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Verfahren zur Behandlung von Gasgemischen Die Erfindung betrifft ein
Verfahren zur Behandlung von Gasgemischen, insbesondere Industrie- und Abgasen,
zwecks Entfernung und :erforderlichenfalls Gewinnung der in ihnen enthaltenen sauren
Bestandteile, wie Kohlensäure, Schwefelwasserstoff, Schwefeldioxyd und ähnlichen
Gase. Es sind bereits für diesen= Zweck aliphatische Aminoalkohole vorgeschlagen
worden, welche gegenüber den ebenfalls früher benutzten offen verketteten oder cyclischen
Aminen, wie Triäthylamin, Cyclohexylamin, Hydrazinen usw., den wesentlichen Vorteil
zeigen, daß die Hy droxylgruppe die Löslichkeit des Mittels in Wasser vergrößert
und den Siedepunkt der Lösung erhöht. Dieser letztere Umstand ist von besonderer
Bedeutung, weil dadurch die durch die heißen Gase hervorgerufene Verdampfung und
demnach Materialverluste verhindert werden. Diese bekannten Aminoalkohole gehören
zu der Art der primären, d. h. solchen, bei welchen die Hydroxylgruppe an dasselbe
Kohlenstoffatom wie eine Methylengruppe CH. gebunden ist. Auch sind Aminoalkohole
mit sowohl primären als auch sekundären Hydroxylgruppen vorgeschlagen worden, wie
z. B. Dihydroxylpropylamin. Es wurde gemäß der Erfindung festgestellt, daß :es in
erster Linie bei der Wahl der Aminoalkohole für die Behändlung von Gasgemischen
darauf ankommt, daß der betreffende Aminoalkohol überhaupt keine primären Hydroxylgruppen
enthält, weil diese mit Leichtigkeit zur Aldehydgruppe bzw. Carboxylrest durch den
Luftsauerstoff in Gegenwart von Metallkatalysatoren verwandelt werden, welch letztere
in Gestalt des Eisens der Apparatur :oder der Eisenoxyde zur Wirkung kommen. Hingegen
zeigen Aminoalkohole, welche nur sekundäre oder tertiäre Hydroxylgrupp.en enthalten,
:eine solche Neigung zur Oxydation nicht, verändern sich daher beim Gebrauch nur
in normaler Weise. Die Oxydation ist aus zweifachem Grunde schädlich, indem erstens
die entstehende Carbonsäure die Eigenschaft -hat, dieEisenbestandteile derAnlage
zu zerstören, und zweitens ist die Carbonsäure nicht für den Zweck der Erfindung
verwendbar, so daß: man die Iösung von Zeit zu Zeit von der angesammelten Carb:onsäürebefreienmuß.
Eine solche Carbonsäurebildung trifft nun bei Verwendung- eines ausschließlich sekundären
bzw. tertiren gesättigten Aminoalkohols nicht zu. Als besonders geeignet hat sich
für diesen Zweck das sekundäre i # 3-Diamino-a-propanol gezeigt.
Das
reine i # 3-Diamino-2-propanol bildet ein weißes kristallinisches Produkt vom Schmelzpunkt
q.2° C und Siedepunkt von etwa 235' C. Dieses Produkt ist in allen Verhältnissen
in Wasser löslich und bildet eine etwas zähe Flüssigkeit, deren Siedepunkt etwas
über i oo' C verläuft.
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Das Diaminopropanol hat ferner die Eigenschaft, nicht ätzend zu sein.,
ist daher für den Gebrauch bequem und kann mit gewöhnlichen Gasabsorptionsapparaten
verwendet werden. Das Diaminopropanol reagiert ferner nicht mit anderen Gasen, welche
in Industriegasen, wie Generatorgas, enthalten sind und einen wesentlichen Wert
besitzen, verleiht ferner den in der Absorptionsstufe bei niedriger Temperatur getrennten
Gasen keinen unangenehmen Geruch. Das 1 # 3-Diamino-2-propanol bewirkt ,eine fast
vollständige Entfernung von Kohlendioxyd oder Schwefelwasserstoff oder beiden, welche,
falls gewünscht, mit sehr geringen Verlusten bei Temperaturen des Wasserdampfes
wiedergewonnen werden können, und zwar derart, daß in dem Absorptionsmittel diese
Gase nicht mehr zurückbleiben. Bei der Absorptionstemperatur sind die Verbindungen
des Diaminopropanols finit den genannten Gasen verhältnismäßig beständig, die Zersetzlichkeit
steigt jedoch mit der zunehmenden Temperatur, so daß bei der Siedetemperatur der
Absorptionsflüssigkeit die Gase nahezu vollständig ausgetrieben werden. Ferner zeigt
das Diaminopropänol die Eigenschaft, daß verhältnismäßig schwache Lösungen desselben
wesentliche Mengen der Gase absorbieren, und zwar bei verhältnismäßig hohen Tempieraturen.
Infolgedessen kann eine viel geringere Menge des Diaminopropanols bzw. der Lösung
desselben benutzt werden, um eine bestimmte Absorptionsleistung zu bewirken. Da
man ferner die Absorptionstemperatur verhältnismäßig hoch einstellen kann, bieispielsweise
bis auf 70° C, so braucht behufs Temperaturerhöhung der die Gase in absorbiertem
Zustande enthaltenden Flüssigkeit auf den Siedepunkt der Lösung eine wesentlich
geringere Menge von Wärmeeinheiten benutzt zu werden, um die Austreibung der Gase
zu bewirken, als wenn die Absorptionstemperatur eine geringere sein würde.
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Das Verfahren kann beispielsweise wie folgt ausgeführt werden: Es
wird eine 331/3%ige Lösung der Diaminopropanols hergestellt und in weiter beschriebener
Weise in einem Absorptionsapparat mit den Gasen umgesetzt. Im allgemeinen hat sich
gezeigt, daß Lösungen von 3o bis 35 % am vorteilhaftesten wirken, da bei größeren
Konzentrationen, wie etwa q.o bis 5o %, das gebildete kohlensaure Diaminopropanol
die Neigung hat, auszukristallisieren, besonders wenn die Lösung abgekühlt wird
und ruhig mehrere Stunden sich selbst überlassen bleibt.
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Es hat sich ferner gezeigt, daßeine 331/8%ige Lösung das neunzigfache
ihres Volumens an Kohlendioxyd absorbiert, -während unter denselben Arbeitsbedingungen
die Absorptionsfähigkeit der Triäthylaminlösung dreimal so gering ist. Im Vergleich
mit einer 5o%igen Lösung von Triäthylamin kann eine 3o- bis 35%ige Lösung des Diaminopropanols
ebensoviel Kohlendioxyd bei einer Temperatur von 70° C .absorbieren wie eine 5o%ige
Lösung des Triäthylamins bei 35°C. Wird bei gewöhnlicher Lufttemperatur und Luftdruck
gearbeitet, so absorbiert die Lösung des Diaminopropanols etwa das vierzigfache
ihres Volumens -an Kohlendioxyd. Somit ist ;ersichtlich, daß die - Wirksamkeit der
Absorption durch die Steigerung der Absorptionstemperatur ohne Beeinträchtigung
der Absorptionsgrenzen erhöht wird.
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Wenn Diaminopropanol zur Absorption von Schwefelwasserstoff benutzt
wird, so kann eine 35%ige Lösung desselben zweimal soviel Schwefehvasserstoff absorbieren
wie eine 5o%ige Lösung des Triäthylamins. Bei Schwefeldioxyd ergibt sich unter denselben
Mengenverhältnissen eine Verhältniszahl von drei und bei Schwefeltrioxyd eine solche
von vier usf.
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Der Absorptionsapparat kann üi üblicher Weise ausgebildet sein, nämlich
indem das Gasgemisch nach aufwärts und die Absorptionsflüssigkeit nach abwärts in
einem Turm aufeinander einwirken, der eine entsprechende Höhe aufweist und mit Hindernissen,
Leitwänden :oder Ffllstoffen gefüllt ist, um die wirksame Berührungsfläche zwischen
Gas und Flüssigkeit zu sichern. Als Industrie- und Abgase kommen in Betracht: die
Schornsteingase zwecks Wiedergewinnung des Kohlendioxyds, Naturgase, aus welchen
z. B. Helium abgetrennt werden soll, Kraftgas, Wassergas, Generatorgas, unreiner
Wasserstoff oder,Stickstoff usw. Die Absorptionsflüssigkeit besteht z. B. aus ..einer
331/3%igen Lösung von Diaminopropanol. Von der Spitze des Turmes wird das Gas abgezogen,
während die Absorptionsflüssigkeit, welche die Gase aufgenommen hat, von dem Unterteil
des Turmes zu seinem weiteren Turm geführt wird, in welchem das Regenerieren des
Absorptionsmittels erfolgt. Diese letztere Flüssigkeit gelangt zu der Spitze des
letztgenannten Turmes und fließt nach abwärts, während eine heiße Strömung des in
dem zweiten Turm getrennten Gases allein oder mit' Wasserdampf zusammen nach aufwärts
entgegengeführt wird. Die Absorptionsflüssigkeit kann vor der Zuführung zum Regenerafionsturm
vorerhitzt werden, um die Ausscheidung der Gase in
dem R@egenerationsturm
zu erleichtern, beispielsweise durch eine Dampfschlange. Da die Lösung in dem Absorptionsturm
sich bei geringerer Temperatur als in dem Regenerationsturm befindet, so kann ferner
die regenerierte Flüssigkeit bei dem Durchgang von dem Boden des Absorptionsturmes
zu der Spitze des Regenerationsturmes durch Wärmeaustausch durch die Flüssigkeit
vorbeheizt werden, welche von dem Bodenteil des Regenerationsturmes abfließt und
vorzugsweise zu der Spitze des Absorptionsturmes in gekühltem Zustande zurückkehrt.
Auch können andere Mittel, sei es zum Vorheizen, sei es zum Kühlen, -wenn erforderlich,
vorgesehen sein. Die von dem Regenerationsturm entweichenden Gase werden vorzugsweise
durch einen Rückflufkühler gekühlt, um Wasserdampf zu kondensieren und etwa mitgerissenes
Absorptionsmittel wiederzugewinnen.
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Obwohl das Diaminopropanol an sich keine cyclische Verbindung ist,
reagiert dasselbe mit dem Wasser und bildet ein bei höherer Temperatur nicht beständiges
Isopropanoldiammoniumoxyd, welches eine heterocyclische Verbindung darstellt, in
der Kohlenstoff-, Stickstoff- und Sauerstoffatome zu einem Ring verkettet sind.
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Das Diaminopropanol ist bei gewöhnlicher Temperatur fest, so daß man
dasselbe zwecks Gebrauches in Wasser -oder anderer Flüssigkeit auflösen muß. Als
Absorptionsflüssigkeit kann - dabei die wäßrige Lösung des Diaminopropanols selbst
oder eine Lösung von Zwischenprodukten verwendet werden, welche durch Einwirkung
von Diaminopropanol auf Wasser oder auf ein oder mehrere saure Gase hervorgehen.
Da das Diaminopropanol ein wesentlich wirksameres Absorptionsmittel als die bis
jetzt verwendeten ist, ist es möglich, wesentlich einfachere und kleinere Anlagen
zwecks Pumpens, Durchleitens und Wärmeaustausches zu verw enden. Da der Temperaturunterschied
der Absorptionsflüssigkeit zwischen der Absorptionsphase und der Regenerationsphase
wesentlich geringer als bisher ist, so kann unter Umständen der Wärmeaustauscher
in Fortfall kommen. Dies ist besonders der Fall, wenn das Verfahren unter Gasdruck
ausgeführt wird, z. B. bei der Absorption und Wiedergewinnung von Kohlendioxyd,
bei welcher der Partialdruck dieses Gases auf Atmosphärendnick oder darüber gehalten
-wird. In ähnlicher Weise lassen sich die sekundären Aminoalkohole für die Entfernung
von Kohlendioxyd aus Wasserstoff-Kohlensäure-Gemischen, die zur Gewinnung von reinem
Wasserstoff dienen sollen, .ferner für die Reinigung von Naturgas durch Absorption
des Schwefelwasserstoffbestandt:eiles, für die Beseitigung von Schwefelwasserstoff
aus den Abgasen der nach dem Krackverfahren arbeitenden Ölraffinerien usw. verwenden.