Verfahren zur Herstellung von organischen Zwischenprodukten und Verbindungen, die Harnstoff-Gruppen enthalten
Es ist bekannt, dass sich Ammoniak mit Kohlenoxy- sulfid unter Druck oder an oberflächenaktiven Stoffen unter Abspaltung von Schwefelwasserstoff zu Harnstoff umsetzt. Weiter ist bekannt, dass sich Kohlenoxysulfid mit Aminen in Lösungsmitteln zu Thio-Verbindungon umsetzt, die in einer zweiten Stufe durch Erhitzen unter Abspaltung von Schwefelwasserstoff in alkylierte Harnstoffe übergeführt werden können.
Gegenstand der Erfindung ist ein Verfahren zur Herstellung von organischen Zwischenprodukten und Verbindungen, die Harnstoffgruppen enthalten, aus Kohlenoxysulfid und Stoffen, die ein oder mehrere reaktions fähige Wasserstoffatome an Stickstoff gebunden enthalten, das dadurch gekennzeichnet ist, dass die Umsetzung in Lösungs-oder Suspensionsmitteln mit einem Siedepunkt oberhalb 70 C oder in der Schmelze durchgeführt wird.
Solche Stoffe, die mit COS reagieren, sind insbe- sondere organische Verbindungen, bei welchen der re aktionsfähige Wasserstoff an ein Stickstoffatom gebunden ist, also beispielsweise aromatische und aliphatische Amine, Hydrazine, Hydroxylamin, sowie Aminosäuren, Merkaptane, die ihrerseits substituiert sein können.
Die Umsetzung kann dabei unter Normaldruck oder bei erhöhtem Druck, beispielsweise bis zu 100 atü, durchgeführt werden.
Besonders geeignet für die flüssige Phase sind Lö- sungsmittel, die einen Siedepunkt über 70 C haben, wie Toluol, Xylole, Chlorbenzol, höhersiedende Alkohole, z. B. n-Propanol, Butanol und unter Umständen Wasser.
Unter 60 C zu arbeiten, ist in den meisten Fällen unzweckmässig, weil bis zu dieser Temperatur die Thioverbindungen weitgehend'beständig sind bzw. die Aus beuten am gewünschten Produkt zu niedrig liegen bzw. die erhaltenen Produkte durch Schwefelverbindungen stark verunreinigt sind.
Meist wird es zweckmässig sein, die Reaktionswärme durch siedende Lösungsmittel abzuführen. Als Lösungs- mittel kann auch der Ausgangsstoff oder das Endprodukt dienen.
Der Umsatz lässt sich durch Einstellung eines bestimmten pH-Wertes in dem Lösungsmittel beeinflussen.
In Gegenwart von Säure bei pH 1-6 lassen sich die sehr reaktionsfähigen aliphatischen Amine zu Isocyan- säureestern umsetzen, während in neutralen Medien die Reaktion zuHarnstoffabkömmlingen weiterlaufenwürde.
Es hat sich gezeigt, dass häufig eine restlose Umsetzung des COS in Lösungsmitteln nicht möglich ist, be sonders wenn das COS in stark verdünnter Form eingeleitet wird'. In diesem Fall hat es sich als zweckmässig erwiesen, dem ersten Reaktor einen zweiten mit einem oberflächenaktiven Stoff, wie Aktivkohle, Silikagel, Alu miniumoxyd usw., gefülltem Reaktor nachzuschalben.
Auch hier hat sich eine Temperatur von über 60 C als zweckmässig erwiesen, um evtl. als Zwischenprodukte auftretende Thioverbindungen zu zersetzen. Die gebilde- ten Produkte werden, wenn der oberflächenaktive Stoff voll beladen ist, mit einem Lösungsmittel ausgelaugt, zweckmässigerweise mit demselben Lösungsmittel, das in der ersten Stufe angewendet wird.
Bei Stoffen, die unter den bisher beschriebenen Be dingungen nicht oder wenig mit COS reagieren, kann die Anwendung von Druck zweckmässig sein. Ebenso kann man zur vollstÏndigen Umsetzung der Ausgangsstoffe der ersten drucklosen Stufe eine zweite unter ¯berdruck arbeitende Stufe nachschalten. Das empfiehlt sich beispielsweise dann, wenn die Anwendung von oberflächenaktiven Stoffen in der zweiten Stufe scheitert, weil die Reaktionsprodukte schwer vom Träger zu lösen sind.
Am Beispiel der Herstellung von Harnstoffverbin dungen soll das neue Verfahren weiter beschrieben wer den. Hierbei ist wesentlich, dass aus leicht zugänglichen Ausgangsstoffen und ohne besonderen apparativen, stofflichen oder energetischen Aufwand die Harnstoffverbindung direkt und mit hohen Ausbeuten erhalten wird.
Der anfallende Schwefelwasserstoff kann nach be kannten Verfahren auf Schwefel oder Schwefelsäure aufgearbeitet werden.
Bei Einsatz von aliphatischen oder aromatischen primären Monoaminen, wie Methyl-, Athyl-, Propyl-, Cetyl-, Phenyl-, Athanol-, Allylamin, erhält man sym metrische, N, N'-disubstituierte Harnstoffe gemäss
COS + 2 R ò NH2 ? R ò HN ò CO ò NH ò R + H2S
Bei Einsatz kurzkettiger, aliphatischer Diamine, wie Athyldiamin, 1. 2- und 1. 3-Diaminopropan, erhält man cyldiscbe Harnstoffe gemäss
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Bei Einsatz längerkettiger aliphatischer oder aromatischer oder arylaliphatischer Amine mit mindestens 2 Aminogruppen oder deren Gemischen erhÏlt man Polyharnstoffe gemϯ xCOS + xHsN. (R) NHs- x- (HN. R.
NH-CO)-+ xHgS
Bei Einsatz von Hydrazin erhält man Diharnstoff ge mäss
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Die nachfolgende Verfahrensbeschreibung für die Herstellung substituierter, aliphatischer symmetrischer Harnstoffe gilt dabei sinngemäss auch für die Herstellung der anderen Harnstoffverbindungen.
Erfindungsgemϯ erhält man bei nahezu stöchio- metrischem Umsatz symmetrische N, N'-disubstituierte Harnstoffe aus COS und den entsprechenden primären aliphatischen Aminen gemäss obiger Gleichung in einem Einstufenverfahren in Lösungsmitteln oder in der Schmelze des entsprechenden Harnstoffs bzw. Amins bei Temperaturen von 60 bis 200 C, vornehmlich bei 90 bis 130 C, unter Normaldruck oder nur wenig davon abweichenden Drücken. In der Formel bedeutet R eine beliebige gesättigte, ungesättigte, gradkettige, verzweigte oder substituierte aliphatische Gruppe.
Als Lösungsmittel kommen alle bekannten, indifferenten Lösungsmittel, wie Wasser, Alkohole, aliphatische und aromatische Kohlenwasserstoffe, halogensubsti- tuierte Kohlenwasserstoffe, Ketonen usw. in Frage. Vor- aussetzung ist lediglich, dass das Lösungsmittel nicht oder nur wenig mit dem COS unter den gewählten Reaktionsbedingungen reagiert. Zweckmässig arbeitet man mit solchen Lösungsmitteln, deren Siedepunkt um 90-130 C liegt und deren Lösungsvermögen für den entsprechen- den Harnstoff zwischen Raumtemperatur und dem Siedepunkt stark ansteigt. Besonders geeignet sind als Lö sungsmittel Propanole, Butanole, Toluol, Monochlor- benzol.
Die Reaktionspartner können praktisch in jedem Verhältnis zum Einsatz gelangen. Da die Umsetzung bei Temperaturen zwischen 90 und 130 C praktisch stöchiometrisch und sehr schnell erfolgt, arbeitet man zweckmässig mit einem geringenÜberschussanCOS.
Die Reaktion bedarf keiner Katalysatoren ; die Gegenwart basischer Stoffe, insbesondere tertiärer Amine, kann beschleunigend wirken. Bei Gegenwart saurer Stoffe, z. B. Ameisensäure, findet keine Reaktion statt.
Das Kohlenstoffoxysulfid kann rein oder in beliebi- ger Verdünnung mit anderen indifferenten Gasen, wie N2, CO2, CO usw., oder in Lösung, wie z. B. in Toluol usw., dem Reaktionsgefäss zugeführt werden.
Eine Verdünnung des COS mit indifferenten Gasen erscheint von Vorteil, weil dadurch die Abtreibung des H2S aus dem Reaktionsgefäss infolge höherer Abgasmenge gefördert wird.
Die Amine werden dem Reaktionsgefäss entweder gasförmig, flüssig oder in Lösung zugeführt. Gasförmige Amine k¯nnen durch indifferente Gase verdünnt sein.
Unter Normalbedingungen flüssige Amine können durch Beladung eines Trägergasstromes zum Einsatz gelangen.
Die Zuführung der Reaktionspartner in das Reaktionsgefäss erfolgt zweckmässig getrennt, da sichsonst beim vorzeitigen Mischen bei Raumtemperatur in der Zuführungsleitung thiocarbaminsaure Salze der entsprechenden Amine absetzen und zu Verstopfungen führen.
Bei der halbkontinuierlichen Verfahrensweise werden die Reaktionspartner gleichzeitig kontinuierlich in vorgesehener Konzentration und Geschwindigkeit dem Reaktionsgefäss zugeführt und der entstehende Schwefelwasserstoff laufend abgetrieben. Die dabei mitgerissenen Lösungsmitteldämpfe werden an einem Rückflusskühler kondensiert und dem Reaktionsgefäss wieder zugeführt.
Nach Erreichen einer bestimmten Harnstoff-Konzentra- tion im Lösungsmittel wird das gesamte Reaktionsgemisch abgelassen, das Lösungsmittel verdampft, der Harnstoff getrocknet und nach Bedarf aus Wasser oder einem anderen geeigneten Lösungsmittel umkristallisiert.
Beim kontinuierlichen Verfahren wird dem Reak tionsbehälter laufend ein Teil der Harnstofflösung ent nommen, unterkühlt, vom auskristallisierten Harnstoff abgetrennt und die Mutterlauge idem Reaktionsgefäss laufend wieder zugeführt.
In den nachfolgenden Beispielen wurde ein COShaltiges Gasgemisch mit etwa 25-29 % COS 65-68 % N2
2-4% CO
1 - 5% CO2
0, 1- 0,2%H2S eingesetzt. Um unerwünschte Nebenreaktionen auszuschliessen, wurden Spuren CS2 vorher an A-Kohle adsor biert. In allen Beispielen betrug der Durchsatz dieses Gasgemisches 30 Nl/h.
Die angegebenen Ausbeuten beziehen sich immer auf das eingesetzte Amin.
Beispiel 1
Ein 500-ml-Vierhalsrundkolben mit einem Zentralschliff für den Rückflusskiihler und drei schrägen Schliff ansätzen für die beiden Einleitungsrohre und das Thermometer wird mit 200 ml n-Propanol beschickt und auf etwa 100 C aufgeheizt. Nach Erreichen dieser Temperatur werden innerhalb 5 Stunden gleichzeitig und konti- nuierlich 58, 70 1 = 118 g = 2, 62 Mol primares Athyl- amin und die oben beschriebene COS Gasmenge, eingeleitet. Die beiden Einleitungsrohre sind zweckmässig zwecks kräftiger Durchmischung der Reaktionspartner bis fast zum Boden des Kolbens ausgezogen.
Nach Beendigung der Reaktion wird die Lösung in eine Kristalli- sierschale gegossen und das Lösungsmittel auf dem Wasserbad abgedampft.
Aus Wasser umkristallisiert werden 142 g, symmetri- scher N, N'-Diäthylharnstoff erhalten.
Ausbeute = 93, 5 %.
Beispiel 2
In dem wie oben ausgerüsteten Reaktionskolben werden 200 g N, N'-Dimethylharnstoff geschmolzen. Bei einer Temperatur von etwa 11f115 C warden wie oben innerhalb 5 Stunden COS-Gals (obiger Konzentra- tion und Menge) und 67, 3 1 = 93, 5 g = 3, 01 Mol Methylamin eingeleitet. Nach Abzug des zur Schmelze eingesetzten Harnstoffs verbleiben 125, 3 g symmetrischer N, N'-Dimethylharnstoff.
Ausbeute = 95 %.
Beispiel 3
Ein wie oben ausgerüsteter Reaktionskolben wird mit 200 ml n-Butanol beschickt und auf 115-117 C aufgeheizt. Nach Erreichen dieser Temperatur werden in- nerhalb 5 Stunden gleichzeitig und kontinuierlich 90 g = 1, 5 Mol Athylendiamin (mit n-Butanol auf 200 ml aufgefüllt) und die oben beschriebene COS-Gasmenge ein geleite, t. Dabei setzt sofort nach Beginn des Einleitens eine kräftige H2S-Entwicklung ein. Nach Beendigung der Reaktion wird das Lösungsmittel abgedampft und das Produkt aus Wasser umkristallisiert.
Ausbeute = 123, 6 g = 95, 8 % der Theorie.
Beispiel 4
1 Mol = 176, 2 g Bis-(y-aminopropoxy)-äthan werden in einem mit Rührwerk, Rückflusskuhler, Kontaktthermometer und Gaseinleitungsrohr versehenen 500-ml Rundkolben im Stickstoffstrom auf 200 C erhitzt. Bei dieser Temperatur wird der Stickstoffstrom unterbrochen und ein Gasgemisch mit etwa 30%COS, 66 % N2, 1-2 % C02 und 1-2% CO eingeleitet. Der Durchsatz beträgt etwa 30 1 = 9 1-h-1 COS Nach drei Stunden wird der Gasstrom abgeschaltet und der gebildete Polyharnstoff unter N2-Atmosphäre ausgetragen und zum Erstarren abgekühlt.
Die Ausbeute beträgt 198 g (etwa 98 %, bezogen auf das eingesetzte Diamin), Sp. 158 C ; Zersetzungspunkt : etwa 290-300 C ; mittl. Mol-Gewicht : etwa 6000.
Das Produkt ist gut fadenziehend. In Formen gegossen werden harte Profilkörper mit glatter Oberfläche erhalten. Der Polyharnstoff lässt sich sägen, bohren, drehen usw.
Beispiel 5
0, 2 Mol 1, 6-Hexamethylendiamin = 23, 2 g
0, 2 Mol Bis- (y-aminopropoxy)-äthan = 35, 2 g werden in etwa 350 ml Athylenglykol im in Beispiel 4 beschriebenen Reaktionskolben unter Stickstoffstrom auf 150 C erhitzt und bei dieser Temperatur 2 Stunden mit einem etwa 25-30 % igen COS-Gas (etwa 30 l/h) zur Reaktion gebracht. Bis auf eine schwache Trübung bleibt der gebildete Polyharnstoff in Lösung. Der Ansatz wird anschliessend unter kräftigem Rühren in 1, 5 1 80 C warmes destilliertes Wasser gegeben. Dabei fällt sofort ein voluminöser, weisser Niederschlag aus. Der Niederschlag wird auf der Nutsche scharf abgesaugt, mit Wasser und Methanol gewaschen und im Vakuum bei etwa 120 C getrocknet.
Ausbeute : 57 g (etwa 83 %, bezogen auf das eingesetzte Diamin) ; Schmelzpunkt : 217-219¯ C ; Zerset- zungspunkt : etwa 280 C ; mittl. Mol-Gewicht : etwa 25 000. (Bei der Ausbeutebestimmung sind die im Filtrat gelöst gebliebenen niedermolekularen Anteile nicht be rücksichtigt.)
Beispiel 6
0, 2 Mol = 28, 8 g 1, 8-Octamethylendiamin werden wie im Beispiel 5 2, 5 Stunden in 380 mll Glykol mit etwa 30 % igem COS-Gas (etwa 30 l/h) bei 150 C umgesetzt.
Der Ansatz wird auf etwa 70-80 C abgekühlt und filtriert und der erhaltene Polyharnstoff bei 120 C im Vakuum getrocknet.
Ausbeute : 31, 9 g (92, 8%, bezogen auf das eingesetzte Diamin) ; Schmelzpunkt : 258-260 C ; Zersetzungspunkt : etwa 270 C ; mittl. Mol-Gewicht : etwa 20 000.