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Verfahren zur Herstellung von Hormonen aus dem männlichen Geschlechtsapparat
Vorliegende Erfindung hat die Herstellung neuer Hormone vom Polypeptidtypus zum
Gegenstand, die aus dem männlichen Geschlechtsapparat erhalten werden können und
deren Wirkung in der gleichen Richtung liegt wie die der bekannten männlich wirksamen
Hormone.
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Bald, nachdem die männlich wirksamen Hormone der Steringruppe entdeckt
und synthetisiert waren, machte man die Erfahrung, daß diese eine stimulierende
Wirkung auf die accessorischen Geschlechtsorgane besitzenden Substanzen bei sich
über längere Zeit erstrekkender Darreichung einen schädigenden Einfluß auf die Hoden
selbst ausüben. So wurde von den Erfindern beispielsweise festgestellt, d:aß die
Injektion von je 250 y Testosteronacetat in 6 Dosen bei infantilen
Ratten einen Stillstand im Wachstum der Hoden von io°lo gegenüber den Kontrolltieren
bewirkt.
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Es ist nun gelungen, neue Hormone aus Hoden, Vesiculardrüsen und Prostata
junger männlicher Individuen, die alle bekanntlich kein gonadotropes Hormon enthalten,
zu gewinnen, die in ihrem Aufbau den Polypeptiden nahestehen. Das Verfahren zur
Gewinnung dieser Hormone besteht in Kürze darin, daß aus den genannten Ausgangsmaterialien
die in Äther und anderen Lipoidlösungsmitteln unlösliche Polypeptidfraktion abgetrennt
und aus ihr die wirksame Substanz in geeigneter Weise, z. B. durch isoelektrische
Fällang,
Alkohol- oder Acetonfällung, Behandlung mit Essigsäure
und Aceton, Aussalzen aus dem Extrakt o. dgl., gewonnen wird.
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Die durch ein solches Verfahren zu erhaltenden Substanzen besitzen
ein hohes Molekulargewicht und saure Eigenschaften, sie entziehen sich aber den
üblichen Methoden einer chemischen Identifizierung. Es können je nach dem als Ausgangsstoff
verwandten Drüsenmaterial drei verschiedene Hormone gewonnen werden, die charakteristische
chemische Eigenschaften besitzen, deren genaue Zusammensetzung aber bisher noch
nicht ermittelt werden konnte, obwohl sie wahrscheinlich selbst als Polypeptide
anzusehen sind. Sie besitzen einen definierten isoelektrischen Fällungspunkt, bilden
Pikrate und können unter gewissen Bedingungen kristallisiert werden. Sie ähneln
in gewisser Hinsicht dem Insulin und einigen Hormonen des Hypophysenvorderlappens.
Wenn sich die physiologischen, histologischen und klinischen Untersuchungen mit
den neuen Hormonen auch noch im Anfangsstadium befinden, so kann doch schon festgestellt
werden, daß sowohl bei ihrer Verabreichung für- sich wie auch im Gemisch mit männlichem
Hormon (Testosteron) große Gewichtsänderungen im Geschlechtsapparat der Ratte eintreten.
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Das aus Hoden gewonnene neue .Hormon steigert insbesondere die Größe
der Hoden, vermindert aber etwas das Gewicht der Vesiculardrüsen und der Prostata.
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Das aus Vesiculardrüsen gewonnene Hormon vermindert in der Regel die
Größe der Hoden und der accessorischen Geschlechtsorgane (Vesiculardrüsen und Prostata),
insbesondere in größeren Dosen.
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Das aus Prostata erhaltene Hormon vermindert insbesondere dasGewicht
der Prostata. Die Vergleichsversuche mit Testosteron haben folgendes ergeben: Bei
einem Eber entfallen auf iooo Gewichtsteile Hodengewebe 7oo Gewichtsteile Vesiculardrüsen
und 8 Gewichtsteile Prostatagewe.be. Verwendet 'man in einem Fall eine Kombination
der drei neuen Hormone in diesem Gewichtsverhältnis zusammen mit Testosteron, im
anderen Fall Testosteron allein, so wird das Gewicht der Hoden in folgender Weise
beeinflußt: Testosteron (i,5o mg in 6 Tagen) -8,8°% Testosteron plus die drei neuen
Hormone (in dem oben angegebenen Verhältnis mit 6 g Hodengewebe als Basis in 6 Tagen)
. . . . . . . . . . . . . . .L o,8 ')/0
Wird die Darreichung auf 1a oder i8
Tage ausgedehnt, so tritt die schützende und st.imulierende Wirkung noch erheblich
stärker in Erscheinung. Gibt man die Kombination von Testosteron und den drei neuen
Hormonen zusammen mit 1,5 Evanseinheiten von gonadotropem Hormon, so tritt in 6Tagen
eine Größen -zunalime der Hoden von 25'1, gegenüber <len Kontrollen ein.
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Wenn oben gesagt wurde, daß die neuen Hormone in gewissem Sinn in
ihrem chemischen und physiologischen Verhalten einigen Hormonen des Hypophysenvorderlappens
ähneln, so sei betont, daß sie nicht die geringste gonadotrope Wirkung zeigen, wenn
sie an der weiblichen 'Ratte geprüft «-erden. Auch an der männlichen Ratte ist ihre
Wirkung eine andere als die des gonadotropen Hormons, denn einerseits sind die Dosen
der neuen Hormone, die. einen physiologischen Effekt auslösen, viel größer als die
des gonadotropen Hormons; andererseits ist ihre @@'irkung eine deutlich verschiedene
je nach dem Ausgangsmaterial, aus dem sie gewonnen werden.
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Die neuen Hormone haben auch nichts finit dem K-Faktor von David,
D i n g e in a n n s e , F r e u n d und L a q u e u r (Zeitschr. f. physiol. Chemie,
Bd. 233. S. 28 i ; Acta Brevia Neerl. Bd.5. S.84) zii tun, der nach Miescher, Wettstein
&. S c h o p p (Schweiz. ined. Wocli. Bd.66, S.310) Palinitinsäure oder eine
andere analoge Fettsäure ist. Sie sind weiterhin verschieden von den Rohextrakten
aus Hodengewebe, die nach den Arbeiten der genannten schweizerischen Autoren den
Y-Faktor von Laqueur und seinen Mitarbeitern enthalten. Alle vorgenannten Arbeiten
waren mit kastrierten Ratten ausgeführt, und es konnten deshalb die hier beschriebenen,
an mehreren hundert normalen Ratten ermittelten Ergebnisse bei den früheren Forschungen
auch gar nicht festgestellt werden. Im Gegensatz zu den von den älteren Autoren
verwandten Rohextrakten wurden die vorliegend beschriebenen Ergebnisse von den Erfindern
in der Hauptsache mit Reinpräparaten erzielt, die vollständig frei von Lipoiden
waren, also unter Bedingungen, wie sie bezüglich Reinheit von so hochmolekularen
Stoffen nur irgendwie erwartet werden konnten.
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Die neuen Hormone besitzen, wie bereits erwähnt, eine Wirkung für
sich und auch ini Gemisch mit verschiedenen männlichen Geschlechtshormonen der Steringruppe,
und zwar sowohl eine synergistische wie auch eine schützende.
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Für sich allein sind sie praktisch unlöslich in Wasser. In Form ihrer
Alkalisalze bilden sie aber leicht injizierbare Lösungen. Ihre Löslichkeit in Alkohol
ist besser als in hochkonzentriertem Aceton; das aus Hoden gewonnene Hormon ist
das löslichste.
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Die Herstellung der drei neuen Hormone gründet sich auf folgende Hauptoperationen:
i.
Extraktion der Organe Die neuen Hormone besitzen amphoteren Charakter und werden
am leichtesten im alkalischen Medium extrahiert. Die nächstbeste Methode ist die
saure Extraktion, während im neutralen Medium die schlechtesten Ausbeuten erhalten
wenden. Als Lösungsmittel kann Wasser verwandt werden, es extrahiert aber zuviel
fremde Stoffe mit. Als der praktisch am. besten geeignete Weg wurde die Verwendung
von alkalisch gemachten, mit Wasser mischhären Lösungsmitteln, wie Aceton oder Alkohol,
ermittelt. Da die Substanzen in Alkohol löslicher sind als in Aceton, wurde die
Verwendung von Alkohol vorgezogen. Insbesondere wurde 65°1oiger Alkohol, der io
ccm n-Natronlauge auf ioo g der frischen Drüsen enthielt, zur Extraktion der fein
zerkleinerten frischen Organe verwandt. Auch Ammoniak kann an Stelle des kaustischen
Alkalis verwandt werden, es liefert aber ein stärker gefärbtes Produkt. Das Ausgangsmaterial
kann der Extraktion auch in Form von Pulver unterworfen werden, wie es aus einem
Trocknungsprozeß der Organe mit Aceton hervorgeht.
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2. Gewinnung des aktiven Materials aus den Extrakten Hierfür kommen
die verschiedensten Methoden in Frage. Die am meisten angewandten sind :die folgenden:
a) Isoelektrische Fällung Stellt man die alkoholischen Extrakte je nach Ausgangsmaterial
auf PH = 5,9 - 6,2
- ein, so werden :die reinster- Präparate mit entsprechend
geringer Ausbeute erhalten. Das auf diese Weise zu erhaltende Fällungsprodukt wird-
in verdünntem Alkali gelöst, von ungelösten Anteilen befreit und die isoelektrische
Fällung noch ein- oder zweimal wiederholt. Für eine vollständige Fällung können
Reagenzien, wie Pikrinsäure, verwandt werden. Das Pikrat wird mit alkoholischer
Salzsäure zersetzt und ergibt nach vorsichtiger Fällung mit Aceton ein kristallines
Chlorhydrat, das im Aussehen Insulinkriställen nicht unähnlich dst. Beim Eindampfen
der Mutterlaugen erhält man einen weiteren Anteil des Pikrats. b) Alkohol- und Acetonfällung
Während die unter a beschriebene und am meisten gebrauchte Methode die reinsten
Präparate ergibt, werden höhere Ausbeuten an dann auch nicht so reinen Präparaten
erhalten, wenn man die neutralisierten Extrakte auf eine Alkoholkonzentration von
8o bis 9o % bringt. Noch besser sind die Ausbeuten, wenn man mit 6 Volumteilen Aceton
fällt. Die nachfolgende Reinigung kann mittels isoelektrischer Fällung oder Reagenzien,
wie Pikrinsäure, bewirkt werden.
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c) Behandlung mit Essigsäure und Aceton Die neutralisierten Extrakte
werden im Vakuum zur Trockne verdampft, worauf der Rückstand in 98 °/oiger Essigsäure
gelöst wird. Nachdem von unlöslichen Anteilen abgetrennt ist, wird der klare Extrakt
mit 6 Volulnteilen Aceton gefällt. d) Aussahen Die eingeengten Rohextrakte können
mit Neutralsalzen, wie halbgesättigte Lösungen von reinem Ammoniulnsulfat, ausgesalzen
werden. Der von der Flüssigkeit durch Filtration getrennte Niederschlag wird dann
in üblicher Weise weitergereinigt.
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Aus vorhergehendem ergibt sich, daß alle für die Herstellung von Hormonen
des Polypeptidtypus,wie Insulin, Parathormon (aus der Nebenschilddrüse gewonnen
und auch als Colliphormon bekannt), gonadotropes Hormon und andere Hormone des Ilypophysenvor.derlappens
gebräuchlichen Methoden bei der Gewinnung der neuen Hormone des männlichen Sexualtractus
mit Erfolg angewandt wenden können, und daß die Anreicherung und Abtrennung des
aktiven Materials nicht auf irgendein bestimmtes Verfahren beschränkt ist.
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Es ist bereits ein Verfahren bekannt, die männlichen Keimdrüsen durch
Hydrolyse mittels Alkalien zu behandeln. Es dient hauptsächlich dazu, um die lipoidlöslichen
Hormone zu gewinnen. Demgegenüber ist das vorliegende Verfahren auf den amphotären
Charakter der neuen Hormone abgestellt, die in schwachen Alkalien oder schwachen
Säuren "löslich sind. Es dient dazu, die Polypeptidfraktion zu gewinnen, und zwar
ohne Anwendung der Hydrolyse.
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Durch folgende Beispiele soll das neue Verfahren noch näher erläutert
werden: Beispiel i Hormon aus Hoden i kg frische, gefrorene Drüsen werden mittels
einer üblichen Vorrichtung fein zerkleinert. Der erhaltene Brei wird mit 5 1 eines
Gemisches extrahiert, das aus Alkohol und ioo ccm n-Natronlauge :besteht und so
eingestellt ist, daß sich eine End-konzentration des Alkohols von 65 °/o ergibt.
Nach Stehen und Schütteln wird :der Brei auf einem Büchertrichter abgesaugt und
der Rückstand nochmals dreimal mit :z1/21 eines Gemischs von 65%igem Alkohol und
5o ccm n-Natronlauge
extrahiert. Die vereinigten Filtrate werden
auf ein pH = 5,9 gebracht und über Nacht im Eisschrank stehengelassen.
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Der hierbei entstandene Niederschlag wird nach vorausgegangener Dekantierung
durch Zentrifugieren von der Flüssigkeit getrennt. Es wird dann in möglichst Wenig
ö -Natronlauge gelöst und die etwa ungelöst bleibenden Anteile aus der Lösung entfernt,
worauf die klare Lösung wiederum isoelektrisch gefällt wird. Dieses Lösen und Fällen
kann gegebenenfalls nochmals wiederholt werden. Das Produkt der letzten Fällung
wird zunächst finit starkem Alkohol, dann im Vakuum getrocknet; es ergibt ein farbloses
Pulver. Die Ausbeute beträgt etwa i g. Kristalline Produkte können häufig erhalten
«-erden, wenn man in alkoholischer Salzsäure ein Chlorhydrat erzeugt und erkalten
läßt oder, wenn hierbei keine Kristallisation eintritt, durch Überführung in ein
Pikrat und anschließende Zersetzung.
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Durch Eindampfen der Mutterlaugen der isoelektrischen Fällung mittels
Pikrinsäure kann etwa ein weiteres Gramm der Substanz erhalten «-erden. Beispiel
Hormon aus Vesiculardrüsen Verfahren und Ausbeuten sind im wesentlichen die gleichen
wie bei Beispiel i. Der isoelektrische Punkt liegt aber bei pH <>,1. Beispiel
3 Hormon aus Prostata Das Verfahren entspricht in seinen Grundzügen ebenfalls dein
im Beispiel i beschriebenen. Die Fällung muß aber bei pH = 6,2 ausgeführt `-erden;
die Ausbeute ist etwa sechsmal so groß. Beispiel .l :lcetonpulver als Ausgangsmaterial
Statt frischer Drüsen können auch Pulver als Ausgangsmaterial verwandt Werden, wie
sie durch Trocknen der aus einer Acetonbehandlung der Organe entstehenden Produkte
hervorgehen. Diese Pulver sollen aber aus einer Behandlung der Organe mit einer
genügenden Menge Aceton gleich von Anfang an hervorgehen, um Verluste durch Inlösunggehen
der wirksamen Substanzen zu vermeiden. Die Behandlung mit Aceton wird so lange fortgesetzt,
bis alle acetonlöslichen Substanzen entfernt werden. Nachdem das ungelöst gebliebene
Material in Pulver übergeführt ist, wird es mit 65 °/oigem Alkohol und Natronlauge
in der üblichen Weise extraliiert. Dieses Verfahren ist besonders dann von Interesse,
wenn man auf ein länger in Vorrat gehaltenes Ausgangsmaterial zurückreifen will.
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Beispiel 5 i lcg frische, gefrorene Drüsen wird zerkleinert und mit
Aceton getrocknet. Das Acetonpulver (2oo g) wird mit 1250 ccm So°(.igein
Aceton, das eine hinreichende Menge Salzsäure enthält, um das pH auf. i,5 zu bringen,
extrahiert. Nach Entfernen der Flüssigkeit durch Filtration Wird das Pulver finit
dein halben Volumen Aceton auf gleiche Weise extrahiert. Die beiden Extrakte werden
vereinigt und mit 1,2 Volumteilen wasserfreiem Aceton gefällt, %vorauf man im Eisschrank
über Nacht stehenläßt. Nach Entfernung der Flüssigkeit wird der Niederschlag durch
Lösen in 5o°/oigem Aceton und Fällen mit .I Volumteilen wasserfreiem Aceton gereinigt.
i kg Drüsen ergibt 2,25 g des Chlorhydrats.
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Ein die 3 Hormone enthaltendes Präparat kann erhalten werden, wenn
man von einem Gemisch der drei Drüsen ausgeht.