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Handregelung für Steuerungen von Verbund-Dampflokomotiven Die Verbundlokomotiven
haben hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit den Erwartungen, die man mit Recht von
der Verbundwirkung erwarten konnte, nicht entsprochen. Der Grund hierfür liegt einerseits
in der Eigentümlichkeit der bei Lokomotiven notwendigen Umkehrsteuerung, andererseits
in der Notwendigkeit, beim Anfahren mit nahezu Vollfüllung in beiden Zylindern arbeiten
zu müssen. Diese Erfordernisse bringen es mit sich, daß bei den einzelnen Stellungen
des Umsteuerhebels oder der Umsteuerschraube in beiden Zylindern nahezu gleiche
Füllungen erreicht werden. Dies ergibt jedoch keinen wirtschaftlichen Dampfverbrauch,
da bei gleichen Füllungen eine unzulängliche Völligkeit des rankinisierten Diagramms
erreicht wird.
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Zum Erreichen einer guten Völligkeit muß bei kleinen Füllungen im
Hochdruckzylinder die Füllung im Niederdruckzylinder wesentlich größer sein; so
soll beispielsweise-einer Füllung von 15 % im Hochdruckzylinder eine Füllung von
37 % im Niederdruckzylinder entsprechen, während bei den größten Füllungen, wie
solche beim Anfahren vorkommen, die Füllungen in beiden Zylindern nahezu gleich
groß sein sollen.
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Nachdem sich die unbefriedigende Wirtschaftlichkeit der Verbundlokomotive
gezeigt hat, hat man versucht, die Füllungen in beiden Zylindern mittels besonderer
Einrichtung der Handregelung der Steuerung ungleich zu machen, ohne an der Steuerung
selbst etwas zu ändern. Die bisher zu diesem Zweck verwendeten Einrichtungen haben
den Nachteil, daß der Unterschied der Füllungen in beiden Zylindern bei allen Füllungsgraden
derselbe ist, so daß nur bei einem bestimmten Füllungsgrad eine ausgiebige Völligkeit
des rankinisierten Diagramms erreicht wird. Andererseits ist bei denselben die Einfachheit
der Bedienung der Umsteuerung geopfert worden, indem der Maschinenführer außer dem
Drehen am Umsteuerhandrad noch andere unbequeme Handgriffe beim Umsteuern und beim
Ändern der Füllung ausführen muß. Die Umständlichkeit der Bedienung veranlaßte die
Maschinenführer, bei ihrer großen Verantwortlichkeit für die Sicherheit der Fahrt
die besonderen Einrichtungen der Handregelung auszuschalten und die Steuerung der
Verbundlokomotiven in derselben Art zu bedienen wie bei Zwillingsmaschinen, wobei
die Vorteile der Verbundwirkung vollkommen verlorengehen.
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Die vorliegende Erfindung bezweckt, bei Verbundlokomotiven mit zweistufiger
Expansion dem Niederdruckzylinder größere Füllung zu geben als dem Hochdruckzylinder,
wobei der Unterschied der Füllungen selbsttätig vom Füllungsgrad des Hochdruckzylinders
abhängig gemacht ist, und wobei die Einfachheit der
Bedienung und
dieselbe Sicherheit des Betriebs wie bei Zwillingsmaschinen erreicht wird. Zu diesem
Zweck ist die Handregelung der Steuerung derart eingerichtet, daß in der Mittelstellung
der Niederdruckzylinder einen bestimmten Vorsprung in der Füllung hat, z. B. 25
0/0, während der Hochdruckzylinder die kleinste zulässige Füllung, die sogenannte
Nullfüllung, hat. An diesem Vorsprunge in der Füllung hat der Maschinenführer während
der Fahrt nichts zu ändern. Stellt sich während der Fahrt die Notwendigkeit ein,
mit größerer oder geringerer Füllung des Hochdruckzylinders zu arbeiten, so hat
der Maschinenführer bloß wie bei Zwillingsmaschinen durch Drehen am Umsteuerhandrad,
gleichviel ob eine oder zwei Umsteuerschrauben vorhanden sind, oder durch Auslegen
des Umsteuerhebels die Füllung zu ändern.
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Die wirtschaftlich vorteilhafteste anfängliche Größe des Vorsprunges
wird durch Probefahrten ein für allemal festgestellt und braucht weiter nicht geändert
werden.
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Die Erfindung ist in den Abb. i bis 8 dargestellt. -Abb. i und 2 zeigen
Schemen der Anordnung bei Ausführung mit einer Umsteuerschraube. Abb.3 und q. zeigen
zwei Arten der Ausführung mit zwei Umsteuerschrauben, Abb.5 bis 8 Einzelheiten zu
den Ausführungen nach Abb. 3 und q..
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In den Abb. i und 2 bedeuten: z die Umsteuerschraube, 2 ein um die
Achse 3 drehbarer Steuerhebel, 7 und 8 zwei weitere durch die Zugstange g verbundene
Hebel, 5 die beiden Zylindern gemeinsame Umsteuerwelle, io den durch die Hängestange
ii mit der Steuerstange 12 verbundenen Hebel, 14 die Schwinge der Steuerung, in
welcher der Stein 13 verschoben wird,. 6 die Oberkante des Lokomotivrahmens. Die
Abb. i und 2 unterscheiden sich voneinander nur durch die Lage des Angriffspunkts
der Hängestange auf der Steueistange.
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Im weiteren zeigen beide Abbildungen die bekannte Heusinger-Walschaerts-Steuerung.
Die Anordnung der Steuerung ist bei beiden Zylindern gleich; der Unterschied liegt
nur in der Länge des Hebels io und der Länge L der Hängestange i1. Beim Hochdruckzylinder
ist die Länge des Hebels io größer als beim Niederdruckzylinder und die Länge der
Hängestange kleiner als beim Niederdruckzylinder. Durch Verlängerung der Hängestange
beim Niederdruckzylinder erfolgt bei der Mittelstellung der Steuerung eine Senkung
des Steins 13 in der Schwinge. Durch diese Senkung wird der früher erwähnte Vorsprung
der Füllung am Niederdruckzylinder erreicht.
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Setzt man bei beiden Zylindern eine gleiche Länge der beiden Schwingen
voraus, so hat bei der beschriebenen Anordnung der Stein 13 in der Schwinge der
Hochdruckseite bei der Senkung der Steuerstange aus der Mittelstellung in die tiefste
Lage einen größeren Weg auszuführen als der Stein der Niederdruckschwinge. Diesem
größeren Wege entspricht die größere Länge des Hebels io bei der Hochdruckseite.
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Durch diese, Anordnung kann man folgende Füllungen in beiden Zylindern
erreichen: -a.) in der Mittelstellung der Steuerung: im Hochdruckzylinder o 0/0,
im Niederdruckzylinder 25 0/0; Unterschied der Füllungen 25 %; b) in der Endlage
der Steuerung: im Höchdruckzylinder 8o 0/0, im Niederdruckzylinder 8o 0/0; Unterschied
der Füllungen 00 /0.
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Daraus ist zu ersehen, daß bei dieser Anordnung der Steuerung der
Unterschied in den Füllungen beider Zylinder sich beim Auslegen der Steuerung aus
der Mittelstellung in die Endlage selbsttätig so vermindert, wie es die Wirtschaftlichkeit
bei Verbundmaschinen verlangt. Die zur Erreichung dieses Zweckes verwendeten Mittel
bestehen in: x. der Einstellung des Vorsprungs der Füllung beim Niederdruckzylinder
in der Art, daß in der Mittelstellung der Steuerung die Füllung des Niederdruckzylinders
um ein bestimmtes Maß größer ist als die des Hochdruckzylinders, und 2. in der Ausführung
eines ungleichen Übersetzungsverhältnisses zwischen dem Wege der Mutter auf der
Umsteuerschraube und dem Hub der Hängestange bei beiden Zylindern in der Art, daß
dieses Übersetzungsverhältnis beim Niederdruckzylinder größer ist als beim Hochdruckzylinder.
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Dieselben Mittel werden bei Maschinen angewendet, welche mit zwei
gleichlaufenden, nebeneinander angeordneten Umsteuerschrauben versehen sind.. Zwei
derartige Anordnungen sind in den Abb. 3 und q. dargestellt.
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In diesen Abbildungen bedeuten: 16 die Umsteuerschraube des Hochdruckzylinders,
15 jene des Niederdruckzylinders, 18 und 17 die zugehörigen Muttern, welche durch
die Zugstangen 2o und 1g mit den auf der Umsteuerwelle 23 angeordneten Hebeln 22
und 21 verbunden sind. Der Hebel 22 gehört zur Hochdrucksteuerung; er ist ein Winkelhebel,
auf der Umsteuerwelle lose drehbar, und an seinem horizontalen Arm hängt die Hängestange
der Hochdrucksteuerung, wie in Abb. i und 2 dargestellt. Der Hebel 21 gehört -'zur
Niederdrucksteuerung und ist auf der Umsteuerwelle aufgekeilt. Am horizontalen Hebel
2q., der auf der Umsteuerwelle ebenfalls aufgekeilt ist, hängt die Hängestange der
Niederdrucksteuerung. 26 und 25 sind die Rahmen der Lokomotive.
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Die beiden Umsteuerschrauben sind durch
das Stirnräderpaar
28, '27 miteinander verbunden und können gleichzeitig durch das auf der Verlängerung
der Niederdruckumsteuerschraube sitzende Handrad 3o gedreht werden. Das Stirnrad
28 ist auf der Verlängerung der Hochdruckumsteuerschraube aufgekeilt, während das
oder die Stirnräder 27 auf der Niederdruckumsteuerschraube durch Kupplungen mit
derselben verbunden werden können. Bei der Anordnung nach Abb. 3 ist das Stirnrad
27 einfach ausgeführt und kann durch eine Zahnkupplung 2g mit der Umstenerschraubenwelle
gekuppelt werden. Bei der Anordnung nach Abb. q. ist das Stirnrad 27 doppelt ausgeführt!`
Beide Räder 27 haben glatte Bohrungen ohne Gewinde und sind auf dem Gewinde der
Verlängerung der Umsteuerschraube 15 verschiebbar, jedoch mit derselben drehbar
verbunden, z. B. duxch in die Nabe der Räder eingelegte Keile, welche in Längsnuten,
die das Gewinde der Umsteuerschraubenverlängerungen durchsetzen, gleiten. Jedes
Stirnrad 27 ist gemäß der Abb. 6, 7 und- 8 mit je einer der beiden zwischen sie
eingesetzten zweiteiligen Muttern 32 drehbar verbunden. Die Verbindung geschieht
durch Ansätze 35 an den Muttern, welche in keilförmige Eindrehungen 36 an den Naben
der Stirnräder eingreifen. Die Muttern sind durch Arme 33, die in Nuten der Muttern
verschiebbar sind, an Rippen der Lagerständer 34 geführt.
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Zufolge der beschriebenen Verbindung der Stirnräder 27 mit den Muttern
32 und der Einlegkeile in den Naben der Stirnräder drehen sich diese Stirnräder
mit der Umsteuerschraube 15 mit, verschieben sich aber gleichzeitig auf dem Gewinde
der Verlängerung der Umsteuerschraube, so daß sie mit dem Stirnrad 28 auf der Verlängerung
der Umsteuerschraube 16 des Hochdruckzylinders in Eingriff kommen können. Um einen
stoßfreien Eingriff zu ermöglichen, sind gemäß Abb. 8 die Zähne zugespitzt, wodurch
-der Eintritt derselben in die Zahnlücken des Rades 28 erleichtert wird.
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Der oben angeführte anfängliche Vorsprung in der Füllung des Niederdruckzylinders
wird bei der Ausführung nach Abb.3 dadurch erreicht, daß man die Mutter 17 auf der
Umsteüerschraube des Niederdruckzylinders aus der mit o-o bezeichneten Mitte der
Umsteuerschraube durch Drehen am Handrad 30 in die gezeichnete Stellung bringt.
Dabei ist die Kupplung 29 ausgerückt, und die Mutter 18 steht auf Mitte der Umsteuerschraube
16. Die Muttern 18 und 17 sind untereinander durch den Bügel 31 verbunden, der über
Zapfen auf- diese Muttern geschoben ist. Infolgedessen können sich die beiden Muttern
voneinander nicht weiter entfernen, als es dieser Bügel zuläßt. Die Abb.3 zeigt
einen Bügel von unveränderlicher Länge, während in Abb. 5 ein Bügel dargestellt
ist, dessen Länge durch eine Stellschraube geändert werden kann.
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Bei der Ausführung nach Abb: q. wird der Vorsprung in der Füllung
des Niederdruckzylinders dadurch erreicht, daß man durch Drehen am Umsteuerhandrad
3o eines der beiden Stirnräder 27, z. B. das rechtsliegende, so lange in der Richtung
gegen das Stirnrad 28 verschiebt, bis es mit diesem in Eingriff kommt. Dadurch sind
die beiden Umsteuerspindeln gekuppelt, und bei weiterer Drehung bewegen sich beide
Muttern in gleicher Richtung.
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Das oben angeführte ungleiche Übersetzungsverhältnis zwischen dem
Hub der Mutter auf der Umsteuerschraube und dem Ausschlag des die Hängestange verstellenden
Hebels bei beiden Zylindern ist durch geeignete Wahl des Übersetzungsverhältnisses
des Stirnrädergetriebes 27, 28 und der Steigungen der beiden Umsteuerschrauben erreichbar.
In Abb. 3 sind die Muttern auf den beiden Umsteuerschrauben in den der Mittelstellung
der Steuerung entsprechenden Lagen gezeichnet. Wird nun die Steuerung durch Drehen
am Umsteuerhandrad in die äußerste, der Vorwärtsfahrt entsprechende Endlage gebracht,
so bewegen sich beide Muttern mit verschiedener Geschwindigkeit nach links und erreichen
gleichzeitig die Endlage am äußersten Ende der Umsteuerschrauben. Dabei nimmt der
in der Mittellage beispielsweise 25 °/o betragende Vorsprung der Füllung des Niederdruckzylinders
stetig ab und beträgt in der Endlage der Muttern Null.
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Das Gewinde auf der Verlängerung der Umsteuerschraube des Niederdruckzylinders,
auf .welchem die beiden Stirnräder 27 (Abb. 4) hin und her gehen, hat - im Verhältnis
zum Gewinde der Umsteuerschraube =5 eine bedeutend kleinere Steigung, so daß der
von diesen Rädern ausgeführte Weg klein ist. Da sich die Räder 27 während der ganzen
Dauer der Drehung der Umsteuerschraube längs des feststehenden Rades 28 verschieben,
so ist es notwendig, die Breite der Räder ?,7 um so viel breiter zu machen als jene
des Rades 28, däß die Stirnräder stets in Eingriff bleiben.
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Zur Änderung der Größe des Vorsprunges der Füllung des Niederdruckzylinders
dient bei der Anordnung nach Abb.3 der in der Länge veränderliche Bügel nach Abb.
6. Bei der Anordnung nach Abb. q. kann der genannte Vorsprung dadurch geändert werden,
daß die beiden Muttern 32, welche in Abb. q. ganz nahe aneinandergestellt sind,
nach -erfolgter Verschiebung des Arms 33 in Abb. 6 und 7 auf dem Gewinde, auf welchem
sie sitzen, auseinandergeschraubt werden, wodurch die Stirnräder 27 weiter auseinander
und später mit dem Stirnrad 28 in Eingriff kommen. Wird eine Veränderlichkeit des
Vorsprungs der Niederdrucksteuerung nicht verlangt, so
genügt es,
statt der beiden Muttern 32 nur eine auszuführen.
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Die Einrichtung nach Abb. q. ist beim Umsteuern der Maschine ebenso
einfach zu bedienen wie Zwillingsmaschinen, das Aus- und Wiedereinrücken der Stirnräder
27 mit dem Stirnrad 28 geschieht während der Drehung am Umsteuerhandrad selbsttätig.
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Bei der Umsteuerung der Einrichtung nach Abb. 3 aus der äußersten
Linkslage der Muttern in die äußerste Rechtslage bewegen sich beide Muttern bis
in die in Abb.3 ausgezogen gezeichnete Lage. Ein Weiterdrehen derselben ist zunächst
wegen der Länge des Bügels 31 nicht möglich. Der Maschinenführer muß nun die Kupplung
29 ausrücken, wodurch die Mutter 18 zum Stillstand kommt. Erreicht hierauf die Mutter
17 die gestrichelt gezeichnete Lage, so wird wieder das Weiterdrehen am Handradunmöglich,
und es muß dieKupplung29 eingerückt werden, um dann beide Muttern in die äußerste
Rechtslage zu drehen. Das Umsteuern aus einer Endlage in die andere erfordert hier
gegenüber dem Umsteuern bei Zwillingsmaschinen die Mehrarbeit des einmaligen Aus-
und Einrückens einer Kupplung. Der Augenblick des Aus- und Einrückens macht sich
durch einen bedeutenden Widerstand am Handrad bemerkbar und kann daher vom Maschinisten
nicht versäumt werden. Außerdem kann die Kupplung mit der linken Hand ausgerückt
werden, so daß der Maschinenführer die rechte Hand am Handrad lassen und die Umsteuerung
in derselben Zeitdauer wie bei Zwillingsmaschinen bewirken kann. ' Die Umsteuerung
der Einrichtung nach den Abb. i und 2 aus der einen Endlage in die andere erfolgt
ohne jede Unterbrechung wie bei Zwillingsmaschinen. Hierbei werden jedoch mit Rücksicht
auf den beispielsweise mit 25 °/o angenommenen Vorsprung in der Füllung des Niederdruckzylinders
bei der Vorwärtsfahrt mit verlängerter Hängestange bei der Rückwärtsfahrt mit ganz
ausgelegter Steuerung in beiden Zylindern nicht die größten Füllungen zu erreichen
sein, sondern bloß im Hochdruckzylinder, während der Niederdruckzylinder nur etwa
50 °/o Füllung haben wird. Diese Ungleichheit der Füllungen verhindert jedoch nicht
das Anfahren.
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Soll bei dieser Einrichtung bei der Rückwärtsfahrt mit ganz ausgelegter
Steuerung in beiden Zylindern die größte Füllung erreicht werden,* so « muß
die Hängestange verkürzt werden, sie ist deshalb mit der in den Abb. i und 2 dargestellten
Schraube versehen, durch welche die Länge L innerhalb gewisser Grenzen verlängert
oder verkürzt werden kann.
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Die beschriebenen Einrichtungen. können gleich gut bei zweizylindrigem
und auch mehrzylindrigen, mit zweistufiger Expansion arbeitenden Verbundlokomotiven
verwendet werden.