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Einrichtung für den Nutzbremsbetrieb in oder ohne Verbindung mit Kurzschlußbremsung
in elektrischen Gleisfahrzeugen. Bei Nutzbremsbetrieb elektrischer Bahnfahrzeuge,
insbesondere für Gleichstrom, besteht eine gewisse Gefahr darin, daß bei Unterbrechung
in der Stromabnahme von dem Fahrdraht oder durch Herausfallen des Hauptschalters
die Triebmotoren unter Umständen übererregt, also unter hoher Spannung, weiterlaufen,
ohne daß eine elektrische Bremswirkung fortbesteht. Das Fahrzeug kann also im Falle
einer Unachtsamkeit oder eines Versagens des Führers auf hohe Geschwindigkeiten
kommen und sich und den Zug gefährden. Andererseits wird schon bei regelrechter
Stromrückgabe die Spannung an der bestrichenen Stelle des Fahrdrahtes infolge des
abfließenden Nutzstromes stets um einen gewissen Betrag über die gegebene Betriebsspannung
des Netzes gehoben, und sie kann daher für die als Generatoren arbeitenden Triebmotoren
gefährlich werdende Werte annehmen.
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Bekannt sind Einrichtungen auf Triebfahrzeugen,. die bei bestimmter
Überspannung die Triebmotoren selbsttätig abschalten und gleichzeitig die mechanische
Bremse zum Anziehen bringen, ebenso Einrichtungen, die auf dem Triebfahrzeug einen
Widerstand parallel zu den rückarbeitenden Motoren legen, sobald der Strom in denselben
einen anormalen Wert erreicht hat.
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Vorliegende Erfindung gibt eine Einrichtung an, mittels welcher selbsttätig
in Abhängigkeit von einem überspannungsrelais oder auch durch den Führer verhindert
werden kann, da8 das Bremsstrom liefernde Fahrzeug mit zu hoher Spannung auf den
Fahrdraht zurückarbeitet, ohne deshalb die elektrische Bremsung und insbesondere
die Nutzbremsung außer Tätigkeit zu setzen, bzw. um zu verhüten, daß ein Leerlauf
der Triebmotoren ohne Bremswirkung mit entsprechend hoher Spannung eintreten kann.
Mit der Herabsetzung der Spannung geht Hand in Hand eine Verminderung der Fahrzeuggeschwindigkeit.
Die Einrichtung kann also umgekehrt auch benutzt werden, um im Nutzbremsbetrieb
eine weitergehende Regulierung zu erzielen, insbesondere auf tiefere Geschwindigkeiten,
oder um die Nutzbremsung durch ständige Kombination mit derselben sicherer zu gestalten.
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Die Einrichtung gemäß der Erfindung besitzt einen gegebenenfalls regelbaren
Belastungswiderstand, also einen Energieverbraucher, der beim Überschreiten einer
Spannungsgrenze am Fahrdraht bzw. an den
Triebmotoren oder bei notwendig
werdender Tieferregulierung der Geschwindigkeit -des Fahrzeuges zwischen Fahrdraht
und Erde eingelegt wird.
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Diese Widerstandszuschaltung bewirkt bei Nutzbremsbetrieb zunächst
eine Schwächung der Motorfelder sowie einen Rückgang des Nutzstromes und der Geschwindigkeit,
nicht aber des Bremsstromes,, und als Folge davon ein Fallen der Spannung an der
bestrichenen Fahrdrahtstelle bzw. eine Belastung der sonst leer und übererregt laufenden
Triebmotoren. Ein Teil der Bremsenergie wird nämlich bei nicht unterbrochener Nutzbremsung
im zugeschalteten Belastungswiderstand vernichtet und kommt nicht mehr für die Rückgabe
in den Fahrdraht in Frage, was sich selbsttätig in einem Fallen von Spannung und
Strom der in den Fahrdraht geschickten Energie und in verminderter Geschwindigkeit
ausdrückt. Ist die Nutzbremsung infolge irgendwelcher Umstände unterbrochen, so
wird nebst der eintretenden Kurzschlußbremswirkung auch eine Senkung der Motorspannung
erzielt.
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Abb. i stellt in den ausgezogenen Linien in üblicher Form ein beispielsweises
Schema für Nutzbremsbetrieb mit Fremderregung für ein Gleichstromfahrzeug dar. i
ist Fahrdraht, 2 Stromabnehmer, 3 Triebmotoranker, 4 Triebmotorfelder, 5 Anfahrwiderstand,
6 Widerstandsschalter, 7 Dämpfungswiderstand, 8 Erregeranker der Erregermaschine,
9 Zusatzwicklung der Erregermaschine, io Feld der Erregermaschine, ii Anker des
Hilfserregers, 12 Feld des Hilfserregers, 13 Rheostat des Hilfserregers. Mit der
gezeichneten Schaltung kann ohne weiteres auch motorisch angefahren und gefahren
werden. Sie bewirkt in diesem Falle beim Einlauf ins Gefälle selbsttätiges Einsetzen
der Stromrückgewinnungsbremse.
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Der Übergang auf Nutzbremsung bei hoher Geschwindigkeit wird an Hand
dieses Schemas folgenderweise vollzogen: Die Motoren werden nach Umschalten vom
normalen Motorbetrieb auf Nutzbremsbetrieb zunächst mittels der Erregermaschine
schwach erregt und hierauf mit vollem Anfahrwiderstand 5 im Ankerstromkreis an den
Fahrdraht gelegt. Der Anfahrwiderstand ist beim ersten Einschalten so groß, daß
kein zu großer Strom weder motorisch noch generatorisch durch die Triebmotoranker
fließen kann. Um die gewünschte Bremswirkung zu erzielen bzw. zu verstärken, wird
der Anfahrwiderstand alsdann allmählich verkleinert, und es werden zugleich die
Triebmotorfelder verstärkt. Fahrkontroller und Regulator des Hilfserregers sind
gekuppelt gedacht. Falls Rückstrom vorhanden ist, wird der Dämpfungswiderstand 7
vom Anker- und Feldstrom gleichsinnig durchflossen, und es bewirkt dieser Widerstand
bekanntlich eine Milderung der Stromschwankungen während der Energierückgabe, indem
jeder Stromanstieg infolge -des größeren Spannungsabfalles im Widerstand 7 eine
Schwächung der Triebmotorfelder und jeder Stromrückgang eine entsprechende Verstärkung
derselben bewirkt. Die Zusatzwicklung 9 des Erregers wirkt im gleichen Sinne dämpfend
wie der Dämpfungswiderstand 7, wenn sie bei Rückstrom umgekehrt magnetisiert wie
die Erregerwicklung io. Mit der Abschaltung des Regulierwiderstandes ergibt sich
bei verstärkter Stromrückgabe eine stetig zunehmende Bremskraft, solange bis aller
Widerstand aus dem Stromkreis gezogen ist. Eine weitergehende Regulierung hört dann
auf, und es richtet sich die Geschwindigkeit nur noch nach Gefälle und Fahrdrahtspannung.
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Wie eingangs erwähnt, kann es nun vorkommen, daß infolge irgendwelchen
Umstandes die von den Triebmotoren auf irgendwelcher Stufe erzeugte Spannung Werte
annimmt, die unzulässig sind. Um für diesen Fall eine selbsttätige Sicherung eintreten
zu lassen, ist das Schema nach Abb. i, beispielsweise durch den gestrichelten Teil,
d. h. durch einen Schalter 14 und einen Delastungswiderstand 15, ergänzt
worden. Steigt die Spannung zu hoch, so wird der Schalter 14-unter deren Einwirkung
geschlossen und der Widerstand 15 zwischen Fahrdraht und Erde gelegt. Dieser Widerstand
wirkt sofort als Energieverbraucher und hat die bereits erwähnte Spannungs- und
Geschwindigkeitssenkung zur Folge.
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Die Betriebsverhältnisse sind nun allerdings so, daß eine Anpassung
des Widerstandes 15 an .den jeweiligen Belastungszustand des nutzgebremsten Fahrzeuges
gesucht werden muß. Derselbe wird daher zweckmäßigerweise zunächst ganz ein- und
dann stufenweise abgeschaltet, um nicht heftige Stöße in der Bremswirkung zu verursachen.
Wenn z. B. die Überspannung unerheblich ist, so genügt das Zuschalten eines Widerstandes,
der wenig Strom aufnimmt, bzw. des vollen Widerstandes. Ist die Überspannung aber
erheblich, so muß dieser Widerstand verkleinert werden, wie es beispielsweise in
Abb. 2, diesmal unter Benutzung von besonderen Überspannungsrelais, schematisch
erläutert ist. Wie ersichtlich, können hier die Abschnitte 15' und 15" des Widerstandes
15 mittels der elektrisch verriegelten überspannungsrelais 16', 1&' und der
Schalter 14', 1411 hintereinander abgeschaltet werden, während das überspannungsrelais
16 und der Schalter
14 den Stromkreis über den vollen Widerstand
15 schließen. 17, 17', 17" sind als weiter nicht wesentliche Vorschaltwiderstände
zu den Überspannungsrelais zu betrachten.
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An Hand der Abb. 2 vollzieht sich der Vorgang einer Spannungs- und
Geschwindigkeitssenkung während des Nutzbremsbetriebes folgendermaßen Die normale
Fahrdrahtspannung sei beispielsweise iooo V. Bei Nutzbremsung soll die Spannung
nicht über i2ooV. steigen. Die Überspannungsrelais 16 bis 16" werden clafür auf
1200 V. eingestellt, so daß das Relais 16 als erstes bei Überschreiten dieser Spannung
das Einschalten des vollen Widerstandes bewirkt. Wird dadurch die Spannung unter
1200 V. heruntergesetzt, so sprechen die Relais 16' und 16" nicht an, während das
Relais 16 seinen Kontakt geschlossen hält, weil seine Anzugspannung höher liegt
als die Abfallspannung. Diese Relais können allenfalls mit einer Zeiteinstellung
oder auch mir mit einer Dämpfung versehen sein, damit nacli Ansprechen eines Relais
die. Spannung Zeit hat, zu sinken. Auf diese Weise wird ein gleichzeitiges Ansprechen
aller Relais vermieden. Wird die Spanntang durch das Relais 16 nicht auf i Zoo @T.
heruntergesetzt, so spricht nun auch das Relais 16' an und bewirkt vermittels des
Schalters 14.' die Cberbrückung des Teilwiderstandes 15 '.Wird .ladurch die Spannung
auf 1200V. gesenkt, so tritt das Relais 16" nicht mehr in Tätigkeit. Wenn dagegen
die Spannung immer noch nicht auf i2oo V. gefallen ist, so wird durch das Relais
16" vermittels des Schalters 1.4" auch noch die Widerstandsstufe 15" kurzgeschlossen,
so daß nur noch der Widerstand 15"' im Stromkreis verbleibt, der dann so bemessen
sein muß, claß er in jedem Falle die gewünschte Spannungssenkung hervorruft.
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Mit diesen Relais oder Schaltern kann nun eine Signalvorrichtung in
Form einer Glocke, Lampe o. dgl. verbunden werden, welche den Führer auf das Zuschalten
des Belastungswiderstandes aufmerksam macht. Damit kann erreicht werden, daß dieser
möglichst klein gehalten «-erden kann, um nur so lange die ihm zugemutete Energie
aufnehmen zu müssen, bis der Führer die erforderlichen Maßnahmen zur Entlastung
dieses Widerstandes getroffen hat. Diese können z. B. darin bestehen, daß er den
Anfahrwiderstand 5 teilweise wieder vorschaltet oder daß er die Motoren in Kurzschlußbremsschaltung
ohne Erreger überführt; oder er kann auch den Anfahrwiderstand 5 vorschalten, die
Verbindung der Motoren mit dem Fahrdraht unterbrechen und dann den Belastungswiderstand
überbrücken, wodurch die Motoren auf Kurzschlußbremsung mit Fremderregung übergehen.
Selbstverständlich kann der Widerstand 15 auch so bemessen werden, daß er dauernd
mit den in Frage kommenden Strömen belastet werden kann.
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Es läßt sich auch denken, für diesen Belastungswiderstand den sowieso
vorhandenen Anfahrwiderstand zti benutzen, was ermöglicht, denselben mittels des
Fahrschalters willkürlich zu verändern, um eine feiner abgestufte Bremswirkung zu
erzielen.
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Wenn auf eine selbsttätige Wirkung der Einrichtung verzichtet wird,
- d. 1i. wenn der Belastungswiderstand mehr zu Regulierzwecken als zur Spannungssenkung
benutzt werden soll, so läßt sich der Fahrschalter zweckmäßigerweise derart ausbilden,
daß er zunächst eine Anzahl reiner Nutzbremsstellungen bis zum völligen Kurzschließen
des Anfahrwiderstandes 5 aufweist. Durch Weiterdrehen des Fahrschalters über die
letzte Nutzbremsstufe hinaus kann nun dieser Widerstand 5 ganz abgetrennt und zwischen
Fahrdraht und Erde an Stelle von Widerstand 15 gelegt werden, ohne daß der Nutzbremsstromkreis
unterbrochen wird. In dieser Schaltung können mittels des Fahrschalters noch einige
zusätzliche Bremsstufen erzielt werden, bzw. man kann damit die Geschwindigkeit
noch tiefer heruntersetzen, als es mit der reinen Nutzbremsung allein möglich ist.
Die Ausbildung des Fahrschalters läßt sich noch weiter treiben, dadurch, daß man
anschließend an diese Fahrschalterstellungen für kombinierte Bremsung noch wenigstens
eine Stellung hinzufügt, wobei die Nutzbremsung unterbrochen und nur Kurzschlußbremsung
fortbesteht, mit oder ohne Erregermaschine. Letztere Stellung ist erwünscht, wenn
der Zug angehalten wer den muß, wobei dann mechanische uni elektrische Bremse zusammenwirken.
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Ein so ausgebildeter Fahrschalter würde demnach erlauben: Nutzbremsung
allein bei höchsten bis normalen Geschwindigkeiten auf den ersten Stufen; Nutz-
und Kurzschlußbremsung von normalen auf tiefere Geschwindigkeiten auf den mittleren
Stufen; Kurzschlußbremsung allein bis auf Stillstand des Zuges auf den letzten Stufen.
Selbstverständlich ist mit der Höherregulierung des Fahrschalters eine Senkung der
Fahrdralitspannung verbunden, wie es selbsttätig mit den eingangs erwähnten automatischen
Schaltern oder mit Relais angestrebt wurde. Ist die selbsttätige Wirkung nicht vorhanden,
so muß der Führer bei Überspannung, an Hand des Voltmeters, den eben erläuterten
Fahrschalter bedienen.
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Abb. 3 zeigt die beispielsweise Ausbildung
der Deckplatte
eines nach obigen Erläuterungen gebauten Fahrschalters. Die Aufeinanderfolge der
Bremsstufen und die Art der Bremsung auf denselben ist daraus ersichtlich. -Der
Fahrschalter kann allenfalls auch so ausgebildet werden, däß Nutz- und Kurzschlußbremsung
zusammen auf den ersten Fahrstufen, Nutzbremsung allein auf den mittleren Stufen
und Kurzschlußbremsung allein auf den letzten Stufen angewendet wird.