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Verfahren zur Herstellung von langen, spinnfähigen, insbesondere zur
Herstellung von Kunstleder geeigneten Fasern Die Erfindung bezieht sich auf die
Herstellung von möglichst langen, spinnfähigen Fasern aus vegetabilisch gegerbtem
Leder unter Rückgewinnung des Gerbstoffes durch Quellung mit starken Basen und Zerfaserung.
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Es ist bereits bekannt, Kunstleder durch Behandlung von Fasern, darunter
auch Lederfasern, in wäßriger Suspension mit Bindemittel herzustellen. Über die
zur Herstellung von Kunstleder geeignete Faser hat K ü n t z e 1 in dem Jahresbericht
über das 13. Vereinsjahr,der Vagda (1937) Seite 24 und 25 geäußert, daß Lederfasern
in genügender Vereinzelung und Länge besonders geeignet sein müssen, bei dem Aufbau
eines Faserkunstleders mitzuwirken, da, je länger die Einzelfasern sind, es um so
leichter g eddng ein müßt; , sie lediglich durch Verfilzung in einen mechanischen
Zusammenhalt zu bringen, wodurch der erforderliche Anteil Bindemittel entsprechend
vermindert werden könnte.
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Es ist janderseits bekannt, Fasern aus vegetabilisch gegerbtem Leder
durch Behandlung des Leders mit starken Basen und Zerfaserung zu gewinnen. Nach
der französischen Patentschrift 397 972 wird das Leder zuerst mit ammoniakalischer
Lauge behandelt, hierauf gewässert und schließlich zerfasert. Nach der französischen
Patentschrift 469779 wird das Leder zuerst mit einer warmen Lösung von @Tatriumbicarbonat,
hierauf mit verdünnter Essigsäure und schließlich mit einer Ammoniaklösung behandelt,
dann ausgewaschen, zerteilt und zerfasert. Schließlich werden nach der französischen
Patentschrift 65o 593 Lederabfälle zwei alkalischen Behandlungen unterworfen, nämlich
zuerst der Einwirkung von Natriumbicarbonat und .dann von Ammoniak ausgesetzt und
anschließend gewaschen und zerfasert. Gemeinsam ist allen diesen Verfahren, daß
die letzte chemische Behandlung alkalisch ist und daß das alkalisch gequollene Leder
vor der Zerfaserung mit Wasser ausgewaschen wird.
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Die Erfindung beruht auf folgenden Feststellungen. Leder besitzt bekanntlich
an seiner Oberfläche eine besonders harte Narbenschicht. Wird das Leder in bekannter
Weise in alkalisch gequollenem Zustand gemahlen, so werden bei der anschließenden
Zerfaserung aus dem unter der Narbenschicht liegenden Ledermaterial lange Lederfasern
erhalten.
Die 21Zarbenschicht des Leders ergibt jedoch in alkalisch gequollenem Zustand g
-mahlen keine Fasern, vielmehr wird sie zu kleinen Filmstückchen zerkleinert, die
im Endprodukt sehr störend wirken, indem sie einerseits dem Kunstleder ein unansehnliches
flekkiges Aussehen geben, anderseits zu Inlioinogenitätsstellen im Faserverband
und somit zti schwachen Stellen im Kunstleder Anlaß gebe. Aus diesem Grunde dürfte
auch vorgeschlag2^,i worden sein, das alkalisch gequollene Lecl(@r vor der Zerfaserung
zu wässern.
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Wird aber völlig ausgewaschenes Leder in neutralem oder auch saurein
nicht gequollenem Zustand z. B. durch eine Zahnscheibenmühle zerkleinert, so werden
aus dem unter der Narbenschicht liegenden Ledermaterial kurze Fasern erhalten. Anderseits
wird die -Narbenschicht, die in entquollenem Zustand besonders hart ist, so fein
zerteilt, daß sie bei der Weiterverarbeitung der Lederfasern, insbesondere im fertigem
Kunstleder, sich nicht mehr störend bemerkbar macht.
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Der Erfin;lung liegt die Aufgabe zugrunde. einerseits die Narbenschicht
so fein zu zerteilen. daß sie n:clit mehr störend wirkt. anderseits aus dein Leder
möglichst lange Fasern zu erhalten. Diese Aufgabe der Erfindung wird dadurch gelöst,
daß das alkalisch gequollene, mit Wasser ausgewaschene Leder mit schwachen Säuren
oberflächlich entquollen und in diesem Zustand zerkleinert und zerfasert wird. Hierdurch
werden beide Bestanrlteile des Leders in den jeweils für die Lösung der Aufgabe
der Erfindung günstigsten Zustand zerteilt, die Narbenschicht in den für die feine
Zerkleinerung günstigsten entquollenen, schwach sauren Zustand. das Innere in den
für die Erhaltung der langen Fasern günstigsten alkalisch gequollenen Zustand.
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Das Ziel der Erfindung könnte durch die bekannte Auswaschung von alkalisch
gequollenem Leder selbst dann nicht erreicht werden, wenn dieses Auswaschen nur
oberflächlich vorgenommen werden würde. Wenn mit Wasser gewaschen wird, so ist nur
ein sehr geringer und nur kurze Zeit währender Unterschied des A.Ikali gehaltes
zwischen der Oberfläche und dem Inneren der Lederstücke zu erreichen. Sehr bald
tritt durch Diffusion von Alkalien aus dein Inneren der Lederstücke in die Oberfläche
ein Ausgleich itn Alkaligehait ein. Demgegenüber wird durch oberflächliche Behandlung
der Lederstücke mit Säure die Oberfläche sofort durch Salzbildung von Alkalien weitgehend
befreit und entquollen. Dies erfolgt so schnell und gründlich, daß die Diffusion
von Alkalien aus dein Inneren der Lederstücke mir nach längerem Lagern wieder Alkali
an die Oberfläche bringen kann.
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Es wurde zwar bereits in der französischen Patentschrift
590 905 vorgeschlagen, alkalisch behandelte Lederabfälle zu zerfasern und
danach mit Säure, z. B. Salzsäure, zti behandeln. Durch diese Behandlung würde <las
Ziel der Erfindung nicht erreicht werden, da die Säurübehandlungerst nach der Zerfaserung
durch--eführt wird, die Zerfaserung aber in alkalisch gequollenem Zustand erfolgt.
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In Ausübung der Erfindung werden die vegetabilisch gegerbten Leder
finit stark alkalischen Stoffen, vorzugsweise finit Natronlauge, Iialilatige, Sorla
oder Ammoniak, behandelt. Diese alkalischen Stoffe werden als Laugen mit einer Konzentration
von i bis io°;`o verwendet. 'Man kann aber auch entsprechend stark alkalische organische
Basen verwenden. Die Behandlung dauert je nach Konzentration und Wahl de: alkalischen
Stoffes mehrere Stunden bis mehrere Tage und muß auf alle Fälle so lange fortgesetzt
werden, bis die Lederstücke einen pH Wert von etwa io bis 12 annehmen.
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Hierauf werden. die Lederabfälle finit Wasser gewaschen und finit
Säuren derart behandelt, daß sie oberflächlich entquollen werden. Iin allgemeinen
ist es zweckmäßig, die Säurekonzentration so zu wählen, daß die Oberfläche des Leders
einen p11-Wert unter 9, vorzugsweise von 5 bis 6 aufweist, während das Innt:re noch
einen pH-Wert von etwa io hat. Wird dieses oberflächlich weitgehend entquallene,
iin Inneren aber noch gequollene Leder gemahlen, so wird einerseits der entquollene
Narbenteil, der infolge der Entquellung einen höheren. Widerstand beim Mahlen zeigt,
so weitgehend zerkleinert, daß keine gröberen Narbenstücke in die Fasern gelangen,
während anderseits die inneren Teile des Leders infolge ihres Quellungszustandes
durch das Mahden schonend in relativ lange Fasern zerlegt werden.
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Zur Zerkleinerung und Zerfaserung des Leeiers können die gleichen
Vorrichtungen, insbesondere Mühlen, verwendet werden, die auch bisher zti diesem
Zweck verwendet wurden. Ida bei der Zerkleinerung des Leders große Mengen @@"ärine
frei «-erden. ist e: empfehlenswert, die Zerkleinerung unter Kühlen vorzunehmen.
Vorzugsweise wird durch Zusatz von kaltem Wasser zur gequollenen Masse gekühlt.
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Man erhält ein sehr reines Produkt, das so I;ut ivie ausschließlich
aus langen Fasern besteht und für viele weitere Zwecke ohne weiteres angewendet
werden kann. In einzelnen 1#iilleti ist es zweckmäßig, das Produkt durch Waschen
mit Wasser und zum Schluß finit stark verdünnter Säure im Idolländer zu neu= tralisieren.
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Die beim Waschen erhaltenen stark alkalischen Laugen können zur Behandlung
von frischem
Leder wieder verwendet werden. Sind sie mit Alkali
und Gerbstoff, der bei dieser Behandlung in Lösung geht, weitgehend gesättigt, so
werden sie auf festes Alkali und Gerbstoff verarbeitet.
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Die gewaschenen entquollenen Fasern stelien infolge ihrer Länge von
mehreren Zentimetern und ihrer Freiheit von groben Narbenteilen einen vorzüglichen
Ausgangsstoff zur Herstellung von Kunstleder dar. Hierzu werden sie in bekannter
Weise in Wasser suspendiert, mit Bindemitteln behandelt und die erhaltene Masse
auf dem Schöpfwege auf Sieberz zu Platten verarbeitet. Infolge der Länge der Fasern
kann man bis zu 3j4 derjenigen Bindemittel Mainsparen, die zur Herstellung von gleichwertigem
Kunstleder aus Ledermehl bzw. kurzen Lederfasern gebraucht wird. Abgesehen von dieser
Ersparnis an Bindemitteln erhält man ein Produkt, das in bezug auf Reiß- und Nähfestigkeit
den bisherigen Kunstledern überlegen ist.
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Zur Erhöhung der Standfestigkeit des Kunstleders ist es vielfach zweckmäßig,
die langen Fasern mit geringen Mengen Ledermehl oder kurzen Lederfasern oder auch
Zellstoffasern zu füllen.
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Das erhaltene Kunstleder kann für Einlegesohlen, Brandsohlen, Zwischensohlen,
Schuhkappen, Schuhsohlen oder Koff@eTpl,atteln verwendet werden.
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Die erhaltenen Fasern können auch zu anderen Zwecken dienstbar gemacht
werden. Sie können z. B. versponnen werden und auf völlig neue Textilstoffe verarbeitet
werden.
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Je nach dem Verwendungszweck der Fasern können sie mit Stoffen behandelt
werden, die ihre Eigenschaften in bezug auf den Verwendungszweck verbessern. Insbesondere
können die Fasern durch Behandlung mit Gerbstoffen nachgegerbt werden, weiterhin
mit Ölen, Fetten, Netzmitteln, Weichmachern u. dgl. behandelt werden.
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Beispiele i. ioo kg Bodenleder, mit 8o°I'Q Trockengehalt werden mit
15 g Ätznatron in 5 °;;iger Lösung 2 Tage im Walkfaß unter zeitweiliger Bewegur
g behandelt. Dann wird die Lauge abgelassen und die Bodenlederrückstände durch dreimaliges
Bedecken mit Wasser, Umlaufenlassen des Fasses und Ablassen des Wassers gewaschen.
Hierauf werden die Stücke ein viertes Mal mit Wasser bedeckt, dem 8 Liter konzentrierte
Salzsäure zugegeben wurden und das Faß 4. Stunden umlaufen gelassen. Die Flotte
hat jetzt einen PH-Wert von 5,6. Nach dem Ablassen des Wassers werden die im Äußeren
schwach sauren, im Ineren noch stark alkalischen Bodenlederabfälle in einer Zahnscheibenmühle
gemahlen, wobei durch Zusatz- von Wasser gekühlt wird. Die erhaltene Fasermasse
wird im Holländer i Stunde mit hartem Wasser ,.,(waschen. Die gewaschenen Fasern
werden getrocknet oder können auch sofort auf .Kur ,stle;ler verarbeitet werden.
Man erhält etwa 3,5 kg lange Fasern. Aus der alkalischen 1 äuge wird der
Gerbstoff zurückgewonnen.
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2. ioo kg Bodenlederabfälle mit 85°,o Trokkengehalt werden mit einer
Lösung- von 5 kg calc:niierter Soda in ioo Liter Wasser 3 Tage im Walkfaß unter
zeitweiliger Bewegung behandelt. Die Brühe wird hierbei beinahe vollständig von
den Lederstückchen aufgenommen. Anschließend werden in das Walkfaß -2oo Liter 5°,Qige
Natronlauge zugegeben und das Faß während i Stunde einige Male bewegt. Dann wird
die Natron1.auge abgelassen und die Bodenlederabfälle durch dreimaliges Bedecken
mit Wasser, Umlaufenlassen und Ablassen des Wassersgewaschen. Hierauf werden dieStückc
ein viertes Mal mit Wasser bedeckt und 8 Liter konzentrierte Salzsäure zugegeben.
Nach vierstündigem Umlaufen des Fasses wird das Wasser abgelassen und die Abfälle
mit einer Zahnscheibenmühle zerfasert: