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Verfahren zur Herstellung von Kunstfäden durch Verspinnen von Viskose
in kapillaraktive Stoffe enthaltende Fällbäder Es ist bekannt, Kunstseidefäden dadurch
zu erzeugen, daß man Viskose in sauren oder neutralen Salzlösungen zersetzt. Die
sehr dünnen Einzelstrahlen werden nach ihrem Austritt aus der Düse durch das Spinnbad
koaguliert. Da nun die Geschwindigkeit beim Spinnen dem Faden nur kurze Zeit in
dem Spinnbad zu verweilen gestattet, ferner die Fäden einen je nach der Länge der
Spinnstrecke mehr oder weniger langen Kegel bilden, muß Vorsorge getroffen werden,
den Angriff des Spinnbades recht energisch zu gestalten.
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Infolge der Kolloidnatur der Viskose wird die Benetzungsfähigkeit
derselben durch eine wäßrige Flüssigkeit sehr erschwert. Setzt man aber dem Spinnbad
sogenannte kapillaraktive Stoffe zu, d. h. Stofe, die die Oberflächenspannung erniedrigen
bzw. die Benetzungsf.ähigkeit der Flüssigkeit erhöhen, so wird durch diese Stoffe
der Angriff des Spinnbades auf den Viskosefaden wirksamer. Gleichzeitig wird hierdurch
eine gleichmäßigere Oberflächenkonstruktur des Fadens; erzielt als nach den bisher
bekannten Methoden.
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Als kapillaraktive Stoffe, mit welchen man die obenerwähnten Wirkungen
erreicht, haben sich vorzugsweise die Abbauprodukte der verschiedenen Eiweißstoffe
bewährt. Als Eiweißstoffe seien erwähnt z. B. Leim, die verschiedenen Arten von
Albumin und Globulinen, Gelatine, Kasein, Glutin, Gliadin. Zweckmäßigerweise kann
auch von Rohstoffen ausgegangen werden, welche, wie z. B. Blut, Häute u. dgl., im
wesentlichen aus obigen Eiweißverbindungen bestehen. Der Abbau solcher Stoffe kann
sowohl durch Säuren oder Alkalien in der Hitze oder in der Kälte erfolgen als auch
durch Fermente, kann z. B. aber auch durch Erhitzen oder durch Behandeln mit Dampf,
gegebenenfalls unter Druck, gegebenenfalls in Abwesenheit von Säuren und Alkalien,
vorgenommen werden.
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In dem Patent 23 ., 366 ist bereits die Zugabe von Eiweißverbindungen
bzw. deren Abbauprodukte, welche durch fermentative Spaltung hergestellt sind, zu
ätzalkalischen Fällbädern für Kupferoxydammoniakcelluloselösung erwähnt. Diese Verfahren
unterscheiden sich nicht nur durch die völlig verschiedene Art und Zusammensetzung
der in beiden Fällen verwendeten Celluloselösungen, sondern auch durch die Art der
Fällbäder so einschneidend voneinander, daß von der Wirkungsweise des früheren Verfahrens
auf die des neuen Verfahrens nicht eschlossen wer-Z>
den kann. Bei
vorliegendem Verfahren kommen nur neutrale oder saure Füllbäder für Viskoselösungen
in Frage, während bei den anderen Verfahren nur .ätzalkalische F;ällbäder verwendbar
sind.
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Ausführungsbeispiele i. 25 kg Leim werden io Stunden in 40 kg Wasser
quellen gelassen, hierauf 3 5 kg konzentrierte Schwefelsäure zugesetzt und 5 Stunden
gekocht. Zu der erhaltenen Lösung werden weiter zugefügt So kg konzentrierte Schwefelsäure,
225 kg MgS0_i # 7 H.0 und i25kg Wasser. Dieses Füllbad gibt, bei 4o bis 5o° angewendet,
eine besonders gleichmäßige Oberflächenstruktur des Fadens.
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2. i o kg Leim werden mit i 6 kg Wasser quellen gelassen, nach etwa
io Stunden mit i 5 kg Schwefelsäure versetzt und 5 Stunden gekocht. Hierauf werden
noch weitere 8k-Schwefelsäure, 29 kg Natriumsulfat und 64,8 kg Wasser zugegeben.
Bei 4o bis, 5o° wirkt auch dieses Bad günstig auf die Oberfläche des sich bildenden
Fadens ein.
3. 7,o Gewichtsprozent Leim, |
12,5 - H2SOi, |
20,0 - Na2S04, |
6o,5 - H20 |
D = z,3o. |
Man hat bereits vorgeschlagen, den F.ällbädern Melasse zuzusetzen. Dies Material
enthält zwar ebenfalls Abbauprodukte von Eiweißstoffen, aber in zu geringer und
zu sehr je nach Art der verarbeiteten Rüben und deren Behandlung wechselnder Menge,
um damit ein rationelles Arbeiten und eine genügend zuverlässige Dosierung zu ermöglichen.
Die Verwendung von Eiweißabbaustoffen in Form von Melasse kommt für das vorliegende
Verfahren nicht in Betracht.
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Es ist zwar schon vorgeschlagen worden, bei der Herstellung von Viskoseseide
auf der Grundlage von Baumwolle, der Viskose sehr geringe Mengen kapillaraktiver
Stoffe, -,%Re z. B. Oleate, Resinate, zuzusetzen. Durch diese Zusätze zur Viskose
soll die Häufigkeit der Fadenbrüche beim Spinnen vermindert und das Entstehen von
Knoten verhindert werden. Eine Veränderung, insbesondere Vergleichmäßigung der Fadenoberfläche,
wird durch das bekannte Verfahren nicht beabsichtigt. Eine solche Wirkung kann übrigens
bei den geringen zugesetzten Mengen der betreffenden Stoffe, abgesehen davon, daß.
sie auch der Viskose und nicht dem Spinnbade zugesetzt werden, nicht eintreten.
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Das vorliegende Verfahren ist nicht auf Verwendung von Baumwollviskose
beschränkt, sondern läßt sich ebensogut auch unter Verwendung von Holzzellstoffviskose
durchführen. Während bei den sonst üblichen Verfahren die Oberflächenbeschaffenheit
und die Querschnittsform häufig schwankt, so daß trotz gleicher Herstellungsbedingungen,
ohne ersichtliche Ursache bald einmal bändrhenartige und stark geriefte Fäden, das
andere Mal wieder glatte zylindrische Fäden erzielt werden, wodurch Unterschiede
im Aussehen, bei der Färbbarkeit usw. bedingt werden, wird gemäß dem vorliegenden
Verfahren einte charakteristische Struktur von konstanter Beschaffenheit erzielt.
Es werden stets Fäden erhalten, deren Querschnitt aus wenig oder gar nicht gekerbten
Kreisen oder Ellipsen besteht und deren Oberfläche keine bzw. nur eine schwache
Riefelung aufweist. Durch diese gleichmäßige Charakteristik der Fadenstruktur werden
Kunstseidefäden von hervorragender Gleichmäßigkeit des Glanzes, Griffes und Färbbarkeit
erzielt.
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Die beiliegenden Zeichnungen veranschaulichen die Querschnitte der
nach vorliegendem Verfahren erzeugten Viskosefäden im Gegensatz zu den Querschnitten
von nach gewöhnlicher Spinnweise, z. B. unter Zusatz von Melasse, hergestellten
Fäden.