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Verfahren zur Entfernung von schwachen gasförmlgen Säuren aus Gasen
Zusatz zum Patent 620 932 Es ist bekannt, schwache gasförmige Säuren aus Gasen mit
organischen Basen, insbesondere Aminen, oder deren Lösungen auszuwaschen, die dann
durch Erhitzen regeneriert werden. Aus dem Hauptpatent ist es bekannt, für diesen
Zweck Basen zu verwenden,. die mindestens 2 Atome Stickstoff im Molekül enthalten
und der allgemeinen Formel
entsprechen, wobei B ein aliphatischer Kohlenwasserstoffrest ist und wobei mindestens
eine der GruppenA eine Alkyl- oder Arylgruppe bedeutet.
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Es wurde nun gefunden, daß man die Auswaschung schwacher gasförmiger
Säuren aus Gasen gemäß dem Hauptpatent in besonders vorteilhafter Weise mit solchen
Basen durchführen kann, in denen der aliphatische Kohlenwasserstoffrest B mindestens
eine freie oder substituierte Oxygruppe enthält und in denen kein Wasserstoff an
Stickstoff gebunden ist. Die Gruppen A sind wie bei dem Verfahren des Hauptpatents
Alkyl- oder Arylgruppen (einschließlich Cycloalkyl- oder Arallcylgruppen). Alle
Gruppen A und B können auch noch weitere Substituenten enthalten, z. B. Oxy-, Oxyalkyl-
und insbesondere substituierte Aminogruppen.
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Basen dieser Art besitzen gegenüber den im Hauptpatent genannten
erhebliche Vorteile. Einerseits ist ihr Absorptionsvermögen sehr gut, andererseits
besitzen sie eine gute Löslichkeit sowohl in Wasser und anderen polaren Flüssigkeiten
als auch in nichtpolaren Lösungsmitteln, wie Kohlenwasserstoffen ; sie sind daher
mit Vorteil in organischen Lösungsmitteln, z. B. in Waschölen, anwendbar.
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Die neuen Basen sind weiterhin durch eine außerordentlich geringe
Flüchtigkeit, insbesondere auch bei erhöhten Temperaturen, ausgezeichnet, die noch
geringer ist als die der im Hauptpatent genannten Basen. Endlich sind sie auch bei
höheren Temperaturen chemisch außerordentlich widerstandsfähig und erleiden daher
keine Umwandlung in Stoffe, die für die Gasreinigung unbrauchbar oder schlecht brauchbar
sind. Insbesondere
zeichnen sie sich dadurch aus, daß sie eine hohe
Beständigkeit gegenüber organischen Schwefelverbindungen, insbesondereSchwefelkohlenstoff,
besitzen. Sie sind daher besonders geeignet zur Reinigung von Gasen, die organisch
gebundenen Schwefel in größeren Mengen enthalten, wie z. B. Kokereigasen und ähnlichen
Gasen.
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Beispielsweise kommen die folgenden Verbindungen in Frage:
Die einzelnen Basen können sowohl für sich als im Gemisch miteinander gebraucht
werden; auch können sie mit anderen alkalisch reagierenden Lösungen, z. B. solchen,
die Salze von Aminosäuren oder anorganische Salze, wie Kaliumpbosphat, enthalten,
angewandt werden, wobei es aber vorteilhaft ist, ebenfalls solche Lösungen zu benutzen,
die durch den organisch gebundenen Schwefel der Gase keine Schädigung davontragen.
Auch kann die Auswaschung der Gase nach dem vorliegenden Verfahren mit der Benutzung
anderer Waschlösungen so kombiniert werden, daß nacheinander zuerst eine und dann
eine andere Lösung zur Waschung benutzt wird. So kann z. B. ein Kokereigas zuerst
mit Tetraoxäthyldiaminoisopropanol vorgewaschen und mit Dimethylalaninkalium nachgewaschen
werden.
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Durch Wahl der Substituenten kann die Basizität der Waschflüssigkeiten
in weiten Grenzen verändert werden, wobei im allgemeinen die Regel gilt, daß Kohlenwasserstoffradikale
mit länger werdender Kette die Basizität abschwächen, während Oxäthylgruppen dies
in geringerem Maße tun. Durch geeignete Auswahl der Basizität kann man unter Umständen
z. B. eine getrennte Auswaschung von Schwefeldioxvd und Kohlensäure oder von Kohlensäure
und Schwefelwasserstoff bewirken.
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Die Konzentrationen der Waschflüssigkeiten können beliebig gewählt
werden und richten sich in erster Linie nach den optimalen Waschbedingungen für
das Gas. In der Regel sind Konzentrationen von 25 bis 40 O/o am günstigsten. Es
können jedoch bei schwer löslichen Körpern auch niedrigre, bei leicht löslichen
höhere Konzentrationen beson ders günstige Wirkung zeigen. Die Konzentration kann
auch mit Rücksicht auf das Material der Apparatur gewählt werden, um Angriffe auf
das Apparatematerial, die bei bestimmten Konzentrationsbereichen auftreten können,
auszuschließen. So findet z. B. eine Korrosion von Aluminium oder Aluminiumlegierungen
nicht
statt, wenn man die Konzentration der Waschflüssigkeit oberhalb 2001o wählt und
dafür sorgt, daß die Flüssigkeit keine Aluminiumverbindungen in Lösung enthält.
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Nach dem vorliegenden Verfahren können beliebige Gase, insbesondere
solche, die organisch gebundenen Schwefel enthalten, gereinigt werden. In erster
Linie kommen Gase, die durch Zersetzung von Kohle erhalten werden, in Frage, wie
z. B. Kokereigas und Leuchtgas. Auch können Gase, die neben den gasförmigen schwachen
Säuren Ammoniak enthalten, von diesem ganz oder teilweise befreit werden, da auch
das Ammoniak in beträchtlichem Maße in den Waschmitteln löslich ist und beim Erhitzen
wieder ausgetrieben wird.
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Die Vorrichtungen, in denen die Gaswaschung vorgenommen wird, können
beliebig gewählt werden. So kann man in Waschtürmen, die eine beliebige Füllung
haben, oder mit mechanisch bewegten Wäschern, wie Desintegratoren, Feldwäschern
oder Ströderwäschern, arbeiten. Die Aufenthaltsdauer der Gase und die weiteren Bedingungen
der Auswaschung, wie Lösungsmenge, Zerteilung der Lösung und Temperatur, müssen
sich nach der Natur des zu waschenden Gases richten. Für die Auswaschung von Schwefelwasserstoff
ist im allgemeinen eine nur sehr kurze Berührungsdauer notwendig, während die Auswaschung
von Kohlensäure erheblich längere Berührungszeiten erfordert. Auf diese Weise kann
man die beiden Gase, falls dies erforderlich ist, weitgehend getrennt vonein ander
auswaschen.
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Für die Entfernung von Kohlensäure ist es ferner vorteilhaft, wenn
die Lösung auf erhöhter Temperatur gehalten wird, am besten zwischen etwa 45 und
55° C. Außer einer rascheren Absorption der Kohlensäure hat man dann noch einen
wärmetechnischen Vorteil, da man bei jedem Umlauf der Lösung das Aufheizen bis zu
dieser Temperatur spart.
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Der Druck, unter dem die Gase ausgewaschen werden, kann in beliebigen
Grenzen schwanken. Stehen die Gase unter erhöhtem Druck, so ist eine Auswaschun,
g bei diesem natürlich besonders vorteilhaft. Wenn auch Gase von gewöhnlichem Druck
zur Auswaschung einer Druckveränderung unterworfen werden können, so wird die Auswaschung
unter dem jeweils vorliegenden Druck im allgemeinen doch die wirtschaftlichste Methode
darstellen.
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Da manche Waschflüs, siglçeiten der hier benutzten Art zum Schäumen
neigen, besteht die Gefahr, daß die Waschflüssigkeit mit dem Gas durch die Vorrichtung
hindurchwandert, was sowohl eine Verunreinigung des Gases als auch Verluste an Waschflüssigkeit
bedingt. In solchen Fällen ist es vorteilhaft, Vorkehrungen zur Schaumbekämpfung
zu treffen, z. B. durch ein dem Gas oder der Lösung zugesetztes Schauníbekämpfungsmittel
oder durch bauliche Maßnahmen, z. B. entsprechend große Abstreifer.
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Zur Wiederbelebung der M ; aschflüssigkei- Ävaschfiüss igkeiten empfiehlt
es sich, den Wärmeinhalt der abgetriebenen heißen Lösung durch Wärmeaustauscher
nutzbar zu machen. Die Wiederbelebung kann im übrigen beliebig und nach allen bekannten
Verfahren durchgeführt werden. Es können alle bekannten Vorrichtungen herangezogen
werden, wie Türme und Abtreiberkolonnen. Die Wiederbelebung der Lösung kann ferner
durch rasches Ableiten der entbundenen Gase begünstigt werden, z. B. indem der herabrieselnden
Lösung Dampf oder ein reines Gas, z. B. Stickstoff, entgegengeleitet wird. Die Austreibung
kann auch durch Dämpfe organischer Substanzen, wie Chiorderivate der Paraffine oder
Benzol, durchgeführt oder unterstützt werden. Auch kann z. B., um die letzten Reste
eines absorbierten Gases aus einer Lösung auszutreiben, ein anderes Gas entgegengeleitet
werden, z. B.
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Kohlensäure, das selbst bis zu einem gewissen Grade absorbiert wird.
Zum Erhitzen der Lösung können beliebige Wärmequellen dienen, z. B. unmittelbare
oder mittelbare Heizung mit Dampf, auch Abdampf, unmittelbares Feuer, heiße Gase,
wie Verbrennungsgase, oder andere heiße Medien. Auch kann der Druck bei der Wiederbelebung
beliebig gewählt werden. Für schwer abtreibbare gasförmige Säuren empfiehlt es sich,
diese unter Druck abzutreiben, da hierdurch der Siedepunkt der Lösungen heraufgesetzt
und eine raschere Abspaltung der gasförmigen schwachen Säuren bewirkt wird. Es kann
auch bei erniedrigtem Druck und entsprechend verringerter Temperatur abgetrieben
werden.
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Um jede Spur von mitgerissenen basischen Waschmitteln zurückzuhalten,
empfiehlt es sich, für eine gute Abstreifung der abziehenden Dämpfe zu sorgen und
etwa mitgerissene basische Anteile zur Waschflüssigkeit zurüdzugeben.
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Um jede Möglichkeit eines Basenverlustes zu vermeiden, kann man die
mit den ausgetriebenen Gasen abziehenden Dämpfe ganz oder teilweise kondensieren
und wieder verdampfen und diesen Dampf in die Abtreibevorrichtung zur Behandlung
der Waschflüssigkeit zurückführen.
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Als Lösungsmittel für die gemäß der Erfindung verwendeten Stoffe
können wässerige und nichtwässerige Medien verwendet werden.
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Nichtwässerige und nichtbydratisierende Lösungsmittel können dabei
noch besondere Aufgaben erfüllen, z. B. die gleichzeitige Entfernung von gasförmigen
schwachen Säuren und von leicht flüchtigen organischen Verbindungen, wie z. B. Benzol,
aus Gasen.
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Dieses Verfahren ist vor allen Dingen bei der Reinigung der Kokereigase
wichtig, da man auf diese Weise in einem einzigen Arbeitsgang Benzol und Schwefelwasserstoff
auswaschen und durch eine einzige Wiederbelebung beide wieder austreiben kann. Diese
Arbeitsweise ist vor allem deshalb wirtschaftlich, weil die bereits auf den Kokereien
vorhandenen Vorrichtungen mit nur geringfügigen Änderungen verwendet werden können
und deshalb keine großen Neuanschaffungen erforderlich sind. An Stelle eines einzigen
nicht hydratisierenden Lösungsmittels können auch deren Gemische in beliebiger Weise
verwendet werden.
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Die bei der Austreibung abziehenden Dämpfe können in ihrem Energieinhalt
weiter nutzbar gemacht werden. So kann man diese Dämpfe z. B. zur Abtreibung von
anderen absorbierten Stoffen, z. B. Ammoniak, verwenden, wobei man sie mit der Temperatur
benutzt, wie sie vom Kocher anfallen, oder durch geeignete Vorrichtungen überhitzt.
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Auch können die Dämpfe zu anderen Heiz-Zwecken herangezogen werden,
z. B. zur Aufheizung von Waschöl für den Abtreiberprozeß.
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Die zur Auswaschung der Gase und zur Wiederbelebung der Waschflüssigkeit
dienenden Vorrichtungen werden zweckmäßig aus den technisch gangbaren Metallen hergestellt.
Es empfiehlt sich vielfach, eine Auskleidung der Vorrichtungen mit Mörtel, säurefesten
Steinen und Kitten oder Holzbelag vorzunehmen, um einen erhöhten Schutz des Metalls
vor allem auch gegen mechanische Einflüsse, zu erzielen. Im allgemeinen können Vorrichtungen
aus Eisen Verwendung finden, besonders wenn Schwefelwasserstoff ausgewaschen wird,
der anscheinend eine gewisse Schutzwirkung g auf den Baustoff der Vorrichtungen
ausübt. In anderen Fällen ist Aluminium mit Vorteil zu gebrauchen. Auch können die
technisch bekannten Legierungen benutzt werden, z. B. Silumin oder V2A-Stahl.
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Beispiel I Der Essigsäureester des Tetramethyldiaminoisopropanols
in 30°/Oiger Lösung wird zur Auswaschung von Kokereigas benutzt; auch nach sehr
langer Zeit noch bleibt das Absorptionsvermögen der Lösung unverändert.
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Beispiel 2 Tetramethyldiaminoisopropanoläthyläther wird in 20°/>iger
Lösung in Waschöl zur gleichzeitigen Auswaschung von Benzol und Schwefelwasserstoff
benutzt. Die Lösung wird im Kreislauf geführt, wobei das beladene Waschöl durch
überhitzten Wasserdampf wiederbelebt wird. Die abziehenden Dämpfe werden kondensiert;
das kondensierte Benzol wird von dem Wasser getrennt und der gasförmige Schwefelwasserstoff
abgezogen. Dieser kann in bekannter Weise auf Schwefel oder Schwefelsäure verarbeitet
werden.