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Verfahren zur Herstellung von Alkalicyaniden Die vorliegende Erfindung
betrifft ein Verfahren zur Herstellung von Alkalicyaniden aus organischen stickstoffhaltigen
Stoffen neben anderen wertvollen Produkten, wie Glyzerin, Fettsäuren, Aceton, Methylalkohol,
Aminen, Ammoniak u. dgl., die man bisher bei der trockenen Destillation dieser Stoffe
erhalten konnte.
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Unter stickstoffhaltigen organischen Verbindungen versteht man im
vorliegenden Fall allgemein mehr oder weniger konzentrierte alkalische Lösungen,
die stickstoffhaltige organische Stoffe gelöst enthalten, wie Melassen, gewerbliche
Abfallflüssigkeiten, beispielsweise Schlempen aller Art, die Abwässer der Zuckerindustrie,
die Wässer und Schlamm vom Waschen der Wolle oder gleichwertige Flüssigkeiten, die
beispielsweise aus der Behandlung organischer stickstoffhaltiger Stoffe oder dieselben
enthaltender Massen mit Alkalien oder Alkalikarbonaten herrühren. Ebenso gehören
hierher mehr oder weniger trockene Natur- oder Kunststoffe oder organische stickstoffhaltige
Verbindungen enthaltende Lösungen, welchen man Alkalisalze zufügte, z. B. städtische
Abwässer und Schlamm, oder einfach natürliche organische Stoffe, die bereits Alkaliverbindungen
enthalten.
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Nach dem Verfahren gemäß vorliegender Erfindung werden Alkalicyanide
durch Behandlung der bei der trockenen Destillation von organischen stickstoffhaltigen
Stoffen in Gegenwart von Alkaliverbindungen gewonnenen Gase mit kohlenstoffhaltigen
Substanzen dargestellt, wobei als kohlenstoffhaltige Substanzen die zuerst erhaltenen
Destillationsrückstände verwendet werden.
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Die Temperatur der trockenen Destillation soll vorzugsweise 5oo° C
nicht übersteigen. Wird dieses Verfahren auf stickstoffhaltige organische Stoffe,
welche gleichzeitig Schwefel z. B. in Form von Alkalisulfaten enthalten, angewendet,
so kann Bekannterweise die Destillation der stickstoffhaltigen organischen Stoffe
in Gegenwart eines geeigneten Entschwefelungsmittels, wie z. B. Erdalkalioxyde oder
-carbonate, wie Kalk, Scheideschlamm der Zuckerindustrie, Tonerde, Bauxit, oder
Metalle, wie Eisen und Mangan, ihre Oxyde u. dgl., vorgenommen werden, wobei diese
Substanzen gleichzeitig als Katalysatoren bei der Azotierung wirken.
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Wird das Verfahren für organische stickstoffhaltige Stoffe von saurer
Reaktion, wie z. B. Melasseschlempen. welche freie Schwefelsäure enthalten, angewendet,
so ist zum Neutralisieren der freien Säure der Schlempe der Zusatz von einem oder
mehreren der erwähnten Stoffe vor der trockenen Destillation zur Gewinnung der zu
cyanisierenden Masse geeignet.
Im allgemeinen knn man, damit im
Destillationsrückstand der organischen stickstoffhaltigen Stoffe ein Cberschuß an
Kohlenstoff vorhanden sein soll, vor oder während der Destillation Kohle im freien
Zustande oder in Form von Teeren, Holzmehl, Stroh, Torf oder Treber zusetzen.
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Zur Ausführung des Verfahrens gemäß der Erfindung verwendet man vorteilhaft
alkalische Kohle, die aus stickstoffhaltigen organischen Stoffen durch Destillation
bei verhältnismäßig niedriger Temperatur gewonnen wurde, und deren besondere chemische
und physikalische Beschaffenheit die Ausbeute im Cyanisierungsvorgang wesentlich
steigert. Die so gewonnene alkalische Kohle hält allgemein eine beträchtliche Menge
von bei der Destillation nicht frei gewordenem Stickstoff zurück. Man führt eine
erstmalige Cyanisierung im geschlossenen Gefäß unter -Druck aus, gegebenenfalls
nach Einführung von elementarem Stickstoff oder eines stickstoffhaltigen Gases.
Erst darauf leitet man die aus der Destillation gewonnenen stickstoffhaltigen Gase
über die alkalische Kohle zwecks vollständiger und endgültiger Cyanisierung, nachdem
bereits der in der alkalischen Kohle zurückgehaltene Stickstoff gebunden ist.
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Gemäß vorliegender Erfindung läßt man auf den Kohle und Alkali enthaltenden
Destillationsrückstand von den anderen Destillationsprodukten der organischen Stoffe
getrennten elementaren Stickstoff einwirken. In gleicher Weise kann man auf den
Kohle und Alkaliverbindungen enthaltenden Destillationsrückstand elementaren Stickstoff
und Stickstoffverbindungen, wie Ammoniak, Amine, oder elementaren Stickstoff und
nur Amine, die von den anderen gleichfalls bei der Destillation der organischen
stickstoffhaltigen Stoffe gewonnenen Produkten getrennt sind, einwirken lassen.
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Man kann elementaren Stickstoff aus den bei der Destillation entwickelten
nicht kondensierbaren Gasen verwenden.
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Der Vorgang der Cyanidbildung kann mit allen bekannten Mitteln und
hierzu verwendeten Apparaten ausgeführt werden.
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Die alkalische Kohle wird vorteilhaft zerkleinert und gesiebt, und
die stickstoffhaltigen Gase können beißgewöhnlichem oder erhöhtem Druck verwendet
werden.
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Die Bindung des zurückgehaltenen Stickstoffs durch die wirksamen Bestandteile
der von der Destillation herrührenden Masse der alkalischen Kohle kann im gleichen
Destillationsapparat nach Ableitung aller flüchtigen Bestandteile, die gewonnen
werden sollen, erfolgen. Hierzu werden die Destillationsapparate oder Retorten auf
8oo bis i ooo° C erhitzt und die Masse der Einwirkung von elementarem Stickstoff
oder indifferentem Gas unter Druck ausgesetzt. Wenn die Masse auf diese Weise zum
Teil in Cyan übergeführt ist, läßt man sie vorteilhaft unter Abschluß von Luft,
beispielsweise in einer Atmosphäre von indifferentem Gas oder von Stickstoff, erkalten.
Die erkaltete Masse wird zerkleinert und in die eigentlichen Cyanisierungsapparate
übergeführt. Diese können nötigenfalls die gleichen sein, wie die für die Destillation
benutzten.
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Auf jeden Fall kann die Absorption des elementaren Stickstoffs und
der Stickstoffverbindungen durch den Destillationsrückstand bewirkt werden, indem
man die verschiedenen stickstoffhaltigen Gase vermischt. Vorzugsweise läßt man auf
den frischen Rückstand die stickstoffärmeren und auf den schon teilweise cyanisierten
Rückstand die stickstoffreicheren Gase einwirken.
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Ist die Cyanisierung des Rückstandes beendigt, so kann die cyanisierte
Masse zerkleinert und zur Trennung des Alkalicyanids von dem unlöslichen Rest mit
Wasser ausgezogen werden. Die unlöslichen Bestandteile enthalten einen überschuß
an Kohle, den Katalysator. und gegebenenfalls das vor der Destillation zugesetzte
Entschwefelungsmittel als Sulfid. Diese Masse kann zur Abscheidung der Kohle und
des Katalysators weiterbehandelt werden. Die Kohle kann als Entfärbungsmittel dienen
und gegebenenfalls mit dem Katalysator zu organischen stickstofflialtigen Stoffen
vor ihrer Destillation hinzugesetzt werden, um das passende Verhältnis zwischen
Kohle, Katalysator und Alkaliverbindungen für die Cyanisierung des Destillationsriickstandes
herzustellen.
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Die cyanisierte Masse kann zur Herstellung von Ammoniak in bekannter
Weise unter Gewinnung von Alkaliformiaten verwendet werden. Beispiel i Altes Leder,
Lederabfälle und Gerbereirückstände werden mit Natriitmcarbonat gemischt und in
Retorten der trockenen Destillation unterworfen, wobei man allmählich bis auf 35o
bis d.5o° C, vorteilhaft unter vermindertem Druck, erhitzt. Die Destillation beginnt
gegen ioo° C und liefert brennbare Gase, eine ammoniakalische Flüssigkeit,
Öl
und bisweilen auch Teer. Der Rückstand von der Destillation ist eine alkalische
Kohle, welche vom alten Leder Eisen und Kupfer und, falls Abfälle der Chromgerberei
verwendet worden sind, gegebenenfalls auch Chromoxyd enthält. Diese Metalle und
das Oxyd dienen mit Vorteil als Katalysatoren bei der Cyanisierung des alkalischen
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Standes durch Stickstoff von beliebiger Herkunft. Man kann
den aus den bei der Destillation entwickelten, unkondensierbaren Gasen stammenden
Stickstoff nach deren Verbrennung und Trennung von Kohlensäure benutzen. Der alkalische,
in Gegenwart von elementarem Stickstoff auf Soo bis iooo° C erhitzte Rückstand ergibt
eine Cyanidmasse, die hauptsächlich Natriumcyanid und Kohle enthält. Beispie12 Entzuckerte
Melasse wird mit einer ausreichenden Menge Kalk zur Zersetzung der fettsauren Salze
der Ammoniakverbindungen und Amine versetzt. Die dicke Mischung wird sodann in einem
geschlossenen Gefäß unter vermindertem Druck bei einer bis auf 3oo bis d.00° C ansteigenden
Temperatur der trockenen Destillation unterworfen. Man sammelt in bekannter Weise
Ammoniak, Amine, Essigsäure, Methylalkohol, Öle und leichte Teere. Der wäßrige Teil
der Kondensationsflüssigkeit wird mit Kalk destilliert, wodurch die Fettsäuren zurückgehalten
werden, während Methylalkohol, Ammoniak und Trimethylamin entwickelt werden. Man
absorbiert Ammoniak und die Amine mit Schwefelsäure und kristallisiert das Ammonitunsulfat
aus. Die Mutterlauge wird mit Kalk destilliert und das erhaltene Trimethylamin zur
Cyanisierung der alkalischen Rückstandskohle der Destillation, die auf eine Temperatur
von 8oo bis i ooo°C gebracht wird und schon gegebenenfalls im geschlossenen Gefäß
oder unter Stickstoffdruck teilweise cyanisiert ist. Beispiel 3 Vorher konzentrierte
und mit einem Ent-3chwefelungsmittel, welches im Rückstande einen Katalysator bilden
kann, versetzte Melasseschlempe wird einer fortschreitenden Destillation unter Rühren
und Einblasen von Dampf im luftleeren Raum unterworfen, zuerst bei einer Temperatur
zwischen Zoo bis 300° C zur Gewinnung von Glyzerin und dann bei allmählich bis auf
etwa 500° C gesteigerter Temperatur zur Gewinnung der leichten Teere, Essigsäure
usw. sowie der Aminoverbindungen, des Ammoniaks und der elementaren Stickstoff enthaltenden
Verbrennungsgase. Man läßt dann die Gesamtheit der stickstoffhaltigen Verbindungen
oder nur den elementaren Stickstoff auf den auf eine geeignete Temperatur erhitzten
Destillationsrückstand zwecks Herstellung von Alkalicyanid einwirken, wie in den
vorhergehenden Beispielen.