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Salmonella gallinarum -Trockenantigen und Verfahren zu dessen Herstellung
Die Gallinarum-Infektion, auch Pullorum oder Geflügeltyphus genannt, ist eine in
den Kulturländern weitverbreitete, meist seuchenhaft auftretende Erkrankung der
Hühner und anderer Geflügelarten, die durch einen Erreger (Salmonella gallinarum,
synonym Salmonella pullorum) hervorgerufen wird. Die Erkennung der Gallinarum- (Pullorum-)
Infektion erfolgt beim lebenden Huhn durch Untersuchung von Blutproben mit Hilfe
der Agglutinationsreaktion. Die Ergebnisse der Agglutination sind somit für die
Bekämpfung dieser Krankheit von grundlegendem Wert und machen ihre Durchführung
überhaupt erst möglich.
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Als Methode zur Diagnose der Gallinarum-(Pullorum-) Infektion sind
die Röhrchen- (Langsam-) Agglutination und eventuell die Frischblut-Schnellagglutination
bekannt. Antigenaufschwemmungen für die Agglutinationsreaktion zur Diagnose der
Gallinarum- (Pullorum-) Infektion werden im allgemeinen in der Weise hergestellt,
daß geeignete Salmonella gallinarum- (pullorum-) Kulturen von Agarnährboden mit
physiologischer Kochsalzlösung abgeschwemmt, durch die Zentrifugation gewaschen
und anschließend mit physiologischer Natriumchloridlösung, die 0,5 01o Phenol oder
0,3 O/o einer handelsüblichen 35010eigen Formaldehydlösung enthält, auf eine bestimmte
Dichte eingestellt werden. Diese gebrauchsfertigen sogenannten Frischantigene haben
nur eine beschränkte Haltbarkeit. Sie können deshalb nicht auf lange Zeit in Vorrat
genommen, sondern müssen von Fall zu Fall in kleineren Mengen hergestellt und bald
verbraucht werden. Die Gewährleistung einer möglichst einheitlichen Reaktionsfähigkeit
bei allen in verschiedenen Instituten und zu verschiedenen Zeitpunkten hergestellten
Frischantigenen ist außerordentlich schwierig und erfahrungsgemäß in dem Maße, wie
es für die Zuverlässigkeit der Reaktion notwendig ist, nicht erreicht worden. Die
Verschiedenheiten ergeben sich vor allem daraus, daß zur Antigengewinnung Salmonella
gallinarum- (pullorum-) Stämme von unterschiedlicher Antigen struktur und Wuchsform
angewandt werden, die Technik der Antigengewinnung variiert und die Testsuspensionen
eine ungleiche Dichte haben.
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Es wurde nun gefunden, daß ein Salmonella gallinarum- (pullorum-)
Trockenantigen zur Diagnose der Gallinarum- (Pullorum-) Infektion bei Hühnervögeln
insbesondere bei Hühnern, bestehend aus weitgehend gereinigten, getrockneten Salmonella
gallinarum- (synonym Salmonella pullorum-) Zellen von hoher Agglutinabilität, die
eine für diese Bakterienart vollständige Antigenstruktur besitzen und die Eigenschaft
haben, sich bei der Wiederaufschwemmung in der Suspen-
sionsflüssigkeit homogen zu
verteilen, gegenüber den bekannten Agglutinationsantigenen Vorteile besitzt.
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Ein besonderer Vorteil dieses Trockenantigens liegt darin, daß es
seine antigenen Eigenschaften praktisch unbeschränkt lange beibehält und sich leicht
mit einfachen Mitteln zu gebrauchsfertigen Suspensionen verarbeiten läßt. Dadurch,
daß man hierbei mit abgewogenen Trockenantigen- und Flüssigkeitsmengen arbeiten
kann, ist es möglich, die Testsuspension stets in gleicher Dichte und Reaktionsfähigkeit
herzustellen, wodurch eine sehr weitgehende Vereinheitlichung und Zuverlässigkeit
des Agglutinationsverfahrens erreicht wird.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist auch ein Verfahren zur
Herstellung von haltbarem Salmonella gallinarum- (pullorum-) Trockenantigen hoher
Agglutinabilität, dadurch gekennzeichnet, daß man vollantigene und gut agglutinable
Salmonella gallinarum- (pullorum-) Stämme der S-Form, vorzugsweise mit der Antigenstruktur
9, 122 und 123, auf Nährböden, vorteilhaft auf Fleischwasser-Pepton-Agar züchtet,
die Kulturen mit wäßriger Formaldehydlösung, die mit von der Carbonathärte befreitem
Leitungswasser hergestellt wird, abschwemmt und die Bakterienmasse nach wiederholtem
Waschen mit wie oben bezeichneter wäßriger Formaldehydlösung im Vakuum trocknet.
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Die Zellen von Salmonella gallinarum sind aus mehreren, serologisch
unterschiedlichen Stoffen, die man als somatische, Körper- oder Antigene bezeichnet,
aufgebaut. Die Körperantigene von Salmonella gallinarum sind 9, 122 und 128. Die
somatischen Antigene wurden früher mit römischen Ziffern bezeichnet, sie werden
aber jetzt mit arabischen Ziffern
bezeichnet. Diejenigen Salmonella-gallinarum-Stämme,
die alle genannten Antigene vollständig in einer für diese Bakterienart normalen,
reichlichen Menge enthalten, bezeichnet man als »vollantigen«. Das Antigen 122 und
zuweilen - zwar selten - auch das Antigen 123 neigen aber bei manchen Stämmen zur
Variation, die darin besteht, daß einzelne Bakterien eines solchen Stammes das Antigen
122 oder 123 nicht mehr in normaler, reichlicher Menge, sondern vermindert oder
überhaupt nicht mehr enthalten. Solche Stämme bezeichnet man infolge ihrer erheblich
geringeren serologischen Aktivität und Empfindlichkeit im Vergleich zu den vollantigenen
Stämmen als serologische Minusvarianten. Sie sind für die Antigenherstellung unbrauchbar.
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Zur Herstellung des Salmonella gallinarum-Trockenantigens werden
Salmonella gallinarum-Stämme mit vollständiger Antigenstruktur, die in der Glattform
(Smooth- oder S-Form, vgl. Topley and Wilson's Principles of Bacteriology and Immunity,
1946, S. 299) vorliegen, ausgewählt. Zum Beispiel werden Salmonella gallinarum-Stämme
mit der Antigenformel 9, 122 und 125 (vgl. Antigentabelle von White und Kaufmann)
verwendet. Die für die Antigenherstellung ausgewählten und geprüften Stämme werden
zur Erhaltung ihrer ursprünglichen Antigenstruktur und der S-Form durch die Vakuum-Gefriertrocknung
konserviert. Um eine höhere Überlebensrate bei der Lyophilisation zu erhalten, werden
die Bakterien einer 18 bis 24 Stunden alten Kultur in physiologischer Kochsalzlösung
mit einem Zusatz von 200/o Serum oder einer anderen Schutzlösung aufgenommen und
in kleinen Ampullen lyophilisiert. Die so getrockneten, in evakuierten Röhrchen
aufbewahrten Bakterien dienen zur Erneuerung der Betriebsstämme.
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Die lyophilisierten Stämme werden, z. B. auf Fleischwasser-Pepton-Agar
(Liebig-Fleischextrakt 10 g, Pepton 10 g, Kochsalz 5 g, sekundäres Natriumphosphat
2 g, Agar-Agar 20 g, destilliertes Wasser ad 1000 ml und p11-Wert 7,2 bis 7,6, vorteilhaft
7,4), in Roux-Kolben oder anderen Kulturgefäßen bei etwa 37° C einige Zeit, vorzugsweise
48 Stunden, gezüchtet. Nach dieser Bebrütungszeit werden die Kulturen durch Abschwemmen
geerntet. Die Qualität des Trockenantigens ist im besonderen Maße davon abhängig,
ob Wasser oder physiologische Kochsalzlösung zur Abschwemmung und Reinigung der
Bakterienmasse benutzt wird. Bei Salmonella gallinarum bewährt sich destilliertes
Wasser nicht. Dagegen erweist sich aber Leitungswasser, das durch Ausfällung der
Bikarbonate weitestgehend erhärtet ist, als geeignetes Mittel zur Behandlung und
Vorbereitung der Bakterienzellen für die Trocknung. Die Beseitigung der Karbonathärte
kann durch 30 Minuten langes Kochen erfolgen. Nach der Abkühlung werden die ausgefallenen
Karbonate abfiltriert. Das Filtrat enthält noch die übrigen Elektrolyten des Leitungswassers,
wie Chloride, Sulfate, Nitrate und Phosphate. An Stelle des von der Karbonathärte
befreiten Leitungswassers kann jedoch auch karbonatfreies Wasser auf künstlichem
Wege hergestellt und verwendet werden, so daß es in seiner Zusammensetzung, im Gehalt
an Elektrolyten und im osmotischen Druck in etwa dem enthärteten Leitungswasser
entspricht.
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Zur Abschwemmung der Salmonella gallinarum-(pullorum-) Kulturen vom
Nährboden und zur Wiederaufschwemmung (»Waschen«) der ausgeschleuderten Bakterienmasse
wird das von der Karbonathärte be-
freite Wasser mit Zusatz von etwa 0,2 0/o einer
handelsüblichen Formaldehydlösung verwendet.
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Die Abschwemmung bleibt zunächst etwa 24 Stunden lang bei 37° C im
Brutschrank und wird dann ausgeschleudert. Der Bodensatz wird durch Wiederaufschwemmung
in der angegebenen Formaldehydlösung und durch nachfolgende Zentrifugation einbis
zweimal gereinigt. Schließlich wird der Bodensatz in einer kleinen Menge Formaldehydlösung
durch Schütteln mit Glasperlen (etwa 10 Minuten lang) gleichmäßig suspendiert und
in flachen Schalen z. B. über Chlorcalzium im Vakuum (Exsikkator oder Zeißlers Anaerobentopf
mit dem Anschluß an eine Vakuumpumpe) bei Zimmertemperatur getrocknet.
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Die Aufbewahrung der Trockenmasse (= Trockenantigen) erfolgt zweckmäßig
in trockenen, luftdicht verschließbaren, vor Licht geschützten Glasgefäßen oder
Ampullen. Das Trockenantigen ist praktisch unbeschränkt lange haltbar.
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Zur Durchführung der Agglutination wird die Testsuspension aus dem
Trockenantigen wie folgt zubereitet: Das Trockenantigen wird zunächst zum Einweichen
mit einer geringen Menge Phenol (0,5 0I0)-Natriumchlorid (0,85 °/0)-Lösung versetzt
und 2 Stunden lang (oder auch länger) stehengelassen. Anschließend wird die zunächst
noch grobfiockige Aufschwemmung durch etwa 40 Minuten langes kräftiges Schütteln
mit Glasperlen in eine homogene, feinverteilte Suspension verwandelt.
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Wenn man eine abgewogene Menge Trockenantigen in einem bestimmten
Volumen Phenol-Natriumchlorid-Lösung aufschwemmt, erhält man eine Suspension mit
einer bestimmten Dichte. So ergeben z. B. 0,25 g Trockenantigen, in der oben angegebenen
Phenol-Natriumchlorid-Lösung suspendiert, 1000 ml Testsuspension, deren Dichte ungefähr
der üblichen Standarddichte der Antigensuspensionen bei der Langsamagglutination,
gemessen an Bariumsulfat (3 ml 1°/Oige Bariumchloridlösung und 97 ml 1°/Oige Schwefelsäure),
entspricht. Als Suspensionsmittel kann auch eine osmotisch gleichwertige Elektrolyten
und Konservierungsmittel enthaltende Lösung verwendet werden.
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Mit einem derartigen Salmonella gallinarum- (pullorum-) Trockenantigen
sind bisher etwa eine halbe Million Blutproben in der Langsamagglutination untersucht
worden. Das Antigen hat sich in allen Fällen sowohl hinsichtlich der Reaktionsfähigkeit
wie auch der Gleichmäßigkeit in der Zusammensetzung und der Einfachheit seiner Verarbeitung
zur Testsuspension bewährt.
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Es war bereits aus der USA.-Patentschrift 2717 226 bekannt, ein Rattenvertilgungsmittel
mit einem Gehalt an getrockneten, lagerfähigen Salmonella-Bakterien in virulenter
Form herzustellen. Demgegenüber betrifft das erfindungsgemäße Verfahren ein solches
zur Herstellung eines Salmonella-Trockenantigens für diagnostische Zwecke, bei dem
keine virulenten, sondern durch Behandlung mit wäßriger Formaldehydlösung abgetötete
Salmonella-Bakterien vorhanden sind.
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Die an sich bekannte Trocknung hat im erstgenannten Fall zur Folge,
daß die Bakterien ihre Lebensfunktion einstellen und dadurch haltbar und lagerfähig
werden, während nach dem vorliegenden Verfahren eine Konservierung der toten Bakterienleiber
bzw. des Antigens erzielt wird, wodurch das Produkt praktisch unbeschränkt haltbar
und jederzeit verwendbar wird und außerdem überraschenderweise die
empfindlichen
antigenen Eigenschaften konstant erhalten bleiben.
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Bei der bekannten außerordentlichen Empfindlichkeit der antigenen
Eigenschaften und besonders im Hinblick auf die bei der Verwendung des Präparates
als Diagnosticum zu fordernde Konstanz dieser Eigenschaften war nicht vorauszusehen,
daß mit Hilfe des erfindungsgemäßen Verfahrens die Herstellung eines Trockenantigens
der gewünschten Qualität gelingt.
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Nach einem in der USA.-Patentschrift 1 979 421 beschriebenen Verfahren
hat man versucht, aus Salmonella-Kulturen durch Bebrütung, Einengung, Proteinfällung,
Trocknung und Pulverisierung ein Trockenpräparat zu gewinnen. Diesem Verfahren,
das offenbar nicht zum Erfolg führte, wurde jedoch ein Verfahren vorgezogen, das
die Herstellung eines flüssigen Präparates - dessen Haltbarkeit wiederum sehr begrenzt
ist - zum Gegenstand hatte.
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Das erfindungsgemäße Verfahrensprodukt wird im Gegensatz zu dem obengenannten
Trockenpräparat ohne jede Pulverisierung erhalten, zumal für eine einwandfreie Agglutination
das Vorhandensein suspendierter Bakterienzellen notwendige Voraussetzung ist.
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Gegenüber einem Flüssigantigen zeichnet es sich durch eine außergewöhnliche
Konstanz der antigenen Eigenschaften und seine Haltbarkeit aus.
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PATENTANSPROCHE: 1. Salmonella gallinarum- (pullorum-) Trockenantigen
zur Diagnose der Gallinarum- (Pullorum-) Infektion bei Hühnervögeln, insbesondere
bei Hühnern, bestehend aus weitgehend gereinigten, abgetöteten, getrockneten Salmonella
gallinarum-(synonym Salmonella pullorum-) Zellen von hoher Agglutinabilität, die
eine für diese Bakterienart
vollständige Antigenstruktur besitzen und die Eigenschaft
haben, sich bei der Wiederaufschwemmung in der Suspensionsflüssigkeit homogen zu
verteilen.