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Verfahren zum Entfetten von Häuten und Fellen Die Verarbeitung von
Schaffellen, teilweise auch von Ziegenfellen und Roßhäuten, verursacht bei der Lederherstellung
oftmals große Schwierigkeiten, da der hohe, ungleichmäßig verteilte Naturfettöehalt
dieser F ellsorten (i o bis 200/0) ein gleichmäßiges. Äschern, Beizen und Gerben
unmöglichr macht. Besonders die nordischen Schaffelle, wie norwegische, isländische
und nordrussische, sowie die -sog. Hochlandschaffelle (Tibetaner) enthalten bis
zu 4.0 % Naturfett, das bei den in wäßriger Flotte durchgeführten Arbeitsvorgängen
hinderlich ist.
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Die Ziegenfelle haben einen weniger großen Durchscluzittsfettgehalt,
jedoch handelt es sich hierbei um ein sehr chölesterinreiches Fett, das- größtenteils
unter dem glasigen, verhornten Narben in der Papillarschicht .abgelagert ist und
sich nur unvollkommen @entfernen läßt.
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Bei Roßhäuten befindet sich die Hauptmenge des Fettes im .sog. Kamm,
aus dem es bis jetzt durch Ausscheren und Nachentfetten entfernt wurde. Das Roßkammfett
läßt sich verhältnismäßig noch am leichtesten extrahieren.
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Bisher wurde die Entfettung. meist nach der Gerbung durchgeführt,
da in diesem Zustand bei Temperaturen,- die .über `dem Schmelzpunkt der Fette liegen,
mit organischen Lösungsmitteln öhne Schädigung der Lederfasern gearbeitet werden
kann. Diese Arbieitsweise hat jedoch den Nachteil, daß die Gerbstoffe an den noch
fetten Stellen während
der Gerhung nicht eindringen und infolgedessen
nicht auf die Eiweißstoffe der Haut fixierend wirken können. Diese Stellen, die
sich hauptsächlich @an den Hals- und Rückenpartien befinden, sind deshalb nach der
Entfettung notgar und machen eine nochmalige Gerbung notwendig.
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Um diese Unzulänglichkeiten zu beseitigen, wurde vorgeschlagen, die
Entfettung bereits im Blößenzustand durchzuführen. Als Entfettungsmittel wurden
hauptsächlich -organische Lösungsmittel, wie z. B. Benzin, Trichloräthylen, Tetrachlorkohlenstoff,
Petroleumfraktionen usw., verwendet. Es zeigte sich jedoch hierbei, daß die Blößen
meist zu stark, zum mindesten in der Narbenschicht (sog. hyaline Schicht) entfettet
wurden. Auch war es bisher nicht möglich, mit diesen or--ganischen Lösungsmitteln
so zu ,arbeiten, daß nur das überschüssige Naturfett aus den Blößen entfernt wurde.
Diese Entfettung wirkt zu stark, wobei der Kollagenfaser die Fettgleitschicht entzogen
wird. Das fertige Leder fühlt sich ziemlich hart und trocken ,an, die Reißfestigkeit
ist stark herabgemindert, und der Narben zeigt eine grobporige, r,auhe Beschaffenheit.
Außerdem muß in Betracht gezogen werden, daß die meisten Fettlösungsmittel sich
mit Wasser nicht mischen und infolgedessen nur schlecht in die prallen, mit Wasser
gesättigten Blößen eindringen. Es ist daher eine starke mechanische Behandlung im
rotierenden Faß notwendig, was .andererseits leicht ein Wundscheuern der empfindlichen
Blößen bedingt. Auch die restlose Entfernung des Fettlösers verursacht große Schwierigkeiten,
da die schlüpfrigen Blößen sich nicht zentrifugieren lassen und ein heißes Spülen
wegen starker Kontraktion der Kollagenfasern nicht möglich ist.
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Man versuchte, diese Nachteile durch Verwendung -emulgierter Fettlöser
zu beteben. Als Emulgatoren dienten 'hierbei meist Seife oder sulfonierte Öle. Für
.eine gute Entfettung muß man aber zu hohe, Prozentsätze der emulgierten Fettlöser
anwenden, so da.ß diese Arbeitsweise unwirtschaftlich ist.
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Auch Schwefelsäureester aliphatischer Alkohole sind schon als Mittel
zum Entfetten von Häuten vorgeschlagen worden, -ohne daß hierbei irgendwelche nähere
Angaben über die einzuhaltenden Bedingungen oder über die besondere Eignung bestimmter
Alkoholschwefelsäureester gemacht worden wären. Vielmehr wurden wahllos Alkohole
von 8 Kohlenstoffatomen .aufwärts bis zu den Montanalkeholen mit etwa. 29 Kohl.enstoffatomen
genannt. Die freien Schwefelsäureester der aliphatischen Alkohole sind ausnahmslos
unbrauchbar für den gedachten Zweck, da eine saure Reaktion des Entfettungsmittels
für den Ausfall des Leders schädlich ist. Weiter zeigen Schwefelsäureester hochmolekularer
aliphatischer Alkohole, insbesondere solche gesättigter Natur, auch bei neutraler
Reaktion die Eigenschaft, das Platzen des Narbens zu verursachen.
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Von den Schwefelsäureestern sekundärer Alkohole bzw. ihren Salzen,
die durch Ketonisierung von Fettsäuren mit 5 bis i i Köhlenstoffatomen, Reduktion
zum entsprechenden sekundären Alkohol mit 9 bis z i Kohlenstoffatomen und Sulfonierung
sowie gegebenenfalls Neutralisation gewonnen werden, - war es bekannt, daß sie ein
gutes Netz-, Reinigungs-, Dispergierungs- und Lösungsvermögen besitzen sollen. Da
diese Alkoholschwefelsäureester Beine andere Konstitution besitzen als die bisher
zur Entfettung von Häuten vorgeschlagenen Alkoholschwefelsäureester, indem jene
die Schwefelsäureestergruppe in der Mitte der langen aliphatischen Kette tragen,
konnte die allgemeine Angabe über die kapillaraktiven Eigenschaften dieser sekundären
Alkoholschwefelsäureester keinen Schluß auf eine etwaige Verwendbarkeit zum Entfetten
von Häuten zulassen.
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Abweichend von den erwähnten mehr oder weniger unbestimmten Angaben
wurde nun gefunden, daß lösliche Salze der Schwefelsäureester von aliphatischen
Alkoholen einer Molekulargröße von etwa 6 bis 1a Kohlenstoffatomen bzw., wenn es
sich um ungesättigte Alkoholsulfonate handelt, bis zu 18 Kohlenstoffatomen bei Einhaltung
eines pH-Wertes zwischen 7 und i ieine besonders gute entfettende Wirkung auf fettreiche
Häute und Felle, wie z. B. Schaf- und Ziegenfelle sowie Schweine- una Roßhäute,
ausüben, die diejenige der Fettalkoholschwiefelsäureester gesättigter Alkohole mit
i q. und mehr Kohlenstoffatomen wesentlich übertrifft, ohne daß dabei der Narben
irgendwie ungünstig beeinflußt wird. Besonders geeignet sind beispielsweise die
Sulfonierungsprodukte, die aus der niedrigst siedenden, etwa i S o/o der Gesamtalkohole
betragenden Fraktion der den Kokosfettsäuren und Palmkernfettsäuren ,entsprechenden
Alkohole gewonnen sind. Ähnlich wirken die Sulfonierungsprodukte der Alkohole. gleicher
Molekulargröße,. die durch katalytische Hydrierung des Vorlaufes der durch Paraffinoxydation
gewonnenen Fettsäuren erhalten werden. Obwohl man wußte, daß Schwefelsäureester
im allgemeinen emulgierende Eigenschaften ,aufweisen, ist das besonders günstige
Verhalten dieser Klasse von Schwefelsäureestern niederer. und mittlerer Fettalkohole
gänzlich unerwartet, um so mehr, als im allgemeinen die emulgierenden Eigenschaften
derartiger Verbindungen mit steigendem
Molekulargewicht zunehmen.
Vermutlich kommt die besonders vorteilhafte Wirkung dieser Fettalkoholschwefelsäureester@
dadurch zustande, daß auch die Qüellungsverhältnisse in der Haut bzw. im.Narben
bei Verwendung :dieser Verbindungen besonders günstig sind. Auch eine besondere
lösende Wirkung auf die .interzellularen Eiweißstoffe; die das in der .Haut abgelagerte
Fett teilweise einhüllen und zunächst der Emulgi@erungentziehen, scheint hier eine
Ralle zu spielen.
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Die folgenden Beispiele zeigen, wie das-Verfahren zweckmäßig ,ausgeführt
werden kann.
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Beispiel 1 ' Schafblößen werden, wie üblich, geweicht, geäschert,gebeizt
und geläutert. Nach gutem Spülen (Läutern) mit Wasser von ungefähr 3o°C kommen die
Blößen, ohne sie abtropfen zu lassen, il ein langsam laufendes Faß. Bei abgetropften
Blößen werden i o bis 15 0/0 Wasser, bezogen auf das Blößengewicht, zugesetzt. Es
hat sich als zweckmäßig verwiesen, in einer solch kurzen Flotte zu arbeiten. Die
Flotte wird durch Zusatz einer entsprechenden Menge Natriumcarbonat bzw. Borax Moder
ähnliche Alkalisalze,auf pii 8 bis 8,5 eingestellt. Hierauf werden o,25% Fettalkoholsulfonat,
auf Fettalkoholgehalt berechnet, in einer Verdünnung von 1:5 durch die hoble Achse
ins Faß gegeben und die Blößen während i Stunde bei 35 bis 38°C hiermit behandelt.
Als Fettalkoholsulfo-nat dient das Natriumsalz des Sulfonierungsproduktes des Vorlaufes
der Iioko-sfettalk öhole (6% der Gesamtalkoholmenge). Nach der Entfettung -werden
die Blößen mit lauwarmem Wasser zur Entfernung des ,gelösten und emulgierten Naturfettes
gespült. Die Blößen sind nach der Behandlung nichtgequollen, sondern sehr schlank.
Durch das Verfahren wird nicht nur das überschüssige Naturfett .aus den Blößen herausgelöst,
sondern auch gleichzeitig die Epidermis- und Pigmentreste viel besser als bei den
bisherigen Methoden entfernt. Wenn bisher nach dem Beizen geglättet wurde, so wird
bei diesem 'Verfahrenerst nach dem Entfetten und Spülen geglättet. Das fertiggestellte
Leder zeigt ein flieckenreines Aussehen und ist geschmeidig und sehr reißfest. Die
Handschuhleder zeichnen sich durch eine besonders gute Weichheit und Zügigkeit aus.
Die vegetabilisch :gegerbten Leder sind . be-
sonders hell in der Farbe. Ein
Vergleichsversuch mit o,25 % Fettalkoholsulfonat, auf Fettalkoholgehalt berechnet,
von technischem Tetradecylschwefelsäureester (Natriumsalz) unter sonst gleichen
Bedingungen, ergibt gequollene und geschrumpfte Blößen. Das fertige Leder zeigt
meist einen angegriffenen Narben ' (stärke Verminderung des Natur-.glanzes), der
.außerdem stark zum Platzen neigt. Das Leder fühlt sich strohig ,sui und zeigt keine
genügende Entfernung- des Naturfettes.
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- Beis.piel2 - Schafblößen werden nach dem Äschern Lund Spülen. bei
einem pH-Wert der Blößen von ungefähr io,5 und- einem p171-Wert der Flotte von i
i, mit o,25 % Fettalkoh olsulfon:at- auf Fettalkoholgehalt berechnet, während i
Stunde im langsam laufenden Faß bei 35 bis 38°C behandelt. Die Flottenmenge beträgt
i o bis 15 % vom Blößengewicht. Nach dem Entfetten wird mit lauwarmem Wasser (ungefähr
3o° C) gespült; und anschließend werden die Blößen entkälkt und gebeizt bzw. nur
gebeizt. Nach dem Beizen und Läutern wird zweckentsprechend geglättet. Die Blößen,
die anfangs eine .alkalische Quellung besitzen, werden durch die Einwirkung des
Fettalkoholsulfonates wieder schlank. Ein großer Teil der Epidermisreste und "der
Pigmente, die sonst nur durch die fermentative Beize gelockert werden, wird bereits
bei -der Entfettung entfernt. Das fertige Leder zeigt ein sehr gleichmäßiges, fleckenreines
Aussehfen und fühlt sich geschmeidig an. Der Vergleichsversuch mit technischem Tetradecylsulfonat
zeigt auch hier, daß die vorhandene Quellung nicht vermindert, sondern im Gegenteil
vergrößert wird und ein deutliches Schrumpfen eintritt. Die Leder sind im Griff
hart und strohig, und der Narben neigt leicht zum Platzen.
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Beispiel 3 Schafblößen werden mit einer Flottenmenge von io %, bezogen
auf das Blöß,engewicht, bei einem pii-Wert der Flotte von 7, mit 2% Natriumsalz
eines technischen Fettalk oholsulfonats, gewonnen aus der ersten Fraktion der I<#okosfettalkohole
(15Ö/0 der Gesamtalkohole), wie in Beispiel i beschrieben, behandelt. Die Blößen
sind sehr schlank, das fertige Leder weich, der Narben geschmeidig.
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In diesem Falle ist der Entfettungseffekt nicht so gut wie beim Arbeiten
bei einem PH-Wert von 8 bis 8,5.
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Die ha den Beispielen angegebenen Prozentzahlen beziehen sich auf
das Blößengewicht? Ähnliche Ergebnisse erzielt man durch Verwendung des -Natriumsalzes
oder Ammoniumsalzes des technischen - Oleylalkoholschmrefelsäureesters.
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Das Verfahren kann auch in 1,ombination mit einer' vorhergehenden
Entflettunig mittels organischer Lösungsmittel für sich oder in emulgierter Form
.angewendet werden, was
insbesondere bei der Bearbeitung . außerordentlich
fetter Felle vorteilhaft sein kann. Auch kann man den wäßrigen Lösungen der gemäß
der Erfindung zu verwiendenden Alkoholschvvefelsäureester organische Lösungs ;#
mittel zusetzen. .. . '