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Verfahren zur Herstellung gießbarer Sprengladungen Zur Herstellung
gießbarer Sprengladungen sind wegen ihrer hohen Unempfindlichkeit gegen mechanische
Ansprüche bisher ausschließlich aromatische Nitrokörper, z. B. Trinitrotoluol, Pikrinsäure
u. dgl., sowie Ge-. mische derselben verwendet worden. Dagegen sind die wesentlich
energiereicheren Salpetersäureester bisher zu diesem Zweck noch nicht herangezogen
worden.
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Unter den krystallisierbaren Salpetersäureestern, die mit einer hohen
Kraftleistung und Brisanz hohe chemische Stabilität und eine relativ geringe Empfindlichkeit
gegen mechanische Einflüsse verbinden, hat sich zur Herstellung von Sprengladungen
besonders das Pentaerythrittetranitrat als geeignet erwiesen, welches zumal im ho@chgepreßten
Zustande eine relativ geringe Empfindlichkeit gegen mechanische Einflüsse besitzt.
Sein hoher Schmelzpunkt (1¢0°) verbietet es aber, dasselbe zur Herstellung gegossener
Ladungen heranzuziehen, die bekanntlich bei der Massenerzeugung von Munition große
Vorteile in ökonomischer und sicherheits.technis;cher Beziehung darbietet.
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Es wurde nun gefunden, daß es durch Zusatz relativ geringer Anteile
von Nitrokörpern gewisser Körperklassen, die. ebenfalls den Charakter kräftiger
Sprengstoffe und zugleich höchste chemische Stabilität besitzen, gelingt, den Schmelzpunkt
des Pentaerythrittetranitrates so weit zu senken, daß sich bei einer Temperatur,
die technisch keine Unbequemlichkeiten bietet und zu Gefahren keinen Anlaß gibt,
gießbare Sprengladungen von genügender Unempfindlichkeit gegen mechanische Einflüsse
herstellen lassen, deren Kraftleistung und Brisanz diejenige aller bisher bekannten
gegossenen Sprengladungen, z. B. solcher aus Trinitrotoluol oder Pikrinsäure, bei
weitem übertrifft.
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Als zu diesem Zweck besonders geeignete Zusätze erwiesen sich die
Nitroverbindungen der Alkylamine und alkylierten Säureamide, z. B. das Methylnitramin,
das Dinitrodimethylsulfamid und besonders die Dinitrodialkyloxamide. Aber auch die
Nitrate und Perchlorate der aliphatischen Amine erfüllen denselben Zweck, wenn sie
sich auch wegen ihrer Wasserlöslichkeit nicht ebenso gut eignen wie die gänzlich
wasserunlöslichen Nitroalkylamine.
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Beispiel i 7o Teile Pentaerythrittetranitrat geben mit 3o Teilen Dinitrodimethyloxamid
eine eutektische Mischung, die bereits bei ioo° schmilzt und sich bei dieser Temperatur
bequem zu einem völlig homogenen Schmelzfluß gießen läßt, während die Schmelzpunkte
der Einzelkomponenten bei lq.o° bzw. 12q.° liegen.
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Der erstarrte Schmelzfluß stellt kein mechanisches Gemenge beider
Komponenten, vielmehr eine gegenseitige feste Lösung mit neuen Eigenschaften dar
und ist z. B. gegen mechanische Einflüsse für unempfindlicher als Pentaerythrittetranitrat
und auch wesentlich unempfindlicher als das ungegossene niechanische
Gemenge.
Die gegossene Ladung ist z. B. auf die geringe Ehtfernung von 25 m beschußsicher
beim Beschuß mit dem Infanteriiegewehr, und zwar bei Einschluß in eine kräftige
Eisenblochhülse.
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Beispiel 2 Das Dinitrodimethylsulfamid von der Zusammensetzung S02
(N # N02CH3)2 stellteinen außerordentlich kräftigen Sprengstoff von der Bleiblockausbauchung
395 ccm dar und schmilzt bei 88,5°. Die Verbindung zeigt, mit Nitropentaerythrit
zusammengeschmolzen, ähnliche eutektische Erscheinungen wie das Dirnitrodimethyloxamid.
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70 % Nitropentaerythrit, 30 % Dinitrodimethylsulfamid ergeben bei
1o5° eine dickflüssige gießbare Masse.
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Beispiel 3 6o 0,1o Nitropentaerythrit, 25% Dinitrodimethyloxamid,
i 5 % Dinitro,dimethylsulfamid ergeben bereits bei 85° eine dünnflüssige Schmelze,
die sich bei 82 bis 83° noch gut gießen läßt.
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__ Beispiel 4 650/0 Nitropentaerythrit, 25% Dinitrodimethyloxamid,
io% Methylaminnitrat .ergeben einen bei 1o3° gießbaren Schmelzfluß.
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Auf der anderen Seite besitzen diese Ladungen eine Kraftleistung und
Brisanz, wie sie bisher noch mit keiner besehußsicheren Ladung erzielt worden ist.
Folgende Gegenüberstellung der Bleiblockausbauchungen der zum Vergleich in Frage
kommenden Sprengstoffe mag dies erweisen: Trinitnotoluol 290 ccm, Pikrinsauxe 31o
ccm, Tetranitrome;-thylanilin (technisch rein) 345 ccm, dasselbe (chemisch rein)
39o ccm, Fentaerythrittetrar nitrat52o ccm, Dinitrodimethyloxamid 335 ccm, Dimtrodimethylsulfamid395ccm,
Methylaminnitrat 325 ccm, Schmelzfluß nach Beispiel i 435 celn, Schmelzfluß nach.
Beisspiele 445 ccm, Schmelzfluß nach Beispiel 3 435 ccm, Scbmelzfluß nach Beispiel
4 425 ccm. Zu bemerken ist hierzu, da.ß sichTetranitromethylanilin nicht gießen,
sondern nur pressen läßt, so daß für einen strengen Vergleich mit dar Kraftleistung
der neuen gegossenen Ladungen nur Trinitrotoluol und Pikrinsäure in. Betracht kommen.
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Die Eigenschaften der DinitrodiaUcyloxamide als kräftiger und chenüsch
beständiger Sprengstoff sind zwar bereits seit längerer Zeit bekannt und in dem
Patent 2o3 igo beschrieben worden, welches die Benutzung dieser Nitrokörper ,als
Sprengstoffe für sich oder im Gemenge mit anderen Sprengstoffen beansprucht. Hingegen
befindet sich in dieser Patentschrift keinerlei Hinweis auf die Herstellbarkeit
gießbarer Sprengladungen mit Hilfe dieser Nitrokörper. Es ist vielmehr lediglich
von mechanischen Gemengen die Rede. Das überraschende Eutektikum zwiischen Pentaerythrittetranitrat
und den Dinitrodialkyloxamiden und somit das vorliegende Verfahren konnte keinesfalls
aus der durch die erwähnte Patentschrift vermittelten allgemeinen Kenntnis der Sprengstoffeigenschaften
dieser Körperklasse abgeleitet bzw. vorausgesehen. werden. Das Dinitrodimethylsulfamid
ist bisher als. Sprengstoff überhaupt unber@ kannt geblieben.
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In der Technik des Gießens von Sprengladungen ist es zwar, wie eingangs
erwähnt, bekannt, daß artverwandte Sprengstoffe beim Zusammenschmelzen Schmelzflüsse
von Erstarrungspunkten geben., die unterhalb der Erstarrungspunkte der Einzelkomponenten
liegen (so z. B. K a s t: Spreng- und Zündstoffe, 192i, S. 227). So ist z. B. der
Schmelzpunkt der bei 121° schmelzenden Pikrinsäure durch Zusatz von Nitronaphthalin
oder auch Tri.-nitrokresol gesenkt worden. Dieser bisherige Stand der Technik beschränkt
sich aber auf die aromatischen Nitrokörper, während das beanspruchte Verfahren.
von der Überraschenden Beobachtung ausgeht, daß bisher zum Gießen von Sprengladungen
noch nicht verwendete Körperklassen, die außerdem noch artfremd sind, nämlich das
Pentaerythrittetranitrat, ein Salpetersäureester und die Nitroat#-,ylamide, alipbatxsdhe
Nitroverbindungen, ebenfalls eutektische Gemische zu bilden im, stande sind.
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Aus dem. Umstande, daß die beanspruchten gießbaren Gemische eine wesentlich
höhere Kraftleistung besitzen als alle bisher zur Herstellung gießbarer Ladungen
angewandten Gemische aromatischer Nitrokörper, .sowie aas ihrer gleichzeitig geringer
Empfindlichkeit gegen mechanische Beanspruchung - ergibt sich der Fortschritt gegenüber
dem bisherigen Stand der Technik.