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Verfahren zur Darstellung von Substitutionsprodukten des Carbazols
Die in der Literatur beschriebene Diazoverbindung aus 3-Aminocarbazol (s. z. B.
M o r g a n & R e a d, Journ. chem. Soc. 121, S.2709), verhält sich wesentlich
anders, als die Diazoverbindungen von aromatischen Aminen.
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Durch Behandlung mit Kupferpulver und schwefliger Säure entsteht z.
B. daraus nur Carbazol, aber keine Sulfinsäure (vgl. C. G. Schwalbe und S. Wolff,
Ber. 44 19r 1 ] , S. 23.I), durch Behandlung mit Kupferrhodanid ebenfalls nur Carbazol
(Schwalbe o. a. O.). Beim Verkochen der Diazolösung scheidet sich in verwickelter
anormaler Reaktion als Hauptprodukt eine grünbraune amorphe Masse aus, daneben entsteht
nur in geringer Menge 3-Oxycarbazol (vgl. O. Ruff und V. Stein, Ber. 34, [190i]
Seite 1683). Selbst unter bestimmten Vorsichtsmaßregeln erhält man aus Carbazol-3-diazoniumchlorid
in der Hauptsache Carbazol und nur in sehr geringer Ausbeute 3-Chlorcarbazol (vgl.
Tucker Journ. chem. Soc. 1z5, S. 1144 bis 1148.
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Es gelingt also nicht oder nur sehr schwer, aus p-Aminocarbazolen
über die Diazoverbindungen nach bekannten Methoden zu Derivaten des Carbazols zu
gelangen.
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Es wurde nun die bemerkenswerte Beobachtung gemacht, daß die übrigen
Amine des Carbazols sich vollkommen anders verhalten. Ihre Diazoverbindungen gehen
spielend sämtliche bekannten Diazoumsetzungen ein und verhalten sich hierin in jeder
Weise wie ein einfaches aromatisches Amin.
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So entsteht z. B. durch Behandlung der Diazoverbindung des 2-Aminocarbazols
mit Kupferpulver und schwefliger Säure in beinahe quantitativer Ausbeute die Carbazol-2-sulfinsäure.
Ferner entsteht durch Verkochen der Diazoverbindung das 1- oder 2-Oxycarbazol leicht
in Ausbeuten von über 80'/".
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Diese neue überraschende Beobachtung führte zu einer großen Anzahl
bisher in der Literatur unbekannter Derivate des Carbazols, die als Zwischenprodukte
für Farbstoffe und Heilmittel Verwendung finden sollen.
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Hiernach sind z. B. folgende Carbazolderivate leicht zugänglich geworden:
Oxycarbazole und Derivate wie Äther, Ester usw., Halogencarbazole, Cyaiicarbazole
und hieraus Carbazolcarbonsäuren und ihre Derivate, wie Ester, Säureamide der aliphatischen,
aromatischen und heterocyklinischen Reihe, schwefelhaltige Derivate des Carbazols,
z. B. Sulfinsäuren usw.
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Beispiel i 54 kg i-Amiiiocarbazol werden in 50o 1 Wasser unter Zusatz
von 6o kg Salzsäure 35"1" gelöst und unter Kühlung in einer
Lösung
von 2o kg Natriumnitrit in Zoo 1 Wasser in üblicher Weise dianotiert. Die Diazolösung
läßt man in kochendes Wasser einlaufen. Es entwickelt. sich reichlich Sticki stoff.
Beim Erkalten scheidet sich ein hellgelber Niederschlag aus. Dieser wird in Natronlauge
gelöst, filtriert und mit Salzsäure das i-Oxycarbazol ausgefällt. Aus Toluol kristallisiert
es in farblosen Blättchen vom F. P. 164°. .
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Beispie12 54 kg 2-Aminocarbazol werden wie in Beispiel i angegeben
dianotiert und verkocht. Das 2-Oxycarbazol wird aus verdünnter Natronlauge mit Säure
umgefällt. Aus Alkohol erhält man es in silberglänzenden Blättchen vom F. P. 276°.
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Das 2-Oxy carbazol wurde durch die üblichen Umsetzungen charakterisiert.
Der Aethylätlier kristallisiert aus Alkohol in glänzenden Blättchen vom F. P. 2i7°.
Das Acetylderivat stellt ebenfalls Blättchen dar, die bei 188° schmelzen.
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Beispiel 3'
54 kg 2-Aminocarbazol werden wie in Beispiel i angegeben
dianotiert. Die Diazolösung läßt man einlaufen in eine salzsaure Kupferchlorürlösung
aus ioo kg Kupfersulfat und So kg Natriumchlorid. Beim Erwärmen tritt unter Stickstoffentwicklung
die Umsetzung ein. Man filtriert und kocht den Rückstand mit Eisessig aus. Beim
Erkalten scheidet sich das 2-Chlorcarbazol in glänzenden farblosen Blättchen vom
F. P. 24q.° aus. Die Verbindung ist mit der von U 1 1 m a n n (vgl. Ann. 332, S.97)
durch Synthese erhaltenen identisch.
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Beispiel4 54 kg 2-Aminocarbazol werden dianotiert. Die Diazolösung
gibt man in eine erwärmte Lösung von i25 kg Cyankaliuin und i i6 kg Kupfersulfat
in Zoo 1 Wasser. Dann wird gekocht bis zum Aufhören der Stickstoffentwicklung und
der Rückstand wird mit Benzol extrahiert. Das Nitril scheidet sich in langen Nadeln
vom F. P. 138° aus. Es wird durch Kochen mit alkoholischer Kalilauge leicht verseift
zur Carbazol-2-carbonsäure. Diese kristallisiert aus Alkohol in Nadeln vom F. P.
3r9°. Die Carbonsäure löst sich spielend in Natriumcarbonatlösung und in Natronlauge.
Zur Identifizierung wurde der Äthylester (Blättchen F. P. i85°) und verschiedene
Säureamide dargestellt, z. B. aus p-Toluidin: glänzende langgestreckte Blättchen
vom F. P.:294'. oder aus Dimethylamin: breite Nadeln vom F. P. i98°, oder aus Aminoanthrachinonen
gelbe Pulver, F. P. über 300°.
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Beispie15 541g i-Aminocarbazol werden wie in Beispiel i angegeben
dianotiert und zum Nitril umgekocht. Das Rohnitril wird mit alkoholischer Kalilauge
verseift zur Carbazol-i-carbonsäure. Aus Eisessig kristallisiert die Carbazol-i-carbonsäure
in farblosen, blau fluoreszierenden Blättchen vom F. P. 271 bis 272°. Die Säure
ist mit der von C i a m i -c i a n & S i 1 b e r (vgl. Ganz. chim. ital. 12,
S.272), durch Einwirkung von Kohlensäure auf Carbazolkalium erhaltenen in jeder
Weise identisch.
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Beispiel 6 541g 2-Aminocarbazol werden dianotiert. Die Lösung wird
mit schwefliger Säure gesättigt und mit Kupferpulver zersetzt. Wenn die Stickstoffentwicklung
beendet ist, filtriert man, kocht den Rückstand mit Natronlauge aus und fällt mit
Mineralsäure die Sulfinsäure aus. Zur Reinigung löst man sie wieder in Natronlauge
und scheidet mit Natriumchlorid das carbazol-2-sulfinsaure Natrium als schwachgelblich
gefärbtes sandiges Pulver aus.
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Die Sulfinsäure gibt die normalen Umsetzungen, wie z. B. Oxydation
mittels alkalischem Permanganat zur Sulfonsäure, oder Reduktion zum Mercaptan bzw.
Disulfid.