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Verfahren zur Verbesserung von hochmolekularen Stoffen Es ist bekannt,
Gebilde aus hochmolekularen Stoffen, wie natürlichen oder synthetischen Polymerisations-
und Kondensationsprodukten, dadurch herzustellen, daß man feste Polymerisate oder
Kondensate in geeigneter Verteilung mit einer monomeren, polymerisierbaren Verbindung
vermischt und dieses Gemisch polymerisierenden Einflüssen unterwirft. Als Bestandteil
eines in diesem Sinne verwendbaren Monomerengemisches wurde in der englischen Patentschrift
484 343 unter anderem auch Acrylnitril genannt. Erwartungsgemäß ist die dabei zur
Anwendung kommende Menge so gering, nämlich 4 % des bei der Polymerisation entstehenden
hochmolekularen Stoffes, daß die wertvollen Eigenschaften des Polyacrylnitrils nicht
zur Geltung kommen können. Eine wesentliche Erhöhung des Acrylnitrilgehaltes in
dem polymerisierbaren Monomerengemisch, etwa in einem solchen Maße, daß die hervorragenden
Eigenschaften des Polyacrylnitrils hinsichtlich mechanischer Festigkeit und Lösungsmittelresistenz
bestimmend hervortreten, mußte dem Fachmann zunächst undurchführbar erscheinen,
da Polyacrylnitril und hochacrylnitrilhaltige Mischpolymerisate mit allen anderen
hochmolekularen Stoffen, wie natürlichen oder synthetischen Polymerisations- und
Kondensationsprodukten, unverträglich sind. Die besonderen Eigenschaften des Polyacrylnitrils
und seiner hochprozentigen Mischpolymerisate drücken sich auch in seiner vollkommenen
Unlöslichkeit in allen für andere Polymerisate und Kondensate gebräuchlichen Lösungsmitteln
aus (Kern u. Fernow, J. prakt. Chemie, I6o, I942, S. 283).
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Je nach Art eines zu verbessernden Stoffes, insbesondere hinsichtlich
dessen Quellfähigkeit, werden mehr oder weniger große Mengen Acrylsäurenitril aufgenommen.
Durch das erfindungsgemäße Verfahren lassen sich zahlreiche Eigenschaften, insbesondere
physikalische, mechanische und auch ehemische
Eigenschaften, von
hochmolekularen Stoffen verändern bzw. verbessern. Besonders wichtig ist die Verbesserung
von Härte, Verstreckungsfähigkeit, oft auch der optischen Eigenschaften, wie Durchsichtigkeit,
Glanz, der physikalischen Eigenschaften, wie Löslichkeit oder Quellbarkeit in organischen
Lösungsmitteln, Benetzungsfähigkeit usw.
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Eine besondere Anwendung kann das erfindungsgemäße Verfahren, wie
bereits erwähnt, bei der Herstellung von Schichten oder Auskleidungen, vor allem
bei der Herstellung von Rohren nach dem Schleuderverfahren, finden. Bei der Schleuderpolymerisation
von Mischpolymerisaten aus Acrylnitril und Methacrylsäuremethylester ist das Polymerisat
nur sehr schwer oder manchmal gar nicht aus der Metallform zu entfernen. Wird jedoch
die Metallform zunächst mit einer dünnen Schicht von Polymethylmethacrylat grundiert
und dann darauf das Acrylsäurenitrilmischpolymerisat geschleudert, so tritt eine
glatte Ablösung ein. Durch die geringe Dicke der Grundierung werden gute mechanische
Eigenschaften erhalten. Andererseits kann aber auch die Schicht aus polymerem Methacrylsäuremethylester
dick und die Schicht aus Acrylsäurenitrilmischpolymerisat sehr dünn sein. Dadurch
wird eine Veränderung der Eigenschaften der Oberfläche (Unlöslichkeit in hydrophoben
Lösungsmitteln, Benetzung, Ver- und Entspiegelungsproblem usw.) erreicht. Auch sonstige
Eigenschaften können dadurch an der Oberfläche stufenweise verändert werden. Auch
oberflächliches Anquellen der Gebilde ist möglich.
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Eine weitere besondere Anwendung kann das erfindungsgemäße Verfahren
bei der Herstellung von Zahnprothesen aus Mischungen von gepulverten Polymeren und
flüssigen Monomeren der Acrylsäurereihe finden. Hierbei kann man zur Anquellung
des polymeren Pulvers katalysatorhaltiges Acrylsäurenitril oder eine Mischung aus
Acrylsäurenitril und einem anderen Monomeren verwenden, wodurch sich nach der Polymerisation
Zahnprothesen von besonders wertvollen mechanischen Eigenschaften ergeben.
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Das erfindungsgemäße Verfahren ermöglicht ferner eine günstige Anwendungsweise
von Verfahren zur Streckung von Kunstseidefäden zwecks Ausrichtung der Fadenmoleküle.
Man kann hierbei z.B. so vorgehen, daß unter Verwendung von Polymerisaten oder Mischpolymerisaten
der Acrylsäurereihe nach dem Schmelzspinnverfähren oder aus Lösungen ersponnene
Fäden durch Behandlung mit Acrylsäurenitril gequollen, hierauf gestreckt und alsdann
im Heizrohr nachpolymerisiert werden. Die Streckung kann auch gleichzeitig mit der
Nachpolymerisation erfolgen.
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Nach dem Verfahren können Gebilde hergestellt werden, welche nach
den derzeit üblichen Arbeitsweisen nicht herstellbar waren. Acrylnitrilmischpolymerisate
sind von einem Gehalt von 45 bis 5o% Acrylnitril ab in den üblichen Lösungsmitteln
unlöslich und, da sie bei höherer Temperatur eine Härtung erleiden, auch nicht schmelzbar.
Nach dem erfindungsgemäßen Verfahren wird nunmehr zunächst ein Gebilde, z.B. eine
Platte, ein Film oder ein Faden, aus einem Mischpolymerisat mit einem Acrylsäurenitrilgehalt
unter 45 bis 5o% hergestellt. Dieses Gebilde wird dann mit mehr oder minder großen
Mengen Acrylsäurenitril oder dieses enthaltenden Mischungen angequollen und nochmals
polymerisiert.
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Die Formgebung wird dadurch besonders einfach, daß das Gebilde, welches
durch Quellung der zu behandelnden hochmolekularen Grundsubstanz in Acrylnitril
entsteht, weich und kautschukelastisch ist. In diesem Zustand können die Gebilde
z.B. geprägt, gestreckt, gezogen, gewalzt, gepreßt oder in Form von Platten oder
Filmen sphärisch oder zylindrisch verformt werden. Bis zu der durch Polymerisation
eintretenden Verfestigung bzw. bis zur Abkühlung müssen sie in der gewünschten Form
festgehalten werden. Die Verdunstung der Monomeren müß z.B. durch die Verwendung
einer geschlossenen Form verhindert werden.
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Die Verwendung von acrylnitrilhaltigen Mischpolymerisaten als Grundmaterial
ergibt Gebilde mit besonders guten mechanischen Eigenschaften, jedoch können mit
Erfolg auch, wie bereits oben beschrieben, beliebig andere acrylnitrilfreie hochmolekulare
Substanzen nach diesem Verfahren mit Acrylsäurenitril beladen werden.
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Es ist manchmal von Vorteil, die Nachpolymerisation in mehreren Stufen
durchzuführen. So wird zweckmäßig zunächst mit einem Gemisch angequollen, welches
nur wenig Acrylsäurenitril, enthält, polymerisiert und das Gebilde dann der gleichen
Behandlung mit reinem Acrylsäurenitril oder Mischungen mit hohem Acrylsäurenitrilgehalt
unterworfen.
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Polyacrylsäurenitril und Acrylsäurenitrilmischpolymerisate sind mit
den meisten anderen hochmolekularen Stoffen unverträglich. So lassen sich beispielsweise
Polyacrylsäurenitril und Polymethacrylsäuremethylester nicht miteinander zu einer
homogenen Masse vereinigen. Wird jedoch nach dem beanspruchten Verfahren z.B. eine
Platte aus Polymethylmethacrylat durch Quellung mit der gleichen Menge monomerem
Acrylsäurenitril beladen und dieses nunmehr polymerisiert, so wird eine völlig klare,
durchsichtige Platte erhalten.
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Es ist bereits bekannt, hochmolekulare Verbindungen zum Zwecke der
Härtung, beispielsweise zur Herstellung von Schleifscheiben, mit Substanzen mit
mehr als einer polymerisierbaren Doppelbindung zu quellen und dann zu polymerisieren.
Daraus konnte jedoch nicht entnommen werden, daß auch viele andere Eigenschaften
bei der Behandlung von hochmolekularen Stoffen mit Acrylsäurenitril oder acrylsäurenitrilhaltigen
Mischungen und nachträglicher Polymerisation verbessert werden, insbesondere war
es angesichts der völligen Unverträglichkeit der polymeren Substanzen überraschend,
daß nach derErfindung klare, homogene, durchsichtige Gebilde entstehen.
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Die Polymerisation kann in beliebiger bekannter Weise erfolgen, beispielsweise
durch Belichtung, Erwärmung, Beschleuniger usw. Weichmacher, Reglerstoffe, Farbstoffe,
Stabilisatoren oder Füllmittel können zugegen sein. Beispiele z. Eine 5 mm dicke
Platte aus reinem Polymethylmethacrylat wird in einem abgeschlossenen Raum
mit
der gewichtsmäßig gleichen Menge Acrylsäurenitril enthaltend I% Dibenzoylperoxyd,
versetzt. Nach 5 Stunden hat das Polymethylmethacrylat bei Zimmertemperatur das
monomere Acrylsäurenitril aufgenommen und ist dadurch weich und biegsam geworden.
Durch Erhitzen auf 7O° polymerisiert das Gebilde innerhalb von 2 Stunden zu einer
klaren, homogenen, gelblichen Platte. Durch Biegen, Pressen, Ziehen, Walzen, Prägen
usw. wird der angequollenen Platte vor der Polymerisation die gewünschte Form erteilt.
Durch die Verwendung einer geschlossenen Form wird die Verdunstung des monomeren
Acrylsäurenitrils verhindert.
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2. Es wird wie in Beispiel I gearbeitet und als Grundplatte eine solche
aus Polystyrol verwendet. Auch hier entsteht eine klare, durchsichtige, schwachgelb
gefärbte Platte. Sie wird von Benzol im Gegensatz zu reinem Polystyrol nicht mehr
aufgelöst und besitzt eine erheblich größere Witterungsbeständigkeit und Unempfindlichkeit
gegen Rißbildung als Polystyrol.
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3. Es wird wie in den Beispielen I und 2 gearbeitet unter Verwendung
einer Grundplatte aus Cellulosetriacetat. Die entstandene Platte ist fast klar und
kräftiggelb gefärbt.
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4. 4,5 mm dicke Platten aus Mischpolymerisaten von Methacrylsäuremethylester
und Acrylsäurenitril in verschiedenem Verhältnis werden auf beiden Seiten in 2 mm
Abstand mit Scheiben aus Silikatglas bedeckt und die Ränder dieses Verbandes mit
Papier verklebt. Durch eine Einfüllöffnung wird in diese Kammer folgende monomere
Mischung eingefüllt: 66,4 Teile Acrylsäurenitril, 28,4 Teile Methacrylsäuremethylester,
5 Teile Methacrylsäureamid, O,2 Teile Methylendimethacrylsäureamid und O,I Teil
Dibenzoylperoxyd.
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Nach dem Verkleben der Kammer wird 5 Stunden auf 7O° erhitzt. Dabei
nimmt die Grundplatte das monomere Material durch Quellung auf. Die angequollene
Platte füllt die Kammer vollständig aus und liegt saugend an den Glasplatten an.
Durch 16stündiges Erhitzen auf 6O bis IOO° wird die Polymerisation beendet. Die
entstandenen Platten sind klar, schwachgelb gefärbt und zeigen folgende mechanische
Eigenschaften Zusammensetzung der Grundplatte Methacryl- Acrylsäure- Zug- Schlagsäure-
nitril festigkeit zähigkeit methylester % % kg/cm2 cmkg/cm2 9O IO 65O 9 8O 2O 7OO
I8 7O 3O 85O 35 6O 4O IOOO 55 5. Eine I,8 mm dicke Platte eines Mischpolymerisats
aus 7O Teilen Acrylsäurenitril und 3O Teilen Methacrylsäuremethylester wird einen
Tag bei Zimmertemperatur in monomeres Acrylsäurenitril, enthaltend O,3 % Dibenzoylperoxyd,
gelegt. Die Platte hat danach etwa 5O bis 7O % des monomeren Acrylsäurenitrils aufgenommen
und ist lederartig weich geworden. Mit einer Handpresse wird das gequollene Material
zwischen eine Gipsform gepreßt und, wie in Beispiel 4 angegeben, polymerisiert.
Es wird eine Basisplatte erhalten, die gute mechanische Eigenschaften und befriedigende
Modelltreue besitzt.
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6. Die I6%ige Lösung eines Mischpolymerisats aus 7O Teilen Methacrylsäuremethylester
und 3O Teilen Acrylsäurenitril in Aceton wird nach dem Naßspinnverfahren zu Fäden
versponnen und dabei um 35O% verstreckt. Die getrockneten Fäden werden unter Aufrechterhaltung
der Spannung durch ein Bad aus 7O Teilen Acrylsäurenitril und 3O Teilen Methacrylsäuremethylester
geführt, wobei sie etwa 4O% Monomeres aufnehmen.
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Die Polymerisation erfolgt in einem Heizrohr bei 75 bis 8O° unter
weiterer Verstreckung. Das Heizrohr ist mit sauerstofffreiem Stickstoff, der mit
monoinerem Dampf gesättigt wurde, gefüllt. Es wird ein Faden mit guten mechanischen
Eigenschaften erhalten, welcher in den üblichen organischen Lösungsmitteln unlöslich
ist.
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7. 3O Teile eines nach dem Suspensions-Polymerisations-Verfahren hergestellten
Pulvers aus 7O Teilen Methacrylsäuremethylester und 3O Teilen Acrylsäurenitril werden
in einer Mischung aus 66,5 Teilen Acrylsäurenitril, 26,5 Teilen Methacrylsäuremethylester,
5 Teilen Methacrylsäureamid und O,3 Teilen Dibenzoylperoxyd gelöst.
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Die hochviskose plastilinartige Paste wird 5 Minuten in einem Vakuum
von 5O Torr entlüftet und alsdann in eine Gipsform gestopft, wie sie zur Herstellung
von Zahnprothesen üblich ist. Durch 5stündiges Erhitzen auf 7O° unter dem Druck
einer üblichen Spindelpresse und 3stündigem Tempern bei 8O und IOO° wird eine Zahnprothese
mit ausgezeichneten mechanischen Eigenschaften erhalten.