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Verfahren zur Herstellung von stabilen, beliebig mit Wasser verdünnbaren
Lackemulsionen vom'O/W-Typ
Bekanntlich lassen sich Lösungen von hochpolymeren Verbindungen
in organischen Lösungsmitteln (im Gegensatz zu Lösungen niedermolekularer Lackkörper,
wie Öle, Naturharze, Kondensationsharze, Asphalte usw.) mit Hilfe der üblichen seifenartigen
Emulgier- und Netzmittel nicht in Ö/W-Emulsionen überführen, d. h. in solche, in
denen Wasser die kontinuierliche Phase ist und die sich daher beliebig mit Wasser
verdünnen Sowie, ohne zu brechen, verarbeiten lassen. Auch die bereits als Emulgier-
und Dispergiermittel beschriebenen Leimstoffe, wie tierische und pflanzliche Leime,
sowie wasserlösliche organische Kunststoffe gestatten nur die Herstellung von W/Ö-Emulsionen,
also solchen, in denen Wasser die dispergierte Phase ist. Derartige W/Ö-Emulsionen
haben in der Anstrichtechnik keine praktische Bedeutung finden können, weil sie
nicht nur die erwähnten Schwierigkeiten bei der Verarbeitung bereiten, sondern nur
geringe Wassermengen aufzunehmen vermögen und sich lediglich mit organischen Lösungsmitteln
auf Verarbeitungskonsistenz weiterverdünnen lassen. Emulsionen dieser Art haben
überdies den Nachteil, daß sie in Verbindung mit Körperfarben starke Tixotropie
besitzen. Aus diesem Grunde lassen sie sich nur in stark verdünntem Zustand verarbeiten,
so daß die entstehenden Anstrichschichten unzureichende Schichtdicken oder ungenügende
Deckfähigkeit aufweisen. Mit W/Ö-Emul-
sionen ist also die angestrebte
Einsparung von organischen Lösungsmitteln nur in unbedeutendem Maße zu verwirklichen.
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Das bisher einzige brauchbare Verfahren zur Gewinnung von Ö/W-Emulsionen
aus Lösungen von Polymerisatharzen in organischen Lösungsmitteln besteht darin,
die seifenartigen Emulgatoren zusammen mit den erwähnten Leimstoffen als Emulgier-und
Dispergiermittel anzuwenden. Nach diesem Verfahren gelingt es jedoch nicht, Hochpolymere
aus Naturstoffen, wie Cellulosederivate, Chlor- oder Hydrokautschuk usw., in Emulsionen
überzuführen.
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Es hat sich nun gezeigt, daß sich Lösungen von Hochpolymeren aller
Art in Ö/W-Emulsionen überführen lassen, wenn an Stelle der seifenartigen Emulgatoren
bzw. Netzmittel Casein tritt und als Leimsubstanz wasserlösliche Salze carboxylgruppenhaltiger
Polymerisate benutzt werden. Während also weder das Casein noch die genannten Salze
carboxylgruppenhaltiger Polymerisate für sich allein zur Herstellung von anstrichtechnisch
wertvollen Emulsionen hochpolymerer Verbindungen geeignet sind, liefern sie in Mischung
miteinander lösungsmittelarme Emulsionen, die sich nach Belieben mit Wasser verdünnen
und ohne Schwierigkeiten nach anstrichtechnischen Regeln verarbeiten lassen. Diese
Beobachtung ist um so überraschender, als andere Leimstoffe in Verbindung mit Casein
nicht die emulgierende Wirkung der wasserlöslichen Salze carboxylgruppenhaltiger
Polymerisate zeigen.
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Ein Vorzug dieses Verfahrens besteht darin, daß auch ohne Anwendung
kostspieliger und komplizierter Homogenisiermaschinen Emulsionen von hoher Dispersität
entstehen, die sich durch eine sehr gute Lagerbeständigkeit auszeichnen.
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Unter wasserlöslichen Salzen carboxylgruppenhaltiger Polymerisate
sind in erster Linie die Ammonium-, Alkalimetall- und Erdalkalimetallsalze, aber
auch die Salze organischer Basen von Polymerisaten der Acryl- und Methacrylsäure
oder diese enthaltenden Mischpolymerisaten zu verstehen. In solchen Mischpolymerisaten
können die polymeren Säuren so weit durch andere polymerisierbare Äthylenverbindungen
mit der Gruppe CH2: C<, wie beispielsweise Vinylester, Vinyläther, Vinylketone,
Styrol, Acrylsäurederivate und ihre Homologen, insbesondere deren Ester, ersetzt
sein, daß gerade noch Löslichkeit in den genannten Basen vorliegt. Auch Mischpolymerisate
aus Vinylacetat und Crotonsäure sowie Äthylendi- und -polycarbonsäuren enthaltende
Mischpolymerisate sind brauchbar.
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Das Casein muß in Form von wäßrigen Lösungen angewendet und zu diesem
Zweck beispielsweise unter Verwendung von Pottasche, Soda, Salmiakgeist, Hirschhornsalz,
Ammonium- bzw. Natriumphosphat, Borax usw. gelöst werden. Wird das Casein als Kondensationsprodukt
mit Formaldehyd benutzt, gelangt es zweckmäßig in neutraler oder saurer Lösung zur
Anwendung (pn = oder < 7).
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Der Caseingehalt soll 0,5 Gewichtsprozent, berechnet auf die zu emulgierende
Lacklösung, nicht wesentlich unterschreiten; er beträgt optimal zwischen I,0 und
2,5 O/o und hängt jeweils von.der Art und Menge des anwesenden Salzes der carboxylgruppenhaltigen
Polymerisate ab. Von diesen Salzen werden etwa 0,5 bis I Gewichtsprozent, berechnet
auf die Menge der Polymerisatlösung, benötigt. Mit steigendem Caseingehalt nimmt
die Viscosität der Emulsion ab, die Filme trocknen dagegen entsprechend trüber auf.
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Zur Erzeugung besonders wasserfester Anstrichschichten aus den erfindungsgemäß
hergestellten Ö/W-Emulsionen empfiehlt es sich, sowohl das Casein als auch die carboxylgruppenhaltigen
Polymerisate in Salze flüchtiger Stickstoffbasen überzuführen.
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Es ist zweckmäßig, solche Lösungsmittel bzw.
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Lösungsmittelgemische zu verwenden, die beim Auftrocknen der Emulsionsschichten
langsamer verdünsten als das darin enthaltene Wasser, damit möglichst klare und
zusammenhängende Filme entstehen.
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Die Emulsionen können auch andere Zusätze, z. B.
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Weichmacher, Harze usw., enthalten, wie sie zur Erzielung besonderer
Filmeigenschaften erforderlich sind Ferner empfiehlt es sich, den Lackemulsionen
wegen der leichten Verderblichkeit des Caseins geringe Mengen von Konservierungsmitteln
bekannter Art zuzusetzen.
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Beispiel I 40 Gewichtsteile eines Klarlacks aus I5,0 Gewichtsprozent
niedrigviscoser Nitrocellulose (1/2 sec-Wolle), 7,5 Gewichtsprozent eines nicht
ölreaktiven Allyl phenylharzes, I2,0 Gewichtsprozent Dibutylphthalat, 8,o Gewichtsprozent
Alkohol, 8,o Gewichtsprozent Butanol, 20,0 Gewichtsprozent Toluol, I8,o Gewichtsprozent
Butylacetat und II,5 Gewichtsprozent Hexalinacetat werden durch Zugabe von 3,5 Gewichtsteilen
einer 25 0/0eigen Caseinlösung in verdünnter Kalilauge und 50 Gewichtsteilen Wasser
mit Hilfe eines Schnellrührers emulgiert. Diese Emulsion ist weder stabil noch beliebig
mit Wasser verdünnbar und verstreichbar. Auch höhere Zusätze von Caseinlösungen
vermögen diese Mängel nicht zu beseitigen.
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Werden jedoch noch 6,5 Gewichtsteile einer 5 0/0eigen wäßrigen Lösung
von polyacrylsaurem Natrium zugefügt, so entsteht eine völlig stabile, anstrichtechnisch
brauchbare Emulsion.
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Beispiel 2 Werden in 50 Gewichtsteile eines Klarlacks aus 10 Gewichtsprozent
niedrigviscoser Benzylcellulose, 20 Gewichtsprozent eines niedrigviscoslöslichen
Mischpolymerisats aus 60 Gewichtsprozent Methacrylsäuremethylester und 40 Gewichtsprozent
Acrylsäureäthylester, 3 Gewichtsprozent eines Kondensationsproduktes aus Kolophonium,
Maleinsäure und Glycerin, 2,5 Gewichtsprozent Trikresylphosphat, 20,0 Gewichtsprozent
Toluol, 26,0 Gewichtsprozent Xylol, 8,o Gewichtsprozent Butanol und 10,5 Gewichtsprozent
Glykolsäurebutylester, 10 - Gewichtsteile einer 5 obigen wäßrigen Lösung des Calciumsalzes
der Polyacrylsäure eingerührt und dann. unter weiterem Rühren 35 Gewichtsteile Wasser
einlaufen gelassen, so entsteht eine Emulsion, die weder stabil noch beliebig mit
Wasser verdünnbar und einwand-
frei verstreichbar ist. Erst nach
Zugabe von 5 Gewichtsteilen einer 250/0eigen Caseinlösung in Io°/Oigem Ammoniakwasser
wird sie, gegebenenfalls in Verbindung mit Körperfarben, für Imprägnier- und Anstrichzwecke
geeignet und über viele Monate lagerbeständig. Weder mit Hilfe einer Caseinlösung
noch mit dem Salz eines carboxylgruppenhaltigen Polymerisats allein sind diese Eigenschaften
zu erreichen.
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Beispiel 3 In eine Paste aus 29 Gewichtsteilen Titanweiß mit 25 Gewichtsprozent
Zinkoxydgehalt, 3 Gewichtsteilen einer Io°/Oigen Lösung eines Mischpolymerisats
aus Vinylacetat und Crotonsäure (go: I0) in s°/Oigem Ammoniakwasser und 4 Gewichtsteilen
Wasser werden 3 Gewichtsteile einer 250/0igen Caseinlösung in Io°/Oigem Ammoniak,
36 Gewichtsteile einer 5obigen Lösung von Polymethacrylsäurebutylester in Lackbenzin
0,79 und 25 Gewichtsteile Wasser eingerührt. Es entsteht eine lagerbeständige Emulsionsfarbe,
die nach entsprechender Verdünnung mit Wasser einwandfrei mit der Spritzpistole
verarbeitet werden kann.
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Beispiel 4 64 Gewichtsteile einer Lackfarbe aus I3,3 Gewichtsprozent
mittelviscosem Chlorkautschuk, 6,7 Gewichtsprozent chloriertem Diphenyl, 4,0 Gewichtsprozent
eines sojabohnenölmodifizierten Alkydharzes, 22,0 Gewichtsprozent Chromoxydgrün,
I,6 Gewichtsprozent Alkohol, 2,4 Gewichtsprozent Glykolsäurebutylester, 2I,o Gewichtsprozent
Lösungsbenzol I, 10,0 Gewichtsprozent Xylol, 13,5 Gewichtsprozent amerikanischem
Balsam-Terpentinöl und 5,5 Gewichtsprozent Lackbenzin o,7g werden durch Zusatz von
5 Gewichtsteilen einer 250/0igen Caseinlösung in verdünnter Natronlauge, 10 Gewichtsteilen
einer 50/obigen Lösung eines Mischpolymerisats aus Methacrylsäure und Styrol (70
: 30) in 3,50/0iger Natronlauge und 21 Gewichtsteilen Wasser mit Hilfe eines Schnellrührers
emulgiert. Auch diese Emulsionsfarbe ist lagerbeständig, fehlerfrei verstreichbar
und nach Belieben mit Wasser verdünnbar.