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Verfahren zum Aufschließen von Holz oder Pflanzenstengeln zwecks Gewinnung
von Zellstoff oder Spinnfasern. Die Erfindung betrifft die Gewinnung von Zellstoff
aus Holz und von Spiunfasern aus Pflanzen, wie Ginster, Weiden, Hopfen, Leinstroh
und anderen zur Fasergewinnung geeigneten Pflanzen, nach einem Verfahren, welches
in einem einzigen Arbeitsgang das Holz oder die Pflanzenstengel aufschließt, die
Faser also, von Inkrusten befreit und gleichzeitig die in der alkalischen Lauge
gelösten Substanzen als unlöslichen Niederschlag ausfällt, die gebrauchte Lauge
regeneriert und sie stets klar und verwendungsfähig erhält.
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Die Erfindung geht von der an sich bekannten Tatsache der Kaustizierung
von Soda mit Kalziumhydrat aus. Es ist bisher bei der Natronzellstoffgewinuung ebenso
wie bei den meisten Verfahren zur Gewinnung von Fasern aus Pflanzenstengeln ein
Kochprozeß mit Natronlauge unter Druck zum Lösen der - Inkrusten angewendet worden.
Um: dieses teure -Verfahren zu verbilligen, versuchte man die Natronlauge durch
Soda zu ersetzen, mußte aber die- angewendete Chemikalienmenge verdreifachen, ohne
überall die gewünschte Wirkung zu erzielen. Die Kosten wurden ebenfalls nicht herabgedrückt.
Eine Regeneration durch Eindampfen der Lauge, Überführen in Karbonat und Kaustizieren
verursacht große Kosten an Brennnfatcrial: Das Niederschlagen der als Natronseife
gelösten Inkrusten mit Kalk ist bekannt und hat bereits zu Erfolgen geführt, die
aber einen zweiten Kochprozeß erforderten und den Fehler nicht beseitigten, daß
die frische :Lauge zuerst scharf angreift, um an Wirkung rasch zu verlieren, so
daß schon in der zweiten Kochstunde ein geringer Alkaligehalt großen Brennstoffaufwand
bei geringer Wirkung erfordert.
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Die vorliegende Erfindung geht nun von dem Gedanken aus, daß die teure
Natronlauge durch Soda zu ersetzen ist, die Wirkung von Soda aber durch Zusatz von
Kalkmilch durch Kaustizierung gesteigert werden kann, wobei ein Übersehuß von Kalziumhydrat
die gelösten Inkrusten sofort ausfällt und die verbrauchte Natronlauge regeneriert,
so daß von Anfang der Kochung an bis zum Ende- ein Gleichgewicht herrscht, in welchem
-ein ständiger gleichmäßiger Überschuß an Natronlauge zur Wirkung kommt. Es wird
so in einem einzigen Kochprozeß gleichzeitig die Kaustizierung von Soda mit Kalkmilch,
das Ausfällen der in Natronlauge gelösten Inkrusten' als unlösliche Kalkseifen und
die ständige Regeneration der verbrauchten Lauge erzielt, so daß, wie Versuche ergeben
haben, nur etwa ein Drittel der anfänglich aufgewendeten Chemikalienmenge bei jeder
neuen Kochung zugesetzt werden muß und die Lauge immer klar und verwendungsfähig
bleibt. Als neu und den bisher bekannten Prozessen überlegen wird also folgendcs-angestrebt:
r. Die Kaustizierung von Soda riiit Kalziumhydroxyd zu Natronlauge wird in den Aufschlußprozeß
von Pflanzenmaterial zur Fasergewinnung selbst hineinverlegt, so daß in dem Maße,
wie Natronlauge entsteht; diese durch den Aufschlußprozeß immer -wieder verbraucht
wird und damit eine, gleichmäßige Konzentration der Lauge von Anfang bis zu Ende
des Kochprozesses erreicht wird.
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2. Das Ausfällen von gelösten Inkrusten
durch Kalk
wird an diesen Prozeß unmittelbar angeschlossen, so daß in einer einzigen Kochlang
durch einen Überschuß von Kälziumhydroxyd sowohl die Kaustizierung, das Aasfällen
der Inkrustcn als unlösliche Kalkseifen und damit die Regeneration des verbrauchten
Alkalis gleichmäßig erfolgt.
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Es bestehen zwei Gleichgewichte in diesem-Kochprozeß nebeneinander,
das Kalksodagleichgewicht: Ca(OH)2 -f- Na2C03 - 2 NaOH + CaCo3 und das Regenerationsgleichgewicht:
2 Na - Seife -j- Ca(OH)2 - Ca - Seife (unlöslich) + 2 NaOH. Die entstehende NaOH
löst ständig die Inkrusten ; der Kalküberschuß kaustiziert die anfänglich zugesetzte
Soda und regeneriert die verbrauchte Natronlauge.
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Die Schwierigkeit lag hauptsächlich darin, die Bedingungen unter denen
die beiden Gleichgewichte nebeneinander bestehen können so zu modifizieren, daß
bei beiden der günstigste Wirkungsgrad erreicht wird. Es wurde dabei festgest(llt,
daß Temperaturei von 140'C nicht überschritten werden dürfen, daß aber bei q. Atm.
Druck und einer zwei- bis achtstündigen Kochdauer die Reaktionen reibungslos nebeneinander
verlaufen, die Ablauge klar und weiter verwendbar ist und nur etwa ein Drittel der
anfänglich zugesetzten Menge Soda und Kalk für jede folgende Kochung ergänzt werden
muß. Die Kaustizierung von Soda mit Kalkmilch sowie das Niederschlpgen der als Natronseifen
gelösten Inkrusten mit Kalkmilch als unlösliche Kalkseifenhat als bekannt zu gelten.
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Als neu und allem bisher Bekannten überlegen muß das Zusammenlegen
beider Prozesse in den Aufschlußprozeß selber angesprochen werden. Es werden damit
drei chemische Vorgänge, die bisher unter hohem Kostenaufwand nur in einzelnen Kochungen
durchgeführt werden konnten, durch Anwendung bestimmter Konzentrationen, Temperatur
und Kochdauer so geführt, daß sie in einem Prozeß g'eichzeitig laufen, sich ergänzen
und Chemikalien sowie Kohlenaufwand reduzieren. Unter Anwendung der hierfür festgestellten
und oben angegebenen Bedingungen entsteht in diesem einen Prozeß die zum Pflanzenaufschluß
notwendige Natronlauge; sie wird, wie sie entsteht, zum Lösen der Inkrusten (also
zum Aufschluß) verbraucht und in dem Maße, in dem sie verbraucht wird, wieder regeneriert
durch das Niederschlagen unlöslicher Kalkseifen und damit Neuentstehen von Natronlauge,
wie es oben angegeben wurde. Die Ermittlung der Druck-, Temperatur- und Konzentrationsverhältnisse,
welche die beste Wirkung dieser nebeneinanderlaufenden Reaktionen bedingen, ermöglicht
die praktische Durchführung des Verfahrens.
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Zur Erläuterung werden nachfolgende Beispiele angegeben Beispiel i.
i. Kochung 50 kg zerkleinertes Holz -[- ioo kg Ca0 (gelöscht) +
50 kg Soda.
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Jede folgende Kochung 50 kg zerkleinertes Holz -E- 40 kg Ca-0 (gelöscht)
-E-. 2o kg Soda; 4 Atm. Druck, 7 Stunden Kochdauer. Beispiel 2.
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i. Kochung roo kg Stengel+ 50 kg Kalk (gelöscht) -t- 3o kg
Soda; q. Atm. Druck, 2 Stunden Kochdauer.
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Jede folgende Kochung ioo kg Stengel-j 30 kg Kalk (gelöscht)
+ 15 kg Soda; 2 Stunden Kochdauer, ¢ Atm. Druck.
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Um die Angriffsfläche zu erhöhen und um vor der Behandlung mit Lauge
möglichst viele wasserlösliche Stoffe zu entfernen, welche sonst dem Alkaliaufwand
zur Last fielen, wird das Holz bzw. werden die Pflanzenstengel in Wasser eingeweicht
oder gekocht und darauf gequetscht.
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Mail erhält eine Zellstoff- bzw. Fasermasse, welche völlig von Inkrusten
befreit ist und trotzdem eine höhere Reißfestigkeit als die im gewöhnlichen Natronlaugenprozeß
gewonnene zeigt, da nie ein übermäßig scharfer chemischer Eingriff erfolgt, die
Wirkung aber von Anfang bis Ende der Kochung gleich stark bleibt. Das Verfahren
bringt wesentliche Verbilligungen. Ablaugenschwierigkeiten kommen nicht mehr in
Frage, da es keine Ab'augenmengen gibt.