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Verfahren zur Herstellung geformter Gegenstände aus Polymerisationsprodukten
von Körpern mit einer olefinischen Doppelbindung Das Celluloid, eine Mischung von
Nitrocellulose und Kampfer oder dessen Ersatzmitteln, besitzt wegen seiner hervorragenden
physikalischen Eigenschaften und der darauf beruhenden zahlreichen Verwendungsmöglichkeiten
ein außerordentlich großes Anwendungsgebiet. Ein Nächteil des Celluloids ist aber
seine leichte Entflammbarkeit; auch kann es nicht ohne Lösungsmittel verarbeitet
werden. Dran hat daher die Nitrocellulose durch andere, nicht feuergefährliche Cellulosederivate,
wie Acetylcellulose oder Celluloseäther, ersetzt und damit auch auf einzelnen Gebieten
Erfolg gehabt.
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Es wurde nun gefunden, daß man hochwertige geformte Gegenstände erhalten
kann, die dem Celluloid in ihren Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten sehr
nahe komnieü, wenn man Mischpolymerisate, die aus Acrvlsäureestern einerseits und
Vinvlchlorid, .lcrylsäurenitril, Acrylsäure oder Styrol andererseits erhalten wurden,
mit Hilfe von Wärme und Druck in Abwesenheit von grö-Lieren Mengen von Lösungsmitteln
in der für die Verarbeitung von Celluloi<1 üblichen Weise verarbeitet.
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Während Vinylchlorid, Acrvlsä urenitril, Acrylsäure und Styrol für
sich allein polymerisiert spröde Produkte liefern und auch Acrylsäureester für sich
allein polymerisiert als Celluloidersatz nicht brauchbare Produkte ergibt, erhält
man durch Polyinerisation von Gemischen dieser Verbindungen zähelastische, harte,
in der Wärme plastische und formbare, celluloidähnliche Massen, die ohne Lösungsmittel
verarbeitet werden können. Durch die Ersparnis an Lösungsmitteln können iin vorliegenden
halle insbesondere auch die bei der Herstellung von Celluloid erforderlichen langen
Trockenzeiten vermieden werden.
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Man kann Produkte, wie Celluloid, auch vorübergehend mit Lösungsmitteln
vermischen, beispielsweise wenn sie zwecks Reinigung vor dein Pressen o. dgl. filtriert
werden sollen; es wird dann jedoch die Hauptmenge des Lösungsmittels vor dem Verpressen
o. dgl. entfernt, beispielsweise mittels heißer Walzen.
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Geeignete Mischpolymerisate erhält man z.13. aus Acrylsäurenitril
und Acrylsäuremethylester,oder Vinylclilorid und Acry lsäureinethylester oder Styrol
und Acrylsäurebutylester usw. Die Komponenten «-erden im allgemeinen in etwa äquimolekularen
Verhältnissen der Polymerisation unterworfen. Durch eine Steigerung des Anteils
an Vinylchlorid, Acrvlsäurenitril. :@crvls-#iure oder Stvrol wird
der
Erweichungspunkt, die Biegefestigkeit und Härte der Polynierisate heraufgesetzt,
die Schlagbiegefestigkeit und Elastizität aber vermindert, und umgekehrt wird durch
Erhöhung des Anteils an Acrvlsäureestern die Schlagbiegefestigkeit und Elastizität
verbessert unter Verminderung des Erweichungspunktes, der Biegefestigkeit und Härte.
Die Anwesenheit der Reste von höheren Alkoholen, z. B. des Propyl-, Butyl-, Amylalkohols,
in den ACrvlsäureestern wirkt wie eine Erhöhung des Anteils dieser Komponenten.
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Man kann den Produkten Weichinachungsmittel zusetzen, wie Kampfer,
Phthalsäureester, Phosphorsäureester, substituierte Harnstoffe, Toluolsulfamidformaldehydharz
usw., gleichgültig, ob man diese Weichmachungsmittel vor der Polvmerisation oder
nachträglich durch Einwalzen oder Einkneten einbringt. Dabei ist zu beachten, daß
mit steigendem Zusatz von Weichmachungsmitteln zu den polymerisierenden monomeren
Verbindungen vor oder während der Polymerisation im- allgemeinen der Polymerisationsgrad
des Endproduktes zurückgeht. je höher der Polymerisationsgrad der Mischpolymerisate
ist, desto höher ist der Erweichungspunkt, die Festigkeit und Elastizität, während
die Härte nicht beeinflußt wird. Mit Ausnahme derjenigen Mischpolymerisate, welche
Vinylchlorid; Acrylsäurenitril, Acrylsäure oder Stvrol in großem IJberschuß und
daneben kein Weichmachungsmittel enthalten, welche alle einen hohen Erweichungspunkt
besitzen, lassen sich alle Mischpolymerisate auf heißen Walzen für sich allein oder
zusammen mit organischen oder anorganischen Füllstoffen oder Farbstoffpiginenten
walzen. Weich-1nachungsmittei verbessern die Walzfähigkeit. Die gewalzten Felle
können in der Wärme leicht in Stücke geschnitten und dann zu beliebig geformten
Gegenständen, z. B. zu Blökken, Bechern, Tellern, Kämmen, Grammophonplatten usw.,
verpreßt werden. Die beim Pressen einzuhaltenden Temperaturen richten sich nach
den durch die Zusammensetzung bedingten Eigenschaften der Mischpolyrnerisate. Die
geschnittenen oder gegossenen Filme der Mischpolymerisate lassen sich wie Celluloidplatten
in heißem Wasser bei 6o bis 8o° ziehen öder mit Dampf zu beliebigen Hohlkörpern
verblasen.
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Die wenii-er viscosen, also niedriger molekularen Polvinerisationsprodukte
lassen sich besonders gut mittels geeigneter Maschinen in kalte Formen spritzen
oder zu Röhren, Profilbändern und Stäben jeder Art pressen. Beispiel r Ein Produkt,
das durch Polvinerisation eines Gemisches voll 4.o Teilen @'lcrvlsäurenitril und
6o Teilen Acrylsäureinethylester erhalten wurde, wird auf heißen Walzen zu einem
homogenen Fell ausgewalzt.
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Das noch heiße und plastische Fell wird in kleine, abgemessene Stücke
geschnitten, die in geeigneten Preßformen zu Bechern, Tellern, Kämmen und anderen
beliebigen Gegenständen verpreßt werden können. Man kann die Stücke auch in einer
Dampfpresse zwei oder mehr Stunden lang bei 13o° zu einem Block verpressen, der
in der Wärme zu Scheiben gewünschter Dicke geschnitten wird. Aus den Scheiben werden
mit Wasserdampf Hohlkörper geblasen oder in heißem Wasser Schalen gezogen oder elastische
Platten ausgestanzt und geprägt.
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An Stelle des Gemisches von 4o Teilen Acrvlsäurenitril und 6o Teilen
Acrvlsäureinethvlester kann man z. B. auch Gemische von 5o Teilen Acrylsäurenitril
und 5o Teilen Acryrsäureäthylester oder 7o Teilen Stvrol und 3o Teilen Acrylsäurebutylester
usw. verwenden.
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Beispiel 2 Ein Produkt, das durch Polvmerisation von 45 Teilen Acrylsäurenitrilund
55 Teilen Acrylsäuremethylester, in welchem vor der Polyinerisation 2o Teile Kampfer
gelöst wurden, erhalten wird, wird wie in Beispiel r beschrieben, verpreßt, v erwalzt,
geschnitten, verblasen oder gezogen.
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Das Acrvlsäurenitril-Acrylsäuremethylester-Kampfer-Geinisch kann je
nach den geforderten Eigenschaften der Fertigprodukte in der Zusammensetzung weitgehend
variiert werden, z. B. durch Erhöhung des Acrylsäurenitril-oder Karnpfergehaltes.
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An Stelle des erwähnten Mischpolymerisats können die in Beispiel r
aufgezählten Mischpolymerisate zweckmäßig mit etwas höheren Anteilen an Vinylchlorid,
Acrylsäurenitril, Acrylsäure oder Styrol, und an Stelle des Kampfers können Phosphorsäureester,
Plithalsäureester, substituierte Harnstoffe, wie Diphenyldimethylliarnstoff, Toluolsulfamidformaldeliydharze,
Phenole und andere Produkte Verwendung finden. Beispiel 3 Ein Produkt, das durch
Polyinerisation von q.o Teilen Acrylsäurenitril und 6o Teilen Acrylsäureinethvlester
erhalten wird, wird mit 2o Teilen Kampfer und roo Teilelf Aceton in einer Knetmaschine
zu einer plastischen Masse homogen verknetet und hernach filtriert. Durch Walzen
auf heißen Walzen wird das Aceton zum größten Teil wieder verdampft. Die glatten
Häute können z. B. in der Röhren- oder Blockpresse weiterverarbeitet werden. Die
aus den Blöcken geschnittenen Filme zeichnen
sich durch besondere
Reinheit aus. Sie werden entsprechend ihrer Dicke in 45° heißen Räumen längere Zeit
getrocknet und können dann als Zwischenschicht für Verbundglas oder zur Herstellung
von Preßlingen, Puppen usw. verwendet werden.
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Durch Zusatz von Pigmenten oder Farbstoffen kann man den Produkten
die gewünschte Farbe erteilen und beliebige Effekte erzielen, Beispiel Ein Mischpolymerisat
aus 4o Teilen Acrylsäurenitril und 6o Teilen Acrylsäuremethylester, das in 5 °/oiger
Acetonlösung die relative `" iscosität 6 besitzt, wird pulverisiert und in einer
Spritzmaschine bei 14o° in kalte For-Inen gepreßt. Die Spritzstücke lösen sich gut
aus den Formen und sind homogen und elastisch.
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An Stelle des Gemisches von 4o Teilen Acrylsäurenitril und 6o Teilen
Acrylsäure-Inethylester kann man auch die in Beispiel i bis 3 erwähnten Gemische
verwenden, wobei auf einen niedrigen Polymerisationsgrad zu achten ist. Die höheren
Polymerisationsprodukte homogenisieren erst bei entsprechend höheren Temperaturen.
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Durch Zusatz von Pigmenten und Farbstoffen können die physikalischen
Eigenschaften in geeigneter Weise beeinflußt und den Preßstücken die gewünschte
Farbe erteilt werden. Als Preßstücke kommen Kapseln, Schalen, Artikel für die elektrotechnische
Industrie und ähnliche Gegenstände in Frage. Beispiel 5 I?in Produkt, das durch
Polymerisation eines Gemisches aus go Teilen Styrol und io Teilen Acrylsäurebutylester
bei 12o° hergestellt wurde, wird in geeigneter Weise, z. B. mittels einer Strangpresse,
zu Röhren verarbeitet. Man bringt dann die Röhren in geeignete Hohlformen, bläst
die Röhren mit Dampf oder heißer Luft auf und erhält Hohlkörper, die sich durch
große Härte und Festigkeit auszeichnen.