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Verfahren zur Darstellung von Kunstseide und anderen Kunstprodukten
aus Acetylcellulose Bekanntlich konnte sich die Acetylcellulose gegenüber der Nitrocellulose
für die Herstellung von Filmen und gegenüber der Nitrocellulose, Viscose und KupferoxYdammoniakcellulose
für die Herstellung von Kunstseide lange Zeit nicht durchsetzen. Dies kam daher,
daß die anfangs allein bekannten, jetzt als die primären bezeichneten Acetylierungsprodukte
der Cellulose, die sog. Cellulosetriacetate oder chloroformlöslichen Acetylcellulosen,
bei dem unbestreitbaren Vorzug ihrer schweren Brennbarkeit gegenüber der Nitrocellulose
gewisse Nachteile mit sich brachten. Abgesehen davon, daß man anfangs noch nicht
verstand, ihre Verarbeitung mit den für sie in Betracht kommenden Lösungsmitteln
ohne gesundheitliche Schädigung der Arbeiter durchzuführen, waren die aus ihnen
hergestellten Produkte hinsichtlich ihrer physikalischen Eigenschaften, insbesondere
hinsichtlich ihrer Haltbarkeit, den Konkurrenzprodukten deutlich unterlegen. Auch
die wirtschaftlichen Momente spielten eine erhebliche Rolle, da für die Acetylierung
der Celtulose große Überschüsse Von Essigsäureanhydrid und Essigsäure erforderlich
sind, deren Wiedergewinnung aus den durch das Fällen der gelösten Acetylcellulose
entstehenden, verdünnten essigsauren Lösungen mit großen Kosten verbunden ist. Es
ist verständlich, daß sich das Interesse der Industrie von den primaren Acetvlierun,-sprodukten
für unmittelbare Anwendung zur Herstellung von Kunstprodukten völlig abwandte, als
in ihren Umwandlungsprodukten, den sog. Diacetaten oder acetonlöslichen Acetvlcellulosen,
Verbindungen bekannt wurden, äie sich damals viel angenehmer und mit besserem Erfolg
verarbeiten ließen.
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Der Unterschied in der verschiedenen Sta-' bilität von primären und
sekundären Acetvlierungsprodukten der Cellulose ist vermutlich darauf zurückzuführen,
daß in den primären Acetylierungsprodukten zersetzend wirkende Stoffe, insbesondere
die als Katalysator für die Acetylierung meist gebrauchte Schwefelsäure, in irgendeiner
Weise gebunden zurückbleiben, daß die Bindun 'g aber bei der weiteren, zum
sog. Diacetat führenden Hydrolyse des Triacetats gelöst und die Acetyloellulose
dann durch gründliches Waschen mehr oder weniger von eine spätere Zersetzung bewirkenden
Stoffen befreit werden. kann, während bei der nicht umgewandelten Triacetylcellulose
die Katalysatoren zum Teil zurückgehalten werden.
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Es ergibt sich daraus die Folgerung, daß auch aus primären Acetylcellulosen
unmittelbar ebenso stabile Kunstprodukte zu erhalten sein müssen wie aus sekundären
Acetylcellulosen, wenn man Vorkehrungen trifft, daß die
primären
Acetvlierungsprodukte ebenso frei e# von die-Zersetzung bewirkenden oder katalysierenden
Verunreinig ngen gewormen wer-, L, U t' den, wie es die hydrolvsierten Acetvlcellü.-.
losen im Laufe des Fabrikationsganges zwangsläufig werden. Um dies zu erreichen,
ist es in erster Linie notwendig, für die Acetylierung der Celltilose Katalysatoren
zu vermeiden, die, wie z. B. Schwefelsäure, in gebundener Form in der Acetylcelltilose
zurückbleiben können und dann bei allmählicher Abspaltun- die Zersetzung der Acetyleelltilose
be.günstigen. Fernerhin ist es wesentlich, (laß die Celltilose -,#-.-'tlirend des
ganzen Vorganges der Acetylierung ihre faserförinige Struktur beibehält, weil praktisch
nur auf diese Weise eine wirkliche Befreiung der Acetylierungsprodukte von allen
Katalysatoren und sonstigen zersetzenden Verunreinigungen gewährleistet ist.
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Es wurde nun in einigen ausländischen Patentschriften P.
308 322, 312 09_#, 312 o98) die Acetylierung von Gellulose auch -schon
mittels Katalysatoren beschrieben. die im Sinne der vorstehenden Ausführungen als
nicht schädlich für die Stabilität der entstehenden Celluloseester zu betrachten
sind, und dabei bemerkt, daß an Stelle der durch Hvdrolvse in Produkte anderer Löslichkeit
ül;e.rgei#ihrten Primärester auch diese selbst zur Herstellung von Kunstseide. Filmen
u. dgl. verwandt werden können. Ebenso wurde schon darauf hingewiesen, daß die Acetvlierung
statt unter Inlüstinggehen der entstehenden C#elluloseestcr auch in beterogenern
Medium vorgenommen werden könne. Abgesehen davon, daß aus diesen Patent-Schriften
ein sieh für die Stabilität der Primärester unschädlicher Katalysatoren bedienendes
Veresterungsverfahren unter Erbaltung der Faserstruktur der Celltilose mit nachfolgender,
unmittelbarer Verarbeitun- auf K-ii. nstprodukte nur indirekt entnoninien -werden
kann und aus ihnen in keiner Weise liervorgelit, daß gerade eine solche Kombination
besondere Vorteile zeitigt, kommt eine Verwirklichung der dort in Betracht gezogenen
Kombinationen für die Praxis nicht in Frage, weil die betreffenden 1,-,atalysatoren
entweder in den ein Inlösunggehen der entstehenden Celltiloseester verliiiidernden
Acetylierungsgeinischen zu wenig k;slich oder sonst zu wenig wirksam sind, weil
sie die Farbe ihrer -Lösung auf das Fasergut übertragen oder nicht oder kaum auswaschbare
Niederschläge auf den Fasern erzeugen oder wegen ihrer korrodierenden Wirkung eine
Verwendung der gebräuchliehen technischen Werkstoffe ausschließen.
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Dein.gegenüber wurde gefunden, daß man Kunstprodukte, wie Kunstseide,
Filme ii. dgl., besonders wertvoller Eigenschaften und ohne technische und wirtschaftliche
Nachteile der erwähnten Art auf einfachste Weise erhält, .#AVenn man unter \T erwendung
von Überchlor-5.iure oder Perchloraten als Katalysatoren tind unter Ausschluß anderer
Katalysatoren und Zusätze, die in gebundener Form im Acetylierungsprodukt zurückzubleiben
vermögen und zu einer Zersetzung der Ester Anlaß geben, und unter Erhaltung der
Faserstruktur hergestellte primäre Essigsäureester der Cellulose unmittelbar, (l.
li. ohne Zwischenschaltung einer Hydrolyse, auf Kunstseide und andere Kunstprodukte
verarbeitet. Auf diese Weise z. B. hergestellte Kunstseidefäden besitzen eine Qualität,
wie sie zur Zeit von keinen anderen Acetatkunstseidefäden erreicht wird.
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Überchlorsäurekatalysatoren wurden an sich schon für die Acetvlierung
der Cellulose und auch für eine solche unter Erhaltung der Faserstruktur vorgeschlagen
(amerikanische Patentschrift 1 645 giS). In dieser Patentschrift ist aber eine unmittelbare
Weiterverarbeitung der primären Veresterungsprodukte der Cellnlose auf Kunstprodukte
nicht in Betracht gezogen, ihre vorherige, üblicher Praxis entsprechende Hydrolyse
zu Acetaten anderer Löslichkeitseigenschaften vielmehr ausdrücklich vorgeschrieben.
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Beispiele i. ioo Teile Cellulose in Form von Baum-%volle oder Bauinwollinters,
oder auch als Zellstoff, insbesondere Edelzellstoff, werden worauf in die etwa nach
iofache 4 Stunden -Menge abgeschleudert Eisessig eingelegt wird. '
Die Acetylierung
erfolgt dann mittels. eines aus 315 teilen Essigsäureanhydrid (go- Bise 92'/,ig),
365 Teilen Essigsäure, 705 Teilen Toluol und i Teil 7o'/"iger überchloisäure
bestehenden (kinischs bei etwa 2o bis 25'.
Nachdem eine entnommene Probe in
einem# Gemisch von 9 Teilen Chloroform oder Methylenchlorid und i Teil Alkohol
löslich ge-- worden ist, schleudert man von dein in wolliger Faserform vorliegenden,
einem Cellulosetriacetat entsprechenden Ace, tylierungsprodukt ab, wäscht nach und
trocknet.
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io bis 2o Teile des so erhaltenen Celluloseacetats werden in go bis
8o Teilen eines Gemischs von 9 Teilen Methylenchlorid und i Teil Alkohol
gelöst, unter Druck filtriert und zu Kunstseide versponnen oder zu Filmen gegossen.
Die Kunstseide besitzt einen schönen, matten Glanz und zeichnet, sich durch hohe
Widerstandsfähigkeit gegen Wasser und chemische Einflüsse aus, 2. ioo Teile Baumwolle
werden 2 Stunden in Eisessig eingelegt, worauf nach 2 Stunden
abgeschleudert
wird. Man acetvliert mittels eines aus 40o Teilen Essigsäureanhvdrid (gobis 92"/,ig),
i5o Teilen Essigsäure und .55o Teilen Cyclohexanolacetat bestehenden Gemisells,
in dem 15 bis 2o Teile Mag'ne'siumperchlorat aufgelöst wurden, bei,f-.,etwa 20 bis
250.
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Nach Beendigung der Acetylie'rung wird die abgeschleuderte, gewaschene
und getrockriete Acetylcellulose in der 4- bis 7fachen Menge eines Methylenchlorid-Alkohol-Gemisches
gemäß Beispiel i gelöst und auf Kunstseide versponnen oder unter Zusatz
voll
Weichmachungsmitteln auf Kunstmassen, Preßkörper oder Lacke verarbeitet.
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über die Eigenschaften der gemäß vorliegender Erfindung hergestellten
Produkte ..e , ben nachfolgende Zahlen Aufschluß, die an Filmen ermittelt
wurden, die aus Lösungen von unter Verwendung der in den Beispielen genannten Katalysatoren
unter Erhaltung der Faserstruktur hergestellten Acetylcellillosen in einem Methylenchlorid-Alkohol-Gemisch
(c) Volumteile : i Volumteil) gegossen wurden. Im Schopperschen Zerreißapparat
zeigten die Filme von oj mm Stärke eine Reißzahl von ig bis 20 kg und eine
Dehnung von 14 bis 18'/,. Nach mehrmonatlichein Lagern wurden die gleichen Zahlenwerte
erhalten, und selbst nach i Jahr waren noch keinerlei Alterung serscheinungen aufgetreten.
Nimmt man die gleichen Prüfungen mit Filmen aus einem Triacetat vor, wie es vor
Bekanntwerden der sogenannten Diacetate zur Herstellung von Kunstprodukten verwendet
wurde, z. B. mit dem Verfahrensprodukt der hierfür typischen Patentschrift 159524
(vgl. Ullmann, 2. Aufl. Bd. i, S. 122), in Anlehnung an das von uns beschriebene
Verfahren unter Erhaltung der Faserstruktur hergestellt, so zeigt sich, daß die
anfangs um etwa 2 bis 3 kg
niedriger liegende Reißfestigkeit und ebenfalls
gegen 2o'/, betragende Dehnung der t' el Filme nach i Jahr auf io kg Festigkeit
und 5 bis 61/, Dehnung zurückgegangen ist und der schädliche Einfluß des
Schwefelsäurekatalysators sich schon nach einigen Wochen durch Auftreten von Essigsäuregeruch
und Sprödewerden des Fiitns äußert. Dernentsprechend werden die Ac,etyleellulosen
der Patentschrift 159 524 beim Erhitzen auch bereits bei 2oo' braunschwarz und zersetzen
sich gegen 25o' (l. c. S. 2, Zeile 107), Wällrend die mit nicht gebunden
zurückbleibenden und nicht- zersetzend wirkenden Katalvsatoren hergestellten Acetvlcellulosen
erst bei etwa 25o bis 270' leicht gelbstichig werden.