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Verfahren zur Herstellung weinartiger Getränke aus Zuckerrüben Einige
Betearten, insbesondere die Zuckerrüben, eignen sich infolge ihres hohen Zukkergehaltes
zur Herstellung weinartiger Getränke, doch gelang es trotz verschiedener Vorschläge
nicht, den unangenehmen Rübengeschmack und -geruch, welche auch den hergestellten
Erzeugnissen anhafteten, völlig zu beseitigen. So ging ein Vorschlag dahin, den
roten Rübensaft durch Kohlepulver zu seihen und ihm außerdem vor der Gärung Hollunderblüte
zuzusetzen. Fremde, den unangenehmen Beigeschmack verdeckende Zutaten machen jedoch
solche Getränke zu minderwertigen Surrogaten. Andererseits wurde empfohlen, durch
die zerkleinerte Rübenmasse einen Strom überhitzter Gase oder Wasserdampf zu leiten.
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Die Suche nach einem neuen Wege erschien um so mehr gerechtfertigt,
als der Zukkerrübensaft neben dem Zucker noch :eine
sehr beträchtliche Menge
jener Extraktstoffe enthält. welche auch bei den Traubenweinen wichtige Bestandteile
sind.
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Das vorliegende Verfahren beruht zunächst auf der Beobachtung, daß
es nicht allein darauf ankommt, den eigentlichen Zuckerrübengeschmack zu beseitigen,
sondern daß zur Erzielung reinschmeckender Getränke auch noch andere Bestandteile
des rohen Saftes, welche in ihrer Auswirkung dem vergorenen Getränk gleichfalls
einen unangenehmen, kerbbitteren Beigeschmack belassen, vor der Gärung zu entfernen
sind. Die völlige Beseitigung des Rübengeschmacks und -geruchs gelang durch Erhitzen
und Einkochen des Saftes, wobei die Siedetemperatur über i oo° C steigt. Die unangenehmen
Geschmacks- und Geruchsstoffe werden hierbei teils verflüchtigt, teils zersetzt.
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Die beobachtete Zersetzung im Safte selbst beginnt schon bei der Siedetemperatur
des Wassers. Die Entfernung der erwähnten anderen unerwünschten Bestandteile des
Zuckerrübensaftes gelingt durch die Einwirkung von schwefliger Säure, durch welche
beim Erhitzen bzw. Einkochen neben anderen Stoffen eiweißartige Körper abgeschieden
werden.
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Die schweflige Säure wurde auch schon zur Behandlung von Traubenmost
verwendet, z. B. zur Verzögerung des Eintritts der Gärung beim Transport in Fässern.
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Auch bei der Zuckerfabrikation aus Zuckerrüben hat die schweflige
Säure schon Verwendung gefunden, und zwar zur Behandlung von Zuckersäften nach der
Kalkscheidung.
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Die vorliegende Verwendung der schwefligen Säure dient bei dem vorliegenden
Verfahren einem doppelten Zweck: sie führt neben den erwähnten Abscheidungen außerdem
die Inversion des Rohrzuckers der Zuckerrübe zu Traubenzucker und Fruchtzucker herbei.
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Zur Ausführung des Verfahrens werden die Zuckerrüben, falls die Schalenbestandteile
ausgeschaltet werden sollen, zunächst geschält und dann geschnitzelt.
Die
Gewinnung des Saftes geschieht in bekannter Weise durch Ausziehen der Schnitzel
mit heißem Wasser, zweckmäßig in Holzbottichen oder ,auch in emaillierten oderähnlich
hergerichteten Gefäßen.
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Der gewonnene Saft wird unter Zusatz von schwefliger Säure in Gefäßen,
z. B. in emaillierten, welche von der schwefligen Säure nicht angegriffen werden,
zum Sieden erhitzt. Die Zugabe der schwefligen Säure erfolgt zweckmäßig in Form
einer Lösung reiner komprimierter schwefliger Säure in Wasser. Die Lösungen können
bis zu etwa i o o;ö S O enthalten, doch genügen auch weniger starke Lösungen.
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Die Zugabe zum Zuckerrübensaft geschieht entweder in den Sammelbehältern
der Schnitzelauszüge oder auch in den - zweckmäßig emaillierten - unter einem Abzug
stehenden, mit Feuerung oder einer anderen Heizvorrichtung versehenen Eink ochbehältern,
und zwar in solchen Mengen, daß der Saft schwach nach schwefliger Säure riecht.
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Die Abscheidungen beim Erhitzen und Einkochen werden, soweit sie sich
an der Oberfläche sammeln, von Zeit zu Zeit abgehoben.
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Die übrigen Abscheidungen werden nach Beendigung des Einkochprozesses
beseitigt, z. B. durch Absitzenlassen und Abziehen des klaren Saftes. Der Saft wird
eingekocht, bis der Rübengeschmack und der scharfe Geruch verschwunden, die überschüssige
schweflige Säure gänzlich ,ausgetrieben und die gewünschte Saftstärke erreicht ist.
Sofern der Saft nicht .alsbald zur Vergärung gebracht werden soll, wird die Eindickung
bei geeigneten Temperaturen bis zur Haltbarkeit gegen die Einwirkung der Luftbakterien
vorgenommen.
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Der so zur Gärung- vorbereitete Saft wird auf die für die jeweils
herzustellenden Getränke geeignete Saftstärke eingestellt und mit Hefen, insbesondere
Reinzuchthefen, vergoren. Zur Sicherstellung eines schnellen Verlaufs der Gärung
werden dem Safte außer der Hefe bzw. dem Hefeansatz zweckmäßig geringe Mengen des
bekannten Hefenährsalzes Chlorammonium zugesetzt. Die vergorenen Weine werden bald
vollkommen klar.
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Nach dem neuen Verfahren können angenehm schmeckende leichtere oder
schwerere Tischweine von goldgelber Färbung mit relativ niedrigem Säuregehalt hergestellt
werden. Zur Herstellung von Tischwein eignen sich Saftstärken von etwa 1,08o bis
etwa 1,o95 spezifischem Gewicht. A. Analyse eines Tischweins
Spez. Gewicht bei i5° C 0,999 |
Alkohol ............ 1o,96 Volumprozent |
Extrakt . . . . . . .. ... 3,43 g in ioo ccm |
Stickstoff .--. . . . . . . . 0,057 g - 100 - |
Mineralstoffe . . . . . . . . 0,34 g - 100 - |
Gesamtsäure,berechnet |
auf Weinsäure .... 0,47 g - 100 |
Zur Herstellung eines nach beendeter Gärung süß bleibenden Weines mit Südweincharakter
wird die Saftstärke z. B. auf i, i i o spezifisches 'Gewicht :eingestellt.
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B. Analyse eines Weines mit Südweincharakter
Spez. Gewicht bei 15° C 1,030 |
Alkohol. . . . . . . . . . . . . 12,88 Volumprozent |
Gesamtextrakt ....... 11,339 in Zoo ccm |
Zucker als Invertzucker 4,039 - Zoo - |
Zuckerfreier Extrakt . , 7,379 - Zoo - |
Stickstoff . . . . . . . . . . . o,22 g - ioo - |
Mineralstoffe . . . . . . . 0,58 g - ioo - |
Gesamtsäure, berechnet |
auf Weinsäure ..... 0,359 - ioo - |
Einen Anhalt über die wirtschaftliche Seite des Verfahrens ergibt die Erwägung,
daß z. B. aus i oo kg Zuckerrüben mit einem Zuckergehalt von 15 bis 18 o/o etwa
5o 1 des Südweinartigen Gärerzeugnisses hergestellt werden können. Dieser Wein hat
sich als sehr haltbar erwiesen; er eignet sich deshalb besonders auch für den Export.
Die Mengen der ausgebrachten Gärerzeugnisse steigen natürlich mit sinkendem Alkoholgehalt
und bei Vergärung des gesamten Zuckers des Saftes.