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Verfahren zur Herstellung von monomeren und polymeren Vinylaminen
Es ist bekannt, Polymerisationsprodukte aus Alkyleniminen in der Weise herzustellen,
daB Körper von der Art des Äthylenzmins oder seiner Homologen oder sonstige Substitutionsprodukte
unter dem Einfluß geeigneter saurer Katalysatoren, gegebenenfalls in Gegenwart von
Lösungsmitteln, bei gewöhnlicher oder erhöhter Temperatur polymerisiert werden.
Dabei sollen die Katalysatoren nur in kleinen Mengen zugegen sein. Dieses bekannte
Verfahren weist verschiedene Nachteile auf. Vor allem braucht die Reaktion sehr
lange Zeit, z. ß. 12 Stunden und darüber. Sie ist ferner schwer zu lenken und liefert
Endprodukte, welche die als Katalysatoren benutzten Substanzen in veränderter oder
unveränderter Form als Verunreinigung enthalten. Im übrigen ist die chemische Konstitution
der Produkte weitgehend unbekannt.
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Diese Übelstände werden durch die Erfindung überwunden. Nach der Erfindung
werden zunächst die Alkylenimine mit Kohlendioxyd umgesetzt, wobei anscheinend in
erster Linie die entsprechenden Vinylcarbaminsäuren oder gegebenenfalls deren Derivate
wie Salze und bzw. oder Ester entstehen. Die Reaktionsprodukte werden dann der Selbstpolymerisation,
gegebenenfalls unter gelinder zusätzlicher Erwärmung oder Kühlung, überlassen. Vorzugsweise
soll dabei die Einwirkung des Kohlendioxyds auf die Alkylenimine bei Temperaturen
unterhalb
der Zersetzungstemperatur der entstehenden Säuren oder Salze vorgenommen werden.
Am besten wird die Einwirkung des Kohlendioxyds bis zur quantitativen Bildung der
zugehörigen Säure oder des entsprechenden Salzes durchgeführt. Durch Erwärmung der
Säure oder des Salzes bis auf die Zersetzungstemperatur erhält man unter Kohlendioxydabspaltung
das entsprechende Vinylamin, dessen Selbstpolymerisation gegebenenfalls durch Kühlung
und bzw. oder Verdünnung mit Lösungsmitteln so weitgehend geregelt werden kann,
daß man Lösungen erhält, die alle Polymerisationsstufen zwischen dem monomeren Vinylamin
und hochpolymerem Vinylamin enthalten. Die entstandenen Polymerisationsprodukte
können noch einer Nachpolymerisation durch Erwärmung gegebenenfalls im Vakuum unterworfen
werden.
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Das neue Verfahren unterscheidet sich, wie offensichtlich, in mehrfacher
Hinsicht grundsätzlich von den bekannten Verfahren. Das bekannte Verfahren stellt
eine Polymerisation in saurer Phase dar, wobei eine geringe Menge von Säure als
Katalysator anwesend sein muß. Kohlendioxyd in geringer Menge wirkt nicht katalytisch.
Schon allein aus diesem Grunde sind die beiderseitigen Verfahren völlig voneinander
verschieden. Vielmehr scheint die Reaktion gemäß der Erfindung unter Verwendung
von Kohlendioxyd als Reaktionsteilnehmer in drei exakt zu verfolgenden Stufen zu
verlaufen. Die erste Stufe besteht in der Aufnahme- der stöchiometrischen Menge
Kohlendioxyd unter quantitativer Bildung des vinylcarbaminsauren Salzes gemäß folgender
Gleichung:
Das nach Gleichung (I) entstandene Salz spaltet dann bei überschreitung der Zersetzungstemperatur
Kohlendioxyd ab unter Bildung des monomeren Vinylamins
Das nach Gleichung (II) entstandene monomere Vinylamin läßt sich mit chemischen
und physikalischen Methoden einwandfrei nachweisen.
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Die dritte Stufe besteht dann schließlich darin, daß das nur unter
vorsichtigen Bedingungen stabile _monomere Vinylamin unter entsprechenden Voraussetzungen
sich zu Polyvinylamin polymerisieren läßt. Die Kohlendioxydabspaltung gemäß Gleichung
"(II) wird durch verminderten Druck beschleunigt und durch vergrößerten Druck verzögert.
Die aus den Vinylcarbaininsäüren herstellbaren Produkte, wie Ester und Salze, polymerisieren
gegebenenfalls ohne Kohlendioxydabspaltung, und zwar auch in alkalischer Lösung,
wie z. B. das Ammoniumsalz. Gegenüber den hier in drei exakt erfaßbaren Stufen verlaufenden
Reaktionen liefert das bekannte Verfahren in einer katalytischen Reaktion in saurer
Phase Polyäthylenimine. Demnach sind der Reaktionsverlauf und die erhaltenen Endprodukte
in beiden Fällen grundsätzlich verschieden.
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Als Ausgangsstoffe für das neue Verfahren können dienen: Äthylenimin
sowie seine Substitutionsprodukte, soweit die Produkte genügend basisch sind, um
mit Kohlendioxyd zur Reaktion gebracht werden zu können, z. B. C-Methyläthylenimin,
asym. C-Dimethyläthylenimin, Phenyläthylenimin.
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Die Einwirkung des Kohlendioxyds kann bei Temperaturen von - 70° bis
-I- 6o° stattfinden. Am besten bewährt sich eine Temperatur von-a5° bis +:25'. Die
Einwirkung selbst kann durch Einleiten von gasförmigem Kohlendioxyd oder Zusetzen
von festem Kohlendioxyd zu den Äthyleniminen oder durch oberflächliche Einwirkung
einer Kohlendioxydatmosphäre bei gleichzeitigem Rühren erfolgen.
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Die während der Reaktion jeweils entstehende Säure und bzw. oder ihre
Derivate scheiden sich in kristallinischer Form aus. Die Reaktion ist quantitativ
verlaufen, wenn das Reaktionsgefäß mit einer festen Kristallmasse gefüllt ist. Zwecks
Durchführung der eigentlichen Polymerisation wird die gebildete Säure oder ihr Derivat
dann auf ihren Zersetzungspunkt angewärmt, das sind etwa Temperaturen von - ro°
bis -f- 6ö°', und sich dann in der Regel selbst überlassen. Die Polymerisation geht
unter starker Selbsterwärmung vor sich, und es entstehen Körper, die je nach Lenkung
der Polymerisation viskose Flüssigkeiten oder wachsartige Massen oder feste glasartige
Produkte darstellen. Die Produkte sind in jedem Fall völlig klar und farblos.
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Zur Polymerisation lassen sich verwenden: die Vinylcarbaminsäuren
selbst oder ihre Derivate, z. B. Salze, Ester oder N-Acylverbindungen.
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Weiterhin können die bereits gebildeten Polyvinylamine zur Vergrößerung
des Moleküls und zur Verminderung der Wasserlöslichkeit mit Carbonylverbindungen
oder Acylverbindungen umgesetzt werden. Es treten,dabei normale Reaktionen an der
primären Aminogruppe ein. Man kann Verbindungen mit einer oder mehreren reaktionsfähigen
Gruppen zur Reaktion bringen, ä. B. Phenylisocyanat, Aldehyde, Ketone, Acetessigester,
Essigsäureanhydrid, Acetylchlorid, Phosgen, Oxalylchlorid, Malonylchlorid. Es werden
dabei quellfähige oder wasserunlösliche Produkte erhalten.
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Ferner ist Mischpolymerisation möglich, z. B. mit Isopren.
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Die Produkte aus Polyvinylaminen oder die durch weiteren Umsatz von
Polyvinylaminen mit
geeigneten Stoffen erhaltenen Polymerisationsverbindungen
zeigen mechanische Eigenschaften von hochviskosen Flüssigkeiten bis zu harten, nicht
klebrigen oder körnigen Produkten.
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Die erhaltenen Pordukte können infolge ihrer verschiedenen Molekülgröße
und Zusammensetzung in vielfältiger Weise verwendet werden, z. B. als Klebmittel
für Kunstleder, zur Animalisierung von Kunstfasern, zur Herstellung von Lacken sowie
glasartigen Massen. Ausführungsbeispiele i. Vinylcarbaminsaures Äthylenimin: ioo
Teile Äthylenimin werden auf -251' abgekühlt und Kohlendioxyd eingeleitet, bis 52
Teile aufgenommen sind. Dabei erstarrt die Masse kristallinisch unter quantitativer
Bildung von vinylcarbaminsaurem Äthylenimin.
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2 #lonomeres Vinylamin: 152 Teile kristallisiertes und auf
-25° gekühltes vinylcarbaminsaures Äthylenimin werden rasch mit 30o Teilen Wasser
übergossen. Unter Kohlendioxydentwicklung tritt Lösung ein. Nach einigen Minuten
erwärmt sich die Lösung. Wenn der Brechungsindex auf 4390 gestiegen ist, werden
nochmals 30o Teile Wasser hinzugefügt. Auf diese Weise erhält man eine etwa ioo/oige
Lösung von monomerem Vinylamin, die einige Zeit haltbar ist. (Zur Gehaltsbestimmung
eignet sich die Bestimmung der Aminogruppen nach van Slyke.) 3. Vinylcarbaminsaures
Ammonium: i52 Teile v iitylcarbaminsaures Äthylenimin, nach Beispiel i erhalten,
werden mit i60 Teilen auf -25° abgekühlter, methylalkoholischer Ammoniaklösung (etwa
25 %) versetzt. Es bildet sich nach vorübergehender Lösung ein Niederschlag von
vinylcarbaminsaurem Ammonium. Durch Behandlung im Vakuum und bzw. oder Erwärmung
läßt sich das Produkt polymerisieren.
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d.. Polymeres Vinylamin: a) Die Lösung nach 2 im Vakuum bei -f- 3ö°
eingedampft liefert Polyvinylamin; b) durch Erwärmen von gemäß Beispiel 3 erhaltenem
vinylcarbaminsaurem Ammonium auf über 70°, wobei Ammoniumcarbonat abgespalten wird
und Polyvinylamin zurückbleibt.
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5. Vinylcarbaminsäuremethylester: ioo Teile Äthylenimin werden nach
Beispiel i in das vinylcarbaminsaure Äthylenimin übergeführt. Dieses Salz wird bei
guter Kühlung auf - 5& mit 5ooo Teilen gekühlten Äthers übergossen und gasförmiges
Diazomethan eingeleitet (etwas mehr als die berechnete Menge). Darauf wird die Mischung
langsam auf Zimmertemperatur gebracht, von polymerisierten Anteilen abfiltriert
und das Filtrat im Vakuum eingedampft. Es hinterbleibt der fast reine 13ster in
guter Ausbeute.
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0. Älischpolymerisat von Vinylamin und Äthyleniiniri: ioo Teile Äthylenimin
werden nach Beispiel i mit Kohlendioxyd umgesetzt. Das kristallisierte v inylcarbaniinsaure
Äthylenimin wird bis zur beginnenden Kohlendioxydabspaltung erwärmt. Bei o@ tritt
Schmelzen ein. Die Flüssigkeit erwärmt sich ohne Anwendung von Kühlung auf 15o°
und hinterläßt beim Abkühlen auf Zimmertemperatur eine viskose Flüssigkeit. Es ist
jedoch die Anwendung einer Kühlung zu empfehlen, um Substanzverluste und Verfärbungen
durch diese hohe Temperatur zu verhindern.
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Das Polymerisat bildet Ketten mit abwechselnd einer primären und tertiären
Aminogruppe.
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7. Kondensationsprodukt aus Polymerisat nach Beispiel 6 und Acetessigester:
ioo Teile Polymerisat nach Beispiel 6 werden mit 30o Teilen Acetessigester bis zur
Lösung erhitzt. Nach dem Abkühlen wird mit iooo Teilen Essigester verdünnt, worauf
2o bis 6o Teile Crotonaldehyd hinzugefügt werden. Das resultierende Reaktionsgemisch
als solches dient als Klebstoff.