-
Ersatz von Seitenkettenhalogen aromatischer Verbindungen durch Wasserstoff
Es ist wiederholt versucht worden, das Seitenkettenhalogen aromatischer Verbindungen
durch Behandeln mit Zinkstaub durch Wasserstoff zu ersetzen. Die Resultate waren
jedoch bisher äußerst unbefriedigend. So versucht To masi (Berichte der deutschen
chemischen Gesellschaft, Band 7, S. 826) eine alkoholische Lösung von Benzylchlorid
durch Reduktion mit Zinkstaub in Toluol überzuführen. Bei dieser Arbeitsweise werden
jedoch hauptsächlich Dibenzyl und andere Kondensationsprodukte neben wenig Toluol
erhalten. Erhitzt man Benzylchlorid direkt mit Zinkstaub, wie dies im Bull.
de la Societe Chimique (2), Band 46, S. 247 beschrieben wird, so entsteht
eine äußerst lebhafte Reaktion unter Entweichen von Strömen von Salzsäuregas. Im
Kolben hinterbleibt eine viskose Masse, aus der durch Fraktionieren auch einige
niedersiedende Fraktionen erhalten werden. Bei einem Einsatz von 6oo g Benzylchlorid
reichen diese niederen Fraktionen j edoch nicht aus, um zwecks weiterer Reinigung
und Identifizierung noch ein zweites Mal fraktioniert zu werden. Vielmehr gelingt
es nur, durch Sulfieren der einzelnen Fraktionen und Analisieren der Bariumsalze
in der unterhalb 3q.0° siedenden Flüssigkeit unter anderen die Existenz von Toluol
nachzuweisen. Demnach findet hier, wie auch im zuerst erwähnten Falle eine Reduktion
zu Toluol nur in ganz untergeordnetem Maße statt.
-
Es wurde nun gefunden, daß man das Seitenkettenhalogen aromatischer
Verbindungen, z. B. das Chlor im Benzy lchlorid, durch Wasserstoff in vorzüglicher
Ausbeute ersetzen kann, wenn man sie mit Zink bzw. Zinkstaub in Gegenwart von Ätzalkalien,
alkalischen Erden oder sonstigen starken Basen, wie Ammoniak und Ammoniakderivaten,
vorteilhaft in der Wärme behandelt. Aus Benzylchlor id z. B. erhält man auf diese
Art und Weise Toluol, aus Tolylchlorid Xylol, aus Dimethylbenzylchlorid Pseudocumol,
aus Chlorben.zylchlorid Chlortoluol usw. Dieses Resultat war nicht vorauszusehen,
weil nach den bisher bekannten Verfahren vorwiegend unerwünschte Kondensations-
und Verseifungsprodukte und nur in ganz geringer Menge alkylierte Kohlenwasserstoffe
erhalten wurden. Es ist zwar eine Reduktion einer aromatisch-aliphatischen Verbindung
auf ähnliche Weise durchgeführt worden, nämlich die der Chlortropasäure zur Tropasäure
(s. M e y e r -J a c o b s o n, Lehrbuch der organischen Chemie, Band II, i, S.693),
jedoch ist einmal das Chlor in der Chlortropasäure nicht als Seitenkettenchlor im
Sinne der Benzylhalogenide aufzufassen, und zum anderen wird nicht mit Zink allein,
sondern mit Zinkstaub bei Gegenwart von Eisen als Aktivierungsmittel reduziert.
Hier
wird also ein Verfahren angewendet, das wegen cler .Enipfindlich@eit
der Benzylhalogenide-gegen Ei.-en auf 'diese Körperklasse nicht üb ,#jUagbar .:ist..
'Es ist in einem Falle zwar gelungen, ein Kernhalogen mittels Zink und Alkali durch
Wasserstoff zu ersetzen (Patent 303 o95). Hier wird die a-Brom-p-cymol-3-sulfosäure
in die p-Cymolsulfosäure übergeführt. Dies ist jedoch nur ein nicht zu verallgemeinernder
Spezialfall, denn schon die entsprechende Chlorverbindung läßt sich nicht reduzieren,
und auch das Brom zeigt nur seine große Reaktionsfähigkeit infolge der in Orthostellung
stehenden Sulfogruppe. Auch konnte aus dieser Reaktion auf ihre Anwendbarkeit auf
in der Seitenkette halogenierte aromatische Verbindungen infolge der großen Neigung
der letzteren zu Kondensationsreaktionen nicht geschlossen werden.
-
Als Ausgangsmaterialien können die nach den Verfahren von S o m in
e 1 c t (Comptes rendues de 1'Academie des Sciances, 1925, S. 1349) oder nach B
1 a n c (Bull. de la Societe Chimique (4) Band 33, S. 315) oder nach anderen Methoden
erhältlichen in der Seitenkette halogenierten aromatischen Verbindungen dienen.
-
Durch das neue Reduktionsverfahren ist ein billiger und praktischer
Weg gegeben, aus in der Seitenkette halogenierten aromatischen Verbindungen zu Kohlenwasserstoffen
zu gelangen, welche als - Ausgangsmaterialien zur Herstellung von Farbstoffen, Riechstoffen
usw, technisch wertvoll sind.
-
B e i s p i e 1 1. z5o 1 Wasser, ioo g Zinkstaub werden auf ioo° erhitzt
und unter lebhaftem Rühren gleichzeitig mit 154,6 kg Xylylchlorid und i 5o kg Natronlauge
36° B6 versetzt, derart, daß der Kesselinhalt dauernd schwach alkalisch bleibt.
Nach io bis 15 Stunden ist die Reduktion beendet und das chlorfreie Pseudocumol
wird mit Wasserdampf abgetrieben und fraktioniert. Die Ausbeute beträgt etwa go
°jo der Theorie. Statt des reinen Xylylchlorids kann auch das Reaktionsprodukt der
Einwirkung von Formaldehyd und Salzsäure auf Xylol unmittelbar eingesetzt werden.
-
B e i s p i e 1 z. 175 kg i-Methyl-4-chlor-3-benzylchlorid, das mittels
Formaldehyd und Salzsäure aus Parachlortoluol erhalten werden kann, werden gleichzeitig
mit 15o kg :Natronlauge 36° Be in eine ioo° heiße Aufschlämmung von ioo kg Zinkstaub
unter gutem Rühren eingetragen und etwa 15 Stunden reduziert, dann wird, wie in
Beispiel i beschrieben, mit Wasserdampf abgeblasen und fraktioniert.
-
Die Mengen von Alkalien, Zinkstaub sowie die Temperaturen können in
den obigen Beispielen in weiten Grenzen variiert werden. Ebenso können indifferente
Lösungs- und Verdünnungsmittel, wie Alkohol usw., bei der Reduktion zuzesetzt werden.