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Verfahren zur Veredelung von aus Cellulosederivaten bestehenden künstlichen
Gebilden Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Veredelung- von aus Cellulosederivaten
bestehenden künstlichen Gebilden, die bereits eine Trocknungsbehandlung erfahren
haben, wie fertigen Fäden oder Filmen.
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Es ist bereits bekannt, derartige Gebilde dadurch zu veredeln, daß
man sie in getrocknetem Zustand zunächst mit inerten -organischen Lösungsmitteln
oder deren Dämpfen, wie Aceton, behandelt und dann einem Streckverfahren unterwirft.
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Bei diesem bekannten Verfahren wird nur eine verhältnismäßig geringe
Streckung von etwa 25 °1o durchgeführt.
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Die vorliegende Erfindung beruht auf der neuen Erkenntnis, daß die
durch die bekannte Behandlung mit iner ten Lösungsmitteln höchstplastisch gemachten
Gebilde einer praktisch unbegrenzt großen, jedenfalls mindestens das Dreifache betragenden
Streckung unterworfen werden.
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Während bei den bekannten Verfahren durch die Streckung des gequollenen
Fadens dessen Plastizitätsgrenze wesentlich herabgesetzt wird, so daß schon nach
verhältnismäßig kleinen Streckungen von weniger als 300 °lo eine weitere Streckung
nicht mehr möglich ist, bildet es das Kennzeichen des hochplastischen Zustandes
gemäß der Erfindung, daß die Plastizitätsgrenze des um mindestens 300 °/a gestreckten
nassen Fadens im wesentlichen nicht viel kleiner ist als die des ungestreckten nassen
Fadens, so daß man praktisch unbegrenzt, jedenfalls mindestens auf das Dreifache,
verstrecken kann.
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Zur Erzielung dieses höchstplastischen Zustandes wird erfindungsgemäß
die Lösefähigkeit des Lösungsmittels durch Wahl geeigneter Temperaturen oder Drucke
oder durch Zusätze von Fällungsmitteln unter Erhöhung der Quellfähigkeit herabgesetzt.
Vorteilhaft wird außer einer streckenden Behandlung eine zusätzliche Querbeanspruchung
vorgenommen. Zur gleichzeitigen Regelung des Glanzes behandelt man erfindungsgemäß
die Gebilde unmittelbar nach der Verstreckung mit Salzbädern.
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Diese überraschend große Verstreckbarkeit findet sich auch bei ungleichmäßigen
Fäden mit stark wechselnden Querschnitten, und die Verstreckung erfaßt dabei nicht
nur die Stellen mit dünnen Ausgangsquerschnitten, sondern den ganzen Faden, so daß
ein auffallend gleichmäßiger Faden aus. dem ursprünglichen ungleichmäßigen Faden
zustande kommt.
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Natürliche oder künstliche Fäden sind niemals in ihrer ganzen Länge
von gleichmäßig starkem Querschnitt, sondern weisen stets starke und schwache Stellen
auf. Beim Verstrecken eines solchen Fadens wird daher immer der schwächste Querschnitt
am stärksten
belastet. An dieser Stelle dehnt sich also der Faden
-urld- schnürt sich ein, wodurch eine weitere Schwächung gerade dieses Querschnittes
erfolgt und die folgende Verstrekkung daher auf diesen Querschnitt lokalisiert bleibt
und bei den bekannten Verfahren schließlich-zum Bruch führt. Das charakteristische
Merkmal des hochplastischen Zustandes gemäß der Erfindung besteht nun darin, daß
an diesen gefährdeten Stellen eine innere Verfestigung des Materials erfolgt. Hierbei
findet ein Auspressen von Quellungsrnitteln und eine axiale Ordnung der Struktur
statt, die beide verfestigend wirken. Der wegen seiner ursprünglichen Schwäche zuerst
gestreckte Fadenteil erfährt mithin während der Verstreckung eine solche Verfestigung,
daß er trotz der weiteren Querschnittsverminderung nunmehr fester ist als der von
der Verstreckung noch nicht ergriffene Fadenteil. Letzterer wird daher hei weiteren
Streckungen in Anspruch genommen, so daß, ausgehend von dem schwächsten Querschnitt,
die Verstreckung schließlich den ganzen im Bade befindlichen Faden erfaßt und nicht
auf den schwächsten Fadenteil beschränkt bleibt. Der Titer des verstreckten Fadens
wird also mit anderen Worten keine wesentlichen Schwankungen mehr aufweisen.
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Als besonders brauchbare Quellungsmittel haben sich organische Lösungsmittel
erwiesen, die sowohl in flüssigem als auch dampfförmigem Zustande anwendbar sind.
Indem man den Einfluß des Quellungsmittels auf den Faden beispielsweise durch Änderung
der Einwirkungsdauer oder- der Konzentration, Temperatur, des Druckes. usw. beschränkt,
kann dieser bei Verwendung einer passend gewählten Streckgeschwindigkeit zugleich
mit der Verfeinerung eine wesentliche Erhöhung seiner Festigkeit erlangen.. Ebenso
läßt sich der Glanz des'verstreckten Fadens weitgehend durch Art und Konzentration
des Quellungsmittels. sowie Länge und Geschwindigkeit der Verstreckung abstimmen,
gegebenenfalls unter anschließender Nachbehandlung des. gestreckten Fadens mit Salzbädern
bzw. Vorbehandlung oder Verwendung van Zusätzen zur Spinnlösung. Es hat sich ferner
gezeigt, daß die große Veredelung des Fadens durch eine vorhergehende, gleichzeitige
oder nachträgliche Druckbehandlung, etwa durch Pressen oder Walzen, quer zur Streckrichtung
begünstigt wird.
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In ähnlicher Weise wie- IC-unstfäden lassen sich auch Filme nach dem
neuen Verfahren veredeln und gleichzeitig formen, Für die technische Anwendung des
Verfahrens ist die Tatsache von besonderer Wichtigkeit, daß es nicht auf Einzelfäden
beschränlt-ist"daß vielmehr ebensogut Strähne, ja sogar verzwirnte Fäden und fertige
Gewebe verstr,eokt werden können, ohne daß .ein Verkleben der einzelnen Fäden stattfindet.
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Die Vorteile des neuen. Veredelungsverfahrens bestehen darin, daß
es die Herstellung von Celluloseester- und -ätherlzunstfäden bzw. -filmen efmöglicht,
welche eine bisher nach keinem Verfahren erreichbare Feinheit und 'Zerreißfestigkeit
in trockenem und nassem Zustande aufweisen, und daß eine Regulierbarkeit des Glanzes
dieser Erzeugnisse möglich ist. Bemerkenswert ist auch die Herabsetzung der Quellbarkeit
und die Verbesserung der Naßfestigkeit. Es lassen sich so aus den verhältnismäßig
billigen, weil leichter und in größeren Mengen herstellbaren groben Kunstfäden oder
-filmen mit Leichtigkeit außerordentlich dünne und feste Produkte erzielen.
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Es ist klar, daß zugleich mit der neuen Veredelungsbehandlung die
bekannten zusätzlichen Behandlungen kombiniert werden können, die bei Kunstfäden
oder -filmen zu den verschiedensten Zwecken üblich sind. Es seien -beispielsweise
nur genannt die Herstellung von Stapelfasern, die Kräuselung, die Färbung usw.
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Ferner kann man die verstreckten Kunstfäden, z. B, aus Acetylcellulose,
in bekannter Weise desacetylieren, etwa indem man sie eine hinreichende Zeit unter
Spannung in alkoholische Kalilänge einlegt. Die so regenerierten Ceilulosefäden
zeigen eine zusätzliche Veredelung der Festigkeitseigenschaften. Die Regelung des
Glanzes läßt sich auch durch eine wiederholte Verstreckungsbehandlung gemäß der
Erfindung herbeiführen, wobei zweckmäßig eine Nachbehandlung mit Salzbädern, beispielsweise
Natriumsulfatlösungen, vorgenommen wird. Statt die Streckbehandlung zu wiederholen,
kann man auch eine mechanische Bearbeitung mittels Walzen vornehmen. Ausführungsbeispiele
Titerveredelung z. Ein zo Den, starker Einzelfaden wurde in einem Bade aus gleichen
Teilen von käuflichem Dioxan und Wasser gequollen und dann auf die dreißigfache
Länge, also auf o,33 Den., -verstreckt. Die Streckdauer betrug 8 Sekunden. Es ergab
sich mithin ein Titerveredelru.gskoeffizient (d. i. Ausgangstiter: Endtiter) von
30. ' Titer- und Festigkeitsveredelung 2. Ein Fadenbündel von 8oo parallel liegenden
Fäden, welches aus einer 2o Teile Acetylcellulose, 8o Teile Dioxan enthaltenden
Spinnlösung gesponnen wurde und einen Titer von 5,7 Den. und eine -Reißfestigkeit
von
140 gf ioo Den. besitzt, wird in einem Gemisch von gleichen Teilen Dioxan und Wasser
gequollen und dann während 12 Minuten auf die zwanzigfache Länge verstreckt. Man
wäscht nun mit einer 300/0igen Natriumsulfatlösung und mit kaltem Wasser. Der verstreckte,
trockene Faden hat einen Titer von o,285 Den. und eine Festigkeit von 61o g/ioo
Den. Der Veredelungskoeffizient für den Titer beträgt mithin 2o und jener für die
Festigkeit 4,35.
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3. Das gleiche Ausgangsmaterial wie .bei Beispiel :2 wurde in einem
Bad von gleichen Teilen Dioxan und Wasser gequollen und während 12 Minuten auf die
ii,ifache Länge verstreckt. Nach dem Waschen mit kaltem Wasser und Trocknen ergab
sich ein Faden von 0,51 Den. und 616 g/ioo Den. Der Veredelungskoeffizient für den
Titer betrug mithin ii,io und für die Festigkeit 4,40.
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Titer- und Festigkeitsveredelung mit abgestimmter Dehnbarkeit 4. Das
gleiche Ausgangsmaterial wie bei Beispiel 3 ergab bei i i, 1facher Verstreckung
in einem Bade aus gleichen Teilen Dioxan und Wasser und folgendem Auswaschen mit
kaltem Wasser eine Reißfestigkeit von 616 g/ioo Den. sowie eine Dehnbarkeit von
9,4 °/" während das Ausgängsmaterial eine Festigkeit von 14o g/ioo Den. und eine
Dehnbarkeit von 20 % besaß.
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5. Das in Beispiel e benutzte Ausgangsmaterial ergab bei 2ofacher
Verstreckung in der Dioxan-Wasser-Mischung und nachfolgendem Auswaschen mit 30 0f
0 Natriumsulfatlösung und kaltem Wasser eine Reißfestigkeit von 61o g/ioo Den. und
eine Dehnbarkeit von io %, während das Ausgangsmaterial eine Reißfestigkeit von
140 g/ioo Den. und eine Dehnbarkeit von 2o 0/0 besaß.
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6. Ein Faden aus Acetylcellulose von 15o Den. mit 48 Einzelfäden,
der eine Trokkenreißfestigkeit von 1,35 g pro Den. und eine Dehnbarkeit von 24 %
besitzt, wird in einem Bade aus 4o Teilen Dioxan und 6o Teilen Wasser bei einer
Temperatur von 40° gestreckt.
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Die Streckung soll etwa das Fünffache der ursprünglichen Länge betragen,
bei einer Abzugsgeschwindigkeit von 30 m pro Minute. Der so erhaltene Faden
von 3o Den. mit 48 Einzelfäden zeigt eine Trockenfestigkeit von 3,5 g pro Den. und
eine Dehnbarkeit von 5 0/0.
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7. Ein aus 2o Teilen Acetylcellulose, 4o Teilen Dioxan und 4o Teilen
Aceton gesponnener Faden wurde in einem Bad aus gleichen Teilen Aceton und Tetrachlorkohlellstoff
während i2 Minuten von 12,05 auf 3,9 Den., also auf das 3,ifache, verstreckt. Nach
dem Auswaschen mit kaltem Wasser und Trocknen zeigte der verstreckte Faden eine
Reißfestigkeit von 21o g/ioo Den. und eine Dehnbarkeit von 19-0f0.
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Veredelung und Glanzabstimmung B. Besonders schönen, der Naturseide
ähnlichen Glanz erhält man mit dein Ausgangsmaterial nach Beispiel ? durch Quellen
und Verstrecken in einem Bad aus gleichen Teilen Aceton und Tetrachlorkohlenstoff,
wenn man die Verstreckung während 9 Minuten auf das 5,5fache vornahm. Nach der Verstreckung
wird mit kaltem Wasser gewaschen.
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9. Etwas schwächeren Glanz ergibt das Verfahren unter den Bedingungen
des Beispiels 2.
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io. Matten Seidenglanz und weichen Griff erhält man durch Behandlung
einer käuflichen Acetatseide (i2 verzwirnte Einzelfäden zu 5,2 Den.), wenn man 16o
solcher parallel liegender verzwirnter Fäden während 8 Minuten in einem Bad aus
gleichen Teilen Dioxan und Wasser auf das 3,o6fache verstreckt, wobei der Titer
von 5,2 auf 1,7 Den. sinkt. Hierauf wäscht man mit heißem Wasser (8o°).
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i i. Ganz matte Fäden ergibt die gleiche käufliche Acetatseide wie
im Beispiel io, wenn man sie in einem Bad von gleichen Teilen Dioxan und Wasser
während 8 Minuten auf die 3,2q.fache Länge verstreckt und dann mit kaltem Wasser
wäscht. Der entstandene Faden fällt durch seine überaus weiche, daunenartige Beschaffenheit
auf.
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12. Ein ähnliches Aussehen, jedoch etwas festeren Griff zeigt ein
Faden, der wie bei Beispiel i i gestreckt, aber dann mit Methylalkohol ausgewaschen
wird.
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13. Daunenähnliche Beschaffenheit, aber höheren Glanz ergibt ein nach
Beispiel 12 gestreckter Faden, der mit einer 3o0/0igen Natriumsulfatlösung und heißem
Wasser (8o°) gewaschen wurde.
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14. Ein Acetylcellulosefaden wird durch eine 5o0/0ige Dioxanlösung
geführt und hierauf durch einen Trichter (etwa nach T h i e 1 e) geleitet, durch:
welchen Quecksilber in gleicher Richtung strömt. Das Quecksilber übt eine Würgung
auf den Faden aus, welche die Verstreckung begünstigt. Der Titer des Fadens wird
mithin noch weiter verringert.