen des ausgefällten Produkts mit Eiswasser und Ethers wurde
eine Verbindung mit demselben Schmelzpunkt in einer Ausbeute von 47 % d. Th. gewonnen.
Die wässrige Chloracetaldehydlösung wurde durch CL'orieren n Paraldehyd.
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in Gegenwart von konzentrierter Salzsäure hergestellt, die vor Beginn
der Umsetzung mit 3obiger Natronlauge auf einen pH-Wert von 6-7 eingestellt und
vom Kochsalz und etwas Harzen abfiltriert worden war (vgl. M. Thiel und Mitarbeiter
in Annalen der Chemie, Bd. 611 (1958), 5 126).
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Es wurde nun gefunden daß reines 2,5-Dihydroxy-1,4-dithian eine bei
1080 - 110% schmelzende Verbindung ist, deren-Struktur durch H1-NtE-Analyse eindeutig
bestätigt werden konnte, während die nach den bekannten Verfahren hergestellten
Verbindungen mit beträchtlich höheren Schmelzpunkten instabile Gemische aus 2,5-Dihydroxy-1,4-dithian
(II) und linearen Ketten von Nercaptoacetaldehydeinheiten (III) sind, die bereits
beim Stehen bei Raumtemperatur hochpolymere Produkte bilden unter teilweisem oder
vollständigem Verlust der Eigenschaften des Mercaptoacetaldehyds (I), wie durch
folgendes Schema verdeutlicht werden kann:
n72 Der Schmelzpunkt des Gemisches steht dabei in direkter Beziehung zu der Zusammensetzung,
d. h. er liegt um so höher je größer der Anteil an linearen Ketten aus Mercaptoacetaldehydeinheiten
(III) in dem Gemisch ist. So wurde beispielsweise festgestellt, daß das aus Chloracetaldehyd
und Natriumhydrogensulfid auf bekannte Weise hergestellte frische Reaktionsprodukt
mit einem Schmelzpunkt von 150°C ein Gemisch aus etwa 40.' 2,5-Dihydroxy-1,4-dithian
(II) und etwa 60 % linearen Ketten von Nercaptoacetaldehydeinheiten (III) ist.
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Es stellt sich somit die Aufgabe , ein Verfahren auf Basis der bekannten
Umsetzung stöchiometrischer Mengen von Monochloracetaldehyd und Natriumhydrogensulfid
in wässeriger Lösung zur Verfügung zu stellen, das die Herstellung des bei 1080-1100
schmelzenden reinen 2,5-Dihydroxy-1,4-dithnans in großtechnischem Maßstab und in
guten Ausbeuten ermöglicht.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß eine wässerige
Chloracetaldehydlösung verwendet wird, die vor Beginn der Umsetzung auf einen pH-Wert
von 0,5 bis 1,5 eingestellt worden ist, die Umsetzung bei Temperaturen von 200 bis
40°C unter Aufrechterhaltung eines pH-Wertes von 7 bis 9 im Reaktionsgemisch durchgeführt,
das anfallende 2, 5-Dihydroxy-1,4-dithian unmittelbar nachfolgend oder fortlaufend
aus dem Reaktionsgemisch abgetrennt, mit kaltem Wasser salzfrei gewaschen und
anschließend
bei Raumtemperatur unter vermindertem Druck getrocknet wird.
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Die Einhaltung der definierten Bedingungen ist für die Durchführung
des erfindungsgemäßen Verfahrens von entscheidender Bedeutung, da nur so sichergestellt
werden kann, daß tatsächlich reines 2,5-DiLydroxy"1S4-dithian erhalten wird, das
durch den zagegebenen Schmelzpunkt charakterisiert ist und nicht durch Spontanpolymerisationen
instabile Gemische mit höheren Schmelzpunkten entstehen.
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-Für die Durchführung des erfindungsgemäßen Verfahrens können wässerige
Chloracetaldehydlösungen beliebiger Herkunft und beliebigem Gehalt an Monochloracetaldehyd
Verwendung finden. Die Einstellung des definierten pH-Wertes unmittelbar vor Beginn
der Umsetzung kann in üblicher Weise vorgenommen werden, beispielsweise durch Zugabe
von verdünnter Salzsäure zu säurefreien onochloracetaldehdlösungen oder durch unvollständige
Neutralisation solcher Lösungen, die von der Herstellung her Chlorwasserstoff enthalten,
mit verdünnten Alkalilösungen.
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Vorzugsweise wird eine technische Chloracetaldehydlösung mit einem
Gehalt von 7 - 12 Gew. % Monochloracetaldehyd verwendet, wobei sich solche, die
durch Chlorieren von Vinylacetat in Wasser hergestellt und vor Beginn der Umsetzung
mit verdünnter Natriumhydroxydlösung auf einen pH-Wert von 1,0 eingestellt worden
sind, besonders bewährt haben.
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Die Umsetzung selbst kann diskontinuierlich oder kontinuierlich durchgeführt
werden. Bei diskontinuierlicher Verfahrensweise wird die wässerige Chloracetaldehydlösung
in frisch bereitete Natriumhydrogensulfidlösung eingetragen, wobei durch Kühlen
und mechanische Bewegung, sowie durch Regelung der Zugabegeschwindigkeit für die
Aufrechterhaltung der Temperaturen im angegebenen Bereich, die vorzugsweise bei
250 - 300C liegen und für die Aufrechterhaltung des pH-Wertes im angegebenen Bereich
gesorgt wird. Reaktionszeiten von etwa 5 Stunden sollten hierbei nicht überschritten
werden.
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Die Abtrennung des ausgefällten Reaktionsproduktes wird zweckmäßig
unmittelbar nach Beendigung der Chloracetaldehydzugabe vorgenommen, beispielsweise
durch Filtrieren oder Zentrifugieren.
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Bei kontinuierlicher Verfahrensweise, die bevorzugt ist, werden wässerige
Chloracetaldehydlösungen und frisch bereitete Watriushydrogensulfidlösungen gleichzeitig
in einen Reaktionskreislauf eindosiert und der ausfallende Feststoff fortlaufend
aus dem Reaktionsgemisch abgetrennt, beispielsweise mittels einer intermittierend
arbeitenden Schälzentrifuge. Auch hierbei sollte die Verweilzeit 5 Stunden nicht
überschreiten.
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Die abgetrennten Feststoffe werden unmittelbar anschließend mit kaltem
Wasser salz frei gewaschen und dann unter schonenden Bedingungen, d. h. unter vermindertem
Druck bei Raumtemperatur getrocknet.
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Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren kann reines 2,5-I)ihydroxy-1,4-dithian
mit einem Schmelzpunkt von 1080 - 1100C in Ausbeuten bis zu > 80 % gewonnen werden,
das in getrocknetem Zustand ein farbloses bis leicht gelb gefärbtes Pulver von unangenehmem
Geruch ist, das unter Ausschluß von Licht, Luft und Feuchtigkeit lagerbeständig
ist. Beim Stehen an der Lft kanr das Pulver indessen ohne äußere änderung des Aussehens
in hochpolymere Verbindungen übergehen.
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2,5-Dihydroxy-1,4-dithian ist ein wertvolles Swischenprodukt für die
Synthese von Arzneimitteln, beispielsweise aus der Klasse der Thierzodiazepine und
Thienotriazolodiazepine, die als Psychopharmaka, Sedativa, Analgetika, Antikonvulsiva
und Muskelrelaxantien Verwendung finden.
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Durch die folgenden Beispiele wird das erfindungsgemaße Verfahren
näher erläutert.
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Beispiel 1 a) Herstellung der Chloracetaldehydlösung*): In ein Gemisch
bestehend aus 1 720 kg Wasser und 861 kg Vinylacetat (100 %ig berechnet) werden
bei OOC und unter kräftigem Rühren insgesamt 711 kg (100,25 % d. Th.) gasförmiges
Chlor nichttauchend eingeleitet. Anschließend wird das Reaktionsgemisch 0,3 Stunden
auf 50°C erwärmt und unter erneuter Kiihlung bei 200C insgesamt 2 975 kg
einer
13,41 %igen Natronlauge zugegeben.
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Es werden insgesamt 6 267 kg lagerstabile Chloracetaldehydlösung folgender
Zusammensetzung in Gewichtsprozent erhalten: Chloracetaldehyd: 11,84 % Natriumchlorid:
9,29 % Essigsäure: 9,57 % pH-Wert: 1,0 *) vgl. Ullmanns Encyklopädie der technischen
Chemie, Bd. 9, 4. Auflage 1975-, S. 375 b) Herstellung der Natriumhydrogensulfidlösung
und deren Umsetzung mit Chloracetaldehyd: In eine Lösung von 2,22 kg Ätznatron in
20 kg Wasser wurden unter Rühren bei 2500 insgesamt 1,89 kg Schwefelwasserstoff
eingeleitet. Unter weiterem Rühren und Kühlen wurden in die Lösung bei 2500 insgesamt
36,8 kg der unter a) her gestellten Chloracetaldehydlösung in dem Maße eingeleitet,
daß der pH-Wert des entstehenden Reaktionsgemisches stets > 9,0 bis > 7,0
betrug.
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Nach etwa 1 Stunde war die Chloracetaldehydzugabe beendet.
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Um ein Nachsäuern des Reaktionsgemisches zu vermeiden, wurde unmittelbar
nachfolgend zentrifugiert und der Feststoff mit Wasser salzfrei gewaschen, wobei
insgesamt 8,08 kg wasserfeuchtes Produkt erhalten wurden.
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Nach Trocknung bei 200C/133 Pa bis zur Gewichtskonstanz verbleiben
3,56 kg wasserfreies Reaktionsprodukt, die laut H1-NNR-Analyse (vgl. Spektrum Nr.
1: Die beiden Protonen der CH2-Gruppe ergeben je ein Quartett bei = 2,79 ppm und
# = 3,25 ppm. Das erstere Quartett ist charkterisiert durch die Geminalkopplung
von 13,2 Hz und die cis-Kopplung von 2,4 Hz mit dem Proton der benachbarten CH-Gruppe.
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Die CH-Gruppe ergibt ein Quartett bei C> = 4,78 ppm und entsteht
durch die cis-Kopplung von 2,4 Hz und die trans-Kopplung von 6,5 Hz.) reines 2,5-Dihydroxy-1,4-dithian
vom Schmelzpunkt 109°C darstellen.
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Ergebnis der Elementaranalyse: C H S berechnet: 31,55 5,3 42,13 gefunden:
31,6 5,0 42,0 Die Ausbeute betrug 84,4 % d. Th. bezogen auf eingesetzten Chloracetaldehyd.
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Beispiel 2 (Vergleichsversuch) 6 359 g einer nach M. Thiel in Ann.
d. Chemie, Bd. 611 (1958), S. 126 aus Paraldehyd in Gegenwart von konzentrierter
Salzsäure hergestellten Chloracetaldehydlösung, die mit 30 %iger rJaOH auf einen
pH-Wert von 6,6 eingestellt worden war, wurden mit 1 241 ml einer frisch bereiteten
Natriumhydrogensulfidlösung
unter N2 bei etwa 1000 umgesetzt. Etwa 45 Min. nach beendeter Chloracetaldehydzugabe
wurde das ausgefallene Reaktionsprodukt abfiltriert, mit Eiswasser gewaschen und
getrocknet. Es wurden 121 g (51,6 % d. Th., bezogen auf eingesetzten Chloracetaldehyd)£
eines bei 1500C schmelzenden Produkts erhalten, das lt. H¹-NMR-Analyse (vgl. Spektrum
Nr. 2: Die CH2-Grppe ergibt ein Dublett bei 3,01 ppm mit einer Kopplungskonstanten
von 5,4 Hz und die GH-Gruppe entsprechend ein Triplett bei 4,8 oder 4,9 ppm. Die
Multipletts der jeweiligen CH-Gruppen sind unter Umständen durch Kopplung mit dem
OH-Proton noch stärker aufgespalten. Diese Umstände und die zugehörige chemische
Verschiebung des OH-Protons wurden nicht näher untersucht.) neben 58 % linearen
Ketten aus Mercaptoacëtaldehydeinheiten (III) nur noch 42 % Dithian enthiit.
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Ergebnis der Elementaranalyse: C H S berechnet: 31,55 5,3 42,13 gefunden:
31,8 5,1 41,9 Beispiel 3 vgl. Fig. 9 Einem Kreislauf, bestehend aus Kühler 1, Utwälzpumpe
2 und Ausgleichsgefäß 3 mit Entlüftung über Leitung 4, die durch Leitung 7 verbunden
sind, wurden über Leitung 5 stündlich 24,1 Gew. T. Natriumhydrogensulfid und über
Leitung 6 stündlich 36,8 Gew. T0hloracedaldehydlösung
zugeführt,
die beide wie im Beispiel 1 angegeben, frisch bereitet worden sind. Die Temperatur
im Kreislauf betrug 25°C. Über den Siphon 8 wurden stündlich 60,9 Gew. T.
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Reaktionsgemisch ausgeschleust (das entspricht bei einem Betriebsinhalt
des Kreislaufs von ca. 80 Vol.T. Reaktionsgemisch einer Reaktions- oder Verweilzeit
von ca. 1,3 Stunden) und über den Zwischenbehälter 9 taktweise der Schalzentrifuge
10 zugeführt. Dort wurde der Feststoff von der Mutterlauge getrennt und mit 3 GewO
T Wasser je GewO T0 Feststoff, das über Leitung 11 zugeführt wurde, gewaschen Anschließend
wurde der wasserfeuchte Feststoff über Leitung 12 ausgetragen Über Leitung 13 wurde
das Waschwasser und die Mutterlauge abgeführt und verworfen Das wasserfeuchte 2,5LDihydroxy194dithian
wurde in einem Schaufeltrockner bei 20°C/133 Pa getrocknet. Aus jeweils 36,8 Gew.Teilen
Chloracetaldehydlösung wurden 3,56 Gew.T.
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reines 295-Dihydroxy-1,4-dithian erhalten.
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