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Verfahren zur Herstellung von Zellstoff Gegenstand der Erfindung ist
ein Verfahren zur -Gewinnung von Cellulose aus aller Art Pflanzenstoffen, und zwar
zum Zweck der Herstellung von Rohstoff für die Papiererzeugung oder zur Herstellung
von Fasern für Textilzwecke. Zur Isolierung der Cellulose verwendet man erfindungsgemäß
eine Mischung von Kleber, Kasein, Alkali und einer Alkaliharzseife.
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Die verschiedenen Stoffe wirken in folgender Art aufeinander: Zunächst
hüllt das Alkaliresinat die Kaseinmoleküle ein und schützt diese vor dem Luftzutritt.
Man vermeidet auf diesem Wege die vorzeitige Zersetzung des mit einem Überschuß
von Alkali gemischten Kaseins. Man kann daher dank der Gegenwart von Harzseife das
Kasein lange in unverändertem Zustande - erhalten. Wenn dagegen später das Kasein
der Behandlungslauge für die Pflanzenstoffe zugesetzt wird, kommt Wasser in Berührung
mit dem Kasein, und dieses zersetzt sich unter Abscheidung von nascierendem Ammoniak,
daß seinerseits die Gummen und Pektinstoffe, die die Cellulose einhüllen, löst und
so die Isolierung der Cellulose sichert.
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Der Kleber, der leicht zersetzlich ist, beginnt mit der Zersetzung,
sobald er in wäßriger Lösung mit den zu behandelnden Pflanzenstoffen in Berührung
kommt und löst dadurch sofort die Zersetzung des Kaseins aus. Er dient also als
Beschleuniger der Kaseinzersetzung und fördert die dabei entstehende Ammoniakentwicklung
und dadurch herbeigeführte Freilegung der Cellulose.
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Zur Isolierung des Zellstoffes ist als Behandlungsmittel bereits eine
glycerinhaltige wäßrige, gegebenenfalls mit einem geringen Zusatz von Alkali versehene
Leimlösung in Vorschlag gebracht worden. Ein anderes Verfahren befaßt sich mit der
Gewinnung von Papierstoff aus Faserpflanzen durch Verwendung chemischwirksamer Stoffe,
wie Ätzalkalien, in Gegenwart von Fetten, Ölen u. dgl., die .durch Emulgierungsmittel,
unter denen sich auch Leim- und Kaseinlösungen befinden, in Emulsion gebracht werden.
Letztere beiden Stoffe spielen dabei also nur die Rolle von physikalischen Hilfsmitteln.
Ferner ist als Mittel zur Gewinnung von Zellstoff wäßriges Ammoniak bekannt geworden.
Dieses Isolierungsverfahren arbeitet in der Weise, daß die Pflanzenstoffe zunächst
mit wäßrigem Ammoniak, dann mit Alkalien, Brom und schließlich nochmals mit einer
verdünntenAmmoniaklösung behandelt werden. Dieser Arbeitsgang setzt sich somit aus
vier Stufen zusammen. Erfindungsgemäß wird eine bessere Wirkung in einem Behandlungsgang
erreicht.
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So gelingt es z. B., aus Getreide oder Stroh unmittelbar Verpackungspapiere,
Kartons u. dgl. herzustellen. Diese Wirkung war bei der Verwendung von Stroh als
Ausgangsstoff nach
dem bekannten Verfahren bisher nicht erreichbar.
Während bisher die Ausbeute an Natronzellstoff höchstens 4o% betrug, wird der Betrag
bei Verwendung der neuen Stoffmischung auf mindestens 5o0/0 gesteigert.
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Das Verfahren der Herstellung und Anwendung dieser Mischung ist das
folgende i. Man läßt i Teil Kleber in q. Teilen kalten Wassers 24 Stunden lang quellen;
sodann fügt man am nächsten Tage 1/Z Teil Natronlauge von 30' B6 hinzu, die
langsam in der Kälte den vorher hydratisierten Kleber auflöst.
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2. Nachdem der Kleber völlig in kaltem Wasser aufgelöst ist, erhitzt
man die Lösung x Stunde auf schwachem Feuer, wobei man darauf zu achten hat, daß
die Temperatur nicht über 8o' steigt.
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3. Man stellt aus i Teiles Kolophonium .und i Teil Natronlauge von
5o ° B6- unter Zusatz von q. Teilen Wasser eine Harzseife her. Diese Harzseife soll
bei möglichst niederer Temperatur gewonnen werden, um ein Dunkelwerden zu verhüten.
Man arbeitet daher zweckmäßig unter ioo° C.
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4., Man trägt langsam unter dauerndem Kneten möglichst regelmäßig
ein. trocknespulverförmiges Gemisch von i Teil Kasein, i Teil Soda sowie i Teil
Pottasche in die Harzseife ein.
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Der Überschuß der trockenen Alkalisalze, die dem Kasein zugesetzt
sind, machen es praktisch unlöslich. Wenn diese Mischung vollkommen gleichmäßig
ist, trägt man sie langsam unter dauerndem Bewegen der Masse in die Kleberlösung
ein, die man dann noch weiter erhitzt, ohne aber die Temperatur über go ° zu steigern.
Diese in pastenförmigem Zustande gewonnene Mischung verwendet man zur Gewinnung
von Pflanzenfasern. Man bereitet z. B. eine wäßrige Lösung der alkalischen Kleber-Kasein-Harzseifen-Mischuug
etwa im Verhältnis von 5 Teilen dieser Mischung zu 95 Teilen Wasser. Diese
Lösung gießt man kalt über den zu behandelnden Rohstoff, z. B. Leinen, Hanf und
Ramie. Man sorgt durch Beschwerung z. B. mit Steinen dafür, daß der übergossene
Stoff dauernd unterhalb der Flüssigkeitsoberfläche verbleibt und läßt die Flüssigkeit
in der Kälte4je nach der Art des Rohstoffes 2 bis 5 Tage einwirken. Bei Hanf z.
B. muß die Einwirkung immerhin 5 Tage andauern, bei Leinen genügt eine Einwirkung
von 2 Tagen. Der Gesamtaufwand der in der Mischung angewendeten Aufschlußmittel
ist etwa i5% des Gewichtes der behandelten Pflanzen. Nach Beendigung der Einwirkung
wird der erhaltene Zellstoff getrocknet und dann in bekannter Weise mechanisch aufbereitet.
Anstatt das Röstverfahren durch Einwirkung der beschriebenen Mischung in der Kälte
durchzuführen, kann man auch bei höherer Temperatur damit arbeiten, wodurch die
Isolierung der Cellulosefaser beschleunigt wird. So kann man z. B,. Leinen an freier
Luft 8 Stunden bei einer Temperatur von ioo ° in einer Lösung erhitzen, die 3% des
beschriebenen Gemisches enthält. Auch bei dieser Kochung werden etwa i5% des Rohstoffgewichtes
an Aufschlußmischung gebraucht.
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Das Getreidestroh stellt eine faserige Masse dar, die mit den für
die Papierherstellung bekannten Mitteln weiterverarbeitet wird. Das Verfahren läßt
sich bei allen Faserpflanzen anwenden, wie z. B. Getreidestroh aller Art, Reisstroh,
Alphagras, Manevika, Leinenstroh, Papyros u. dgl. Die Ablaugen werden eingedickt
oderdirekt bis zur Trockene eingedampft. Sie bilden einen stickstoffhaltigen, wertvollen
Dünger für die Landwirtschaft. Die Verwendung der eingangs beschriebenen Mischung
zeigt wertvolle technische Wirkungen. Wichtig ist zum Beispiel, daß das Verfahren
mit harten Wässern, wie Quellwasser, Bachwasser, gipshaltigen Wässern, ja sogar
mit Meerwasser durchgeführt werden kann.