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Verfahren zur Gewinnung weiblicher Sexualhormone in kristallisierter
Form Es gelang bisher nur durch vielstufige, äußerst mühsame Reinigungsverfahren
die aus menschlichem oder tierischem Harn erli.-iltlichen Rohextrakte, welche die
Hormone enthalten, auf einen derartigen Reinheitsgrad zu bringen, der die kristalline
Abscheidung der wirksamen Stoffe gestattet. Es hat sich nun gezeigt, daß es leicht
gelingt,- die weiblichen Sexualhormone in kristallisiertem Zustand aus hormonhaltigen
Extrakten menschlicher oder tierischer Harne zu gewinnen, indem man diese Extrakte
mit wäßrigen Lösungen von Hydroxyden der Metalle der zweiten Gruppe des periodischen
Systems bis zur Bildung eines leicht zerfallenden Pulvers behandelt, den Niederschlag
abfiltriert, gründlich auswäscht, die gesammelten wäßrigen Auszüge ansäuert, mit
einem mit Wasser nicht mischbaren Lösungsmittel extrahiert und die erhaltenen Extralote
in an sich bekannter Weise durch Auswaschen mit Alkalicarbonatlösungen weiter reinigt.
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Die Behandlung von Keimdrüsen bzw. Placenten oder von Extrakten dieser
Organe mit Lösungen der Erdalkalihydroxyde zur Gewinnung weiblicher Sexualhormone
ist bereits bekannt. Jedoch gelang es bisher nicht, die Hormone aus diesen Organen
in kristallisiertem Zustand zu gewinnen. Es konnte keineswegs vorausgesehen werden,
daß das vorliegende Verfahren in so überraschend einfacher Weise zum Ziele führen
werde, nachdem andere zur Reinigung von Keimdrüsen benutzte Methoden bei der Übertragung
auf Harnextrakte versagt hatten. Insbesondere lassen sich nach D o i s y, V e 1
e r &-
T h a y e r (Journal of Biological Chemistry, Band 86, 1930, Seite
499) die in den Harnextrakten auftretenden Ballastkörper, welche von denjenigen
der Keimdrüsen verschieden sind, nicht auf die gleiche Weise beseitigen. Während
bei der Behandlung von Keimdrüsen- bzw. Placentaextrakten mit wäßrigen Lösungen
von Erdalkalihydroxyden lästige Schmieren auftreten, welche die Extraktion in hohem
Maße erschweren, führt die entsprechende Behandlung von Harnextrakten zu feinpulvrigen
Niederschlägen, aus denen sich anhaftende Hormone leicht auswaschen lassen. Beispiel
z Der mit Hilfe von Butanol aus 5oo l Schwangernharn dargestellte Extrakt wird nach
dem Abdestillieren des Lösungsmittels einer mehrstündigen Wasserdampfdestillation
unterworfen, bei der flüchtige Substanzen beseitigt werden. Der erhaltene Rohextrakt
wird
bis zur bleibenden stark phenolphthaleinal'kalischen Reaktion. mit Kalkmilch bei
Wasserbadtemperatur durchgeknetet und der gelbgefärbte, klare, -%wäßrige Extrakt
dekantiert. Bei nochmäliger Wiederholung der Behandlung zerfällt die harzartige
Masse zu einem feinen braunen Pulver, das sich auf der Nutsche leicht abfiltrieren
läßt. Das Pulver wird im Tambour mit calciumhydroxydhaltigein Wasser einige Stunden
gemahlen, wieder abgenutscht und unter Rühren mehrmals mit Wasser von 9o bis ioo°
extrahiert. Die vereinigten wäßrigen Auszüge werden mit Salzsäure angesäuert, zweimal
mit je d.1 und sechsmal mit je 21 peroxydfreiem Äther extrahiert. (An Stelle von
Äther kann man z. B. auch Benzol, Essigester, Butanol oder Chloroform verwenden.)
Die Ätherextrakte werden gemeinsam zweimal mit je 3 1 1 °/oiger wäßriger Natriumbicarbonatlösung
und zweimal mit der gleichen Menge 0,33 °/oiger Soda gewaschen und auf -ein
kleines Volumen eingeengt. Während des Eindampfens scheiden sich Krusten von kristallisierten
weiblichen Sexualhormonen ab. Die noch mit öligen :Massen durchsetzte Substanz wird
mit etwas Essigester versetzt und einige Zeit bei - io' aufgehoben. Der Kristallbrei
wird abgesaugt, in siedendem Alkohol gelöst, die Lösung mit Tierkohle entfärbt und
filtriert. Hierauf :wird sie bis zur beginnenden Kristallisation auf dem Wasserbad
eingeengt, auf - io' abgekühlt und abgenutscht. Dabei wird ein rein weißes Hormon
vom F. 272 bis 276' (uncorr.) erhalten. Aus den alkoholischen ':Mutterlaugen
lassen sich weitere Mengen dieses Hormons gewinnen. Dampft man die Essigestermutterlauge
ein, so kann man aus dem Rückstand ein weiteres Hormon in farblosen Kristallen mit
einem Schmelzpunkt von etwa 250' gewinnen.
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Beispiel Der wie in Beispiel i gewonnene Rohextrakt aus io l Schwangernharn
wird nach Wasserdampfdestillation mit 5 g :Magnesia usta und 75 ccm Wasser im siedenden
Wasserbad verrieben und abgenutscht. Der unlösliche Anteil wird pulverisiert und
noch einige Male mit magnesiumhydroxydhaltigem Wasser im siedenden Wasserbad ausgezogen,
wobei der Rückstand jeweils auf der'Nutsche gut abgesaugt wird. Die wäßrigen Auszüge
werden mit Salzsäure angesäuert, mit Äther extrahiert und die Extrakte wie in Beispiel
t aufgearbeitet. Man erhält die dort beschriebenen Hormone.
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Beispiel 3 Der wie in Beispiel i gewonnene, mit Wasserdampf destillierte
1Zohextrakt aus 2o l Schwangernharn wird mit 2o g Zinkoxyd und Wasser bei 9o bis
ioo' verrieben und der wäßrige Extrakt abfiltriert. Die Extraktion wird mehrmals
wiederholt, und die wäßrigen Auszüge werden nach den Beispielen i und 2 auf kristallisierte
Hormone verarbeitet. Beispiel q.
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Man behandelt ein durch Extraktion von angesäuertem Schwangernharn
finit Äther gewonnenes Rohöl nach Beispiel i mit Kalkmilch und verarbeitet die erhaltenen
alkalischen Auszüge in der dort beschriebenen Weise weiter. Man erhält die kristallisierten
Hormone mit den bereits angeführten Eigenschaften. ' Beispiels Ein aus 500 1 Schwangernharn
gewonnener Butanolextrakt wird im Vakuum eingedampft und der - Rückstand so lange
mit Wasserdampf destilliert, als flüchtige Substanzen übergehen. Hierauf werden
750 ccm dreifach normale Kalkmilch zugefügt und die Wasserdainpfdestillation
bis zur völligen Vertreibung von Ammoniak und anderen, insbesondere basischen Substanzen
fortgesetzt. Man filtriert und mahlt den Rückstand in Gegenwart von 1,5 1 Wasser
und 5o ccm Kalkmilch. Nach dem Abnutschen rührt man das entstandene feine Pulver
öfters mit je 1,5 1 heißem Wasser aus und nutscht ab. Hierauf werden die vereinigten
Auszüge mit Salzsäure gegen Kongo schwach angesäuert und mehrmals mit peroxydfreiem
Äther extrahiert. Die Ätherextrakte wäscht man zuerst mit einer verdünnten Natriumbicarbonatlösung
und hierauf mit einer gleichen, aber noch etwas Natriumcarbonat enthaltenden Lösung
aus. Nach dem Abdestillieren der mit Wasser gewaschenen Ätherlösung bleiben die
Hormone in kristallisiertem Zustand zurück. Zum Zweck ihrer Trennung kann man sie
z. B. in der Wärme mit i °,/oiger. Natronlauge ausziehen, wobei geringe Mengen Ballaststoffe
ungelöst zurückbleiben. Das klare Filtrat wird mehrmals mit Äther ausgezogen und
der Extrakt mit Wasser gewaschen. Nach dein Verdampfen des Äthers bleibt ein schwach
gelbliches Harz zurück, das auf Zusatz von wenig Äthylacetat und' gegebenenfalls
etwas Petroläther rasch kristallisiert. Nach Beendigung der Kristallisatiön im Eisschrank
wird die Substanz abgenutscht, mit wenig Essigester gewaschen und getrocknet. Sie
stellt das reine Hormon der Zusammensetzung C"H220@ mit einem Schmelzpunkt von 256
bis z58° dar.
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Die mit Äther extrahierte alkalische Lösung wird mit Kohlensäure gesättigt
und öfters mit Äther ausgezogen. Die vereinigten
Extralote wäscht
man mit einer verdünnten wäßrigen Natriumbicarbonatlösung sowie mit Wasser aus.
Nach dem Verdampfen des Äthers bleibt das Hormon der Zusammensetzung C18H1403 in
kristallisierter Form zurück. Es läßt sich durch Behandeln mit Essigester und Umkristallisieren
aus Alkohol in Gegenwart von etwas Tierkohle v ollkominen rein erhalten. Es zeigt
einen SchmelzpUnkt von -a76 bis -a77°. Beispiel 6 Ein nach Beispiel i dargestellter
Auszug aus dem Harn trächtiger Stuten wird nach deal Angaben des Beispiels 5 verarbeitet.
Man erhält dabei vorzugsweise das kristallisierte Hormon der Zusammensetzung C,8H2202.
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Beispiel Ersetzt man in Beispiel 5 die Kalkmilch durch eine wiißrige
Bariumllydroxycllösung. so gelangt man ebenfalls zu kristallisierten Hormonen der
Zusammensetzung C18H2202 und C,8H2403.