-
Verfahren zur Vorbehandlung von zinnhaltigen Materialien Die Erfindung
betrifft ein Verfahren zur Behandlung von zinnhaltigen Materialien, wie z. B. Rohkassiterit,
zinnhaltigem Wolfratnerz u. dgl., mit alkalischen oder basischen Substanzen in Gegenwart
einer kleinen Menge Aktivator zum Zwecke, das Zinn in eine Form überzuführen, in
welcher es in einer sauren oder alkalischen Lösung leicht löslich ist.
-
Die Erfindung bezweckt, das Zinn von seinen Beimengungen, wie z. B.
von Kieselsäure. Silikaten, Eisenoxyden u. dgl., auf leichte und wirtschaftliche
Weise zu trennen.
-
Es ist wohl bekannt, daß Zinndioxyd amphotere Eigenschaften aufweist,
insofern es sich leicht mit Stoffen sowohl saurer als auch basischer Natur verbindet
unter Bildung einerseits von verschiedenen Arten Stanno-und Stanniverbindungen und
andererseits von letastannaten u. dgl. Zahlreiche Verfahren wurden bisher untersucht
und vorgeschlagen, um Zinn von seinen Beimengungen zu trennen, indem von der obengenannten
amphoteren Eigenschaft Gebrauch gemacht wurde. Das Zinn wird jedoch im allgemeinen
sowohl von sauren als auch basischen Stoffen begleitet, z. B. von Kieselsäure auf
der einen Seite -und Eisenoxyd auf der anderen. Behandelt man eine solche Mischung
mit einer Säure oder einem sauren Körper, so wird nicht nur das Zinn, sondern auch
die basischen Substanzen, wie z. B. Eisen, in lösliche Form übergeführt, wodurch
nicht nur ein großer überschuß des sauren Reagens verbraucht wird, sondern auch
eine weitere Behandlung zwecks Trennung des Zinns von der Lösung erforderlich ist.
Cberdies ist ein solches Verfahren unpraktisch, solange Zinn in Form von Kassiterit
vorliegt, da dieser in Säuren unlöslich ist. Wenn das Rohmaterial mit alkalischen
Stoffen behandelt wird, um das Zinn in Stannat überzuführen, werden Beimengungen,
wie z. B. Kieselsäure, ebenfalls gleichzeitig in lösliche Form übergeführt, wodurch
die Trennung des Zinns von seinen Beitnengungen schwierig und teuer, wenn nicht
gar unmöglich wird. Das Verfahren, das Rohmaterial zunächst zu reduzieren und dann
das metallische Zinn in saurer oder alkalischer Lösung aufzulösen, ist in ähnlicher
Weise für die Trennung des Zinns unpraktisch, weil die Auflösungsgeschwindigkeit
des Zinns gewöhnlich klein ist und die beigemischten Verunreinigungen in der gleichen
Zeit ebenfalls angegriffen werden.
-
Wie man sieht, ist eine Trennung des Zinns von seinen Beimengungen
auf wirtschaftliche und technisch durchführbare
Weise schwierig
und die Schwierigkeit um so größer, je kleiner der Zinngehalt des Rohmaterials-ist.
-Z. B. enthalten die Berge bei der Zinnerzaufbereitung nur etwa i1/2 % Zinn und
konnten bisher auf keine Weise wirtschaftlich auf metallisches Zinn oder irgendeine
reine Zinnverbindung verarbeitet werden. Selbst arme Zinnerze mußten vor ihrer Verarbeitung
auf metallisches Zinn zuerst mit Hilfe der Erzaufbereitung in Konzentrate übergeführt
werden, weil die direkten Verfahren zur Aufarbeitung solcher armen Erze nicht mit
den gewöhnlichen metallurgischen Verfahren konkurrieren können, welche bei Zinnkonzentraten
verwendet werden. Zu einer solchen Kategorie von Verfahren gehört das chlorierende
Rösten, welches, wie zahlreiche Arbeiten beweisen, keinerlei praktischen Wert hat,
einfach aus dem Grunde, weil der Dampfdruck von Zinnchlorid selbst bei so hohen
Temperaturen wie goo° C verhältnismäßig gering ist und die vollständige Austreibung
des Zinns als Chloriddampf zu kostspielig ist.
-
Die Erfindung stützt sich auf die überraschende Tatsache, daß Zinnoxyd,
welches sowohl in Säuren als auch in Alkalien unlöslich ist, in diesen Mitteln löslich
gemacht «erden kann, wenn es mit alkalischen oder basischen Stoffen, wie z. B. den
Oxyden und Carbonaten von Calcium, Magnesium u. dgl., in Gegenwart einer gewissen
Art von Aktivator erhitzt wird. Der Aktivator braucht nicht in stöchiometrischer
Menge vorhanden zu sein, vielmehr genügt in der Regel nur eine kleine Spur davon,
um den vollständigen chemischen Umsatz einzuleiten. So können kleine Mengen von
metallischem Zinn, Zink, von Kohle oder gasförmigen Substanzen, wie z. B. Kohlenoxyd
oder Wasserstoff, die Reaktion in überraschender Weise induzieren. Erfindungsgemäß
werden daher die zinnhaltigen Materialien vor der Laugung des Zinns mit alkalischen
oder basischen Stoffen derart vorbehandelt, daß man die Mischung in Gegenwart von
geringen Mengen von kohlenstoffhaltigen Substanzen oder Metallen oder in schwach
reduzierender Atmosphäre auf eine Temperatur oberhalb 6oo ° C, jedoch unterhalb
der Schmelztemperatur erhitzt, wodurch das Zinn in eine in Säuren und Alkalien leicht
lösliche Form übergeht, während die Begleitstoffe, z. B. Eisen und Kieselsäure,
in der Hauptsache in einer unlöslichen Form zurückbleiben. Vorteilhaft schlägt man
der Mischung von zinnhaltigen Ausgangsstoffen, basischen Mitteln und Reduktionsmitteln
vor der Erhitzung ein Salz, z. B. Kochsalz, zu. Besonders günstig ist es, wenn zur
Auslaugung der erfindungsgemäß vorbehandelten zinnhaltigen Materialien als Laugungsmittel
eine Lösung verwendet wird, welche Ätznatron und ein Salz, z. B. Kochsalz, enthält.
-
Die für die Erfindung wesentliche katalytische Stannatbildung im festen
Zustand unterscheidet das neue Verfahren grundsätzlich von dem bekannten Burghardtschen
Aufschlußverfahren im Schmelzfluß, bei welchem das Erz mit Holzkohle und einem Überschuß
an Ätznatron geschmolzen und das gebildete Stannat ausgelaugt wird. Dieses Verfahren
zeigt ebenfalls die bereits obenerwähnten Nachteile der bekannten alkalischen Aufschlußverfahren.
Beispiel Als Ausgangsmaterial dienen Berge von der Zinnerzaufbereitung mit einem
Gehalt von 2,80/0 Sn, 64'/o Si O., 201/, Fe. O" 12 % Al, 0s, 1,2 0/0
Ca0, z,5 0f0 CES,
o,9 % Mg0. Das Rohmaterial befindet sich in dem feinsten
Zustande der Verteilung und kann nicht mehr weiter auf technische Weise aufbereitet
werden, um daraus ein Kassiteritkonzentrat herzustellen. Man setzt obigem Rohmaterial
o,5 % Holzkohle und 5,7 % Kalk hinzu und glüht dasselbe bei 85o° C während i/2 Stunde.
Wenn das Glühprodukt mit verdünnter Schwefelsäure behandelt wird, geht beinahe das
gesamte Zinn mit einer geringen Menge Eisen in Lösung, während keine der übrigen
störenden Beimengungen in nennenswerter Menge im Filtrat nachweisbar ist. Wird das
Glühprodukt mit verdünnter Ätznatronlösung an Stelle einer Säure behandelt, so wird
das Zinn ebenfalls mit guter Ausbeute extrahiert, ohne daß eine nennenswerte Menge
von Eisen oder Kieselsäure in der Lösung gefunden wird.
-
In dem obigen Beispiel kann ein anderer Aktivator oder mehrere Aktivatoren
gleichzeitig benutzt werden, deren Menge in Abhängigkeit von der Behandlungsdauer
schwanken kann. Wird Kohle als Aktivator benutzt und die Mischung in einer oxydierenden
Atmosphäre geröstet, so findet eine Zerstörung oder ein Verbrauch des-Aktivators,
d. h. der Kohle, in hohem Maße statt, bevor er in Wirksamkeit tritt, so daß es notwendig
ist, den Aktivator in einer hinreichenden Menge anzuwenden, z. B. in einer Menge
von o,5 0l0. Wenn das Rösten in einer inerten Atmosphäre stattfindet, genügen bereits
0,05 01, Kohle oder sogar weniger, um das gesamte Zinn in lösliche Form überzuführen.
Ähnliches trifft für andere Aktivatoren zu. Es ist bemerkenswert, daß der Kassiterit
nicht in Pulverform vorliegen muß, sondern in grober Verteilung verwendet werden
kann. In einem solchen Falle wurde festgestellt;
daß der feste Kassiterit
frei in den basischen Stoff diffundiert.
-
Es wurde ferner gefunden, daß der Prozentgehalt an Zinn bei der Extraktion
mit Alkali aus dem Glühprodukt erhöht werden kann, wenn gewisse Salze oder Metallverbindungen,
z. B. Natriumchlorid, zur Röstcharge oder vorzugsweise zur alkalischen Extraktionslösung
zugesetzt werden.
-
Bei der Durchführung des neuen Verfahrens können zahlreiche Arten
von basischen Stoffen einzeln oder in Mischung verwendet werden; es wurde jedoch
gefunden, daß das Calciumoxyd und das Calciumcarbonat einzeln oder in Mischung äußerst
wirtschaftlich und wirksam sind, während als Aktivator Kohle, Holzkohle, Öl oder
Metalle, z. B. Zink, in Mengen von i pro Mille verwendet «-erden können, bezogen
auf das Gewicht des vorhandenen Kassiterits. In manchen Fällen ist der Aktivator
bereits in der Charge vorhanden, so daß er nicht besonders -zugesetzt zu werden
braucht, da die Gegenwart von geringen Spuren irgendeiner organischen Substanz in
der Beschickung oft genügt, um die Reaktion einzuleiten. Dies ist natürlich nur
der Fall, wenn die Charge in einer Atmosphäre geglüht wird, welche keine oxydierende
oder sonstwie verbrauchende Einwirkung auf den organischen Aktivator ausübt. Wenn
die Atmosphäre schwach reduzierend ist, braucht kein Aktivator zugesetzt zu werden,
weil das reduzierende Gas selbst als solcher dient.
-
Das Hauptmerkmal der Erfindung besteht in der ausschließlichen Überführung
des Zinns in lösliche Form, während Kieselsäure, Eisenoxyd und die übrigen Begleiter
unverändert und unbeeinflußt zurückbleiben, so daß sie nach der Behandlung gerade
ebenso unlöslich in Säuren und Alkalien sind wie vorher.