Verfahren zur Herstellung von kationaktiven Kondensationsprodukten
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von kationaktiven Kondensationsprodukten, das dadurch gekennzeichnet ist, dass man Aminogruppen enthaltende Abkömmlinge des Cyanamids, Oxoverbindungen oder solche abgebende Stoffe und lipophile Reste enthaltende Amine aufeinander einwirken lässt. Die so erhaltenen kationaktiven, lipophile Reste enthaltenden Mischkondensate sind vielseitig verwendbar und zeichnen sich z. B. dadurch aus, dass ihre neutralen oder schwach alkalischen wässrigen Lösungen praktisch unbegrenzt haltbar sind.
Sie haben ferner den Vorzug, dass sich diese Lösungen ohne wesentliche Anderung ihres Kondensationsgrades und ihrer Eigenschaften durch Eindampfen im Vakuum oder durch Versprühen bei erhöhter Temperatur in trockene, beständige, leicht wasserlösliche Pulver überführen lassen.
Die- vorliegende Erfindung betrifft ferner die Verwendung der nach dem oben definierten Verfahren hergestellten Kondensationsprodukte zum Gerben von Häuten und Fellen. Mit Hilfe dieser neuen Gerbstoffe, die auch als Alleingerbstoffe verwendet werden können, werden Leder erhalten, die im Vergleich zu den mit bekannten Harzgerbstoffen hergestellten Ledern verbesserte Eigenschaften zeigen, insbesondere hohe Geschmeidigkeiten und Wasserresistenz, verbesserte Reissfestigkeit und vorzügliche Alterungs- bzw. Lagerbeständigkeit.
Als lipophile Reste enthaltende Amine für die Herstellung der erfindungsgemäss zum Gerben von Häuten und Fellen verwendeten Gerbstoffe können bekannte höhermolekulare, vorzugsweise primäre aliphatische, cycloaliphatische oder aliphatisch-aromatische bzw. aliphatisch-cycloaliphatische Amine, deren lipophile Reste mehr als 6, vorzugsweise 12-22 Kohlenstoffatome, enthalten, dienen. Die Kohlenwasserstoffreste dieser Amine können geradkettig oder verzweigt sein; sie können ferner auch durch Heteroatome oder Heteroatomgruppen unterbrochen sein oder weitere Substituenten tragen, wie z. B. Hydroxylgruppen. Genannt seien z. B. Octylamin, Dioctylamin, Dodecylamin, Octadecylamin, Oleylamin, Cyclohexylamin, Methylcyclohexylamin, Octylcyclohexylamin, ferner Gemische von vorzugsweise primären Aminen, die z.
B. aus den in natürlichen Fetten vorkommenden Fettsäuregemischen oder aus Kohlenwasserstoffreaktionen entsprechender Kettenlänge nach bekannten Methoden dargestellt werden. Die Amine werden zweckmässig in Form von wasserlöslichen Salzen, z. B. der Hydrochloride, verwendet.
Abkömmlinge des Cyanamids, die zur Herstellung der verwendeten Gerbstoffe dienen können, sind z. B.
Guanidin, Dicyandiamid, Melamin, Harnstoff, Dicyandiamidin und dergleichen, sowie ihre Derivate. Auch Gemische dieser Stoffe untereinander können Verwendung finden. Für das erfindungsgemässe Gerbverfahren sind besonders die mittels Dicyandiamid hergestellten Kunstharze geeignet. Als Oxoverbindungen kommen für die Herstellung der Gerbharze in erster Linie Formaldehyd oder Formaldehyd abgebende Stoffe, ferner andere bekannte für die Kunstharzherstellung geeignete Aldehyde oder Ketone in Betracht.
Die Mengenverhältnisse, in denen die vorgenannten Ausgangsstoffe zur Umsetzung gelangen, können in gewissen Grenzen variiert werden. Zweckmässig verwendet man ein Molverhältnis von Cyanamidabkömmling zu Oxoverbindung von 1: 0,5 bis 1: 8, vorzugsweise l : 4 bis 1 : 5.
Die Herstellung der neuen Kondensationsprodukte kann z. B. durch gemeinsames Erhitzen einer wässrigen Lösung der genannten Ausgangsstoffe erfolgen; kann aber auch zunächst die Oxoverbindung mit dem Cyanamidabkömmling oder mit dem Amin kondensieren und im Verlauf der Kondensation die dritte Komponente zusetzen. Bei Normaldruck ist hierbei ein Erhitzen bis zum Siedepunkt zu vermeiden, da sonst starkes Schäumen eintritt. Temperaturen von 8090O haben sich in diesem Falle als zweckmässig erwiesen.
Man kann die Kondensation auch im geschlossenen Gefäss bei höheren Temperaturen vornehmen, wobei eine Temperatur von 1 3ob zweckmässig nicht überschritten wird. Durch die Dauer des Erhitzens kann man den Kondensationsgrad variieren. Die so erhaltenen Harzlösungen stellen vorzugsweise klare, beständige, in vielen Fällen mit Wasser in jedem Verhältnis mischbare viskose Flüssigkeiten dar.
Die neuen Kondensationsprodukte sind vielseitig verwendbar. Man kann ihre Eigenschaften durch An- derung des Gehaltes an lipophilen Resten sowie der Beschaffenheit dieser Reste, ferner bei Verwendung von Formaldehyd, durch Änderung des Formaldehydgehaltes in weiten Grenzen variieren. Neben den eingangs erwähnten günstigen Eigenschaften besitzen sie die Vorzüge von kationaktiven Kunstharzen, die Fettreste enthalten.
Sie sind z. B. für Textilveredlungszwecke geeignet, wobei sie auch eine gewisse weichmachende Wirkung entfalten. Auch zum Imprägnieren von Glasfasern lassen sich die erfindungsgemäss hergestellten Kondensationsprodukte mit Vorteil verwenden.
Die neuen Harze können aber auch noch anderen üblichen Verwendungszwecken für Kunstharze zugeführt werden, bei denen es auf besondere Weichheit und Geschmeidigkeit der Harze, daneben auf eine gewisse wasserabstossendmachende Wirkung bzw. auch direkt auf eine gewisse Oleophilie ankommt.
Solche Anwendungszwecke sind z. B. die Papier- und Holzimprägnierung oder die Imprägnierung poröser Materialien. In der Lack- und Anstrichstoffindustrie lassen sich die Harze ebenfalls verwenden. Ferner besitzen sie Bedeutung als Binde-, Verdickungs- oder Schwebemittel in den verschiedensten Anwendungszweigen.
Man kann die aus den drei genannten Reaktionskomponenten hergestellten Kondensate ohne zusätzliche Behandlung verwenden, kann aber auch die Kondensate durch Nachbehandlung mit Säuren in wasserunlösliche Salze überführen.
Die aus den Lösungen der erfindungsgemäss hergestellten Kondensate in Fettalkoholen, Fettsäuren oder fetten Ölen hergestellten wässrigen Emulsionen sind ebenfalls, z. B. in der Textilindustrie, in vielfältiger Weise verwendbar.
Nach dem neuen Verfahren hergestellte Harzgerbstoffe besitzen basische Gruppen und werden vorzugsweise in Form wasserlöslicher Salze angewendet. Sie verfügen über eine bemerkenswerte Affinität zur Kollagenfaser und liefern einwandfreie, beständige Gerbeffekte. In den meisten Fällen ist es erwünscht, die löslichen Harze in der Haut in unlösliche Form überzuführen. Diese Umwandlung kann auf verschiedenen Wegen erfolgen. Am zweckmässigsten arbeitet man in der Weise, dass man die Haut nachträglich mit Stoffen behandelt, die mit den Harzen in unlösliche Verbindungen übergehen. Dafür sind vor allem anionaktive Harze oder andere anionaktive Stoffe von Interesse.
Weiterhin kann man aber auch in manchen Fällen das Unlöslichmachen der Harze in der Weise erreichen, dass man die imprägnierten Häute anschliessend mit Säuren oder Salzen behandelt und dadurch eine Weiterkondensation der Harzsubstanz bewirkt, welche die Harze unlöslich macht. Endlich kann man die löslichen Harzgerbstoffe auf der Haut auch durch Anwendung von Salzen bestimmter anorganischer, insbesondere polymerer anorganischer Säuren in unlösliche Form überführen, wofür z. B.
Borate, Phosphate oder Silikate geeignet sind.
Als anionaktive Verbindungen eignen sich besonders höhermolekulare Alkylsulfate, Alkylsulfonate, Alkylbenzolsulfonate, ferner in analoger Weise anwendbar, sauer reagierende vegetabilische oder synthetische Gerbstoffe oder Harzgerbstoffe bzw. deren Salze.
Man kann die neuen Harzgerbstoffe, wie bereits erwähnt, mit Vorteil als Alleingerbstoffe verwenden, sie können aber auch zusammen mit anderen mineralischen, vegetabilischen oder synthetischen Gerbstoffen, Harzgerbstoffen oder Fettgerbstoffen angewendet werden. In Verbindung mit mineralischen, natürlichen oder synthetischen Gerbstoffen lassen sie sich als Vorgerbstoffe verwenden. Im Anschluss an eine derartige Vorgerbung können Ausgerbungen der üblichen Art vorgenommen werden. Man erhält dadurch Leder von grösserer Fülle. Man kann aber auch eine Nachgerbung mit diesen neuartigen Kondensationsprodukten im Anschluss an eine normale Gerbung mineralischer, vegetabilischer oder synthetischer Art vornehmen. Auf diese Weise erhält man Leder, die neben besserer Fülle einen besonders schönen, glatten Narben aufweisen.
Die Mengen, in denen die erfindungsgemäss hergestellten Kondensationsharze für die Gerbung angewandt werden, richten sich im wesentlichen nach den Fell- und Häutearten, nach der Vorbehandlung der Blössen bzw. zu gerbenden Felle und nach der Lederart, die hergestellt werden soll. Im allgemeinen liegen die Mengen für die Alleingerbung zwischen 2 und 10%, für Kombinationsgerbungen etwa zwischen 1 und 6%, auf Blössengewicht berechnet. Die Vorbehandlung der Häute bzw. Felle erfolgt hierbei in üblicher Weise. Die Häute werden in der Wasserwerkstatt durch Weichen, Schwöden undloder wäschern, Entkälken, Beizen oder gegebenenfalls Pickeln vorbereitet.
Die unter Verwendung der neuen Kondensationsprodukte gegerbten Leder zeichnen sich, neben den eingangs geschilderten vorteilhaften Eigenschaften, durch hohe Lichtbeständigkeit aus, so dass man mit Hilfe der verwendeten Gerbharze vor allem auch weisse Ledersorten herstellen kann. Hervorzuheben ist ferner das einwandfreie lederartige Auftrocknen der mit diesen Gerbstoffen behandelten Häute sowie deren gute Aufstollbarkeit.
Man kann die erfindungsgemäss hergestellten Kondensationsprodukte für die Herstellung von üblichen Lederarten aus Spalten oder tierischen Häuten verwenden, wie z. B. aus Hirsch- und Rehfellen, Lamm-, Schaf-, Zickel- und Ziegenfellen, Kalbsfellen, Schweinehäuten, Rindshäuten und anderen Grossviehhäuten. Ferner sind die Kondensate von besonderem Wert für die Gerbung von Pelzfellen aller Art, wie Fohlen-, Lamm-, Kanin- und Edelfellen sowie zum Gerben von Reptilhäuten. Man kann besonders vorteilhaft weiche Leder, beispielsweise Handschuhleder, Portefeuilleleder, Bekleidungsleder und Veloursleder herstellen.
Beispiele
1. 100 g Dicyandiamid, 650 g einer 30%igen Lösung des salzsauren Salzes eines sich von der Kokosfettsäure ableitenden Gemisches primärer aliphatischer Amine der Kettenlänge C5-C18 und 1000 g einer 300,'obigen Formalinlösung werden unter Rückflusskühlung 6 Stunden auf 85-90" erhitzt. Man erhält eine klare, beständige, mit Wasser in jedem Verhältnis mischbare Harzlösung. Unterwirft man diese Lösung der üblichen Zerstäubungstrocknung unter schonenden Bedingungen, so erhält man ein trockenes, lokkeres, in Wasser leicht lösliches Pulver. Auch durch einfaches Eindampfen im Vakuum lässt sich ein trokkenes, leicht in Wasser lösliches Produkt herstellen.
2. 85 g Dicyandiamid werden mit 800 g einer 30%igen Lösung des salzsauren Salzes eines sich von der Talgfettsäure ableitenden Gemisches primärer, aliphatischer Amine der Kettenlänge C14-C19 und 800 g einer 30% eigen Formalinlösung 7 Stunden auf 85-90 erhitzt. Man erhält eine viskose Harzlösung, welche in Wasser leicht emulgierbar ist.
Die in den folgenden Beispielen angegebenen Prozentmengen beziehen sich auf Blössengewicht.
3. Entkälkte und gebeizte Kalbsblösse (PH 7,0 bis 7,5) wird gegerbt mit 100% Wasser von 18-200 C und 10% (bezogen auf Trockensubstanz) einer durch siebenstündiges Erhitzen von 50,5 Gewichtsteilen Dicyandiamid, 325 Gewichtsteilen einer 30%igen Lösung von Kokosaminhydrochlorid und 500 Gewichtsteilen einer 30%igen Formalinlösung (Molverhältnis 0,6 : 0,4: 5,0) auf 8590O hergestellten Harzlösung.
Laufzeit etwa 3 Stunden. Anschliessend wird mit Ameisensäure (850/zig) auf PH 6,0-6,5 angesäuert, 5-10 Minuten weiterlaufen gelassen und die Felle über Nacht aufgebockt. Die Leder werden am nächsten Tag mit 2-31o eines handelsüblichen Lickeröls gelickert. Die weitere Aufarbeitung erfolgt in üblicher Weise. Man erhält weisse, weiche, lichtbeständige Leder.
4. Entpickelte und entfettete Schafsblössen werden gegerbt mit 100% Wasser von etwa 200 C und 45 % (bezogen auf Trockensubstanz) einer durch siebenstündiges Erhitzen von 42 Gewichtsteilen Dicyandiamid, 400 Gewichtsteilen einer 30%igen Lösung von Kokosaminhydrochlorid und 400 Gewichtsteilen einer 30% eigen Formalinlösung (Molverhältnis 0,5 : 0,5 : 4,0) auf 85-90" hergestellten Harzlösung, Laufzeit 3 Stunden. Im Anschluss wird mit etwa 0,2-0,3 % Ammoniak abgestumpft und nach einer weiteren Laufzeit von etwa 1 Stunde in frischer Flotte wie folgt weiterbehandelt.
Frische Flotte: 40% Wasser (etwa 200 C), 8% einer 50%igen Ocenol-Natriumsulfatpaste und 0,2% Ameisensäure (850/zig). Weitere Laufzeit 2 Stunden.
Anschliessend werden dem laufenden Fass 2% Kalialaun und 2% Kochsalz zugesetzt. Weitere Laufzeit 2 Stunden. Die Leder werden nun herausgenommen, 2 Tage aufgebockt, anschliessend kurz gespült.
Die Neutralisation erfolgt mit 100% Wasser (etwa 30"C) und 0,2-0,3% Natriumbicarbonat. Laufzeit 30 Minuten. Nach einer Spülzeit von etwa 10 Minuten wird ohne abzuwelken zum Trocknen aufgehängt, eingespänt und gestollt. Man erhält weisse, weiche, für Glac6-, Portefeuille- und Bekleidungsleder geeignete, lichtbeständige Leder.
5. Zu 100 Gewichtsteilen konz. Salzsäure und 250 Gewichtsteilen Wasser werden 203 Gewichtsteile Kokosamin langsam unter Rühren hinzugegeben. Bei 95O werden innerhalb einer halben Stunde 41 Gewichtsteile Formalinlösung (40%) hinzugetropft und anschliessend weitere 3 Stunden zum Sieden erhitzt.
Nach Zugabe von 20 Teilen 10% der Natronlauge werden 200 Gewichtsteile einer heissen, 23,5%igen Cyanamid-Lösung hinzugegeben.
Nach weiterem zweistündigem Erhitzen wird filtriert. Man erhält eine klare Lösung, die sich mit Wasser in jedem Verhältnis verdünnen lässt.
Dieses Harz kann in der gleichen Weise wie die nach Beispiel 1 und 2 gewonnenen Kunstharze zum Gerben verwendet werden.
6. Entkälkte und gebeizte Rinds- oder Schafsblösse (PH 7,0-7,5) werden behandelt mit 100% Wasser von etwa 200 C und 2-4% des Kondensationsproduktes nach Beispiel 1). Laufzeit etwa 3 Stunden.
Im neuen Bad wird mit etwa 1,5% Chromoxyd (handelsüblicher basischer Chromgerbstoff) nachgegerbt.
Die weiteren Arbeiten werden wie üblich vorgenommen. Man erhält eine für Bekleidungs- oder Handschuhleder geeignete Lederart, die sich durch glatte Narben und gute Fülle auszeichnet.
7. Entkälkte und gebeizte Schaftblössen (PH 7,0 bis 7,5) werden behandelt mit 100-150% Wasser (etwa 20O C) und 4% % des Kondensationsproduktes nach Beispiel 2, Laufzeit 2 Stunden. Die Blössen werden herausgenommen, über Nacht aufgebockt und weiterbehandelt mit 100-150% Wasser von etwa 200 C und 0,5% Formaldehyd (30%), Laufzeit 2 Stunden. Am nächsten Tag wird nachbehandelt mit 100 bis 150% Wasser von etwa 200 C und 0,5-2% Hexametaphosphat, Laufzeit 2 Stunden. Nach Ablagerung von 1-2 Tagen wird mit 3-4% eines handelsüblichen Lickeröls gefettet und in üblicher Weise weiterbehandelt. Man erhält ein weiches, weisses, lichtbeständiges Leder, das für Bekleidungs- oder Handschuhleder geeignet ist.