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Verfahren zum Veredeln von Textilgut aus Cellulose- oder Cellulosehydratfasern
Bekanntlich werden Textilien aus Cellulose-oder Cellulosehydratfasern durch Ausrüsten
mit künstlichen Harzen aus Harnstoff und Formaldehyd elastischer und unempfindlicher
gegen Drücken und Knittern gemacht.
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Hierbei werden die Harnstoff-Formaldehyd-Kunstharze im .allgemeinen
erst in und ,auf der Faser selbst gebildet. Zu diesem Zwecke «erden noch wasserlösliche
Vorkondensate aus Harnstoff und Formaldehyd und sauer reagierende Stoffe enthaltende
Bäder zur Tränkung des Textilgutes benutzt und das eigentliche unlösliche Kunstharz
dann erst durch Erhitzen der getränkten Ware auf dieser gebildet. Diese zweckmäßigste,
billigste und einfachste Behandlung wird durch die geringe Haltbarkeit der wäßrigen
Lösungen der Vorkondensate ersch-#vert. Durch die fortschreitende weitere Kondensation
der gelösten Vorkondensate nähern sie sich ihrer L'nlöslichlseit und fallen aus.
Die Lösungen werden trübe und endlich fest und sind dann naturgemäß vollkommen unbrauchbar.
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In der französischen Patentschrift -66 829
wird daher vorgeschlagen,
solche Kondensationsmittel, in den Textilbehandlungsbädern der genannten Art zu
verwenden, die .erst beim Erhitzen Säure abspalten, so daß also eine sauere Einstellung
des Bades v°rm:eden wird. Als geeignete Stoffe dieser Art sincl dort angeführt:
Ester organischer Säuren, wie Glycerindiacetat, Säurzam@de, wi-- Formamid, Sul.fit-
und Bisulfitverbindungen von Ketonen und Aldehyden, wie Ammoniumacetonbisulfit.
Diese Verbindungen geben j:edoch die zur Kondensation notwendigen Säuren verhältnismäßig
schwer und erst bei höherer Temperatur ab.
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Auch die bekannte Anwendung von Puffersubstanzen, wie z. B. Essigsäure
mit Natriumacetat usw., als Kondensationsmittel bringt nur eine bedingte Verbesserung,
da eben, was wesentlich ist, die saure Reaktion der wäßrigen Harzlösung bestehen
bleibt.
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Bei dem Aufbringen der sauer kondensierten Harnstoff-Formal.ddhyd-Harze,
die allein die gewünscht Wirkung Ergeben, muß man in allen Fällen der Unbeständigkeit
der die Vorkondensationsprodukte enthaltenden Flotten dadurch Rechnung tragen, daß
die Imprägnierung der Faser mit der wäßrigen Lösung so schnell als möglich erfolgt.
Man darf die Bäder erst unmitt°lbar vor dem Gcbrauch fertig machen und muß ein längeres
Stehen der f°rtigen Mischung unbedingt vermeiden. Es ist jedoch vielfach, z. B.
bei der Veredlung vdn Samtgeweben, auch der Wunsch vorhanden, gewisse Appreturarh°iten
nach der Behandlung mit den Appreti°rbädern vornehmen zu können, bevor
noch das Harz in seine feste Form übergeht, damit das Gewebe ruhig, schön
und gefällig wird. Infolge der raschen Kondensation der sauren Harnstaff-Formaldehyd-Lösizng
ist dies aber bei Anwendung solcher Bäder nur bis zu einem verhältnismäßig geringen
Grad möglich.
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Erfindungsgemäß wird nun das Textilgut mit Flotten getränkt, die durch
Lösen von
Harnstoff oder 'Thioharnstoff, Formaldehyd und einem Oxydationsmittel,
wie Wasserstoffsuperoxyd, das Formaldehyd in wäßriger l,iisung bei erhöhter Temperatur
zu Amej,,@tl@ säure zu oxydieren vermag, in Wasser ce-@@., ten worden sind, darauf
schnell auf 95 t"is ioo' erhitzt, getrocknet und schließlich einer Wärmenachbehandlung
bei i i o bis 150 ausgesetzt.
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Bei gewöhnlicher Temperatur bleiben derartige Flotten mehrere Stunden
vollkommen klar, da die Bildung der Säure hier nur sehr langsam vor sich geht. Wärmt
man jedoch eine solche Lösung bis nahe Kochtemperatur an, so setzt die Säurebildung
infolge beschleunigter Oxydation des Aldehyds rasch :ein, und die Kondensation des
Harzes erfolgt nun sehr schnell.
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Die Wirkung des neuen V erfahrcns möge am besten aus folgenden zwei
Versuchen :ersehen werden.
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i oo g Harnstoff werden in Zoo ccm kochendem Formaldehyd 40 Volumprozent
gelöst, und diese Lösung wird mit 5 ccm Ammoniak 25c;uig stabilisiert, dann sofort
in etwa 750 ccm kaltes Wasser :eingerührt. Man erhält so eine Lösung, die
tagelang haltbar ist und sich nicht verändert,- auch nicht, wenn man sie aufkocht.
Zur Kunstharzbildung ist also eine solche Lösung unbrauchbar. Setzt inan nun nach
dem alten Verfahren dieser Lösung 6 g Weinsäure als Katalysator zu, so tritt schon
nach etwa 15 Minuten Stehen Trübung ein, und bald fallen feste Bestandteile
aus. Setzt man jedoch nach dem neuen Verfahren einer solchen Lösung 5 ccm Wasserstoffsuperoxyd
von 3o Gewichtsprozent zu; so bleibt diese Stammlösung selbst nach 5- bis 6stündigem
oder noch längerem Stehen vollkommen klar, trübt sich aber sofort, wenn man sie
kurz aufkocht; die Kondensation setzte .also bei Kochtemperatur ein. Läßt man nun
beide Lösungen, also jene nach dem bekannten Verfahren angesetzte und die aufgekochte
Lösung nach dem erfindungsgemäßen Verfahren eine gewisse Zeit stehen, so kann man
an den gebildeten festen Massen feststellen, daß. auch hier Unterschiede vorbanden
sind; während nach dem bekannten Verfahren eine mehr körnig feste Masse ntste'ht,
ergibt das erfindungsgemäße Verfahren eine mehr elastisch voluminöse Masse. Aus
diesen Beobachtungen läßt sich folgern, daß auch in der Faser die Form des Kunstharzes
eine andere sein muß als jene nach dem alten Verfahren. Dias erfindungsgemäß behandelte
Textilgut wird also weicher sein. Die praktischen Versuche haben diese Annahme bestätigt.
Auch die in der britischen Patentschrift 4.49 2.13 genannten Kondensationsmittel
ereben mit den Methylolharnstofflösungen cht eine so beständige Imprägnierß.otte
wie erfindungsgemäßen Flotten. Nach dem rliegenden Verfahren sind die Appreturarbeiten
zeitlich weniger begrenzt, und die Bildung der unlöslichen Harze geht leichter und
bei niedrigerer Temperatur vor sich, wodurch die Textilien mehr geschont werden.
Gemä15 dem vorliegenden Verfahren entt=illt das Waschen nach der Imprägnierung,
1v2il keine überschüssigen und nachteiligen Rückstände vorhanden shid; es werden
weichere "Textilien erzielt.
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Beispiel Ein Stück Kulistseidensamt wird mit einer erlindungsgemäßen
Lösung getränkt und abgequetscht, hierauf über Heizzylinder gc:tührt, wobei die
in dem Stück verbliebene Lösung schnell auf 95 bis ioo erhitzt wird, und schließlich
getrocknet. Durch iiunmchrigcs Erhitzen während 2 bis 3 Minuten bui 110 bis j 5o-
wird die Kondensation des @iullsiliarzes beendet. Nach dem Abkühlen, also ohne jedwede
Nachwäsche, ist das Stück versandfer tig.
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In ähnlicher Weise können auch glatte: Gewebe bearbeitet werden. Die
Endkondensation erfolgt also durch Nacherhitzung bei Temperaturen von i i o bis
150 . In allen Fällen ist es jedoch wichtig, daß ein schnelles .Erhitzen
der noch feuchten Ware auf 95 bis ioo die Kondensation einleitet.
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Selbstverständlich kann in der gleichen Weise beim Ausrüsten vori
Textilgut mit Thioharnstoff-Formal.dehyd-Kondensationsprodukten verfahren werden.
Auch können solche Bäder verwendet werden, denen ferner noch bekannte Appreturmittel,
wie Stärke oder Dlextrin, zugesetzt worden sind, wobei waschechte Appreturen erzielt
werden.