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Verfahren zur Entphosphorung von Roheisen und phosphorhaltigen Eisenlegierungen
durch Glühfrischen Verfahren zur Entkohlung von Roheisen im festen Zustand durch
Erhitzen mit Eisenoxyden bzw. Eisenerzen oder durch Einwirkung frischender Gase
sind in großer Zahl bekannt. Sie dienen entweder zur Erzeugung von Temperguß oder
aber auch, wie das Glühstahlverfahren von P. Tunner und das Verfahren des Trockenfrischens
von granuliertem Roheisen von B. Iialling u. J. Rennerfelt, zur Erzeugung von Stahl
oder eines hochwertigen kohlenstofffreien Einsatzgutes (Edelschrott) für bestimmte
Stahlerzeugungsverfahren. Diese letztgenannten Verfahren, zu denen auch das von
F. Uchatius zählt, bei dem das Glühfrischen des Roheisens und das Schmelzen des
entkohlten Eisens im gleichen Tiegel in einem Arbeitsgang erfolgt, erfordern einen
sehr geringen Phosphorgehalt des Roheisens, da dieser bei den angewendeten Arbeitsweisen
nicht erniedrigt wird. Aus phosphorhaltigem Roheisen ist daher auf diesen Wegen
ein hochwertiger Edelschrott oder auch ein hochwertiges Eisenpulver, etwa wie es
-für die Herstellung von Sintermetallteilen geeignet ist, nicht zu erzielen. Ebenso
ist es unmöglich, durch das Glühfrischen nach diesen Verfahren den Phosphor des
Roheisens in ein wertvolles phosphorsäurehaltiges Erzeugnis überzuführen. Weiterhin
ist ein hinreichend geringer Schwefelgehalt des Roheisens notwendig, da eine
Entschwefelung
bei diesen Verfahren nicht eintritt.
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Das nachstehend beschriebene Verfahren erzielt demgegenüber die technischen
Fortschritte, daß es außer der Entkohlung auch die Entphosphorung von Roheisen oder
phosphorhaltigen Legierungen, z. B. phosphorhaltigen Luppen des Krupp-Renn-Verfahrens,
unter gleichzeitiger Gewinnung wertvoller phosphorsäurehaltiger Stoffe durch Glühfrischen
ermöglicht und darüber hinaus auch eine Entschwefelung erreichen läßt.
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Das Verfahren besteht darin, daß das Roheisen bzw. die phosphorhaltigen
Legierungen in kleinstückiger Form, die in bekannter Weise durch Granulation, durch
mechanisches Zerkleinern oder durch geeignete gießtechnische Maßnahmen erzielt werden
kann, bei den für das Glühfrischen geeigneten Temperaturen, die je nach den im folgenden
beschriebenen Arbeitsbedingungen im Bereich von etwa 80o bis etwa 130o° C liegen
können, nicht nur der oxydierenden Einwirkung von Eisenoxyden oder anderer fester,
flüssiger oder gasförmiger Oxydationsmittel ausgesetzt werden, sondern gleichzeitig
oder anschließend auch mit geeigneten basischen Oxyden oder deren Verbindungen in
Berührung gebracht werden.
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Als basische Oxyde sind in erster Linie diejenigen der Alkalimetalle,
in zweiter Linie diejenigen der Erdalkalimetalle und als Verbindungen vor allem
deren Carbonate und Ferrite, aber auch Nitrate, Sulfate, Silicate und ihre Gemenge
geeignet.
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Die Mengen dieser Oxyde und Verbindungen der Alkali- und Erdalkalimetalle
sind so zu wählen, daß sie ausreichen, die aus dem Phosphor des Roheisens entstehende
Phosphorsäure zu Orthophosphaten zu binden. Die zugemengten Oxydationsmittel, wie
z. B. Eisenoxyde oder Eisenerze, sind so zu bemessen, daß der von ihnen abzugebende
Sauerstoff gemeinsam mit dem aus den zugemengten Verbindungen der basischen Oxyde
verfügbaren Sauerstoff ausreicht, den Phosphor und den Kohlenstoff des Roheisens
zu oxydieren, und das Eisen als Metall erhalten bleibt.
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Soll das Glühfrischen z. B. mit Natriumcarbonat und Eisenoxyd durchgeführt
werden, so geben die beiden Reaktionsgleichungen
2 P + 3 Nag C 03 -1- 2,13 Fe20s ->- 2 Na. P 04 -t- 4/3
Fe -i- 3 C O |
3 C + Fe2O3 .-- 3 CO + 2 Fe |
einen Anhalt für die benötigten Mengen.
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Ein Überschuß an basischen Oxyden bzw. den genannten Verbindungen
und an Oxydationsmitteln (z. B. Eisenoxyde), der für beide etwa 30 % der Sollmenge
betragen kann, ist wegen des nicht vollständigen Ablaufs der Reaktionen zweckmäßig.
Soll die Oxydation durch hinzutretende Luft oder andere oxydierende Gase, wie Kohlendioxyd
und Wasserdampf, erzielt werden, so ist deren Menge entsprechend zu bemessen.
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Um die entphosphorende und entschwefelnde Wirkung der Allz:ali- oder
Erdalkalioxyde beim Glühfrischen zu erhöhen, können gemeinsam mit ihnen auch Chloride
und Fluoride der Alkali- oder Erdalkalimetalle den Gemengen zugesetzt werden.
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Nach dem Glühen im Temperaturbereich von 80o bis 130o° C, wobei die
Glühzeit nach der Korngröße des Roheisens und der Höhe der Temperatur zu bemessen
ist, kann das Gemenge in verschiedener Weise weiter verarbeitet werden.
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Für die Herstellung von Eisenpulver wird das aus kohlenstoff- und
phosphorarmen Eisenteilchen und Phosphaten bestehende Gemenge gelaugt, und zwar
-je nach der Art der gebildeten Phosphate, entweder mit Wasser oder mit Säuren oder
auch mit beiden Mitteln nacheinander. Die bei Verwendung der Oxyde und Verbindungen
der Alkalimetalle entstehenden wasserlöslichen Phosphate ergeben wertvolle Alkaliphosphatlaugen,
die z. B. zu Reinigungsmitteln, aber auch zu Düngemitteln verarbeitet werden können.
Die bei der Verwendung der Oxyde und Verbindungen der Erdalkalimetalle entstehenden
Phosphate müssen durch Säuren ausgelaugt werden und sind dann ebenfalls als Düngemittel
verwendbar. In diesem Fall ist allerdings damit zu rechnen, daß merkliche Anteile
des metallischen Eisens mit gelöst werden. Die beim Glühfrischen entstandenen Alkali-
bzw. Erdalkalisulfide werden vom Wasser bzw. den Säuren ebenfalls gelöst.
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Das beim entphosphorenden Glühen entstandene Gemenge aus den entphosphorten,
entkohlten und entschwefelten Eisenteilchen und den Phosphaten kann auch ohne vorheriges
Laugen auf .basischer Zustellung niedergeschmolzen werden, wobei eine phosphor-
und schwefelarme Stahlschmelze und eine phosphorsäurereiche Schlacke entstehen.
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Der Temperaturbereich und der Temperaturgang beim Glühfrischen sind
so zu wählen, daß die metallischen Eisenteilchen dauernd vorwiegend im festen Zustand
verbleiben. Das ist z. B. dadurch zu erzielen, daß beim Glühfrischen die Temperatur
von 115o° C nicht überschritten wird. Man kann aber auch so verfahren, daß man zunächst
bei Temperaturen von 80o bis etwa iioo° C die Hauptmenge des Kohlenstoffs und des
Phosphors durch das Glühfrischen aus den Eisenteilchen entfernt und sodann die Temperatur
weiter steigert in dem Maße, wie durch die Abnahme des Phosphor- und Kohlenstoffgehalts
der Schmelzpunkt der Eisenteilchen ansteigt.
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Das Glühfrischen kann auch in Stufen vorgenommen werden, indem zunächst
ohne Zuschlag der basischen Oxyde allein durch Eisenoxyde oder andere feste, flüssige
oder gasförmige Oxydationsmittel die Ent kohlung vorgenommen und daran anschließend
durch Zugabe der basischen Oxyde und der weiteren Oxydationsmittel die Entphosphorung
und Entschwefelung durchgeführt wird.
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Als Beispiel für die Wirkung des entphosphorenden Glühfrischens seien
folgende Ergebnisse angeführt: Ein Roheisen mit 3,54 % C, 1,62 % P und 0,044 % S
wurde im gepulverten Zustand mit calcinierter Soda und Eisenoxyd vermengt und 2
Stunden auf iioo° C
erhitzt. Das erkaltete Glühgut wurde mit Wasser
und anschließend mit verdünnter Salzsäure behandelt. Der überwiegende Anteil des
Phosphats war schon in dem wäßrigen Auszug in Form von Alkaliphosphaten enthalten.
Es wurde ein Eisenpulver mit < 0,o1 °;" C, 0,07"/o P und 0,0170/, S gewonnen.