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Bremsanordnung für Gleichstrom-Reihenschlußmotoren mit Kurzschluß-und
Nutzbremsschaltung. Im elektrischen Bahnbetriebe werden die als Generatoren geschalteten
Antriebsmotoren häufig zur Leistung von Bremsarbeit herangezogen. Der hierbei erzeugte
Strom kann entweder in das Netz zurückgeliefert oder in Widerständen vernichtet
bz-w. in Wärme umgesetzt werden. Es werden auch bereits beide Bremsarten in dem
gleichen Fahrzeug angewendet, und zwar derart, daß beim Vorhandensein der erforderlichen
Spannung eine Nutzbremsung, bei nicht genügender Spannung dagegen eine Kurzschlußbremsung
stattfindet. Die Umschaltung von einer Bremsart auf die andere wird selbsttätig
durch entsprechend ausgebildete, an sich bekannte Schalter vorgenommen.
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Die Erfindung, welche sich auf derartige Schaltungen bei Verwendung
mehrerer Motoren beziehen soll, macht es sich zur Aufgabe, auch dann noch eine elektrische
Bremsung zu erzielen, wenn der Bremskreis, sei es bei der Nutzbremsung oder der
Kurzschlußbremsung, durch irgendeinen Umstand, beispielsweise durch den Bruch eines
Feld- oder Ankerdrahtes der Motoren, unterbrochen ist. Zu diesem Zweck wird bei
hintereinandergeschalteten Ankern oder Ankergruppen ein zwischen diesen liegender
Punkt durch eine Leitung mit einem Punkt verbunden, der zwischen den zu Gruppen
vereinigten und hintereinandergeschalteten Feldzweigen liegt. Dieser Leiter wird
bei normalem Betrieb keine nennenswerten Ströme führen. Erleidet irgendeiner der
Motoren Schaden, so wird durch den eingefügten Leiter selbsttätig ein Bremskreis
für den anderen Motor bzw. die anderen Motoren hergestellt. Dieser Stromkreis wird
gewöhnlich ein Kurzschlußbremskreis sein, denn die übrigen Motoren dürften kaum
eine für die Nutzbremsung genügende Spannung aufbringen. Bei zweimotorigem Antrieb
ist die Reihenfolge bei der ordnungsmäßigen Bremsschaltung die folgende: Motoranker,
Motoranker, Widerstand, Feld, Widerstand, Feld. Mit Rücksicht auf die Einzelkreise
der Motoren beim Bremsen ist es erforderlich, für jeden Motor bzw. jede Motorgruppe
einen besonderen Satz von Widerständen vorzusehen, die sowohl beim Anlassen als
auch beim Bremsen benutzt werden. Die Anordnung der Widerstände ist zweckmäßig so
getroffen, daß sie beim Fahren parallelliegend den Motoren oder Motorgruppen vorgeschaltet
sind, während sie bei der Rückstrombremsung hintereinander liegen. Die Widerstände
sind hierbei so bemessen, daß sie hintereinandergeschaltet den für die Rückstrombremsung
erforderlichen Ohmwert ergeben.
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In der Zeichnung ist die neue Bremsschaltung bei Anwendung zweier
Motoren schematisch abgebildet. Es bedeutet in der Zeichnung a und
b die Anker der Motoren, c und d
die Motorfelder, e und f die beiden
Widerstandssätze,
1z einen selbsttätigen Schalter, t einen mit dem
Netz verbundenen Punkt und g die Erde. Mit v ist eine Verbindungsleitung bezeichnet,
welche von einem zwischen den Ankern liegenden Punkt zu einem zwischen den mit den
Widerständen in Reihe geschalteten Feldern liegenden Punkt führt. Werden die als
Stromerzeuger geschalteten Motoren von den Achsen des abzubremsenden Zuges oder
Fahrzeuges angetrieben und erzeugen sie dabei eine Spannung, welche die vorhandene
Netzspannung um einen gewissen festgelegten Betrag überwiegt, so schließt der selbsttätige
Schalter 1i in bekannter Weise seine Kontakte und verbindet dadurch die beiden Anker
a und b mit dem Netz t, so daß eine Stromrücklieferung in das Netz
stattfinden kann.
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Falls nun im Anker oder im Felde eines der Motoren ein Drahtbruch
und damit eine Unterbrechung des Bremskreises stattfindet, so wird der Schalter
h sofort abfallen oder nicht erst einrücken und eine Abtrennung der Motoranker von
dem Netz herbeiführen bzw. aufrechterhalten. Der andere unverletzte Motor wird trotz
der Unterbrechung des Rückgewinnkreises sofort lediglich unter Benutzung des Zwischenleiters
v ohne Umschaltung irgendwelcher Schaltgeräte o. dgl. in einem eigenen Kurzschlußbremskreis
liegen. Dieser Bremskreis verläuft für den einen Motor über den Anker a, den Widerstand
e, das Feld c und den Leiter v und für den anderen Motor über den Anker
b, den Leiter v,
den Widerstand f und das Feld d. Bei
dem dargestellten Schaltungsbeispiel verläuft bei ordnungsmäßigem Zustand der Anlage
auch der Kurzschlußbremsstrom über beide Anker b und a, den Widerstand e,
das Feld c, den Widerstand f und das Feld d.
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Bei der neuen Bremsanordnung sind somit die Anker und Felder der Motoren
auf die einzelnen Kurzschlußbremskreise so verteilt, daß Anker und Felder jedes
Kurzschlußbremskreises dem gleichen Motor bzw. den gleichen Motoren angehören, während
die Ankergruppen einerseits und die Feldgruppen andererseits hintereinander zwischen
die Netzpole gelegt werden können. Diese angestrebte Unabhängigkeit der Kreise würde
trotz des Ausgleichsleiters nicht erreicht werden, wenn Anker und Feld ein und desselben
Motors verschiedenen Kreisen zugeteilt wären, weil dann bei ausbleibendem Kurzschlußbremsstrom
in einem Anker auch das Feld des anderen Kurzschlußkreises unerregt bleiben würde.
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An Stelle der einzelnen Motoranker und -felder können natürlich auch
Gruppen von solchen in entsprechender Weise geschaltet werden. Auch können bei Verwendung
mehrerer Motoren zwischen je zwei Ankern und je zwei entsprechenden Feldern Verbindungsleitungen
der beschriebenen Art liegen.
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Eine besonders günstige und vorteilhafte Wirkung der Schaltung ergibt
sich beim sogenannten Durchreißen der Kurbel in die letzten Bremsstellungen, die
sich wie folgt erklärt: Wenn plötzlich eine starke Bremswirkung auftritt, so ergibt
sich, insbesondere wenn sie durch das vom Führer veranlaßte Sandstreuen an den Vorderachsen
herrührt, an den vorderen Achsen des Wagens eine stärkere Adhäsion als au den Hinterachsen,
da infolge der Trägheitswirkung und des über den Achsen liegenden Schwerpunktes
ein Kippmoment um die Vorderachse entsteht, das nahezu ein Abheben der Hinterachse
von den Schienen und ein Senken des Wagenvorderteiles zur Folge hat. Da von den
Motoren einer mit der Vorderachse, der andere mit der Hinterachse zusammenarbeitet,
so kann in diesem Falle beim Fehlen des Ausgleichsleiters, also bei der gewöhnlichen
Hintereinanderschaltung der Anker, der Hintermotor durch die mangelhafte oder ganz
fehlende Adhäsion in sehr kurzer Zeit bis zum Stillstand abgebremst werden und darauf
in umgekehrter Drehrichtung als Motor laufen. Hierbei wird er von dem als Generator
arbeitenden Vordermotor gespeist, so daß seine ganze Spannung aufgezehrt und der
Strom infolge der nunmehr im Kreise befindlichen Gegen-EMK erheblich herabgedrückt
wird.
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Ist dagegen ein Ausgleichsleiter gemäß der Erfindung verwendet, so
kann zwischen den Punkten, die er verbindet, kein Spannungsunterschied entstehen,
wie er zum Antrieb des Hinterachsenmotors in der beschriebenen Weise erforderlich
ist. in dem betrachteten Falle arbeitet vielmehr jeder Motor als Generator im eigenen
Kurzschlußkreise und liefert eine Bremsleistung, wie sie der jeweiligen Adhäsion
der ihn . antreibenden Achse entspricht.