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Verfahren zur Herstellung von arn Stickstoffatom acylierten oder sulfonylierten
aliphatischen Aminocarbonsäureamiden Mit Hilfe der Willgerodt-Reaktion (vgl. z.
B. M. C a r m ac k und M. A. Spie 1 m a n , The Willgerodt-Reaction,'Adams OrganicReactions,
Bd. III, S. 83 bis 1 07 [19q.6]) kann man bekanntlich aliphatische
Ketone, die in ihrem Kohlenstoffgerüst cycloaliphatische, aromatische oder heterocyclische
Reste enthalten, in einer Synthesestufe in Carbonsäureamide und carbonsaure Ammoniumsalze
überführen. Diese Umsetzungen verlaufen nach folgendem Reaktionsschema: RCO(CH2)xCHs
+ = R(CH2)x+1CONH2 + R(CH2)x+1COONH4 In dieser Gleichung ist mit R ein cycloaliphatischer,
aromatischer oder heterocyclischer Rest bezeichnet. Die mit x bezeichnete Anzahl
der zwischen der Ketogruppe und der endständigen Methylgruppe liegenden Methylengruppen
kann zwischen o und ungefähr q. liegen.
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An Stelle des Sauerstoffes der Ketogruppe können auch andere einwertige
oder zweiwertige Substituenten vorhanden sein, z. B. Thiolceto-, Mercapto-, Oxy-,
Nitro-, Amino-, Rhodanogruppen oder Halogenatome. Die Ketogruppe kann auch durch
olefinische oder acetylenische Kohlenstoffbindungen ersetzt werden. Wie bei den
anderen genannten Substituenten bleibt auch in diesem Falle das Kohlensto.ffgerüst
der Ausgangsverbindung bei der Reaktion unverändert.
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Die obengenannten funktionellen Gruppen und Bindungen unterscheiden
sich hinsichtlich ihrer Reaktionsfähigkeit bei der Willgerodt-Reaktion. Die Amino-,
Nitro- und Oxygruppen sind im allgemeinen
nur wenig reaktionsfähig.
Die übrigen Gruppen zeigen in gewisser Abstufung eine weit bessere Reaktionsfähigkeit.
Durch Kombination von zwei Substituenten, die beide verschiedenen Gruppen angehören,
kann man erreichen, daß der eine Substituent, z. B. eine Aminogruppe, während der
Reaktion in der aliphatischen Kette unverändert bleibt, wohingegen der andere Substituent
zur Oxydation der endständigen Methylgruppe führt.
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Die Umsetzung von chlorierten aliphatischen geradkettigen i-Aminhydrochloriden
mit wäßrigen Ammoniumpolysulfidlösungen liefert beispielsweise w-Aminocarbansäureamide
und die entsprechenden co-Aminocarbonsäuren. Infolge von Seitenreaktionen, z. B.
von Polymerisations- und Kondensationsreaktionen, ergeben sich jedoch nur sehr geringe
Ausbeuten.
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Es wurde nun gefunden, daß sich die Willgerodt-Reaktion in diesenFällen
mitüberraschendbesseren Ergebnissen ausführen läßt, wenn man an Stelle der aliphatischen
chlorierten Aminhydrochloride am Stickstoffatom acylierte oder sulfonylierte aliphatische
Chloramine oder Chlörierungsgemische von am Stickstoffatom acylierten oder sulfonylierten
aliphatischen Aminen mitAmmoniumpolysulfidlösungen bei i5o bis 300°, vorzugsweise
bei i5o bis i8o°, umsetzt. Hierbei ist es zweckmäßig, die Umsetzung in Gegenwart
von organischen Verdünnungsmitteln oder organischen Lösungsmitteln vorzunehmen.
Die Reaktionsdauer wird auf i bis 2o Stunden, vorzugsweise auf a bis 6 Stunden,
bemessen.
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Zur Acylierung des Stickstoffatoms können vornehmlich solche Carbonsäurederivate
verwendet werden, die sich mit dem Stickstoffatom der umzusetzenden Chloramine amidartig
oder imidartig verknüpfen lassen. In diesem Falle werden als Endprodukte der Reaktion
die acylierten co-Aminocarbonsäuren oder co-Aminocarbonsäureamide erhalten. Die
Aminogruppe kann während der Willgerodt-Reaktion erfindungsgemäß auch durch Sulfonsäurederivate
geschützt werden, die im Gegensatz zu den Acylgruppen fester am Stickstoffatom haften.
Hierdurch ergibt sich der Vorteil, daß während der Reaktion eine ammonolytische
Spaltung vermieden wird. Besonders gut ist der p-Toluolsulfonylrest zum Schutz des
Stickstoffatoms geeignet. Das erfindungsgemäße Verfahren ist jedoch nicht auf die
Verwendung des p-Toluolsulfonylrestes beschränkt, sondern man kann zum Schutz der
Aminogruppe auch andere Sulfonylreste verwenden. Wenn die Aminogruppe durch Sulfonsäurederivate
geschützt wird, dann ergeben sich als Endprodukte der Reaktion sulfonylierte co-Aminocarbonsäureamide.
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Der Reaktionsverlauf für die Umsetzung der acylierten Chloramine läßt
sich durch folgende Gleichungen erläutern:
In analoger Weise verläuft die Reaktion für sulfonylierte Chloramine:
Die Stellung der Halogenatome braucht nicht eindeutig im Molekül lokalisiert zu
sein, sondern es können auch Verbindungen von acylierten bzw. sulfonylierten Chloraminen
eingesetzt werden, in denen das Halogenatom statistisch über die aliphatische Kohlenstoffkette
verteilt ist. Als Beispiel sei die Umwandlung des chlorierten i-Benzoylaminopentans
nach folgender Gleichung angegeben:
Die erfindungsgemäße Umsetzung von am Stickstoffatom acylierten oder sulfonylierten
aliphatischen Chloraminen wird in der üblichen Weise mit wäßrigen Ammoniumpolysulfidlösungen
vorgenommen. Die erreichbaren Ausbeuten sind weitgehend von der Zusammensetzung
der Reaktionslösung abhängig, die im Liter im allgemeinen etwa 5 bis 2o Mol Ammoniak,
o, i bis 5 Mol Schwefelwasserstoff und i bis io Grammatome Schwefel enthält. Es
können aber auch andere, über diese Mengenverhältnisse nach oben oder unten hinausgehende
Zusammensetzungen der Reaktionslösung verwendet werden. Auch das Verhältnis von
Ammoniumpolysulfidlösung zum eingesetzten Ausgangsmaterial kann in weiten Grenzen
geändert werden. Im allgemeinen ist es zweckmäßig, wenn man auf einen Teil des Ausgangsmaterials
2 bis 2o, vorzugsweise q. bis 8 Teile Ammoniumpolysulfidlösung einsetzt. Zur Erreichung
einer homogenen Reaktionsmischung können organische Lösungsmittel, z. B. Alkohole,
Dioxan, Kohlenwasserstoffe, Äther, Pyridin oder andere während der Reaktion unzersetzt
bleibende Lösungsmittel zugesetzt werden.
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Die Umsetzung wird am besten in einem geschlossenen Reaktionsgefäß
durchgeführt, das aus
Stahl, Glas, Porzellan oder anderen schwer
angreifbaren Baustoffen besteht. Der während der Reaktion durch äußere Erwärmung
sich einstellende Druck hängt vom Dampfdruck des Reaktionsgutes ab und beläuft sich
auf etwa 5 bis 4o kg/qcm. Es können jedoch auch erheblich höhere Reaktionsdrucke
auftreten, wenn beispielsweise zusätzlich gasförmiges Ammoniak in das Reaktionsgefäß
eingedrückt wird. Nach Beendigung der Reaktion sinkt der Druck bei der Abkühlung.
In vielen Fällen ist daher bei der Öffnung des Reaktionsgefäßes ein Ausgleich mit
dem atmosphärischen Druck nicht mehr erforderlich.
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Die zur Umsetzung erforderlichen Reaktionstemperaturen liegen im allgemeinen
zwischen ioo und 300°, vorzugsweise bei 15o bis 18o°. DieReaktionsdauerist von den
j eweiligen Arbeitsbedingungen abhängig und beläuft sich auf bis zu 2o Stunden.
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Die entstandenen, am Stickstoffatom acylierten oder sulfonylierten
Aminocarbonsäureverbindungen werden mit heißem Wasser aus der zur Trockene eingedampften
Reaktionslösung isoliert und in der üblichen Weise gegebenenfalls durch Umkristallisation
weitergereinigt. Die gewonnenen Produkte sind vielseitiger Anwendung fähig und stellen
wertvolle Ausgangsstoffe für organische Synthesen dar. Beispiel i In einer Stahlbombe
von 300 ccm Inhalt wurden 309 N-(E-Chlor-n-amyl)-benzamid, 12o ccm
Wäßrige Ammoniumpolysulfidlösung und 8o ccm Pyridin 6 Stunden auf 16o° erhitzt.
Die Ammoniumpolysulfidlösung enthielt je Liter 2,1 Mol H, S und io,i 1Zol NH3 und
war mit 33 g Schwefel versetzt worden.
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Die dunkelrote, klare Reaktionslösung wurde nach Beendigung der Umsetzung
auf dem Wasserbad zur Trockene eingedampft und der Eindampfungsrückstand erschöpfend
mit heißem Wasser extrahiert. Aus der wäßrigen Extraktlösung kristallisierte bei
o° b-Benzoylamino-n-valeriansäureamid in geblichgefärbten Nadeln. Na-eh der Umkristallisation
aus Wasser erhielt man 13 g Endprodukt, das einen Schmelzpunkt von 18o° besaß. Die
Ausbeute belief sich auf 44% der Theorie. Beispiele In einer Stahlbombe von
300 ccm Inhalt wurden 45 g chloriertes N-n-Amyl-benzamid, das in der aliphatischen
Kohlenstoffkette mit der stöchiometrischen Menge von 0,93 Grammatomen Chlor
substituiert war, 5o g Schwefel, 300 ccm wäßrige Ammoniumpolysulfidlösung
und Zoo ccm Pyridin 6 Stunden auf 16o° erhitzt. Die Ammoniumpolysulfidlösung enthielt
wie im ersten Beispiel je Liter 2,1 Mol H. S und io, i Mol \T H3.
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Bei der Extraktion mit heißem Wasser lieferte das Reaktionsprodukt
in 30% der theoretisch möglichen Ausbeute 13 9 b-Benzoylamino-n-valeriansäureamid,
das einen Schmelzpunkt von 18o° besaß.
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Beispiel 3 In dem im Beispiel i verwendeten Stahlautoklav wurden 45
g chloriertes N-n-Hexyl-benzamid, das in seiner aliphatischen Kohlenstoffkette mit
der stöchiometrischen Menge von 1,23 Grammatomen Chlor substituiert war,
5o g Schwefel, 300 ccm wäßrige Ammoniumpolysulfidlösung der angegebenen Zusammensetzung
und Zoo ccm Dioxan in der beschriebenen Weise behandelt und aufgearbeitet. Als Endprodukt
ergaben sich mit 23% der theoretischen Ausbeute io g E-Benzoylamino-n-capronsäureamid,
dessen Schmelzpunkt bei 143° lag. Beispiel Im Stahlautoklav wurden 8o g N-(e-Chlorn-amyl)-p-toluolsulfamid,
soo ccm wäßrige Ammoniumpolysulfidlösung der angegebenen Zusammensetzung, 8o g Schwefel
und 300 ccm Pyridin 6 Stunden auf 16o° erhitzt und in der beschriebenen Weise
aufgearbeitet. Mit 71,5 % der theoretisch möglichen Ausbeute ergaben sich 56 g b-p-Toluolsulfamino;
n-valeriansäureamid, das einen Schmelzpunkt von 133° besaß. Beispiel s Im Stahlautoklav
wurden 409 chloriertes N-n-Amy 1-p-toluolsulfamid, das in der aliphatischen Kohlenstoffkette
mit der stöchiometrischen Menge von i Grammatom Chlor substituiert war, 4o g Schwefel,
25o ccm wäßrige Ammoniumpolysulfidlösung der angegebenen Zusammensetzung und
250 ccm Pyridin erhitzt und, wie in den vorangehenden Beispielen angegeben,
aufgearbeitet. Durch erschöpfende Extraktion mit heißem Wasser konnten 14 g b-p-Toluolsulfamino-n-valeriansäureamid
mit 357% der theoretisch möglichen Ausbeute gewonnen werden. Die Verbindung besaß
einen Schmelzpunkt von 133°. Beispiel 6 In einer Stahlröhre wurden i: 2g chloriertes
N-n-Hexyl-p-to-luolsulfamid, das in der aliphatischen Kohlenstoffkette mit der stöchiometrischen
Menge von 1,12 Grammatomen Chlor substituiert war, 12 g Schwefel, 75 ccm wäßrige
Ammoniumpolysulfidlösung der angegebenen Zusammensetzung und 75 ccm Dioxan 6 Stunden
auf 16o° erhitzt. Die Reaktionslösung wurde im Vakuum eingedampft und der verbliebene
Eindampfungsrückstand mehrmals mit heißem Wasser extrahiert. Beim Abkühlen der wäßrigen
Extraktionslösung ergaben sich mit 23,8% der theoretisch möglichen Ausbeute 2,8
g e-p-Toluolsulfamino-n-capronsäureamid, dessen Schmelzpunkt sich auf 138° belief.