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Verfahren zur elektrischen Reinigung von Gasen Bei der elektrischen
Reinigung der Gase von Staub treten mitunter, oft schon bei niedrigen Temperaturen,
z. B. durch Rückionisation unangenehme Störungen auf, die eine erfolgreiche Abscheidung
in Frage stellen. Die Reinigungstemperaturen sind daher nach oben hin begrenzt.
Unter Umständen ist jedoch schon «reit unterhalb der Grenztemperatur, bei der Rückionisation
eintritt, eine gute Abscheidung des Staubes nicht mehr durchführbar.
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Man hat verschiedene Mittel vorgeschlagen, diese Schwierigkeiten zu
beseitigen. Eine bekannte Maßnahme ist die Kühlung und Befeuchtung der Gase durch
Wassereinspritzung. Es kann jedoch der Fall vorliegen, daß das zugeführte Wasser
mit dem Staubgasgemisch in Reaktion tritt oder daß stark hygroskopischer Staub vorliegt,
der mit Wasser leicht schmiert. Andererseits kann sich der Wasserzusatz zum Gase
mit Rücksicht auf dessen spätere Verwendung verbieten, oder es sind Fälle denkbar,
bei denen die Gastemperatur nicht erniedrigt werden darf. Verschiedene chemische
Verfahren verlangen eine möglichst hohe Temperatur der gereinigten Gase. Die Wassereinspritzung
ist daher, ganz abgesehen davon. daß sie nicht immer zum Ziele führt, in manchen
Fällen unzulässig.
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Weitere Verfahren zur Vermeidung obenerwähnter Störungen bestehen
darin, daß man die Ursache dieser Übelstände vor Eintritt der Gase in den elektrischen
Reiniger beseitigt. Es sind Verfahren vorgeschlagen, die sogenannte »Vorionisation«
vor dem elektrischen Reiniger aufzuheben, andererseits chemische Vorgänge zwischen
den einzelnen Bestandteilen des Gasgemisches vor der elektrischen Reinigung zu beendigen
oder die Staubteilchen derart zu beeinflussen, daß sie im elektrischen Feld besser
niedergeschlagen werden können oder endlich die Eigenschaften des niedergeschlagenen
Staubes, beispielsweise dessen Leitfähigkeit, günstig zu -beeinflussen u. a. m.
- -Im Gegensatz zu den bekannten Verfahren schlägt die Erfindung einen neuen Weg
ein. Sie besteht darin, die Zusammensetzung der Gase eines Gasstaubgemisches zu
ändern und dadurch die Möglichkeit zu schaffen, günstigere Eigenschaften des Gemisches
im Hinblick auf den Reinigungsprozeß hervorzurufen, als sie ursprünglich vorhanden
war. Erfindungsgemäß werden die Temperatur und Zusammensetzung der Gase in eine
ganz bestimmte Beziehung zueinander gebracht.
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Der Erfindungsgedanke besteht darin, Temperatur und Zusammensetzung
des Gases so einzustellen, daß die die Reinigung verschlechternde Einwirkung bestimmter
Gemischbestandteile aufgehoben und der günstigste Wirkungsgrad der Entstaubung erzielt
wird.
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Der Wirkungsgrad der elektrischen Entstaubung eines Gases hängt außer
anderen
Einflüssen von der Innenbeweglichkeit des betreffenden Gases
im elektrischen Felde ab. Die Innenbeweglichkeit, d. h. die Geschwindigkeit, welche
die Elektrizitätsteilchen im elektrischen Felde beim Durchgang durch ein Gas annehmen,
ist je nach der Natur des Gases verschieden. Man drückt die Innenbeweglichkeit aus
in m/sek. in einem Feld von 1 kV/cm.
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Für die verschiedenen Gase ergeben sich beispielsweise folgende Ionengesch-windigkeiten
Wasserstoff . . . . . . . . . . 70 m/selk., |
Sauerstoff ............ 18 - |
Luft ................ 15 - |
Chlor ............. zo - |
Kohlensäure ....... 9 - |
Schwefeldioxyd ....... q. - |
Im Feld . . . . . . . . . . . . . i kV/cm. |
Nimmt man beispielsweise gewöhnliche Luft als Vergleichs- und Richtgas an, dann
lassen sich die Gase einteilen in solche mit hoher Innengeschwindigkeit und solche
mit niedrigerer Innengeschwindigkeit. Kohlensäure hat, wie aus obiger Tabelle ersichtlich,
beispielsweise die halbe Innengeschwindigkeit wie Sauerstoff.
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Die Ionen durchlaufen also das eine Gas schneller als das andere.
Ihre Beweglichkeit in einem Gasgemisch hängt daher von dem Gehalt des Gemisches
an den einzelnen Bestandteilen ab. Man könnte in .diesem Zusammenhang von »dichten«
und »dünnen« Gasen sprechen, wenn man den Analogievergleich zulassen kann, daß ein
Teilehen durch ein Gas mit geringerer Innengeschwindigkeit gleichsam wie dusch eine
zähe Flüssigkeit sich durcharbeiten muß, während ein anderes Gas, ein »dünnes« Gas,
der Elektrizitätsbewegung weniger Widerstand bietet.
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Als »dichte« Gase im vorstehenden Sinn sind also die technisch besonders
wichtigen Gase Chlor, Kohlensäure und Schwefeldioxyd anzusehen, als »dünne« Gase
Sauerstoff, Wasserstoff usw.
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Steigt in einem Gasgemisch der Gehalt an einem »dichten« Gas, so wird
infolge der geringen Innenbeweglichkeit dieses Bestandteiles die Elektrizitätsausströmung
innerhalb der Elektroden zurückgehen., unter Umständen auf einen solch geringen
Betrag, daß da durch der Wirkungsgrad der Reinigung beeinträchtigt wird. Zur Behebung
dieses Mißstandes bieten sich gemäß der Erfindung zwei Wege. Man kann entweder die
Temperatur des Gasgemisches erhöhen, wodurch. die Gasdichte verringert wird, oder
man kann den Gehalt des Gemisches an »dichtem« Gas verringern. Zwei Beispiele aus
der Praxis mögen dies erläutern: 1. Bei der Entstaubung der Abgase aus Zementbrennöfen
kann durch Unstetigkeit in der Feuerung mitunter der Kohlensäuregehalt der Abgase
stark ansteigen. Die Reinigungswirkung läßt dann nach. Abhilfe kann dadurch geschaffen
werden, daß die Abgase mit höherer Temperatur in die elektrische Entstaubung geleitet
werden, oder es kann erfindungsgemäß, beispielsweise durch Zuführung atmosphärischer
Luft in das Abgas, die Kohlensäurekonzentration der Gase verringert werden.
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Andererseits ist der Fall denkbar, daß bei solchen Abgasen durch Erhöhung
des Sauerstoffgehaltes (Zutritt von Falschluft) die Reinigung bei einer bestimmten
hohen Temperatur unmöglich wird. Man kann Abhilfe schaffen dadurch, daß man entweder
durch entsprechende Führung der Feuerung den Kohlensäuregehalt der Abgase steigert
oder indem man durch geeignete Mittel die Gastemperatur erniedrigt.
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Wenn also bei einem kohlensäurehaltigen Gasgemisch die Reinigung bei
einer bestimmten Temperatur durch Erhöhung des Kohlensäuregehaltes schlechter wird,
kann man durch Erniedrigung des Gehaltes an Kohlensäure oder durch Erhöhung der
Gastemperatur die Reinigungswirkung verbessern. Umgekehrt kann man bei der Reinigung
eines geringer konzentriertenKahlensäuregemisches die Verschlechterung .der Reinigung
bei höherer Temperatur durch Kühlung des Gasgemisches ausgleichen oder durch Erhöhung
der Kohlensäurekonzentration im Gemische.
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Bei der Behandlung von Gasen aus Schacht-oder Drehöfen zum Brennen
von Kalk und Zement mit einem Kohlensäuregehalt bis zu 40 '/(, CO, ist diese Erkenntnis
von großer Bedeutung. Beispielsweise wurde .durch Versuche festgestellt, daß Drehofengase
mit etwa 6 % CO, oberhalb einer mittleren Temperatur von etwa 17o° C nicht
mehr befriedigend gereinigt werden konnten und daß höhere Temperaturen nur bei höherem
C02 Gehalt zu halten waren. Beim Betrieb ist darauf zu achten, daß die Reinigungstemperatur
nicht über etwa 170Q C steigt oder d.aß, wenn eine solche Temperaturerhöhung eintritt,
für eine entsprechende Erhöhung des CO Z Gehaltes Sorge getragen wird.
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2. Ähnlich verhalten sich S02 haltige Gase, die in der chemischen
Industrie eine große Rolle spielen. Dort handelt es sich meistens darum, hohe Reinigungstemperaturen
zu erzielen, deren Einhaltung nach der Erfindung nur eine Frage der Konzentration
ist.
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Ein Beispiel dafür ist die Entstaubung der Abgase aus Schwefelkiesröstöfen
bei der Schwefelsäureherste]lung, Steigt bei diesem Gas der Anteil an Schwefeldioxyd,
so läßt die
Reinigungswirkung nach und kann durch Erhöhung der Gastemperatur
wieder verbessert werden. Eine Änderung der Konzentration speziell bei dieser Gasart
verbietet sich mit Rücksicht auf den späteren Gewinnungsprozeß.
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Auf Grund der Erkenntnis der Bedeutung, welche der Gehalt der Gase
an Bestandteilen geringerer Ionenbeweglichkeit hat, ist es also einerseits möglich,
sehr heiße Gase zu reinigen, wenn man nur dafür sorgt, daß der Gehalt des Gemisches
an »dichten« Gasen genügend hoch ist, um einen allzu großen Stromanstieg bzw. Funkenüberschlag
zu vermeiden. Andererseits ist es möglich, Gase mit relativ hohem Gehalt an solchen
»dichten« Bestandteilen elektrisch zu entstauben, wenn man die Temperatur des Gasgemisches
genügend hochhält.
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Wesentlich für die Beurteilung des Erfindungsgedankens dieses Verfahrens
ist also der Umstand, daß Gase, wie beispielsweise Sauerstoff, Wasserstoff, genau
die entgegengesetzte Wirkung auf die elektrische Entladung haben wie beispielsweise
Kohlensäure oder Schwefeldioxyd und daß durch entsprechende Beeinflussung des Gasgemisches
eine genügende Reinigung dieser Gase durchführbar ist.
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Zur Ergänzung obiger Beispiele sei erwähnt, - daß kohlenwasserstoffhaltige
oder teerhaltige Gase sich ähnlich verhalten.
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Die Erfindung bietet daher die Möglichkeit, Schwierigkeiten obenerwähnter
Art zu beseitigen. Sie ist sinngemäß für die Reinigung aller vorkommenden Gasgemische
anwen'-thar. Hierdurch ist es möglich, die zur Behandlung gelangenden Gase in ganz
anderer Weise vorzubereiten, als es bisher bekannt üblich war, besonders auch infolge
der einfachen Möglichkeit, bei Gasen jedes beliebige Mischungsverhältnis herzustellen.
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Außer Gasen selbst können zur Änderung der Konzentration natürlich
auch alle anderen Stoffe Verwendung finden, die bei einer vorkommenden Reinigungstemperatur
gasförtnig sind.