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Verfahren zur Bestimmung der Konzentration von oxydierenden und reduzierenden
Stoffen in Lösungen In Industrieanlagen sind die Nutz- und Abwässer auf ihren Gehalt
an gelösten, oxydierend oder reduzierend wirkenden Stoffen und Verunreinigungen,
z. B. Sauerstoff, Chlor, Hypochlorite, Ozon, Wasserstoffperoxyd, schwefliger Säure
usw., laufend zu untersuchen und die Konzentration dieser Stoffe zu messen. Hierfür
sind bereits Verfahren und Einrichtungen bekannt, jedoch sind diese für praktische
Messungen nicht befriedigend.
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Für solche Bestimmungen wird z. B. die Strommessung an polarisierten
galvanischen Elementen benutzt, derart, daß man z. B. zwei Elektroden aus verschiedenen
Metallen in die Lösung eintaucht und dieses galvanische Element über einen Strommesser
kurzschließt. Dieses Verfahren hat den Nachteil, daß die Anzeige von der Größe des
inneren und äußeren Widerstandes des Elementes beeinflußt wird. Infolgedessen ergeben
sich bei Änderung der Konzentration und damit der Leitfähigkeit auch unzulässige
Anzeigeänderungen. Besonders groß ist aber der Einfluß von Änderungen der Wasserstoffionenkonzentration
auf die Anzeige, vor allem bei der Untersuchung von neutralen Flüssigkeiten. Bei
diesen tritt infolge der verschiedenen Reaktionsfähigkeit der Metalle mit den Hydroxyllonen
ein starker Potentialsprung und damit auch eine Stromänderung beim Neutralpunkt
,ein.
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Eine weitere Möglichkeit der Messung bietet das sog. polarographische
Verfahren. Bei diesem wird eine 0uecksilbertropfelektrode verwendet, an die eine
regelbare Spannung gelegt wird. Mit der Änderung der Spannung erfolgt eine stufenweise
Abscbeidung aller Ionen in einer Reihenfolge, die von der Höhe ihrer Abscheidungspotentiale
abhängig ist. Die an der Elektrode entladenen Ionen bilden mit dem Ouecksilber Amalgame
oder Verbindungen, und der jeweils dabei auftretende Sättigungsstrom. stellt ein
Maß für die Konzentration der einzelnen Stoffe dar. Die Nachteile dieses Verfahrens
für die laufende Bestimmung gelöster, oxydierend oder reduzierend wirkender Stoffe
besteht einmal darin, daß die Abscheidung jedes Stoffes an eine bestimmte Spannung
gebunden ist, so daß die Messung nur bei einer genau gegebenen Spannung erfolgen
kann, und ferner darin, daß die absolute Höhe des Stromes, der dem Gehalt Null des
, zu bestimmenden Stoffes entspricht, von der Art und der Konzentration derjenigen
übrigen in der Lösung vorhandenen Ionen abhängig-ist, die ein kleineres Abscheidungspotential
besitzen. Im übrigen sind auch die für das Verfahren, nötige Apparatur
und
besonders die empfindliche Quecksilbertropfelektrode für die Technik und die Betriebsmessung
wenig geeignet. Dasselbe gilt auch für die Art der Anzeige. Es ist keine. laufende
Ablesung der Meßwerte möglich;. vielmehr werden photographische Diagrarriliie aufgenommen,
deren Auswertung erst nach, Entwicklung des Registrierstreifens erfolgen kann.
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Die Nachteile der beschriebenen Anordnungen vermeidet das neue Verfahren
auf Grund der Erfindung dadurch, daß feste Elektroden aus demselben Werkstoff verwendet
werden, an die eine Gleichstromspannung angelegt wird, die unterhalb der Zersetzungsspannung
des Elektrodenmetalls liegt. Dem Meßverfahren liegt folgender Gedanke zugrunde.
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Legt man an zwei Elektroden aus dem gleichen, aber beliebigen Metall
oder Legierung eine Spannung an, die kleiner ist als die Zersetzungsspannung des
betreffenden Metalles, so kann im oxydationsmittelfreien Wasser kein Strom fließen,
da durch die Polarisation, infolge Abscheidung von Wasserstoff an der Kathode und
Sauerstoff an der Anode, eine Gegenspannung entsteht, die den weiteren Stromdurchgang
verhindert. Da eine Legierungsbildung wie bei Ouecksilbertropfelektroden nicht möglich
ist, wird] auch durch andere Ionen in der Lösung kein Strom auftreten können. Nur
im Maße der Ablösung von Wasserstoff bzw. Sauerstoff von den Elektroden ergibt sich
ein kleiner Reststrom. Gibt man zu der Lösung ein Oxydationsmittel, wie Sauerstoff,
Ozon, Chlor, Wasserstoffperoxyd usw., so wird der an der Kathode abgeschiedene Wasserstoff
in Abhängigkeit von der Konzentration des Oxydationsmittels zu Wasser bzw. Salzsäure
oxydiert, und es kann nun, entsprechend dem von der Kathode entfernten Wasserstoff,
wieder ein Strom fließen. Die Stärke dieses Stromes kann infolgedessen als Maß für
den Oxydationsmittelgehalt der Lösung dienen. Auch reduzierende Stoffe, z. B.
SO" können auf diese Weise gemessen werden, da in diesem Falle der an der
Anode befindliche Sauerstoff zur Oxydation des Reduktionsmittels dient.
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Als Elektrodenmetalle für diese Anordnung sind sämtliche Metalle und
Legierungen brauchbar. Jedoch ist es vorteilhaft, z. B. zur Messung oxydierender
Substanzen solche zu verwenden, die eine hohe Überspannung für Wasserstoff haben,
wie z. B. Nickel, V2 A, Blei usw., da die Reduktionskraft an diesen besonders groß
ist. Die anzulegende Spannung ist relativ hoch, und es stehen für die Messung genügend
große Energien zur Verfügung, so daß eine unmittelbare Anzeige möglich ist.
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Der Einfluß von Änderungen der Leitfähigkeit durch Änderung der Zusammensetzung
oder der Konzentration der Lösung ist bei dieser Methode praktisch zu vernachlässigen,
da der Ohmsche Widerstand der Elektroden ao klein gehalten werden kann, daß, Änderun-@en
der Leitfähigkeit des Wassers gegenüber :dein Polarisationswiderstand keine Rolle
spielen. Ebenfalls kann keine Änderung der Anzeige durch wechselnden pÄ Wert eintreten,
da beide Elektroden aus dem gleichen Werkstoff bestehen und daher der bei der Strommessung
an polarisierten galvanischen Elementen auftretende Potentialsprung beim Neutralpunkt
nicht eintreten kann. Änderungen der Strömungsgeschwindigkeit der Flüssigkeit an
den Elektroden können an sich die Messung beeinflussen, indem die Diffusionsgeschwindigkeit
des Oxvdations- bzw. Reduktionsmittels zu den Elektroden und damit die depolarisie'rende
Wirkung durch die Strömung beeinflußt wird. Ferner könnte auch durch die Strömung
Wasserstoff von der Elektrode abgelöst werden und dadurch ein Strom zustande kommen.
Nun hat es sich aber gezeigt, daß bei geringen Strömungsgeschwindigkeiten praktisch
keine Abhängigkeit der Anzeige von der Strömung vorhanden ist. Bei starken und ungleichen
Strömungen können Fehlmessungen dadurch vermieden werden, daß an sich bekannte Strömungsregelanordnungen
vor die Elektroden vorgeschaltet werden.
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Eine weitere Beeinflussung des Meßresultates kann durch die Gegenwart
von solchen Ionen in der Lösung eintreten, die, sobald sie entladen sind, mit dem
Lösungsmittel reagieren. Dieser Fall tritt z. B. beim Vorhandensein von Chlorionen
in der Lösung ein, wenn die Lösung auf ihren Gehalt an Oxydationsmitteln untersucht
werden soll. Das Chlor wird an der Anode abgeschieden und reagiert zusammen mit
dem Wasser unter Bildung von unterchloriger Säure und Salzsäure, so daß die Anode
scheinbar depolarisiert wird und ein Reststrom vorhanden ist, der von dem Verhältnis
der Chlorionenkonzentration zu der Konzentration der übrigen Anionen abhängt. Diesen
Einfluß kann man nötigenfalls dadurch ausschalten, daß man Anode und Kathode durch
ein Diaphragma trennt und in den Anodenraum eine von Chlorionen freie Lösung gibt.
Oft wird allerdings die Chlorionenkonzentration der zu bestimmenden Lösung nur gering
sein und auch nicht sehr stark sich ändern, so daß ohne die angegebene Maßnahme
die Anordnung auf diesen bekannten Chlorionengehalt von vornherein eingestellt werden
kann.
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Schließlich wäre noch der Einfluß von Temperaturschwankungen auf das
Meßresultat ztl erwähnen, der durch Verwendung von Widerstandsthermometern in geeigneter
Schaltung kompensiert wird.
In der Zeichnung sind Ausführungsmöglichkeiten
des Verfahrens dargestellt.
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Fig. i ist ein Beispiel einer Elektrodenanordnung für den Fall, daß
keine störenden Ionen in der zu untersuchenden Flüssigkeit enthalten sind. Die Elektroden
i und 2, von denen die äußere mit Öffnungen versehen ist, sind zusammen mit den
von einer Hülse 3 umgebenen Widerstandsthermometern . in einem Körper 4. druckdicht
gehaltert. Das Ganze kann mittels des Gewindes 5 in die Rohrleitung der zu untersuchenden
Flüssigkeit eingeschraubt werden, wobei zweckmäßig ein Strömungsregler, etwa wie
er in Fi.g.2 dargestellt ist, vorgeschaltet wird. Die Anordnung ist so getroffen,
-daß die eine der beiden Elektroden über den Körper geerdet ist, wodurch sich eine
besondere isolierende Durchführung erübrigt.
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In Fig.2 ist ein Beispiel der Elektrodenanordnung zur Messung bei
Anwesenheit von störenden Ionen, z. B. von Chlorionen, dargestellt. Die Flüssigleeit
gelangt aus dem beispielsweise als Überlaufgefäß ausgebildeten Strömungsregler 6
in die Kammer 7, in der sich die Elektroden 8 und 9 und das Rohr To mit den Widerstandsthermometern
befinden. Die Elektrode 8 ist, um die Entladung der störenden Ionen zu verhindern,
mit einem Rohr i i, z. B. aus glasiertem keramischem Material, umgeben, das mit
einemDiaphragma 12 versehen ist. Das Rohr ist mit einer Lösung gefüllt, die keine
die Messung störenden Ionen, in diesem Falle keine Chlorionen, enthält, z. B. mit
gesättigtem Kaliumnitrat.
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Schaltanordnungen für das Verfahren gemäß der Erfindung unter Verwendung
von zwei Widerstandsthermometern zur Temperaturkompensation sind in den Fig. 3 und
q. dargestellt. Darin bedeuten 13 und 14 die beiden Widerstandsthermometer,
15 die zur Messung dienenden Elektroden und 16 die Anzeigegeräte. Um die ganze Skala
des Meßgerätes für die Anzeige ausnutzen zu können, ist zur Unterdrückung des Anfangsstromes
oder -meßbereiches in Fig. 3 eine halbpotentiometrische Kompensationsschaltung angegeben,
während in Fig. q. der gleiche Zweck durch eine Brückenschaltung erreicht wird.
Durch die Potentiometer 17 können kleinere Differenzen, die infolge Änderung der
Lösung auftreten, ausgeglichen werden.
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Das Verfahren gemäß der Erfindung läßt sich auch für die Konzentrationsmessung
von oxydierend oder reduzierend wirkenden Gasen, z. B. von Sauerstoff in Rauchgasen,
verwenden. Hierzu ist es lediglich notwendig, die Gase durch ein Lösungsmittel zu
leiten, so daß dieses sich entsprechend dem Partialdruck des Gases mit diesem sättigt.
Die so vorbereitete Lösung wird dann entsprechend dem erfindungsgemäßen Verfahren
weiterbehandelt.