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Verfahren zum Bleichen von pflanzlichem Fasergut, besonders von Baumwolle,
oder von Fasergut aus regenerierter Cellulose oder deren- Gemischen Man hat bereits
vorgeschlagen, das Chlorbleichbad bei der kombinierten Chlor-Sauerstoff-Bleiche
durch Zugabe von Ätznatron stark alkalisch zu machen. In der Praxis hat sich jedoch
gezeigt, daß durch einen derartigen Zusatz zwar eine gute Faserschonung erzielt
wird, daß aber andererseits die Bleichwirkung des Bades stark verringert und der
erreichbare Bleichgrad für die misten Zwecke nicht ausreichend ist. Zudem werden
etwa vorhandene Samenschalen nicht in genügendem Maße zerstört.
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Weiterhin ist es bereits bekannt, dem üblichen Chlorbleichbad Natritunbicarbonat
zuzugeben. Jedoch hat sich diese Maßnahme in der Praxis keinen. Eingang verschaffen
können, da das Fasergut in den bicarbonathaltigen Lösungen sehr leicht Schädigungen
erleidet und die Bleichflotte rasch zersetzt wird. Deshalb ist im Schrifttum wiederholt
vor dem Zusatz von Biaarbonat zu Chlorbleichbädern gewarnt worden.
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Die Zusätze von Ätznatron und Natriumbicarbonat wirken sich also in
ganz verschiedener Weise aus. Ätznatron schont das Fasergut und verringert den Bleicheffekt;
Bicarbonat dagegen begünstigt die Bleiche, zerstört aber die Faser.
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Nachdem durch diese Feststellungen das Problem des Ätznatron- und
Bicarbonatzusatzes zu Chlorbleichbädern erledigt zu sein, schien,. wurde bei weiteren
Versuchen eine neue, sehr wichtige Beobachtung gemacht.
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Es wurde nämlich gefunden, daß man einem ziemlich stark ätzalkalischen
und infolgedessen nur schwache Bleichwirkung zeigenden Hypochloritbad durch Zusatz
von Alkalibicarbonat in einer Menge, die größer ist als stöchiometrisch der angewandten
Ätzalkalimenge entspricht, eine erhöhte Bleichwirkung erteilen kann. Es ist möglich,
in ,derartigen Bädern den gleichen, zum Teil auch einen besseren Bleicheffekt zu
erreichen wie in den üblichen Bleichbädern. Als noch überraschender muß man es bezeichnen,
daß in den Bädern trotz des Bicarbonatgehaltes kein nennenswerter Angriff auf das
Fasergut
stattfindet und der Chlorverbrauch dich in den üblichen
Grenzen hält.
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Die Behandlung der Faser im ätzalkalischen, bicarbonathaltigen Bad
ergibt also bei größter Faserschonung einen hervorragenden Bleichgrad. Darüber hinaus
findet aber auch eine weitgehende, fast vollständige Zerstörung der Schalen statt.
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Man kann sich die Wirkungsweise des Bicarbonat- und Ätzalkalizusatzes
so vorstellen, daß in der Lösung das Gleichgewicht zwischen Natriumhypochlorit und
unterchl.origer Säure dauernd zugunsten der letzteren verschoben wird, und zwar
in dem Maße, wie die unterchlorige Säure zum Bleichen verbraucht wird.
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Es bat sich gezeigt, daß in bica.rbonatltältiger, ätzalkalischer Chlorlauge
der Alkalitätsgrad auf Grund der Pufferwirkung des Bicarbonats während der gesamten
Bleichdauer außerordentlich konstant ist. Dadurch wird während der Bleiche die größtmögliche
Faserschonung gewährleistet, sofern man zu Beginn der Bleiche die Alkalität des
Bades so einstellt, daß ein möglichst geringer Faserangriff bei dem gewünschten
Bleichgrad erfolgt. -Die Reißfestigkeit der so behandelten Textilien ist erheblich
höher als bei den bisherigen Bleichverfahren. Der erzielte Bleichgrad ist vorzüglich
und kann durch die nachfolgende Sauerstoffbleiche leicht bis zu Vollweiß verstärkt
werden.
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Als größter Vorteil des neuen Verfahrens stellt sich jedoch heraus,
daß bei der Chlorbebandlung eine weitgehende Zerstörung etwa vorhandener Samenschalen
stattfindet. So tritt bei einem stark schalenhaltigen Baumwollgewebe weitgehende
Zerstörung der Schalen ein. Bei Behandlung der gleichen Ware in der gleichen Chlorbleichlauge,
jedoch ohne Zusatz von Atznatron und Bicarbonat, bleiben die Schalen fast vollständig
erhalten.
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Das Verfahren bietet aus diesem Grunde noch einen weiteren großen
Vorteil, da es möglich ist, die Bleiche ohne besondere Vornetzung und ohne Entschlichtung
und Kochung des Fasergutes durchzuführen. Man kann z. B. eine Baumwollstückware
von der Sengmaschine ohne irgendeine Zwischenbehandlung sofort dem Bleichbad zuführen.
Die Möglichkeit, auf die sonst notwendigen Maßnahmen der Entschlichtung, Netzung
und Kochung verzichten zu können, bedeutet naturgemäß eine außerordentliche Ersparnis
an Chemikalien und Arbeitsaufwand.
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Die Bleichlösung wird im allgemeinen so angesetzt, daß in einem Ansatzgefäß
zunächst die übliche Clf.orbleichlauge durch Zusatz von Ätzalkali, z. B. Ätznatron,
stark alkalisch gemacht wird. Hierauf erfolgt die Zugabe von Bicarbonat.
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Der Alkalizusatz kann bis zu i g Na O H im Liter gesteigert werden.
Gewöhnlich begnügt man sich jedoch mit einem Gehalt von o, i bis 0,3.-. was einem
PH-Wert von etwa 12 entspricht. Die Höhe des Alkalizusatzes richtet sich im allgemeinen
nach der Menge der vorhandenen Samenschalen und nach dem gewünschten Bleichgrad.
Je schalenhaltiger das Fasergut ist, um so höher muß der Alkaligehalt bemessen werden.
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Der Zusatz von Bicarbonat bewegt sich zwischen o,5 und log je Liter
und hängt von verschiedenen Faktoren ab. Ganz allgemein wird man sagen können, daß
bei dichten, schalenhaltigen Geweben der Zusatz hoch und bei leichten Geweben niedrig
zu wählen ist. Die Verwendung von mehr als i o g Bicarbonat je Liter ist zwecklos,
ohne jedoch schädlich zu wirken. Außerdem muß bei hohem Ätznatrongehalt auch der
Bicarbonatzusatz entsprechend hoch bemessen werden. Bei stark schalenhaltigem und
gegen Bleichlauge empfindlichem Fasergut wird das Bad ziemlich stark alkalisch,
nämlich auf pH i o bis 12 eingestellt. Ist ein sehr hoher Bleichgrad erwünscht,
wird man zweckmäßigerweise mit geringerer Alkalität, z. B. pH 8 bis i o, arbeiten.
In jedem Fall. muß aber die Bicarbonatmenge größer sein als stöchiometrisch der
angewandten Ätzalkalimenge entspricht.
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Die Bleichdauer beträgt durchweg 2 bis 3 Stunden. Eine Erwärmung der
Flotte auf mehr als 25° während der Bleiche soll nicht erfolgen.
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Nach der Chlorbehandlung wird, wie üblich, im Sauerstoffbad fertiggebleicht.
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Das Verfahren eignet sich vor allem zum Bleichen von pflanzlichen
Fasern jeder Art und in jedem Verarbeitungszustand, insbesondere aber von Baumwolle
und Leinen. Außerdem können Mischgewebe oder Garne aus regenerierter Cellulose und
pflanzlichen Fasern verarbeitet werden. Auch für reitle Cellulosehydratfasern ist
das Verfahren anwendbar.
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Für stark schalenhaltige und sehr dichte Baumwollgewebe kann z. B.
folgendes Bad benutzt werden: 3,5 bis .4 g/1 aktiviertes Chlor, 3 - 3,5 - Natriumhicärbonat,
0,3 - Ätznatron.
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Für leichte Ware genügt es, folgende Mengen anzuwenden:
2,5 g/1 aktiviertes Chlor, 1,5 - Natriumbicarbonat, 0,12 - Ätznatron.