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Verfahren zur Herstellung von Lösungen primärer oder sekundärer Celluloseester
Um Celluloseester, wie Celluloseacetat, -propionat und -butyrat und gemischte Ester,
wie Celluloseacetobutyrat und -nitroacetat, auf Filme, Fäden oder plastische Massen
zu verarbeiten, werden im allgemeinen zwei Wege eingeschlagen.
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Es wird entweder der Celluloseester aus seiner Rohlösung isoliert
und das erhaltene Produkt in einem geeigneten flüchtigen Lösungsmittel oder Lösungsmittelgemisch
aufgelöst und die erhaltene Lösung zur Formgebung verwendet oder es werden die erhaltenen
Rohlösungen ohne weiteres auf nassem Wege verarbeitet, indem sie beispielsweise
für die Herstellung von Kunstseide durch Düsen in geeignete Fällbäder gedrückt werden.
, Das erstere Verfahren ist infolge der dabei notwendigen zahlreichen Operationen
ziemlich kostspielig, während der letztgenannte Weg noch nicht in technischem Umfang
angewendet worden ist.
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Alle üblichen Celluloseesterrahlösungen der obengenannten Art enthalten
nämlich verhältnismäßig große Mengen von freier Fettsäure, wie z. B. Essigsäure,
die gegebenenfalls bei der Verarbeitung stören und auf jeden Fall bei einer trockenen
oder nassen Weiterverarbeitung wiedergewonnen werden müssen. Um die Wiedergewinnungskosten
der Essigsäure zu erniedrigen, hat man versucht, die bei den Acylierungsreaktionen
im allgemeinen in der Technik verwendeten Fettsäuren in ihrer Funktion als Lösungsmittel
durch gewisse chlorierte Kohlenwasserstofe zu ersetzen. Durch die Patentschriften
526 479 und 5a8 821 sind Verfahren bekanntgeworden, bei welchen an Stelle von
Essig-
säure Methylenchlorid, Athylenchlorid oder Chloroform als Lösungsmittel
Anwendung finden. Diese Verfahren bringen den Vorteil mit sich, daß die so erhaltenen
Rohlösungen nur etwa den dritten Teil der Essigsäure enthalten können, der in nach
den bis dahin üblichen Verfahren unter Verwendung von Essigsäure als Verdünnungsmittel
hergestellten Lösungen vorhanden ist. Es ist möglich, die nach dem Verfahren der
beiden obengenannten Patentschriften hergestellten Roh-Lösungen halbtrocken; d.
h. im Luftspinn-oder Gießverfahren, unter nachfolgender Auswaschung der Fettsäure
auf Fäden oder Filme weiterzuverarbeiten. Eine völlig trockene Weiterverarbeitung,
z. B. ein Trockenspinnen, stößt infolge der in ihnen noch enthaltenen Essigsäure
indessen oft auf Schwierigkeiten. ' Versucht man andererseits ein primäres Acetylierungsgemisch
in Chloroform oder einem anderen mit Wasser nicht mischbaren Lösungsmittel zu lösen
und aus dieser Lösung die Essigsäure durch Einrühren von Wasser
und
Abziehen der wäßrigen Essigsäure zu entfernen, ist es praktisch nicht möglich, eine
einwandfreie, zur direkten Weiterverarbeitung geeignete Lösung zu erhalten. Werden
nämlich auf diesem Wege oder gemäß den Verfahren der Patentschriften 526 479 und
528 82r hergestellte, Halogenkohlenwasserstoffe enthaltende Rohlösungen zum Zwecke
der Entfernung der Essigsäure mit Wasser versetzt, dann läßt sich nur ein Teil der
darin enthaltenen Essigsäure entfernen. Ein weiterer Nachteil besteht darin, daß
man sich bei fortschreitender Entsäuerung der Ausfällungsgrenze stark nähert und
gleichzeitig beträchtliche Mengen von Wasser durch die Rohlösung in emulgierter
Form hartnäckig zurückgehalten werden. Es wird so im Laufe der Entsäuerung eine
trübe, wasserhaltige, sogar bisweilen harte Masse erbalten, die zu einer direkten
Weiterverarbeitung auf Fäden u. dgl. ungeeignet ist.
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Es wurde nun gefunden, daß man durch die Verbindung .geeigneter Maßnahmen
zu Rohlösungen gelangen kann, die den Anforderungen der Technik bei der weiteren
Verarbeitung restlos entsprechen. Als Ausgangsinaterial dienen dabei vorzugsweise
wenig freie Säure enthaltende Rohlösungen, wie sie z. B. nach den Verfahren der
Patentschriften 526 479 und 528 8z1 hergestellt werden können.
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Die erste Stufe ist eine Extraktion der halogenkohlenwasserstoffhaltigen
Rohlösung mit Wasser, wobei sich die Anzahl der notwendigen-Extraktionen nach der
Konsistenz der Rohlösung richtet. Der Zusatz von Wasser darf natürlich nicht so
weit getrieben werden, daß halbfeste oder gar feste Ausfällungen entstehen.
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Da die Konsistenz der Lösung von der Viscosität des in ihr enthaltenen
Gelluloseacetats und von dem Verdünnungsgrad abhängig ist, und hochviscose Lösungen
sich unter Umständen nicht so leicht extrahieren lassen wie dünnflüssige Lösungen,
können die ersteren vor der Extraktion noch etwas mit Halogenkohlenwasserstoff verdünnt
werden. . Höher viscose Lösungen werden zwe*-mäßigerweise nur einer zweimaligen
Extraktion unterworfen, wobei es gelingt, 5o bis 70 °(o der ursprünglich vorhanden
gewesenen Essigsäure zu ;extrahieren. Niedriger viscose Lösungen können gegebenenfalls
auch einer öfteren, beispielsweise dreimaligen Extraktion unterworfen werden, wobei
7o bis etwa go °J" der gesamten Essigsäure entfernt werden können. Eine weitergehende
Extraktion soll in der Regel nicht durchgeführt werden, da dann die Rohlösungen
in eine außerordentlich zähe und schwierig weiterzubjehandelnde Masse übergehen
können. Die Entfernung der Essigsäure kann gegebenenfalls durch Zusatz von fettsäurebindenden
Substanzen, z. B. von Carbonaten oder Bicarbonaten, zu den letzten Waschwässern
vollständiger gestaltet werden.
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Nach der Extraktion sind in den extrahierten Rohlösungen noch Wasser
und Rest.. von Essigsäure enthalten. Zur Entfernung des Wassers wird als zweite
Stufe des Verfahrens eine azeotrope Destillation vorgenommen. Hierzu wird der Masse
eine mit Wasser ein azeotrop siedendes Gemisch bildende Flüssigkeit in ausreichender
Menge zugesetzt und sodann die Masse soweit erhitzt, daß das azeotrope Gemisch entweichen
kann. Als zuzusetzende Flüssigkeit wird zweckmäßigerweise der gleiche Halogenkohlenwasserstoff
verwendet, der sich bereits in der Rohlösung befindet, sofern diese nicht bereits
eine zu der azeotropen Destillation ausreichende Menge enthält. Es können aber auch
andere bekannte und geeignete Flüssigkeiten von ähnlichem Siedepunkt, vorteilhafterweise
unter ioo° C siedende Flüssigkeiten, beispielsweise Ester der Essigsäure, verwendet
werden. Die Destillation wird nun so lange fortgesetzt, bis das ganze in der Lösung
enthaltene Wasser abgetrieben ist, Dabei geht" die Masse in eine bei Siedetemperatur
leicht fließende Lösung über. Die Rohlösung enthält dann nur noch den Celluloseester,
den Halagenkohlenwasserstoff bzw. ein Gemisch desselben mit der zugesetzten Flüssigkeit
und meist einen kleinen Rest Essigsäure.
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Um den letzteren zu neutralisieren oder zu entfernen, wird eine dritte
Stufe des Verfahrens eingeschaltet, indem z. B. eine Veresterung der Essigsäure
durchgeführt wird z. B. durch Zusatz eines Überschusses "eines Alkohols, wie z.
B. Methyl- oder Äthylalkohol, und Erwärmen der Masse. Zur Beschleunigung der Veresterung
können auch geringe Mengen eines sauren Veresterungskatalysators zugesetzt werden.
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Durch die Anwendung eines Überschusses von Athylalkohol wird- das
Gleichgewicht der Esterbildung möglichst nach der Esterseite verschoben; äußerdem
wird ein Gemisch von Halogenkohlenwasserstoff und Alkohol gebildet, das ein besonders
gutes und beispielsweise in der Spinntechnik gebräuchliches Lösungsmittel für Acetylcellulosen
ist. Die Lösung enthält nach Durchführung dieser dritten Stufe außerdem geringe
Anteile von z. B. Äthylacetat und von Wasser, herrührend von der Veresterung der
vorhandenen Essigsäure. Diese Bestandteile üben jedoch auf die Verwendbarkeit und
Beschaffenheit der Lösung keinen störenden Einfluß aus.
NTach beendigter
Veresterung wird der Lösung eine, die gegebenenfalls zugesetzte Menge Veresterungskatalysator
neutralisierende Substanz, z. B. N atriumcarbonat oder i ,atriumbiearbonat, zugesetzt.
Es empfiehlt sich, die Lösung hernach zu filtrieren, wodurch in ihr enthaltene Verunreinigungen
sowie etwa abgeschiedene Salze entfernt werden.
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Wenn die in der zweiten Stufe des Verfahrens gewonnene wasserfreie
Lösung nur mehr wenig z. B. einige Prozent freier Fettsäure enthält, kann diese
auch durch Zusatz eines neutralisierenden Stoffes, z. B. von Carbonaten, Bicarbonaten
oder organischen Basen, gebunden werden. Man geht dann so vor, daß man die wasserfreie
Lösung zuerst mit einer zur Erzielung von brauchbaren Spinn- oder Gießlösungen ausreichenden
Menge eines Alkohols versetzt. Sodann wird in die Lösung eine berechnete Menge des
fettsäurebindenden Stoffes eingerührt. Die sich dabei etwa bildenden festen Salze
werden durch Filtration aus der Lösung abgeschieden.
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Die nach der beschriebenen Arbeitsweise erhaltenen Rohlösungen sind
vollkommen säurefrei und lassen sich in technisch einwandfreier Weise auf Fäden,
Filme oder plastische Massen weiterverarbeiten. Auf die beschriebene Weise können
selbstverständlich nicht nur Celluloseacetatrohlösungen, sondern auch Rohlösungen
von Cellulosemischestern oder Celluloseestern höherer Fettsäuren in eine für z.
B. Trockenspinnen geeignete Form übergeführt werden.
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Beispiel z rooo Gewichtsteile einer nach dem Verfahren der Patentschrift
5:28821 hergestellten Rohlösung, bestehend aus
r;2,5 Gewichtsteilen Celluloseacetat |
(etwa 54 bis 55°jo CH3COOH), |
466 Gewichtsteilen Äthylenchlorid, |
308 - Essigsäure, |
5015 - Wasser, |
133 - Natriumsulfat und |
r,; - N atriumchlorid |
werden bei Zimmertemperatur oder unter leichtem Erwärmen auf etwa 45°,C mit 3oo
Gewichtsteilen Wasser versetzt. Nach der Durchmischung wird die wäßrige Säure ,gezogen,
worauf die Extraktion noch zweimal unter Anwendung der gleichen Wassermenge wiederholt
wird. Es lassen sich auf diese Weise etwa 85% der gesamten in der Rohlösung vorhanden
gewesenen Essigsäure in Form einer 2o ojoigen Säure entfernen. Die Säure kann in
einer üblichen Weise konzentriert werden. N a:ch der dreimaligen Extraktion ist
die Rohlösung in eine schwer bewegliche, trübe und hochviskose Masse übergegangen,
die beträchtliche Mengen Wasser emulgiert enthält.
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Da r Gewichtsteil Wasser mit etwa ro Gewichtsteilen Äthylenchlorid
ein azeotropes Gemisch bildet, wird der Masse die zehnfache Menge des vorhandenen
Wassers an Äthylenchlorid zugesetzt.
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Unter Rühren wird nunmehr die Temperatur der Masse bis zum Siedepunkt
des azeotropen Gemisches Äthylenchloridwasser (7o°) gesteigert und die Destillation
so lange durchgeführt, bis im Destillat kein Wasser mehr nachweisbar ist. Während
der Destillation ist die zuerst schwer bewegliche Masse in eine fast klare, leicht
flüssige Lösung übergegangen.
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Man versetzt nunmehr das Produkt mit 25o Gewichtsteilen Äthylalkohol
und erhitzt unter Rühren während einiger Stunden, gegebenenfalls nach Zusatz von
etwa 0,5 bis 2 Gewichtsteilen eines sauren Veresterungskatalysators, bis
zum schwachen Sieden des Reaktionsgemisches. Die Masse wird dann gekühlt und durch
Zusatz einer berechneten Menge \Tatriumbicarbonat neutralisiert. Hierauf wird sie
filtriert und stellt dann eine vollkommen klare: und blanke Lösung von Celluloseacetat
in einem Gemisch von Äthylenchlorid, Äthylalkohol und Äthy lacetat dar, die auf
bekannte Weise auf Fäden oder Filme trocken weiterverarbeitet werden kann.
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Beispiel 2 rooo Gewichtsteile einer nach dem Verfahren der Patentschrift
5:26479 hergestellten Rohlösung, bestehend aus werden zunächst zweimal mit je 3oo
Gewichtsteilen Wasser und hierauf zweimal mit je 3oo Gewichtsteilen einer 3 ojoigen
Natriumbicarbonatlösung versetzt, wobei jeweils nach der Durchmischung die wäßrige
Säure bzw. Salzlösung abgezogen wird. Es lassen sich auf diese Weise etwa 93% der
gesamten in der Rohlösung vorhanden gewesenen Essigsäure entfernen.
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Die zähe, hochviscose Masse enthält noch 9o Gewichtsteile Wasser emulgiert,
zur Entfernung desselben wird Methy lenchlorid zugegeben und sodann destilliert.
Da zum Transport von z Gewichtsteil Wasser etwa 4.o Gewichtsteile Methylenchlorid
erforder-
r96 Gewichtsteilen Cellulosetriacetat, |
485 - Methylenchlorid, |
296 - Essigsäure, |
r9,9 - Wasser, |
z,3 - Natriumsulfat, |
1,8 - N atriumchlorid |
lieh sind, so werden insgesamt 36oo Gewichtsteile Methylenchlorid
in Portionen der Masse zugesetzt. Gegen Schluß der Destillation entsteht, sowie
kein Wasser mehr im Destillat nachweisbar ist, eine leicht getrübte, fast säurefreie.
Lösung. Durch Zusatz von aoo Gewichtsteilen Methylalkohol wird diese in eine völlig
blanke Lösung von Cellulosetriacetat in Methylenchloridmethylalkohol übergeführt.
Man stellt an einer der Lösung entnommenen Probe `den Säuregehalt derselben fest
und setzt der Lösung sodann die entsprechende Menge eines säurebindenden Stoffes,,
z. B. Natriumbicarbohat, zu. Man erhält nunmehr nach Filtration eine Lösung, die
sich ohne weiteres auf Fäden oder Folien verarbeiten läßt.