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Gewinnung von Sauerstoff Bei der Einwirkung von Luft bzw. Sauerstoff
auf die in den ainmoniakalischen Lösungen von Salzen des zweiwertigen Kobalts enthaltenen
Komplexverbindungen nehmen diese bekanntlich Sauerstoff auf unter Bildung von Oxykobaltiaken
oder Anhydroxykobaltiaken - Produkten, die neuerdings auch als Peroxokobaltverbindungen
bezeichnet werden -, wobei gleichzeitig aus den Komplexverbindungen eine Ammoniakmenge
verdrängt wird, die doppelt so groß ist wie die aufgenommene Menge Sauerstoff. Andererseits
kann aus den so entstandenen Verbindungen der aufgenommene Sauerstoff durch Behandlung
mit Ammoniak wieder in Freiheit gesetzt werden, wobei das Ammoniak an Stelle des
Sauerstoffs in das Komplexsalz eintritt. Bei diesen Umsetzungen entstehen jedoch
in den ammoniakalischen Kobaltlösungen außer den obenerwähnten Oxv- bzw. Anliydroxylcobaltiaken
oder Peroxoverbindungen gleichzeitig solche Komplexverbindungen, die nicht befähigt
sind, ihr Ammoniak gegen Sauerstoff und umgekehrt auszutauschen. Daher läßt sich
der gegenseitige Austausch nicht beliebig oft wiederholen. Die Sauerstoffausbeute
geht vielmehr bei den aufeinanderfolgenden Beladungs- und Austreibeperioden dauernd
zurück, so daß die Verwendung dieser Reaktion für ein technisches Verfahren zur
Gewinnung von Sauerstoff aus Luft bisher aussichtslos erschien.
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Es wurde nun gefunden, daß man die Bildung dieser Nebenprodukte völlig
vermeiden und den Sauerstoff und das Ammoniak in den Komplexsalzen beliebig oft
und mit stets gleichbleibender Ausbeute an Sauerstoff gegenseitig austauschen kann,
wenn man die Komplexverbindungen .in fester Form oder in nichtwäßrigen Lösungen
bzw. Suspensionen anwendet. Die für das Verfahren erforderlichen Komplexsalze können
z. B. nach der in der Zeitschrift für anorganische Chemie, Bd. XVI (i898), S. 2,52,
angegebenen Weise dargestellt werden. Man kann sie je-` doch auch aus Kobaltsalzen,
z. B. Kobaltnitrat, -chlorid oder -sulfat, direkt erzeugen, wenn man, zweckmäßig
in Gegenwart von Ammonsalzen, in die alkoholischen Lösungen der Kobaltsalze Ammoniak
einleitet. Als Lösungs- bzw. Suspensionsinittel können z. B. Alkohol, Benzol, halogenhaltige
Kohlen-Wasserstoffe usw. verwendet werden. Der bei der Einwirkung von Luft bzw.
Ammoniak auf das Komplexsalz stattfindende chemische Vorgang entspricht folgender
Gleichung: 2Co(NH3)6X.+O2 Z , X,(NH3)SCo-0-0-Co(NH3),X.2+2NH3. Gegenwart
von Feuchtigkeit ih den Gasen ist für den Reaktionsverlauf vorteilhaft. Man sättigt
daher zweckmäßig das Ammoniak und die Luft mit Wasserdampf. Das I-Iindurchleiten
der
Gase kann bei gewöhnlicher Temperatur erfolgen, wird aber zweckmäßig bei 3o bis
4ä.° vorgenommen: -An Stelle von Luft können auch andere -sauerstoffhaltige Gase,
z. B. auch solche mit nur sehr geringen Mengen Sauerstoff, verwendet werden. Der
nach der Absorption des Sauerstoffs verbleibende Stickstoff kann für technische
Zwecke, insbesondere für die Ammoniaksynthese, mit Vorteil verwendet werden. Das
Verfahren kann auch z. B. unter Anwendung von erhöhtem Druck durchgeführt werden;
ferner kann in der Weise gearbeitet werden, daß man lediglich bei der Behandlung
des Komplexsalzes mit Ammoniak die Salze in fester Form usw. zur Anwendung bringt,
dagegen die Behandlung mit Luft in wäßrigen Lösungen vornimmt.
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Gegenüber anderen bisher bekannten Verfahren zur Gewinnung von Sauerstoff
durch Zerlegung von Luft besteht der Vorteil des vorliegenden Verfahrens darin,
daß man die Luft nicht auf hohe Drucke komprimieren muß und daß ferner die Aufnahme
und die Entbindung des Sauerstoffs mit Ammoniak bei gewöhnlicher oder nur wenig
erhöhter Temperatur durchgeführt werden kann. Beispiel i 6oo g kristallisiertes
Kobaltnitrat und 96o g Ammoniumnitrat werden in 1,2 1 Wasser gelöst, mit 3 i- 2o
01oigem Ammoniakwasser versetzt und alsdann mit Luft behandelt. Es scheidet sich
hierbei die Peroxoverbindung in dunkelgrünen Kristallen ab.
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Durch die durch Filtration erhaltene Kristallmasse wird darauf bei
etwa 3o bis 4o° feuch--tes Ammoniakgas geleitet, wobei etwa 2o 1 Sauerstoff aus
der Peroxoverbindung in Freiheit gesetzt werden. Dieser Sauerstoff enthält zu Beginn
der Behandlung der Peroxov erbindung kein Ammoniak. Nach einiger Zeit nimmt er in
steigendem Maße Ammoniak auf. Die Behandlung mit Ammoniak wird zweckmäßig dann abgebrochen,
wenn der Sauerstoff etwa io Olo Ammoniak enthält. Durch Auswaschen des Sauerstoff-Ammoniak-Gemisches
mit Wasser erhält man einen Sauerstoff, der einen Reinheitsgrad von 99,5 bis 99,8
0!o besitzt.
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Beispiel e ioo g kristallisiertes Kobaltnitrat werden zusammen mit
16o g Ammoniumnitrat in iooo ccm Äthyl- oder Methylalkohol gelöst bzw. suspendiert
und durch Einleiten von Ammoniak in, das --rosa gefärbte Kobaltohexamm;nn;trat verwandelt,
das sich großenteils ausscheidet. Durch die Lösung mit dem darin suspendierten Salz
wird hierauf bei gewöhnlicher Temperatur Luft geleitet, wobei sich ein Brei von
grünen Kristallen bildet. Der Sauerstoff wird zum großen Teil absorbiert, und es
entweicht ein Gasgemisch, das in der Hauptsache aus Stickstoff und Ammoniak besteht.
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Leitet man nun bei wenig erhöhter Temperatur (5o bis. 6o°) Ammoniak
in die mit Sauerstoff behndelte Lösung bzw. Suspension, so werden unter Absorption
des Ammoniaks etwa 3,5 bis 41 Sauerstoff in Freiheit gesetzt. Der-Sauerstoff ist
zunächst frei von Ammoniak; bei Fortschreiten der Reaktion enthält er steigende
Mengen Ammoniak. Nach dem Auswaschen des Ammoniaks mit Wasser oder Säure erhält
man einen Sauerstoff mit einem Reinheitsgrad von 99,5 bis 99,8 0/0.
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Bei der Behandlung mit Ammoniak verwandelt sich der grüne Niederschlag
wieder -in das ursprüngliche, rosa gefärbte Salz. Der gegenseitige Austausch von
Sauerstoff und Ammoniak kann mit gleichen Sauerstoffausbeuten unbegrenzt oft wiederholt
werden.