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Verfahren zur Herstellung eines Verbundpolymeris ates, insbesondere
für die zahnärztliche Prothetik
Die Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zur
Herstellung und Verarbeitung eines Verbundpolyrnerisates, das zum Teil aus einem
weichen und z.B. auch bei längerer Erwärmung weichbleibenden Polymerisationskunstharz
und zum Teil aus einem hartpolymerisierten Kunststoff besteht. Das Verbundpolymerisat
soll entweder als mehr oder weniger physikalisch homogener Körper oder unmittelbar
als mehrschichtiger Verbundkörper anfallen oder zu einem solchen Verbundkörper weiterverarbeitet
werden lAnd insbesondere für die Zwecke der zahnärztlichen oder sonstigen Prothetik
dienen.
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In der zahnärztlichen Prothetik ist es z. B. bei der Unterfütterung
von Prothesen, bei der Einlagersng von Klammern, wie Zahnfleischklammern, bei der
\57undversorgu,ng, bei Ersatz von Defekten und bei Obturatoren seit langem als Übelstand
empfunden worden, daß die in Betracht kommenden Werkstoffe, wie Polymerisationskunstharze,
Metalle und Hartgummi, wegen ihrer harten Randteile oder Kanten vom Träger der Prothesen
als störend befunden werden oder gar zu Zahnfleischverletzungen führen.
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Ähnliches gilt bei sonstigen Prothesen, insbesondere dem Plastikersatz
im Bereich des ganzen Kopfes.
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Es ist bisher jedoch nicht gelungen, die störenden harten Ränder
durch ein Verfahren zu beseitigen, das den praktischen Mitteln des Arztes bzw. des
Zahnarztes zugänglich ist, insbesondere nicht bei den
neuerdings
am meisten verwendeten Polymerisationskunstharzen auf Acrylsäurebasis, die durchweg
zu einstückig harten Prothesen führen.
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Zur Abhilfe von diesen Übelständen wird gemäß der Erfindung aus einem
weichbleibenden Polymerisationskunstharz und einem hartpolymerisierbaren Stoff durch
Einlagerung und Polymerisation ein Verbundpolymerisat, das dabei mindestens zum
Teil weich bleibt, in den drei nachstehend aufgeführten Verfahrensstufen hergestellt.
Dieser Stoff ist in seinem weichbleibenden Teil bzw. durchweg ein Gemisch aus den
beiden Ausgangskomponenten und als Verbundpolymerisat bezeichnet, weil bei dem Herstellungsverfahren
nicht ein echtes, chemisch homogenes Mischpolymerisat, sondern eine andersartige
Verbindung entsteht. Das Verbundpolymerisat nach der Erfindung soll so beschaffen
sein, daß hartpolymerisierbarer Stoff, insbesondere der in polymerisierter Form
seine eine Komponente bildende Stoff, einfach durch Anpolymerisieren weiterer Mengen
dieses Stoffes fest angelagert werden kann, ohne daß die weichen Teile des Verbundpolymerisates
hart werden.
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Derartige Verbindungen sind an sich bekannt, z. B. hat man Prothesen
für zahnärztliche und andere Zwecke durch Vermischen eines harten, zerkleinerten
Polymerisates mit einer hartpolymerisierbaren Verbindung zu einer knetbaren Masse
und Polymerisieren bis zur Erhärtung der ganzen Masse hergestellt. Nicht die knetbare
Masse, sondern erst das polymerisierte Gemisch ist ein Verbundpolymerisat, das aber
keine weichgebliebenen Teile mehr enthält.
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Außerdem ist es bekannt, Polyisobutylen und Polystyrol, beide in
fertig polymerisiertem Zustand, bei 1000 ZU mischen. Das erzeugte Mischharz besteht
aus einem nur mechanischen Gemisch der beiden Komponenten und ist kein Verbundpolymerisat
im Sinne der Erfindung, bei der eine intensivere Anlagerung der Komponenten aneinander
hergestellt werden soll, als es durch mechanische Mischung von fertigen Polymerisaten
möglich ist. Würde man bei dieser Mischung die harte Komponente, das Polystyrol,
in so großem Mengenverhältnis zum Polyisobutylen verwenden, daß monomeres Polystyrol
an das Mischharz mechanisch haltbar anpolymerisiert werden könnte, so wäre das Mischharz
als Ganzes ein harter Stoff, der für die Zwecke der Erfindung nicht brauchbar ist.
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Ferner ist es bekannt, durch Polymerisation eines Gemisches von Polyisobutylen
und Styrol mit kleinen Mengen Divinylbenzol als Körper für elektrische Isolierung
dienende Verbundpolymerisate herzustellen, die weicher sind als Polystyrol und lederartige
Konsistenz aufweisen. Hier wird die Möglichkeit der Vernetzung langer Ketten durch
Divinylbenzol zu einem vulkanisationsartigen Vorgang ausgenützt. Die erzeugten Verbundpolymerisate
sind aber der - Anlagerung hartpolymerisierbaren Stoffes durch weitere Polymerisation
nicht fähig, ohne dabei durchweg hart zu werden, erlauben also nicht die Herstellung
von Verbundkörpern aus weichbleibenden und harten Teilen. In gleicher Weise wird
bei dem bekannten Polymerisieren von monomerem Vinylcarbazol in Gegenwart von überwiegenden
Mengen, nämlich 80 bis 98 O!o, polymerem Isobutylen eine nach der Erfindung unerwünschte
Konsistenzänderung des Poly isobutylens herbeigeführt, die das Polymerisat zur weiteren
Anlagerung der oder einer hartpolymerisierbaren Komponente unter Beibehaltung eines
weichbleibenden Teils unfähig und für Zahnprothesen unbrauchbar macht.
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Gerade hierauf kommt es aber nach den vorstehenden Ausführungen bei
der Erfindung an. Ein Verbundpolymerisat, das zu solcher Anlagerung hartwerdender
Teile fähig ist und dabei weiche Teile behält, wird gemäß der Erfindung in folgenden
Stufen hergestellt, die gegebenenfalls einzeln oder gemeinsam wiederholbar sind:
a) Aktivieren bzw. Vergrößern der Oberfiäche des weichbleibenden Kunstharzes bzw.
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Polymerisates mittels Lösungs- und/oder Quellungsmitteln und anschließende
Entquellung bzw. Fällung; b) Versetzen der nach a) aktivierten Substanz mit dem
hartpolymerisierbaren Stoff; c) Polymerisieren des nach b) hergestellten Gemisches.
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Es kommt- bei der Erfindung demgemäß darauf an, daß die hartpolymerisierbare
Komponente mindestens teilweise in monomerer Form eingeführt und erst durch die
spätere Polymerisation an die von vornherein polymerisierte andere Komponente angelagert
wird, so daß diese dem dabei erzeugten Verbundpolymerisat die bezweckte Weichheit
mindestens über einen Teil des erzeugten Kunstharzes verleiht und trotzdem das An-
und Festpolymerisieren weiterer Mengen der hartpolymerisierbaren Komponente oder
eines sonstigen hartpolymerisierbaren Stoffes gestattet. Die letztgenannte Eigenschaft
liegt nicht vor bei einem echten Mischpolymerisat, das, wie bekannt, aus etwa go01,
monomerem Isobutylen und etwa Io 01o monomerem Styrol durch gemeinsame Polymerisation
hergestellt werden kann, bei dem also die Komponenten beide in monomerer Form eingeführt
werden. Würde diese Eigenschaft durch (nicht bekannte) Umkehrung der Mengenverhältnisse
herbeigeführt, so würde das Mischpolymerisat als Ganzes zu einem harten, für die
Zwecke der Erfindung unbrauchbaren Stoff.
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Je nach dem Grad der nach derVerfahrensstufe a) erfolgten Aktivierung
und der Durchdringung mit dem nach b) gewünschtenfalls im Überschuß zugesetzten
Stoff erhält man nach c) entweder einen als Ganzes weichen und physikalisch homogenen
Stoff oder einen praktisch zweischichtigen Verbundkörper mit einer weichen und einer
harten Schicht.
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In beiden Fällen, vorzugsweise im erstgenannten Fall, kann man nach
der Erfindung durch weiteres Polymerisieren mit dem gleichen hartpolymerisierbaren
Stoff einen aus harten und weichen Teilen zusammengesetzten Verbundkörper herstellen,
der im zweitgenannten Fall einen größeren harten Teil als zuvor nach a) bis c) gewonnen
besitzt. Der hartpolymerisierbare Stoff kann dabei in monomerer oder, =wie z.B.
in der zahnärztlichen Prothetik an sich bekannt, in zum Teil polymerisierter Form
zugesetzt werden.
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Bei dieser Weiterverarbeitung, die gegebenenfalls im zahnärztlichen
Laboratorium erfolgt, kann zugleich die Formgebung des Verbundkörpers z. B. unter
Zuhilfenahme von Lösungsmitteln und Formen und/oder mit
sonstigen
chemischen oder mechanischen Mitteln oder Bearbeitungsvorgängen an sich bekannter
Art erfolgen.
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Außer Verbundkörpern für die zahnärztliche oder sonstige Prothetik
können aus dem Verbundpolymerisat gemäß der Erfindung bei der Weiterverarbeitung
beliebig geformte Verbundkörper für sonstige Zwecke hergestellt werden, die weiche
Rand- oder Zwischenteile besitzen; ein vorteilhaftes Anwendungsgebiet sind z. B.
Kunstglasscheiben aus dem hartpolymerisierten Stoff mit weichen Rand- oder Einfassungsteilen
oder Zwischenteilen aus dem Verbundpolymerisat, insbesondere für Fahrzeuge.
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Die Verwendung des nach der Erfindung vorzugsweise in physikalisch
homogener Form hergestellten Verbundpolymerisates ist aber naturgemäß nicht auf
die Verarbeitung zu Verbundkörpern beschränkt, sondern ist auf allen Gebieten möglich,
auf denen die chemischen und physikalischen Eigenschaften dieses Kunstharzes erwünscht
sind.
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Als Ausgangsstoffe für das weiche Kunstharz bzw.
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Polymerisat dienen vorzugsweise chemisch gesättigte Polymerisate,
insbesondere solche Kunstharze, die physiologisch und gegen Luftsauerstoff inaktiv
bzw. keine Reizstoffe für den Organismus sind, wie Polyisobutylen, Als hartpolymerisierbarer
Stoff findet vorzugsweise eine in der zahnärztlichen Prothetik übliche Substanz,
zweckmäßig in flüssiger und in monomerer Form, Anwendung, wie Acrylsäure, Methacrylsäure,
Methacrylsäureester undloder ein Gemisch dieser Stoffe.
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Die Aktivierung der Oberfläche des weichbleibenden Kunstharzes in
der ersten Verfahrensstufe a) kann mit den üblichen organischen Lösungs- und Quellungsmitteln,
z. B. Toluol, Benzol, Chloroform, Tetrachlorkohlenstoff, Benzin usw., erfolgen.
Bei der anschließenden Entquellung können Fällungsmittel verwendet werden, oder
es kann diese durch Trocknen der gequollenen Substanz mit oder ohne Vakuum durchgeführt
werden.
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In der nächsten Verfahrensstufe b) wird die für zahnärztliche Zwecke
z. B. aus Polyisobutylen mit einem Polymerisationsgrad von etwa 2000 bestehende
und aktivierte Substanz z. B. mit einem der in der Zahnprothetik bekannten Polymerisat,
wie Methacrylsäuremethylester, jedoch in monomerer und flüssiger Form versetzt.
Das Gemisch kann nun bei gewöhnlichem oder erhöhtem Druck von z. B. 2 bis 4 atü
und bei gewöhnlicher oder erhöhter Temperatur von z. B. 100 bis I200 während einiger
Zeit polymerisiert werden. Die gewonnene Substanz wird entweder unmittelbar oder
nach Einlegen in Fällungsmittel, wie z. B. Methanol, verwendet bzw. weiterverarbeitet.
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Für die Verwendung oder Weiterverarbeitung kann die wie vorstehend
oder ähnlich hergestellte Substanz mit Lösungsmitteln, z. B. Chloroform, in Pastenform
oder z. B. durch Warmpressen in Folien- oder Plattenform gebracht werden. Die Weiterverarbeitung
kann in physikalisch-chemisch an sich ganz oder zum Teil bekannter Weise mit dem
Ausgangskunstharz bzw.
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Ausgangspolymerisat oder einem entsprechenden polymerisierbaren Stoff
erfolgen, und zwar zu mehr oder weniger harten Verbundkörpern, z. B. Zahnprothesen,
die aus diesem Stoff und weichen Teilen aus dem Verbundpolymerisat bestehen. Eine
besonders vorteilhafte Eigenschaft des erfindungsgemäß hergestellten Verbundpolymerisates
besteht gerade darin, daß es unter den in der zahnärztlichen Prothetik üblichen
Bedingungen schnell und auf einfachste Weise, ähnlich wie die üblichen harten oder
härtbaren Polymerisationskunststoffe und zusammen mit diesen, verarbeitbar ist,
ohne daß nur im Laboratorium vorhandene Verfahrensmittel oder -bedingungen erforderlich
sind.
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Ausführungsbeispiel I a) 50 g Polyisobutylen mit dem Polymerisationsgrad
etwa 2000 werden mit 100 cm3 Toluol versetzt und 10 Stunden maschinell geschüttelt.
Die gequollene Masse wird im Vakuum bei 40° vom Quellungsmittel befreit. Das so
aktivierte Produkt wird in der nachstehend zu b) angegebenen Weise weitern behandelt
Zwecks Verringerung der klebenden Eigenschaft kann das entquollene Polyisobutylen
in Methanol eingelegt werden. b) Die 50 g des Produktes zu a) werden mit I5 cm3
flüssigem Methacrylsäuremethylester versetzt. c) Das Gemisch mit Methacrylsäuremethylester
nach b) wird unter 2 atü Druck bei 1000 2 Tage lang polymerisiert. Man erhält so
ein einziges erfindungsgesäßes Verbundpolymerisat. d) Das Verbundpolymerisat nach
c) wird nach Einlegen in Methanol und Vakuumtrocknung in die gewünschte Form gebracht
(Folie, Pulver, Schnitzel, Paste). Sollte das Verbundpolymerisat noch nicht in der
gewünschten reaktionsfähigen Form vorliegen, so kann dies oder durch Wiederholung
der Vorgänge a), b), c) mit einer verminderten Menge Acrylsäurederivat erreicht
werden.
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Das so hergestellte weiche Verbundpolymerisat kann auf zwei Wegen
in dem Gebiet der Zahnprothetik weiterverarbeitet werden.
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I. Es wird in die Form (Matrize) für die Prothese an den Stellen,
die an der Prothese weich sein sollen, hineingegeben; anschließend wird die eingangs
erwähnte knetbare Masse, und zwar ein Gemisch aus monomerem und polymerem Methacrylsäuremethylester,
hinzugefüllt und in bekannter Weise fertig polymerisiert. Nach Entfernen der Form
sind die weichbleibenden Teile mechanisch unlöslich mit dem Prothesengrundkörper
verbunden.
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2. Eine fertige Prothese aus harten Polyacrylderivaten wird an den
Stellen, die aus weichem Verbundpolymerisat bestehen sollen, abgeschliffen; die
Verbindung des Prothesengrundkörpers mit dem weichbleibenden Verbundpolymerisat
wird in der Weise erreicht, daß zwischen die beiden Körper in der Form monomere
Acrylderivate gebracht werden und alle zusammen bei erhöhter Temperatur in bekannter
Weise miteinander verbunden werden, wonach überschüssiges, die Form nach unten überragendes
Verbundpolymerisat entfernt wird.
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Ausführungsbeispiel 2 Die Arbeitsgänge werden in folgender Arbeitsweise
zusammengefaßt: Das nach a) (Beispiel I) aktivierte Polyisobutylen wird in der entsprechenQen
Gestalt
direkt in die Negativform z.B. einer Prothese oder einer
Glasscheibe gebracht. Es wird mit einem Gemisch aus flüssigen monomeren und polymeren
Acrylderivaten durchtränkt, das genügend Monomeres enthält, um die aktivierte Menge
Polyisobutylen zu durchtränken; es bildet sich so in der Zwischenzone von selbst
ein Gemisch von weichbleibendem und vorwiegend monomerem hartpolymerisierbarem Stoff,
das nun zusammen mit der übrigen Masse nach c) (Beispiel I) polymerisiert wird.
Man erhält sofort den harten Verbundkörper mit weichen Randteilen, z. B. eine Prothese
bzw. eine Verbundglasscheibe.