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Verfahren zur Reduktion von Verbindungen der Anthrachinonreihe Es
wurde gefunden, daß man Verbindungen der Anthrachinonreihe, die mindestens zwei
ringförmig gebundene Carbonylgruppen enthalten, in technisch einfacher Weise zu
den entsprechenden sauerstoffärmeren oder sauerstofffreien Verbindungen reduzieren
kann, wenn man Lösungen dieser Verbindungen in Schmelzen aus wasserfreiem Aluminiumchlorid,
die zweckmäßig noch schmelzpunktserniedrigende Zusätze enthalten, mit durch Metalle
in an sich bekannter Weise erzeugtem naszierendem Wasserstoff behandelt.
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Verbindungen mit mindestens zwei ringförmig gebundenen Carbonylgruppen
sind beispielsweise Anthrachinone, Benzanthrachinone, 2, 2'-Dibenzanthronyle, Dibenzanthrone,
Isodibenzanthrone, Dibenzpyrenchinone, Isodibenzpyrenchinone, Anthanthrone, ms-Benzdianthrone,
allo-ms-Naphthodianthrone, Pyranthrone, Flavanthrone, Pyranthridone oder N, N'-Dihydro-z,
2, 2', z'-anthrachinonazine. Den naszierenden Wasserstoff erzeugt man zweckmäßig
in der Schmelze, und zwar in an sich bekannter Weise, beispielsweise indem man darin
auf Metalle Säuren, Basen oder geeignete Salze einwirken läßt. Besonders geeignete
Metalle sind Eisen und Zink, aber auch Kobalt, Nickel, Kupfer, Aluminium, Magnesium
oder Zinn oder Gemische oder deren Legierungen können verwendet werden.
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Von den Säuren ist besonders brauchbar der Chlorwasserstoff, den man
zweckmäßig unmittelbar in die Schmelze einleitet. Da sich auch Wasser mit Aluminiumchlorid
unter Bildung von Salzsäure umsetzt, kann man die Salzsäure in der Schmelze auch
in der Weise erzeugen, daß man in die Schmelze langsam Wasser eintropfen läßt. In
manchen Fällen reichen bereits die durch das Aluminiumchlorid aus der Luft aufgenommenen
Feuchtigkeitsspuren aus, um mit dem zugesetzten Metall den für die Reduktion erforderlichen
Wasserstoff
zu erzeugen. Als Basen sine Ammoniak und die einfachen primären und sekundären Amine
geeignet, die man entweder gasförmig über die Schmelze leitet oder aber in Form
ihres Komplexverbindungen mit Aluminiumchlorid in diE Schmelze einbringt. Als Salz,
das sich in Verbindung mit den obengenannten Metallen zur Entwicklung von naszierendem
Wasserstoff eignet, sei Ammoniumchlorid besonders hervorgehoben.
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Die Umsetzung wird vorgenommen, indem man zunächst wasserfreies Aluminiumchlorid,
zweckmäßig in Gegenwart von schmelzpunktserniedrigenden Stoffen, wie Natrium- oder
Kaliumchlorid oder deren Gemischen, zusammenschmilzt. In dieser Schmelze löst man
den Ausgangsstoff und bringt dann bei der Umsetzungstemperatur die den naszierenden
Wasserstoff liefernden Komponenten in die Schmelze ein. In manchen Fällen ist es
vorteilhaft, unter Ausschluß von Luftsauerstoff, also beispielsweise unter Kohlendioxyd,
Stickstoff oder anderen indifferenten Gasen, zu arbeiten.
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Die Umsetzung vollzieht sich bei Temperaturen von etwa 13o bis I70°;
da sie meist unter Wärmeentwicklung verläuft, ist es vorteilhaft, die eine der zur
Erzeugung des Wasserstoffs verwendeten Komponenten in kleinen Anteilen in die Schmelze
einzubringen. Die Umsetzung geht in wenigen Stunden zu Ende und verläuft ohne nennenswerte
Nebenreaktionen. Die Enderzeugnisse werden daher meist in nahezu der berechneten
Menge und in hoher Reinheit erhalten. Gewünschtenfalls kann man sie in der üblichen
Weise, z. B. durch Umkristallisieren oder durch Sublimieren, zweckmäßiguntervermindertem
Druck, weiterreinigen.
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Je nach den Umsetzungsbedingungen und dem verwendeten Ausgangsstoff
werden die Carbonylsauerstoffatome der Ausgangsverbindung teilweise oder ganz durch
Wasserstoff ersetzt. So wird beispielsweise aus N, N'-Dihydro-i, 2, 2', i'-anthrachinonazin
eine Verbindung mit noch 2 Sauerstoffatomen erhalten, während Pyranthron, Flavanthron
und die meisten anderen obengenannten Verbindungen in die sauerstofffreien Grundkörper
umgewandelt werden.
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Es ist zwar bekannt, Reduktionen mit wasserfreiem Aluminiumchlorid
in Gegenwart von Kohlenwasserstoffgin, wie Benzol, Xylol oder anderen cyclischen
Kohlenwasserstoffgin (vgl. Kränzlein, »Aluminiumchloridc(, 1939, S. 16o bis 163),
oder mit Aluminiumchlorid und Metallen, wie Magnesium, in organischen Verdünnungsmitteln
(vgl. »Zeitschrift für anorganische und allgemeine Chemie«, Bd. 183, igzg, S. 14o
bis 150) auszuführen. Diese Verfahren versagen jedoch bei der Reduktion von Verbindungen
der Anthrachinonreihe, insbesondere bei den hochmolekularen Chinonen dieser Reihe,
während diese nach dem neuen Verfahren in einfacher Weise und durchweg in quantitativer
Ausbeute reduziert werden. Auch die bekannten Reduktionsverfahren mit Zink oder
Eisen und Salzsäure oder katalytisch arbeitende Verfahren liefern, wenn überhaupt
eine Reduktion stattfindet, nur die entsprechenden Leukoverbindungen, wie man Sie
üblicherweise auch durch Behandeln mit Natriumhyposulfit erhält, während die Grundköhlenwasser-3toffe
nicht gebildet werden. Schärfere Reduktionsverfahren, wie das Erhitzen mit jodwasserstoffsäure
und Phosphor unter Druck oder mit Zinkstaub und Ammoniak oder mit Zinkstaub allein,
die sogenannte »Zinkstaubdestillation«, ergeben zwar aus den Verbindungen der Anthrachinonreihe
oft die entsprechenden wasserstoffärmeren oder sauerstofffreien Grundkörper, jedoch
lassen sich derartige Umsetzungen meist nur in kleinem Maßstabe ausführen und sie
liefern sehr mäßige bis schlechte Ausbeuten oder sie versagen bei Verwendung von
höhenmolekularen Chinonen vollkommen.
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Man hat auch schon vorgeschlagen (vgl. »Berichte der Deutschen Chemischen
Gesellschaft«, Bd.72, 1939, S. 1645, und Clar, »Aromatische Kohlenwasserstoffee,
1952, S. =o7), insbesondere höhenmolekulare Chinone in einer Zn-Na Cl Zn C12-Schmelze,
einer sogenannten »Zinkstaubschmelze«, bei Temperaturen über 2oo°, insbesondere
nahezu 300°, zu reduzieren. Dieses Verfahren liefert zwar in kleinem Maßstabe gute
Ausbeuten an den zugehörigen Grundkohlenwasserstoffen, dagegen scheitert seine technische
Durchführung an der relativen Zähflüssigkeit der Schmelzen und an derstarkenKorrosiön
der benötigten Apparate bei den erforderlichen hohen Temperaturen.
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Demgegenüber sind Aluminiumchloridschmelzen dünnflüssiger und haben
ein größeres Lösungsvermögen auch für höhenmolekulare Chinone, so daß irgendwelche
technische Schwierigkeiten auch bei der Durchführung des Verfahrens in großem Maßstabe
nicht auftreten, und zudem erfolgt in ihnen die Reduktion quantitativ durchweg bei
Temperaturen unter 2oo°; also in einem für Umsetzungen mit Verbindungen der Anthrachinonreihe
üblichen, weniger Energie bedürfenden Temperaturbereich, in dem zudem die Korrosionsgefahr
wesentlich geringer ist. Außerdem hat das neue Verfahren gegenüber der »Zinkstaubschmelze«
den Vorteil, daß man nicht nur Zink, sondern auch andere geeignete Metalle, wie
Eisen oder Aluminium, für die Erzeugung von naszierendem Wasserstoff verwenden kann.
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Die nach vorliegendem Verfahren erhältlichen Verbindungen sind teils
Pigmentfarbstoffe, teils Zwischenprodukte für die Herstellung von Farbstoffen.
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Die in folgenden Beispielen genannten Teile sind Gewichtsteile. Beispiel
i In ein geschmolzenes Gemisch aus Zoo Teilen wasserfreiem Aluminiumchlorid und
3o Teilen Natriumchlorid trägt man unter Rühren bei 15o bis 155° zunächst 25 Teile
Dibenzanthron, dann 2o Teile der aus Aluminiumchlorid und Ammoniak erhältlichen
Komplexverbindung AI C13 - 6 NH3 und schließlich in kleinen Anteilen 25 Teile Zinkstaub
ein. Nach etwa z Stunde ist das Dibenzanthron zum größten Teil bereits reduziert;
zur Vervollständigung der Umsetzung rührt man die Schmelze noch etwa i Stunde bei
17o bis 175° weiter und gießt sie dann unter Rühren auf Eis. Nach dem Ansäuern mit
starker Salzsäure saugt man den entstandenen Niederschlag ab, wäscht ihn mit Wasser
säure- und salzfrei und trocknet ihn. Man erhält in nahezu der berechneten Ausbeute
Dibenzanthren.
Zu demselben Ergebnis gelangt man, wenn man, statt
die fertige Aluminiumchlorid-Ammoniak-Komplexverbindung zu benutzen, die äquivalente
Menge Ammoniak oder Methylamin langsam über die Schmelze leitet.
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Beispiel 2 In eine aus Zoo Teilen wasserfreiem Aluminiumchlorid, 15
Teilen Natriumchlorid und 15 Teilen Kaliumchlorid bereitete Schmelze trägt
man bei i5o bis I55° unter Rühren 25 Teile Isodibenzanthron, 2o Teile Ammoniumchlorid
und schließlich 25 Teile Zinkstaub in kleinen Anteilen ein. Die Umsetzung, die augenblicklich
einsetzt, wird durch Erhitzen auf i7o bis I75° zu Ende geführt. Nach dem im Beispiel
i erläuterten Aufarbeiten erhält man in nahezu der berechneten Ausbeute Isodibenzanthren.
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Aus Flavanthron erhält man unter den gleichen Bedingungen in nahezu
der berechneten Ausbeute Flavanthrin, aus 3, 4, 8, 9-Dibenzpyrenchinon (5, 1o) in
gleicher Ausbeute Dibenzpyren. Beispiel 3 In eine Schmelze aus Zoo Teilen wasserfreiem
Aluminiumchlorid und 35 Teilen Natriumchlorid trägt man bei 15o bis i55° unter Rühren
25 Teile N, N'-Dihydro-i, 2, 2', i'-anthrachinonazin und dann 25 Teile Eisenpulver
ein. Hierauf steigert man die Temperatur auf i7o bis i75° und leitet so lange einen
nicht zu langsamen Strom von trockenem Chlorwasserstoffgas durch das Umsetzungsgemisch,
bis eine Probe der Schmelze nach dem Aufarbeiten sich als unverküpbar erweist. Man
erhält in fast der berechneten Ausbeute eine Verbindung, die von den ursprünglichen
4 Atomen Sauerstoff nur noch 2 Atome im Molekül enthält und nach allen Eigenschaften
mit Anthranonazin identisch ist.
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Beispiel 4 In eine Schmelze aus ioo Teilen wasserfreiem Aluminiumchlorid,
das aus der Luft etwas Feuchtigkeit aufgenommen hat, 15o Teilen Natriumchlorid und
125 Teilen Pyranthron trägt man bei 15o bis I55° unter Rühren langsam 39 Teile Aluminiumpulver
ein und rührt das Gemisch zunächst bei der gleichen Temperatur und dann bei 17o
bis I75° weiter, bis eine aufgearbeitete Probe der Schmelze sich als völlig unverküpbar
erweist, was nach i bis 2 Stunden der Fall ist. Nach dem üblichen Aufarbeiten erhält
man nahezu die berechnete Menge Pyranthren.