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Verfahren zur Herstellung von Aminocarbonsäuren Mit Hilfe derWillgerodt-Reaktion
(M. Carmack und M. A. Spielman, »TbeWillgerodt-Re@action«, Adams Organic Reactions,
1946, Bd. III, S. 83 bis ro7) lassen sich aliphatische Ketone, die in ihrem Kohlenstoffgerüs,t
cycloaliphatische, aromatische oder heterocyclische Reste enthalten, in Carbonsäureamide
und carbonsaure Ammoniu.msalze überführen.. Diese Reaktion verläuft im Sinne der
nachstehenden Gleichung, in der mit R ein cycloaliphatischer, aromatischer oder
heterocychsc@her Rest und mit x eine zwischen o und q. liegende Zahl bezeichnet
ist. RCO(CH2)xCH3 + (NH4)2S" = R(CH2)x+iCONH2 + R(CH2)x+1COONH4 Die vorstehende
Reaktion verläuft in analoger Weise, wenn die Ausgangsverbindung statt d.er Ketogruppe
andere zweiwertige oder einwertige Substituenten, z. B. Thioketo-, Mercapto-, Oxy-,
Rhodano-,Nitro-,Aminogruppen oder Halogenatome enthält. Die Ketogruppe kann auch
durch olefinische oder acetylenische Mehrfachbindungen zwischen zwei benachbarten
Kohlenstoffatomen ersetzt werden. Auch in diesem Falle läßt die Umsetzung das Kohlenstoffgerüst
der Ausgangsverbindung unverändert.
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Die obengenannten funktionellen Gruppen besitzen eine verschieden
hohe Reaktionsfähigkeit. Die Oxy-, Nitro- und Aminogruppen lassen sich nur schwierig
umsetzen. Die übrigen Gruppen sind in gewisser Abstufung wesentlich reaktionsfähiger.
Eine in z-Stellung vorhandene Oxygruppe, wie sie beispielsweise in primären a,ldphatisrhen
Alkoholen
vorliegt, reagiert praktisch überhaupt nicht. Auch Nitro-
und Aminogruppen setzen sich. nur schlecht um. Die anderen Substituenten oder funktionellen
Gruppen lassen sich verhältnismäßig leicht zur Reaktion bringen.
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Es wurde nun gefunden, daß sich aliphatische Aminotarbonsäuren herstellen
lassen, wenn man aliphatische Kohlenstoffverbindungen, die die mit Ammoniumpolysulfidlösungen
schwer umsetzbare Aminogruppe und das mit diesen Lösungen leicht umsetzbare Chloratom
enthalten, mit diesen Lösungen. bei 15o bis 300°, vorzugsweise bei 15o bis 18o°,
umsetzt und die Reaktionsprodukte mit Säuren oder Laugen. jaufarbeitet.
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Die Chloradl-,ylamin-hvdrochloni.de weirden nach diesem Verfahren
in Aminocarbonsäuren umgewandelt. Mit s-Chlorpentylaminhydrochlorid verläuft dieses
Umsetzung nach folgender Gleichung:
und liefert 8-Aminovaleriansäure, die durch ihr Anilinoformylderivat dhrakterisiert
werden kann.
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Für die erfindungsgemäße Ausführung der Willgerodt-Reaktion eignen
sich nicht nur einheitlich chlorierte Verbindungen, die innerhalb der KOhlenstoffkette
oder am Ende; derselben das gut reagierende Chloratom enthalten, sondern auch Mischungen,
in denen die weniger, gut reagierende, Amino, gruppe innerhalb des Moleküls an der
gleichen Stelle lokalisiert ist, während sich das gut umsetzbuxe Chloratom beliebig
über die Kohlenstoffkette verteilen kann. Derartige Ausgangsprodukte ergeben sich
beispielsweise bei der Chlorierung vom, aliphatischen AminhydrochloTiden. Bei diesen
Chlorierungen erhält man bekanntlich ein Gemisch von verschiedenen Mono- und Dichloirsubstitutionsprodukten,
in denen die Stellung der in das Molekül eintretenden Chloratome maßgeblich durch
die salzartig gebundene Aminogruppe beeinflußt wird (vgl. z. B. Amundsen und Pitts,
Journal American Chemica,l So:ciety, Bd. 73" 1954 S. 1494 bis, 1497).
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Diese chlovieirten Aminhydrochloride reagieren mit Ammoniumpolysulfidläsung
in gleicher Weise wie die einheitlichen Chloralkylamin-hydrochloride unter Bildung
von Aminocarbonsäuren. Aus dem Chlorierungsgemisch des Pentylamin-hydrochlorids
erhält man nach folgender Gleichung
ebenfalls reine ö-AminoKvaleriansäure.
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Chloriertes 1-Amino,n-hexan-hydro:chlorid, das in seiner Kohlemstofkette
die, stöchiometrische Menge von 1 Grammatom Chlor enthielt, lieferte in analoger
Weise a-Aminocapro@nsäure.
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Die ChloTarnin-hydrochloTide werden in der üblichen Weise mit wäßrigen
Ammoniumpolysulfidlösungen umgesetzt. Die Ausbeuten hängen hierbei weitgehend von
der Zusammensetzung der Reaktionsflüssigkeit ab, die im allgemeinen ungefähr 5 bis
ao Mal Ammoniak, o,r bis 5 Mol Schwefelwasserstoff und 1 'bis to Grammatome Schwefel
im Liter enthält. Es können aber auch andeme Zusammensetzungen. der Reaktionslösungen
verwendet werden.
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Auch das Verhältnis zwischen Ammoniumpolysulfidlösung und Ausgangsmaterial
kann innerhalb weiter Grenzen verändert werden. Zweckmäßig werden auf 1 Gewichtsteil
Ausgangsmaterial 4 bis: 2o, vorzugsweise 4 bis 8 Gewichtsteile Ammoniumpolysulfidlösung
verwendet.
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Zur besseren Lösungsvermittlung kann man der Reaktionsmischung Alkohol,
Dioxan, Kohlenwasserstoffe, Äther, Pyridin oder andere sich während der Reaktion
nicht verändernde Lösungsmittel zumischen.
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Die Umsetzung wird zweckmäßig in einem geschlossenen Reaktionsbehälter
durchgeführt, der aus Stahl, Glas, Porzellan oder anderen schwer angreifbaren Baustoffen
bestehen oder damit ausgekleidet sein kann. Der Reaktionsdruck hängt von der Erwärmung
des Reaktionsgefäßes und vom Dampfdruck der Reaktionsteilnehmer ab und beläuft sich
auf ungefähr 5 bis 4o kg/qcm. Es können jedoch auch erheblich höhere Reaktionsdrücke
auftreten, wenn man dem Reaktionsbehälter beispielsweise noch zusätzlich gasförmiges
Ammoniak zuführt. Nach Beendigung der Reaktion vermindert sich der Druck bei der
Abkühlung auf Raumtemperatur entsprechend dem Dampfdruck der Reaktionsteilnehmer.
In vielen Fällen ist daher bei der Öffnung des Reaktionsgefäßes ein Ausgleich mit
dem atmosphärischen Druck nicht mehr erforderlich.
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Die Reaktionstemperaturen liegen zwischen roo und 300'm, . vorzugsweise
zwischen 15o und 18o°.
Die Reaktionsdauer muß den jeweils herrschenden
Umsetzungsbedingungen angepaßt werden und beläuft sich auf i bis 2o Stunden.
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Die erfindungsgemäß hergestellten Aminocarbonsäuren sind einer vielseitigen
Anwendung fähig und können als Ausgangsstoffe für weitere organische Synthesen dienen.
Beispiel i In einer Stahlbombe von 300 ccm Inhalt wurden io,6 g a-Chloramylamin,
120 ccm wäßrige Ammoniumpolysulfidlösung und 8o ccm Pyridin 6 Stunden auf 16o° erhitzt.
Die Ammoniumpolysulfidlösung enthielt j e Liter 2, i Mol H2 S und i o, i Mol N H3
und war mit 21 g Schwefel versetzt worden.
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Nach Beendigung der Umsetzung wurde die dunkelrote, klare Reaktionslösung
im Vakuum auf dem Wasserbad eingedampft und mit heißem Wasser extrahiert. Der beim
Eindampfen der wäßrigen Extralote erhaltene trockene Rückstandwurde mit azeo,trop
siedender Salzsäure io Stunden unter Rückfluß erhitzt und anschließend auf dem Wasserbad
im Vakuum eingedampft. Der breiartige Rückstand wurde mit absolutem Alkohol digeriert,
vom nicht gelösten Ammoniumchlorid abfiltriert und im Vakuum bis zur Trockene eingeengt.
Hierbei ergaben sich 3,5 g rohes b-Amino-n-valeriansäurehydrochlorid in Mischung
mit geringen Mengen von Ammoniumchlorid.
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Zur Charakterisierung der 8-Amino,n-va.leriansäure, diente die aus
alkalischer Lösung bei o° mit Phenylisocyanat erhaltene reine 8-Anilino@fo,rmyla-mino-n-vale@riansäure,
die einen Schmelzpunkt von 16o° (korrigiert) besaß.
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Beispiel 2 In ,einer Stahlbombe wurden i i g chloriertes n-Pentylaminhydrochlorid,
das in. der aliphatischlen Kohlenstoffkette mit der stöchiometrischen Menge von
i, i Grammatomen Chlor substituiert war, 21 g Schwefel, 12,0 ccm Ammoniumpolysulfidlösung
und 8o ccm Pyridin 6 Stunden auf 16o° erhitzt. D'ie Ammoniumpolysulfidlösung enthielt
je Liter 2, i Mol H2 S und i o, i Mol NH3* Die Reaktionslösung wurde mit
heißem Wasser extrahiert. Die Extrakte, wurden in der gleichen Weise wie im Beispiel
i eingedampft und aufgearbeitet. Bei der Ein.dampfung der alkoholischen Lösung erhielt
man 2,5 g rohes d-Aminoi- n-valeriansäure-hydroehl,orid, das noch etwas Ammoniumchlorid
enthielt. Wenn man das Hydrochlorid mit Phenylisocyanat umsetzte, erhielt man bei
o° in alkalischer Lösung eine b-Anilinoformylaminon-valeriansäure mit einem Schmelzpunkt
von i6o° (korrigiert).
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Beispiel 3 In einem Stahliautoklav wurden 2o g chloriertes n-Butylamin-hydrochlorid,
das in seiner aliphatischeru Kohleustoffkette mit der stächiometrischen Menge von
o,98 Grammatomen Chlor substituiert war, 4o- Schwefel und 25o ccm Ammon.iumpolysulfidlösung
der aus Beispiel i ersichtlichen. Zusammensetzung 6 Stunden. auf 16o° erhitzt.
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Die hierbei entstehende Reaktionslösung wurde in der aus den vorhergehenden
Beispielen ersichtlichen Weise aufgearbeitet. Hierbei erhielt man .6 g rohes y-Amina-n-butte;rsäure-hyd,rechl(o@rid,
das durch Umsetzung mit Phenylisocyana:t als y-Anilinofo,rmy lamin0-n-buttersäure
vom Schmelzpunkt i26° (korrigiert) charakterisiert werden konnte. Beispiel 4 In
einer Stahlbombe wurden 12 g chlorierteis n-Hexylamin-hydrochlorid, das in der aliphatischen
Kohlenstoffkette mit der stöchiometrischen Menge von i Grammatom Chlor substituiert
war, 2o, g Schwefel:, 8o ccm Pyridin und i2o ccm -,6#mmoniumpolysulfidlösung der
aus Beispiel i ersichtlichen Zusammensetzung 6 Stunden auf 16o° erhitzt.
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Die Reaktionslösung wurde @in der aus den vorhergehenden Beispielen
ersichtlichen Weise, aufgearbeitet und lieferte 3 g rohes a Aminio@-n7capronsäuire-hydrochlo,rid.
Durch Umsetzung mit Phen.ylisocyanat ergab sich reine E-Anilino-formyl@aminon-capronsäure
mit einem Schmelzpunkt von 12.6° (korrigiert).