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Verfahren zur chemischen Entfernung von schwachen gasförmigen Säuren
aus Gasen Es ist bekannt, daß man schwache gasförmige Säuren aus Gasen vorteilhaft
dadurch entfernen kann, daß man die Gase mit Basen oder deren Lösungen behandelt,
die mindestens 2 Atome Stickstoff im Molekül enthalten und der allgemeinen Formel
entsprechen, wobei B ein aliphatischer Kohlenwasserstoffrest ist, der auch eine
einfache oder substituierte Aminogruppe enthalten kann, und wobei mindestens eine
der Gruppen A eine Alkyl- oder Arylgruppe, die eine Oxygruppe oder einfache oder
substituierte Aminogruppe enthalten kann, oder wobei zwei an verschiedenen Stickstoffatomen
befindliche Gruppen A eine Alkylengruppe darstellen, während jede der übrigen Gruppen
A Wasserstoff oder eine Alkyl- oder Arylgruppe darstellt. Die Basen können durch
Erhitzen wiederbelebt werden.
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Es wurde nun gefunden, daß man unter Anwendung vön Basen mit mehreren
Stickstoffatomen besonders gute Ergebnisse erhält, wenn man als Basen Polymerisate
der Alkylenimine, insbesondere des Äthyleniming wie sie z. B. durch Polymerisation
von Äthylenimin oder seinen Homologen oder Sul>-stitutionserzeugnissen dieser,
vorteilhaft in Gegenwart von Katalysatoren, erhalten werden können oder Derivate
dieser Polymerisate verwendet.
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Dic gemäß vorliegender Erfindung verwendeten Waschflüssigkeiten haben
gegenüber den bisher für die Gasreinigungs vorgeschlagenen Basen den besonderen
Vorteil, daß sie nur in sehr geringem Maße zur Schaumbildung neigen, so daß man
die Wiederbelebungsvorrichtungen kleiner und einfacher bauen und auf das Überleiten
der Waschflüssigkeiten über aktive Kohle u. dgl., wie es zur Bekämpfung der Schaumbildung
schon vorgeschlagen wurde, verzichten kann.
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Die für das vorliegende Verfahren benutzten Basen enthalten mindestens
2 Atome Stickstoff, doch kann die Zahl der Stickstoffatome beliebig groß sein. Zur
Erzielung einer möglichst großen Absorptionsfähigkeit der Waschflüssigkeiten ist
ein möglichst hoher Stickstoffgehalt vorteilhaft. In die Polymerisate können auch
noch andere Gruppen ciiigeführt werden, durch die die Eigenschaften der Basen in
bestimmten Richtungen beeinflußt werden können. So kann man z. B. zur Erhöhung der
Absorptionsfähigkeit stickstoffhaltige Verbindungen, beispielsweise Amine, wie NjIonoäthanolamin,
oder Aminosäuren,
wie Glykokoll, mit den Polymerisaten kuppeln.
Um die Basen besonders wenig flüchtig zu machen, kann man beispielsweise Oxalkylgruppen,
wie z. B. Oxäthylgruppen, oder auch Kohlenwasserstoffreste in die Polymerisate einführen.
Dabei erhöht die Einführung von Oxalkylgruppen die Löslichkeit der Basen in Wasser,
Alkohol und anderen polaren Flüssigkeiten, während die Einführung von Kohlenwasserstoffgruppen
die Löslichkeit in Paraffinkohlenwasserstoffen und ähnlichen organischen Lösungsmitteln
steigert.
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Die Basen brauchen an den Stickstoffatomen keine Wasserstoffatome
mehr zu enthalten. Verbindungen, die an den Stickstoffatomen nur Alkylgruppen enthalten,
können beispielsweise durch Synthese unter geeigneter Wahl der zur Polymerisation
kommenden Stoffe oder auch durch nachträgliche Veränderung der nicht substituierten
Polnmerisaite, z. B. durch Methylierung nach bekannten Methoden, hergestellt werden.
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Die vorgeschlagenen Basen können sowohl für sich als auch im Gemisch
miteinander oder mit anderen Waschmitteln, wie z. B. anderen organischen Basen undloder
basisch reagierenden Salzen anorganischer oder organischer Säuren, Anwendung finden.
Beispielsweise kann man Lösungen verwenden, die neben den Basen gemäß vorliegender
Erfindung auch basisch reagierende Salze einfacher organischer Säuren oder auch
tertiäres Kaliumphosphat oder Kalinmuietaborat enthalten.
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Durch geeignete Änderung des basischen Charakters der Basen, der
im allgemeinen von ihrem Stickstoffgehalt abhängt, ist es möglich, gasförmige schwache
Säuren verschiedener Stärke getrennt voneinander auszuwaschen. Während z. B. eine
schwache Base aus einem Gemisch, das Kohlensäure und Schwefelwasserstoff enthält,
wesentlich mehr Schwefelwasserstoff als Kohlensäure absorbiert, ist bei Anwendung
stärkerer Basen das Umgekehrte der Fall. Durch geeignete Wahl der Stärke der Base
kann man auch z. B. aus einem Rauchgas, das Schwefeldioxyd und Kohlensäure enthält,
mittels einer schwach basischen Lösung das Schwefeldioxyd absorbieren, die Iiohlcnsiiure
aller unverändert im Gas l>elassen; diese kann dann erforderlichenfalls mit einer
stiirkcr basischen Lösung in einer zweiten Auswaschung entfernt werden. Falls in
dem Gas, aus dem Schwefeldioxyd ausgewaschen wird, gleichzeitig Sauerstoff und andere
oxvdierende Gase vorhanden sind, kann ein geringer Bruchteil des Schwefeldioxyds
zu Schwefel säure xoydiert werden, die durch Erhitzen der Waschflüssigkeit nicht
mehr austreibbar ist. In diesem Falle kann für eine zeitweilige oder ununterbrochene
Entfernung der gebildeten nichtflüchtigen Säure auf beliebige Weise sorge Getragen
werden, wie z. B. durch Ausfällen mit Kalk, Baryt u. dgl. Das gleiche gilt auch
für die Bildung von anderen nichtflüchtigen Säuren bei der Auswaschung von Schwefeldioxyd
oder Schwefelwasserstoff, z. B. von Thioschwefelsäure.
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Die Konzentrationen der Waschflüssigkeiten können in an sich bekannter
Weise beliebig gewählt werden; sie richten sich in erster Linie nach den günstigsten
Waschbedingungen für das Gas. In der Regel sind Konzentrationen von 2j bis 40 01o
am gunstigsten. Es können jedoch bei schwer löslichen Körpern auch niedrigere, bei
leicht löslichen höhere Konzentrationen besonders günstige Wirkung zeigen. Die Konzentration
kann auch mit Rücksicht auf den Baustoff der Vorrichtungen gewählt werden, um Angriffe
der Baustoffe, die bei hestimmten Konzentrationsbereichen auftreten können, auszuschließen.
So findet z. B. eine Korrosion von Aluminium oder Aluminiumlegierungen nicht statt,
wenn man hohe Konzentrationen der Waschflüssigkeiten benutzt und dafür Sorge trägt,
dal3 die Flüssigkeiten frei von gelösten Aluminiumverbindungen sind.
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Nach dem vorliegenden Verfahren können praktisch sämtliche vorkommenden
industriellen Gase von gasförmigen schwachen Säuren gereinigt werden. In erster
Linie kommen Destillationsgase von Kohlen u. dgl. (z. B.
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Kokereigas, Leuchtgas oder Schwelgas), Erdgase, Gasgemische, wie
sie durch Umsetzung von Kohlen oder Kohlenwasserstoffen mit Luft, Sauerstoff oder
\Vasserdampf entstehen (z. B. Generatorgas oder Wassergas), Gase aus der thermischen
Spaltung von Kohlenwasserstoffen (z. B. Krackgase) oder Abgase von der Druckhydrierung,
endlich auch auch und andere Verbrennungsgase in Frage. Auch Gase, die neben gasförmigen
schwachen Säuren Ammoniak enthalten, können durch die vorliegend benutzten Waschnlittel
ausgewaschen werden, wobei mitunter auch das Ammoniak ganz oder teilweise von den
Waschmitteln aufgenommen werden kann.
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Die Vorrichtungen, in denen die Gaswaschung vorgenommen wird, können
in bekannter Weise beliebig gewählt werden. So kann man in Waschtürmen, die eine
beliebige Füllung haben, oder mit mechanisch bewegten Wäschern, wie Des integratoren,
Feldwäschern oder Ströderwäschern, arbeiten. Die Aufenthaltsdauer der Gase und die
weiteren Bedingungen der Auswaschung, die Lösungsmenge, Zerteilung der Lösung und
Temperatur.
müssen sich nach der Art des zu waschenden Gases richten.
Für eine Auswaschung von Schwefelwasserstoff ist im allgemeinen eine nur sehr kurze
Berührungsdauer notwendig, wiihrend die Auswaschung z. B. von Kohlensäure erheblich
längere Berüllrungszeiten erfordert. Auf diese Weise kann man die beiden Gase, falls
dies erforderlich ist, weitgehend getrennt voneinander auswaschen.
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Für die Entfernung von Kohlensäure ist es ferner vorteilhaft, wenn
die Lösung auf erhöhter Temperatur gehalten wird, am besten zwischen etwa 45 und
55°C. Außer einer rascheren Absorption der Kohlensäure hat man dann noch einen wärmetechnischen
Vorteil, da man bei jedem Umlauf der Lösung das Aufheizen bis zu dieser Temperatur
spart.
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Der Druck, unter dem die Gase ausgewaschen werden, kann in beliebigen
Grenzen schwanken. Stehen die Gase unter erhöhtem Druck, so ist eine Auswaschung
bei diesem natürlich besonders vorteilhaft. Wenn auch Gase von gewöhnlichem Druck
zur Auswaschung einer Druckveränderung unterworfen werden können, so wird die Auswaschung
unter dem jeweils vorliegenden Druck im allgemeinen doch die wirtschaftlichste Arbeitsweise
darstellen.
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Zur Wiederbelebung der Waschflüssigkeiten empfiehlt es sich, den
Wärmeinhalt der abgetriebenen heißen Lösung in bekannter Weise durch Wärmeaustauscher
nutzbar zu machen. Die Wuiederbelebung kann im übrigen beliebig und nach allen bekannten
Verfahren durchgeführt werden. Es können alle hierfür bekannten Vorrichtungen herangezogen
werden, wie Tünne und Abtreil>ekolonnen. Die Wiederbelebung der Lösung kann ferner
begünstigt werden durch rasches Ableiten- der entbundenen Gase, z. B. indem der
herab rieselnden Lösung Dampf oder ein reines Gas, z. B. Stickstoff, entgegengeleitet
wird. Die Austreibung kann auch durch Dämpfe organischer Stoffe, wie Chlorderivate
der Parafüne oder Benzoi, durch geführt oder unterstützt werden. Auch kann z. B.,
um die letzten Reste eines absorbierten Gases aus einer Lösung auszutreil)en, ein
anderes Gas entgegengeleitet werden, z. B.
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Kohlensäure, das selbst bis zu einem gewissen Grade absorbiert wird.
Zum Erhitzen der Lösung können l)el iel,ige Wärmequelle dienen, z. B. mittelbare
oder unmittelbare Ileizung mit Dampf, auch Abdampf, unmittelbares Feuer, heißc Gase,
wie Verl>rennungsgase, oder andere-heiße Medien. Auch kann der Druck l>ei
der Wiederbelebung beliebig gewählt werden. Für schwer abtreibbare gasförmige Säuren
empfichlt es sich, diese unter Druck abzutreiben, da hierdurch der Siedepunkt der
Lösungen heraufgesetzt und eine raschere Abspaltung der gasför migen schwachen Säuren
bewirkt wird. Man kann aber auch bei erniedrigtem Druck und entsprechend verringerter
Temperatur abtreiben. Um jede Spur von mitgerissenen basischen Waschmitteln zurückzuhalten,
empfiehlt es sich, für eine gute Abstreifung der abziehenden Dämpfe zu sorgen und
etwa mitgerissene basische Anteile zur Waschflüssigkeit zurückzugeben.
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Um jede Möglichkeit eines Basenverlustes zu vermeiden, kann man die
mit den ausgetriebenen Gasen abziehenden Dämpfe ganz oder teilweise kondensieren
und wieder verdampfen und diesen Dampf in die Abtreibevorrichtung zur Behandlung
der Waschflüssigkeit zurückführen.
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Als Lösungsmittel für die gemäß der Erfindung verwendeten Stoffe
können in bekannter Weise wäßrige und nichtwäßrige Medien verwendet werden. Nichtwäßrige
und nichthydratisierende Lösungsmittel können dabei noch für besondere Zwecke nutzbar
gemacht werden, z. B. für die gleichzeitige Entfernung von gasförmigen schwachen
Säuren und von leicht flüchtigen organischen Verbindungen, mie z. B. Benzol, aus
Gasen.
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Es können auch beliebige Gemische nichthydratisierender Lösungsmittel
Anwendung finden.
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Die zur Auswaschung und Wiederbelebung der Waschflüssigl ; eit dienenden
Vorrichtungeil werden zweckmäßig aus den technisch gangbarer Metallen hergestellt.
Es empfiehlt sich vielfach, eine Auskleidung der Vorrichtungen mit Mörtel, säurefesten
Steinen untl Kitten oder Holzbelag vorzunehmen, um einen erhöhten Schutz des Metalls,
vor allen Dingen auch gegen mechanische Einflüsse, zu erzielen. Im allgemeinen können
Vorrichtungen aus Eisen Verwendung finden, besonders, wenn Schwefekvasserstoft'ausgewaschen
wird, der anscheinend eine gewisse Schutzxvirkung auf den Baustoff der Vorrichtungen
ausübt. In anderen Fällen ist Aluminium mit Vorteil zu gebrauchen. Auch können die
technisch bekannten Legierungen benutzt werden, z. B. handelsüliliche Legierungen
aus Aluminium und Silicium mit etwa 12,5 % Silicium oder ein Stahl mit etwa 20 %
Chrom, 7 % Nickel und 0,2 % Kohlenstoft'.
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Es ist ein besonderer Vorteil des vorliegenden Verfahrens, daß Ausscheidungen
fester Stoffe während der Auswaschung der Gase und während der Wiederbelebung der
Waschflüssigkeiten überhaupt nicht oder nur in einem ganz geringen Maße auftreten,
so daß man auch bei starker Aufladung der
Waschflüssigkeit mit Schwefelwasserstoff,
Kohlensäure oder Blausäure keine Verstopfungen oder andere mechanische Störungen
in den Vorrichtungen befürchten snuß.
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Ein weiterer Vorteil ist die hohe Absorptionsfähigkeit der Lösungen,
die zum Teil auch darauf zurückzuführen ist, daß die Lösungen niedrig viscos und
dünnflüssig sind und deshalb in verhältnismäßig hoher Konzentration angewendet werden
können. Sie unterscheiden sich hierdurch vorteilhaft von vielen Lösungen, die basisch
reagierende Salze schwacher organischer Säuren, z. B. Aminosäuren, enthalten. Weiter
sind die neuen Basen sehr unempfindlich gegen die Einwirkung von Sauerstoff und
unterscheiden si'ch hierdurch von Basen von der Art des Diaminopropanols, die bereits
für die Gasreinigung vorgeschlagen wurden; sie sind daher auch für die Reinigung
sauerstoffhaltiger Gase gut geeignet. Es ist auch bekannt, für die Reinigung von
Gasen, sei es von schwachen gasförmigen Säuren, sei es von organischen Schwefelverbindungen,
organische Basen, wie Alkylolamine oder Piperidin und seine Homologen, zu verwenden
; diese sind aber verhältnismäßig leicht flüchtig, so daß sich bei ihrem Gebrauch
in der Regel dauernd Verluste an den organischen Basen erbeben; die nach dem vorliegenden
Verfahren benutzten Basen zeichnen sich dagegen durch eine sehr geringe Flüchtigkeit
aus.
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Beispiel I Ein polymeres Äthylenimin, das durch etwa 12stündiges
Stehenlassen einer 10%igen Lösung von Äthylenimin bei gewöhnlicher Temperatur hergestellt
wurde, dient zur Auswaschung von Kohlensäure. Die Lösung ist bei einer Konzentration
von 50 % dünnflüssig und leicht beweglich; sie hat ein spez. Gewicht von 1,048 und
absorbiert 36,4 Volumina CO2 je Volumen Lösung. Eine 35,8%ige Lösung (spez. Gewicht
= 1,035) absorbiert 27,0 Volumina.
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Beispiel 2 Ein Abgas der Druckhydrierung von Kohle, das 6 % Schwefelwasserstoff
und 7 % Kohlensäure enthält, wird mit einer 40%igen wäßrigen Lösung eines Polymerisationserzeugnisses
von Äthylenimin berieselt. Hierbei nimmt 1 cbm der Waschflüssigkeit aus 300 cbm
Gas den Schwefelwasserstoff und die Kohlensäure bis auf I % auf. Je Kubikmeter nimmt
die Flüssigkeit dabei 36 cbm Kohlensäure und Schwefelwasserstoff auf.
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Die beladene Waschflüssigkeit wird durch Behandlung mit Dampf in einer
Kolonne wiederbelebt und nach Kühlung wieder in die Waschvorrichtung zurückgeführt.
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Beispiel 3 Röstgase von Pyrit, die 8 8 % Schwefeldioxyd enthalten,
werden entstaubt und gekühlt und dann mit einer 50%igen Lösung eines durch Behandlung
mit Äthylenoxyd oxäthylierten Polymerisationserzeugnisses von Äthylenimin berieselt.
Auf je 400 cbm Gas verwendet man 1 cl)m der Waschflüssigkeit, wobei das behandelte
Gas weniger als 0,1 % Schwefeldioxyd enthält. Die Waschflüssigkeit nimmt je Kubikmeter
31,5 cbm Schwefeldioxyd auf, das durch Erllitzen der Lösung wieder ausgetrieben
wird.
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In entsprechender Weise verfährt man auch, wenn man Polymerisationserzengnisse
des Propylenimins anwenden will.