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Verfahren zum Bleichen Das Bleichmittel, das in der Textilindustrie
mehr und mehr angewandt wird, ist das Natriurnchlorit, das nicht nur ein weitgehendes
Bleichen ermöglicht, sondern auch den Vorteil hat, die natürlichen und regenerierten
Cellulosefasern sowie Polyamidfasern nicht anzugreifen,.
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Da das Chlorit eine ausgesprochen alkalische Wirkung hat, ist seine
Bleichkraft nur begrenzt, wenn man nicht einen Aktivator anwendet.
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Solche Aktivatoren sind im allgemeinen mineralische oder organische
Säuren, vorzugsweise schwache Säuren, wie Phosphorsäure, Essigsäure, Ameisensäure,
Milchsäure usw. Diese Säuren spalten chlorige Säure ab, die im vorliegenden Falle
das eigentliche Bleichmittel darstellt.
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Bei der Chloritbleiche muß während des ganzen Bleichvorganges die
Zersetzung des Chlorits genau geregelt sein, damit die chlorige Säure, ein unbeständiges
Produkt, von der zu bleichenden Ware nach und nach aufgenommen wird. Eine zu schnelle
Zersetzung des Chlorits hat die Bildung von Chlordioxyd zur Felge, das ein Zerfallsprodukt
der chlorigen Säure, sehr korrosiv und als Bleichmittel wenig wirksam ist. Andererseits
hängt die Zerfallsgeschwindigkeit des Chlorits, d. h. die Bildung von chloriger
Säure von dem p$ des Bades und der Temperatur ab; der pn-Wert liegt gewöhnlich bei
3,5 bis 4.
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Der Wahl und der Zusammensetzung des Aktivators kommt also die größte
Bedeutung bei der Chloritbleiche zu. Es wurden in dieser Hinsicht zahlreiche Möglichkeiten
untersucht, die alle nicht ganz befriedigend waren. Man kann den Zerfall des Chlorits
verlangsamen, indem mm mit einem erhöhten, zwischen. 5 und 6 liegenden pH arbeitet,
aber es ist dann schwierig, eine vollständige Zersetzung des Chlorits zu erreichen,,
ohne daß die Bleichdauer zu lange wird.
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Je nach Art der zu bleichenden Ware wendet man schwachkonzentrierte
Bäder an (1 bis 3 g Natriumchlorit pro Liter), oder man imprägniert die Textilen
mit starken Chloritlösungen und setzt sie nach dem Abpressen höheren Temperaturen
aus. Im letzteren Fall ist der Bleicheffekt größer, und die Baumwolle kann ohne
vorherige alkalische Abkochung gebleicht werden, wobei die vollständige Entfernung
derSchalenreste möglich ist.
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Schon die Regulierung des. Zerfalls von Natriumchlo,rit in verdünnter
Lösung wirft zahlreiche Probderne auf, aber das Bleichen durch Imprägnieren fügt
noch neue hinzu. Eine Chloritlösung, mit der bei 20° C imprägniert werden soll,
muß während einiger Stunden bei dieser Temperatur beständig bleiben, damit das Imprägnieren
im Kontinueverfahren vor sich gehen kann, ohne daß sich dabei störende Chlordioxyddämpfe
entwickeln. Dagegen muß sich die gleiche Lösung bei einer Temperatur zwischen 60
und 100'C
ziemlich schnell und vollständig auf dem Stoff zersetzen, um eine
gute Wirkung zu erzielen. Sonst wird der Gestehungspreis der Bleiche prohibitiv,
da es sich bei dem Chlorit um ein teures Produkt handelt.
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Wenn man die bekannten Aktivatoren in den für die vollständige Zersetzung
des Chlorits erforderlichen Mengen: anwendet, stellt man fest, daß sich die Imprägnierungsbäder
nicht halten.. Wenn man hingegen den Aktivatoranteil verringert, zeigt es sich nach
beendeter Bleiche, daß die Zersetzung des Chlorits nur unvollständig erfolgte. Dieses
Problem wird noch schwieriger, wenn es sich um eine Na.ßimprägnierung handelt, bei
der man für die Auffrischung der Imprägnierungsflotten Stammlösungen verwenden muß,
die bis zu 10°/o und mehr Chlo,rit enthalten können. Diese Auffrischung ist erforderlich,
um die Konzentration der Imprägnierungsflotten konstant zu halten. Es ist zwar bekannt,
beim Bleichen von Fasern und daraus gefertigten Gebilden, insbesondere aus Cellulose
und Cellulosederivaten, eine wäßrige Lösung von Alkali- oder Erdalkalichloriten
zu verwenden, die außerdem Fluorwasserstoffsäure oder ihre sauren oder neutralen
Salze enthält. Diese Zusätze bewirken aber nur eine ungenügende Aktivierung der
Chlo@ritlösung. Es wurde gefunden, d-aß die freie Kieselfluo@rwass.erstoffsäure
oder ihre sauren oder neutralen Salze mit schwachen Basen, wie Ammoniak, oder mit
organischen Basen, wie Monoäthanolamin oder Triäthanodamin, einen Aktivator für
Chlo@rit darstellen, der allen Anforderungen entspricht.
Wenn es
sich um das Bleichen mit schwacher Chloritlösung handelt (1 oder 3 g pro Liter),
genügt es, diesen Bädern pro Liter 0,5 bis 1 g Kieselfluorwasserstoffsäure hinzuzufügen,
um das Chlorit so zu aktivieren, daß die Zersetzung mit der gewünschten Geschwindigkeit
erfolgt.
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Um in Fällen, in denen das Textilmaterial das Bleichmittel schlecht
absorbiert, die Zersetzungsgeschwindigkeit zu verlangsamen, genügt es, den Bädern
kleine Mengen schwacher Basen, z. B. Ammoniak, hinzuzufügen, ohne befürchten zu
müssen, daß nach beendigter Bleiche eine unvollständige Zersetzung des Chlorits
festzustellen ist.
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Die Vorteile bei Verwendung der Kieselfluorwasserstoffsäure oder ihrer
Salze mit schwachen Basen sind noch größer, wenn es sich um konzentrierte Natriumchloritlösungen
handelt, die zur Imprägnierung dienen. Es ist möglich, Stammlösungen zu erhalten,
die bei einer Konzentration von 20% Natriumch.lorit nach Zugabe von Kieselfluorwasserstoffsäure
und ihren Salzen mit schwachen Basen bei Temperaturen von ungefähr 20° C beständig
bleiben, die sich jedoch bei Temperaturen. zwischen 60 und 100° C vollständig und
sehr rasch zersetzen.
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Obwohl der pH-Wert solcher Lösungen nur bei 7 liegt, was die Beständigkeit
der Bäder garantiert, so sind die mit diesen Lösungen imprägnierten Textilien nach
1 bis 2 Stunden bei 90° C hervorragend gut gebleicht, und die Zersetzung des Chlorits
beträgt nach beendigtem Bleichprozeß 95 % und mehr.
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An Stelle von Kieselfluorwasserstoffsäure oder ihrer Salze mit schwachen
Basen kann man z. B. von Fluorwasserstoffsäure oder von Ammonbifluorid ausgehen,
indem man Kieselsäure in Form von Gel oder kolloidaler Dispersion auf konzentrierte
Lösungen dieser Produkte einwirken läßt.
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Wenn man z. B. zu einer 100/eigen Ammonb@ifluoridlösung mit einem
pH von ungefähr 3,5 die gleiche Menge kolloidaler Kieselsäure, enthaltend 14% Kieselsäureanhydrid,
hinzugibt, erhöht sich der p$ Wert auf 4,5. Wenn man den so erhaltenen Aktivator
einer 20%igen Natriumchloritlösung zugibt, erhält man absolut beständige Bäder mit
pH = 6, die trotz des hohen pH-Wertes nach Imprägnierung des Gewebes sich schnell
und vollständig zersetzen bei einer Temperatur von 80 bis 901 C. Beispiel 1 Bleichen
von loser Baumwolle Das Bleichen von loser Baumwolle im Zirkulationsapparat wird
mit schwach konzentrierten Chloritlösungen ausgeführt. Unter diesen Umständen ist
die vollständige Entfernung der Baumwollsamenschalenreste nicht möglich, und die
Baumwolle muß infolgedessen einer vorherigen alkalischen Abkochung unterzogen werden
mit anschließendem Absäuern und Auswaschen.
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Die Bleichapparatur wird mit einer Bleichflotte beschickt, die sich
wie folgt zusammensetzt: Pro 200 kg Baumwolle: 1,6 kg Natriumchlorit (80%) und 0,8
kg Kieselfluorwasserstoffsäure (30° Be).
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Bei Beginn des Bleichprozesses hat das Bad eine Temperatur von 40°
C; nach und nach wird die Temperatur bis auf 80° C erhöht, was nach etwa 1 Stunde
der Fall ist. Man erhält während 20 Minuten diese Temperatur aufrecht und erhöht
dann bis auf 90° C, um das Bad aufzubrauchen. Dann wäscht man im Bleichapparat aus,
um die Zerfallsprodukte zu entfernen, und man erhält eine vollkommen weiße und saugfähige
Ware, die sich zum Krempeln und Spinnen sehr gut eignet.
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Beispiel 2 Bleichen von Polyamidgewebe Um den Verlust an Natriumchlorit
zu vermeiden und das Bleichen zu erleichtern, ist es erforderlich, die Polyamidgewebe
vorzureinigen. Anschließend muß das Gewebe vorfixiert werden, um zu verhindern,
daß es sich verzieht und während des Bleichens Brüche bekommt.
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Man arbeitet auf der Wanne mit einem Bleichbad, das pro Liter 0,5
g Natriumchlorit 80% und 1 g Kieselfluorwasserstoffsäure enthält und denn man 0,5
g Ammoniak 10% pro Liter hinzugibt, um die Zersetzung des Chlorits zu verlangsamen.
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Man führt das Gewebe ein und erhitzt schnell auf 80° C. Nachdem das
Gut etwa 30 Minuten umgelaufen ist, ist die Bleiche beendet. Man. läßt die Bleichlösung
ablaufen und behandelt die Ware mit einem Bad, das 1 g Soda pro Liter enthält, und
zwar bei 20°C während 15 Minuten. Zum Schluß wird gründlich ausgewaschen. Man erhält
ein Weiß, das bei der Nachbehandlung sehr beständig bleibt.
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Beispiel 3 Bleichen eines Baumwollgewebes ohne vorherige Abkochung
Das mittels eines enzymatischen Produktes entschlichtete Baumwollgewebe wird auf
einer kontinuierlichen. Imprägniermaschine bei 20° C mit einem Bad folgender Zusammensetzung
imprägniert:
20 g Natriumchlorit (80°/o) |
2 g Triäthanolamin pro Liter |
1,2g Kieselfluorwasserstoffsäure (30° Be) |
Die Imprägnierung des Stoffes erfolgt in feuchtem Zustand. Die Ware läuft mit 70%
Feuchtigkeitsgehalt ein und verläßt die Maschine mit einem Feuchtigkeitsgehalt von
90%. Deshalb muß die Auffrischung des Bades so erfolgen, daß unbedingt immer die
gleiche Konzentration aufrechterhalten wird.
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Für die Auffrischung des Bades dient eine Stammlösung von aktiviertem
Chlorit, enthaltend
100 g Natriumchlorit |
10 g Triäthanolamin pro Liter |
6 g Kieselfluorwasserstoffsäure (30° Be) |
Das Gewebe läuft durch die Imprägniermaschine mit einer Warenlaufgeschwindngkeit
von 60 m/Min. Nach dem Auspressen wird die Temperatur durch direkte Dampfzufuhr
auf 90° C erhöht. Danach wird das Gewebe auf einer Rolle in einer Wärmekammer aufgerollt
oder in einer J-Box aufgestapelt, wo es bei 90° C 1 bis 2 Stunden verbleibt.
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Nach dem Bleichen ist das Chlorit vollständig zersetzt. Man erhält
ein sehr schönes Weiß, und die Schalenreste sind ganz entfernt. Anschließend an
das Bleichen wird zunächst mit heißem Wasser bei etwa 80° C ausgewaschen und zum
Schluß mit kaltem Wasser.
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Die Verwendung des in diesem Beispiel angeführten Aktivators hat den
Vorteil, daß man im voraus die Stammlösung für die Auffrischung der Imprägnierbäder
herstellen kann, und daß diese Lösung sich sehr lange hält, ohne daß es erforderlich
ist, den
pH Wert des Imprägnierbades während des Bleichvorganges
zu regulieren.
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Beispiel 4 Bleichen von Zellwollgewebe Für die Bereitung der Stammlösung
des Bleichbades nimmt man auf 1001 Wasser 5 kg einer kolloidalen Kieselsäure-Dispersion,
enthaltend 14°/o Kieselsäureanhydrid, und man löst in dieser Lösung 10 kg Ammonbdfluorid
auf. Nachdem die Lösung etwa 10 Minuten umgerührt wurde, beträgt der p$ Wert des
Bades 4,5.
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Alsdann verdünnt man mit 3001 Wasser und gibt 50 kg Natriumchlorit
80% hinzu. Nachdem das Chlorit vollständig aufgelöst ist, füllt man mit Wasser bis
auf 5001 auf. Die so erhaltene Lösung, die 10% aktiviertes Natriumchlorit enthält
und ein pg von etwa 6 hat, dient zur Auffrischung der Imprägnierbäder.
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Man imprägniert auf der Imprägniermaschine mit einer Lösung, die 8
g aktiviertes Natriumchlorit pro Liter enthält und durch Verdünnung der Stammlösung
hergestellt wird.
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Das Zellwodlgewebe durchläuft die Imprägniermaschine mit einer Warenlaufgeschwindigkeit
von 60 m/Min., ohne daß das Gewebe vor dem Imprägnieren getrocknet wurde.
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Die Auffrischung des Bades erfolgt je nach dem Unterschied zwischen
dem Feuchtigkeitsgehalt des Gewebes. beim Eintritt und demjenigen beim Verlassen
der Imprägniermaschine mittels der Stammlösung; es ist unbedingt darauf zu achten,
daß die Konzentration dieses Bades aufrechterhalten wird, d. h. immer die gleiche
ist wie zu Anfang.
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Das aus der Imprägnierung kommende Gewebe wird durch Bedampfung auf
80° C erhitzt und, alsdann auf einer Trommel im Innern der Wärmekammer aufgerollt,
worin es 30 bis 50 Minuten verbleibt. Das Bleichen ist hiermit beendet, und das
Auswaschen erfolgt mit heißem Wasser auf einer Breitwaschmaschine.
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Man erhält ein vollkommen weißes und sehr saugfähiges Gewebe.