DE85760C

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Publication number: DE85760C
Application number: DENDAT85760D
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KAISERLICHES

PATENTAMT/^

PATENTSCHRIFT

KLASSE 29

J. SOLTAU in BERGEDORF.

Bauchspeicheldrüse.

Patentirt im Deutschen Reiche vom 6. März i8g5 ab.

Alle bis jetzt angewendeten Methoden der Isolirung von Gespinnstfasern beruhen darauf, entweder durch mehr oder weniger energisches Behandeln der Rohstoffe mit Chemikalien oder durch einen künstlich eingeleiteten Fäulnifsprocefs die Pektinate und harzigen Theile zu zersetzen und die in Lösung gegangenen Zersetzungsproducte durch Auswaschen zu entfernen.

Mehr oder weniger haben alle diese Methoden den .Nachtheil, dafs sie bei nicht entsprechend energischer Einwirkung nicht genügend lösend wirken und infolge dessen bei der weiteren mechanischen Verarbeitung des Faserstoifes grofse Verluste an Material verursachen; oder bei zu energischer Einwirkung die Faser zwar genügend isoliren, dieselbe aber selbst derartig angreifen, dafs das daraus gewonnene Product an. Haltbarkeit und Qualität Einbufse erleidet.

So werden bis heute die Cocons der sogen, wilden Seiden durch Kochen und Dämpfen mit Natronlauge und Säuren behandelt, wobei eine der ursprünglichen Stärke des Fadens bei weitem nicht entsprechende, verhältnifsmäfsig mürbe und unansehnliche Seide resultirt. So werden die Faserstoffe des Pflanzenreiches, so weit sie nicht bei der Thau- und Wasserröste der Gefahr des Ueberröstens ausgesetzt werden, durch Behandlung mit Chemikalien oder durch einen künstlich erzeugten Fäulnifsprocefs entweder nicht genügend degummirt oder wie beim Ueberrösten in ihrer Qualität geschädigt. Alle diese Uebelstände vermeidet man bei Anwendung des nachstehend beschriebenen neuen, nach langjährigen Versuchen erprobten Verfahrens, welches die Anwendung von Bauchspeicheldrüse (Pankreas), sei es in frischer, sei es in conservirter Form, zur Voraussetzung hat. Die Anwendung von Bauchspeicheldrüse zu diesem Zwecke ist neu und hat nirgends bisher stattgefunden. Zwar ist in dem Patent-Ansprüche der Patentschrift Nr. 36781 das Wort »Pankreatin-Lösung« enthalten, aber abgesehen davon, dafs »Pankreatin« "und Bauchspeicheldrüse nicht dasselbe ist, ist bei sachgemäfser Einhaltung der in der Beschreibung des Patentes Nr. 36781 angegebenen Arbeitsvorschrift die Benutzung auch von Pankreatin-Lösung thatsächlich ausgeschlossen, da diese aus thierischem Magen nicht gewonnen werden kann, weil derselbe kein Pankreatin enthält und der Magen in keinerlei Beziehung zur Bauchspeicheldrüse steht. Diese ist vielmehr eine ca. 14 bis 18 cm lange und ca. 3 cm dicke, in der Bauchhöhle, unmittelbar hinter dem Magen, quer vor der Wirbelsäule liegende Drüse von länglich platter Gestalt, welche durch einen eigenen Ausführungsgang (ductus pancreaticiis s. Wirsungianus) eine speichelähnliche, stark klebrige, alkalische Flüssigkeit in den Zwölffingerdarm ergiefst.

Das neue, auf die Eigenschaften der einzig und allein dieser Drüse eigenen Bestandtheile gegründete Verfahren besteht im wesentlichen in folgendem:

Das in gewöhnlicher Weise gereinigte Rohmaterial (Cocons wilder Seiden, Flachs, Hanf, Chinagras) wird in geeignete Gefäfse (Kessel oder Holzbottiche) gebracht und diese mit Wasser gefüllt, welchem ca. ι pCt Bauchspeicheldrüse in zerkleinertem Zustande oder ein entsprechendes Quantum durch irgend ein Conservirungsmittel (Glycerin, Salz, Trocknen) conservirter Bauchspeicheldrüse und Y₄ pCt. doppelkohlensaures Natron zugesetzt ist, wobei das Aufsaugen des Lösungsmittels durch Anwendung von Luftleere beschleunigt werden kann. Nachdem sich das Material vollgesogen, wird so viel Flüssigkeit nachgefüllt, als nöthig ist, um das Rohmaterial völlig zu bedecken, und hierauf das Ganze in geeigneter Weise auf eine Temperatur von 40° C. gebracht und in dieser Temperatur belassen, bis die Lösung der Pektinate etc. sich vollzogen hat.

Die Zeitdauer hierfür ist, je nach Beschaffenheit des Rohmaterials, verschieden. So erforderten z. B. die Cocons von Antheraea Mylitta ca. 24 Stunden; diejenigen von Antheraea Pernyi ca. 36 Stunden; während z. B. Flachs nur eine 18 bis 24 stündige Einwirkung verlangt, bedingt Hanf eine 48stündige.

Nachdem man sich von der genügenden Einwirkung überzeugt hat, wird die Flüssigkeit abgelassen, und das mit gewöhnlichem Wasser ausgesüfste Material ist zur weiteren Verarbeitung fertig.

Claims

Patent-Anspruch:

Verfahren zur Degummirung von Gespinnstfasern animalischen und vegetabilischen Ursprungs durch Behandlung der Rohstoffe mit Bauchspeicheldrüse in frischem oder conservirtem Zustande.

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